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Veröffentlicht am 28.07.2018

Hat mich leider nicht ganz überzeugt

Schmälzle und die Kräuter des Todes
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In Karlsruhe war Justin Schmälzle erfolgreicher Ermittler in der Drogen- und Mordabteilung. Wegen seiner Frau hat er sich nach Bad Wildbach versetzen lassen, hier werden maximal Blumenkübel in die Enz ...

In Karlsruhe war Justin Schmälzle erfolgreicher Ermittler in der Drogen- und Mordabteilung. Wegen seiner Frau hat er sich nach Bad Wildbach versetzen lassen, hier werden maximal Blumenkübel in die Enz geworfen. Er hat keinen guten Start, wird als Schwarzer in dem Kurort zuerst nicht ernst genommen – man bietet ihm sogar Schwarzarbeit als Gärtner an.
Doch eines Tages liegt ein Toter im Fluss. Kurz darauf verschwindet eine junge Frau beim Wandern und ein besorgter Bürger meldet, dass im Kurpark neuerdings Kräuter-Drogen an Jugendliche verkauft werden. Die Ereignisse überschlagen sich ...

Leider bin ich mit Schmälzle nicht ganz warm geworden. Er ist ein fanatischer Gesundheitsfreak und treibt seine Familie und Kollegen damit in den Wahnsinn. Er trinkt nur Reismilch-Macchiato, lebt ökologisch vegan und treibt fanatisch Sport – das machte ihn mir nicht besonders sympathisch. Zudem kommt er so rüber, als wäre er der einzige wirklich arbeitende Polizist seiner neuen Dienststelle.
Sein Chef Harald Scholz ist das ganze Gegenteil. Scholz ist aufs Essen und Trinken fixiert und lässt die Arbeit gern mal übers Wochenende liegen.
Auch die Kollegen der übergeordneten Dienststellen arbeiten ähnlich (un)motiviert und verweigern schlichtweg mehrfach die geforderte Amtshilfe. Das war mir zu irreal, zu weit vom wirklichen Leben weg.

Der Fall ist sehr verworren, springt zwischen der Ermittlung wegen des Toten, der Drogen und der verschwundenen Frau zeitlich vor und zurück. Das hat mich zu Beginn etwas irritiert, wurde am Ende aber aufgeklärt. Auch der schwäbische Dialekt, der in einigen Kapiteln überhand nimmt, macht es Nicht-Schwaben wie mir schwer, der Handlung zu folgen.

Alles in allem ist es ein netter, ruhiger Regionalkrimi, der eher durch seine Protagonisten und das Setting als durch Spannung besticht.

Veröffentlicht am 05.06.2018

James Bond Verschnitt mit zweifelhafter Moral

Ein Gentleman in Arles – Mörderische Machenschaften
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Als Gentleman bezeichnet man einen gebildeten Mann, der sich durch Charakter und Anstand auszeichnet. Peter Smith sieht sich selbst als einen solchen. Der Brite, welcher früher als Lehrer für Kunstgeschichte, ...

Als Gentleman bezeichnet man einen gebildeten Mann, der sich durch Charakter und Anstand auszeichnet. Peter Smith sieht sich selbst als einen solchen. Der Brite, welcher früher als Lehrer für Kunstgeschichte, Unternehmensberater und für den britischen Geheimdienst gearbeitet hat, lebt nach der Pensionierung zusammen mit seinem Windhund Arthur in Arles. Er lässt es ruhig angehen, trifft sich regelmäßig mit seinem Freund und ehemaligen Kollegen David Gentry, liebt gutes Essen und trinkt ganz gern mal einen über den Durst. Als er nach einem Besuch in der Stierkampfarena niedergeschlagen wird und unter einem Toten wieder erwacht, ist es damit vorbei. Für ihn ist nämlich sicher, dass der Tote, Robert DuGresson, ermordet wurde, nur glaubt ihm die Polizei nicht. Doch zumindest die Martine, Roberts Witwe, interessiert sich für die wahren Todesumstände und engagiert Peter.

„Ein Gentleman in Arles – Mörderische Machenschaften“ ist einer der wenigen Provence-Krimis, der mich nicht wirklich packen konnte. Das Setting ist toll und Arles sicher eine Reise wert, aber die Handlung plätscherte mir zu gemütlich vor sich hin. Peter ermittelt vor allem im Internet und die langatmigen Erklärungen über die Datensicherheit von PCs, Handys, Clouds etc. und wie man diverse Daten wiederfinden kann, tragen nicht unbedingt zur Steigerung der Spannung bei. Nur, wenn er wieder mal verfolgt oder überfallen wird, läuft er plötzlich zur Hochform auf und aus dem Opa wird plötzlich James Bond. Da wird gefoltert und rumgeballert, dass einem Hören und Sehen vergeht und natürlich steckt er die Gegner allesamt locker in die Tasche. Auch auf die Damenwelt macht Peter damit anscheinend Eindruck, denn nicht nur Roberts Witwe liegt ihm plötzlich zu Füßen. Ich habe mich beim Lesen mehrfach gefragt, ob der Autor hier nicht nur seine Fantasien auslebt. Peter Smith ist kein angenehmer Mann und benutzt zum Teil recht heikle Methoden bei seinen Ermittlungen. Ungerechtigkeiten sind ihm relativ egal, so lange sie ihn nicht persönlich betreffen. In meinen Augen ist er ein James-Bond-Verschnitt mit zweifelhafter Moral.

Für mich ist das Buch kein Krimi, sondern ein gemütliches Actionabenteuer vor einer tollen landschaftlichen Kulisse, bei dem man viel über die Geschichte, Gerichte und Weine der Region erfährt. Wahrscheinlich finden Männer an dieser Art des Buches und dem Schreibstil eher Gefallen als Frauen.

Veröffentlicht am 10.04.2018

Zu viel Drama, zu wenig Gefühl

Hortensiensommer
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Johanna lebt seit ihrer Scheidung allein in dem großen Haus am Hang, darum vermietet sie die Einliegerwohnung. Eine der Mietbedingungen ist, dass der Mieter den riesigen Garten nicht betreten darf – Mathelehrer ...

Johanna lebt seit ihrer Scheidung allein in dem großen Haus am Hang, darum vermietet sie die Einliegerwohnung. Eine der Mietbedingungen ist, dass der Mieter den riesigen Garten nicht betreten darf – Mathelehrer Philipp schreckt das nicht ab. Er hat sich schon beim Besichtigungstermin in Johanna verguckt, auch wenn sie immer traurig und abweisend wirkt: „Ich mag das, wenn man hinsehen muss, um den wahren Kern zu erkennen.“ (S. 81)
Obwohl Johanna ihm immer wieder klar macht, dass sie keinen über das Notwendigste hinausgehenden Kontakt mit ihm will, schafft er es irgendwann, ihren Panzer zu knacken – sie kommen sich näher. Doch als sie kurz darauf erfährt, dass Philipp geschieden ist und seine kleine Tochter von nun an regelmäßig bei ihm leben wird, kündigt sie ihm.

Ich kannte Ulrike Sonsitzas Schreibstil bereits durch ihr Buch „Novemberschokolade“ und hatte mir ein inhaltlich ähnliches Buch erhofft, aber leider konnte mich „Hortensiensommer“ nicht überzeugen.
Johanna war mir zu wehleidig und egozentrisch – ja, sie hat einen schlimmen Verlust erlitten, aber nicht nur sie. Trotzdem tut sie so, als liege alles Leid der Welt auf ihren Schultern und merkt nicht, dass z.B. auch Philipp, ihr Ex-Mann oder ihre Schwester Probleme und Sorgen haben. Die anderen machen es ihr aber auch (zu) leicht – wirklich jeder nimmt Rücksicht auf sie. Selbst Philipp, der gar nicht weiß, worum es eigentlich geht. Egal was Johanna sagt oder tut – ihr Gegenüber hält still, bietet nie Paroli und nie, wirklich nie, darf „ES“ angesprochen werden.
Auch Philipp hat mich nicht völlig überzeugt. Er ist zu schnell unsterblich verliebt und sieht zu lange über ihre sämtlichen Fehler und Unfreundlichkeiten hinweg. Einem realen Mann wären doch zumindest mal leise Zweifel gekommen oder?
Zwar waren mir Johanna und Phillip zu eindimensional und oberflächlich, dafür fand ich Johannas Schwester und deren Mann sehr gelungen und glaubhaft. Sie stecken immer zurück, damit Johannas Trauma ja nicht wieder aufgewühlt wird und versuchen sie behutsam ins Leben zurückzuholen.

Was mich ebenfalls etwas gestört hat, war der sehr langatmige und weitschweifige Einstieg ins eigentliche Thema des Buches. Johannas Trauma wird in der ersten Hälfte immer wieder angedeutet, dadurch ist die „Überraschung“ weg, als es dann raus kommt. Auch das ewige Hin- und Her, ob sie Philipp nun mag oder nicht und sich mit ihm einlässt, war mir zu viel „Drama“.

Das Ende und das tolle Setting haben mich dann wieder etwas mit dem Buch versöhnt. Den Handlungsort Sommerhausen gibt es wirklich, er scheint malerisch gelegen zu sein, und auch die beschriebenen Pflanzen und Gärten trugen viel zum Flair des Buches bei.

Mein Fazit: Der Spagat zwischen behutsamer Liebesgeschichte und dem Aufarbeiten eines Traumes ist der Autorin in meinen Augen leider nicht gelungen.

Veröffentlicht am 26.04.2024

Au bout – bis zum Ende

Mord an der Loire
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… ist das Motto der uralten Adelsfamilie Cotignac und Pléssis, die ihren Stammbaum bis ins 12. Jahrhundert zu Philipp dem Schönen und den Templern zurückverfolgen können, auch dank einer Holzschatulle, ...

… ist das Motto der uralten Adelsfamilie Cotignac und Pléssis, die ihren Stammbaum bis ins 12. Jahrhundert zu Philipp dem Schönen und den Templern zurückverfolgen können, auch dank einer Holzschatulle, in deren Innenseite dieser eingraviert ist. Als die Schatulle gestohlen wird, beauftragt Tante Aude ihren Neffen Philippe Auguste Louis Vicomte du Pléssis, den Baron de Beaumarchais, mit der Suche, schließlich hat sich die Familie seine Ausbildung zum Privatdetektiv einiges kosten lassen. Doch noch bevor Philippes Suche richtig losgeht, wird im Château de Cotignac ein Gemälde gestohlen, dass im 2. WK nach Deutschland verschleppt und gerade erst zurückgegeben wurde und jetzt auf einer Feier enthüllt werden sollte. Und dann treibt auch noch eine Leiche im Graben des Wasserschlosses – Julia Berger, die Kunstsachverständige einer Versicherung, hatte das Gemälde von Deutschland hierher begleitet.
Für die ermittelnde Kommissarin Charlotte Maigret ist auch Philippe verdächtig, weil er Julia beauftragt und mit ihr regelmäßigen Kontakt hatte. Das kann er natürlich nicht auf sich sitzen lassen und ermittelt auf eigene Faust wichtige Fakten, die die Kommissarin überzeugen, mit ihm zusammenzuarbeiten …

„Mord an der Loire“ ist der Auftakt einer neuen Cosycrime-Reihe von Catherine Duval, die mich leider nur mit ihrem Setting bezaubern konnte: uralte Loire-Schlösser und Templerburgen, Weinberge und mittelalterliche Städtchen. Die Protagonisten hingegen waren mir zu überzogen und unrealistisch, wirkten zum Teil wie aus der Zeit gefallen – das Buch hätte z.T. genauso gut schon in den 50er Jahren spielen können und nicht erst heute. Baron Philippe lebt vor allem für den Genuss und betreibt die Ermittlungen nur nebenher, weil er seiner Familie beweisen will, dass er es kann. Gegenüber Charlotte Maigret verhält er sich oft despektierlich und bezeichnet sie wegen ihrer Vorliebe für Cowboystiefel, Shirts und Lederjacke als Cowgirl. Und Maigret verdächtigt ihn zwar, nimmt ihn aber zu den Ermittlungen mit und teilt stets die neuesten Erkenntnisse mit ihm. Mein Highlight ist Philipps Tante Aude, von der ich gern mehr gelesen hätte. „Seine Tante strahlte die Autorität eines Generals aus. Sie befehligte die Familie. Und er war einer ihrer Söldner.“ (S. 14)
Dazu kommt, dass die Handlung abgesehen von den Morden nicht besonders spannend ist. Erst kurz vor dem Ende zaubert Philippe quasi aus dem Nichts wichtige Informationen hervor, die letztendlich zur Auflösung führen. In der Zwischenzeit gibt es Einblicke in den Rechtspopulismus in Frankreich und die Geschichte der Templer, Diskussionen über die verschiedenen Adelsformen (alter Erbadel oder später verliehener), garniert mit dem Handel gestohlener (?) Kunst.

Ich hatte das Gefühl, dass sich die Autorin an der „Monsieur le Comte“ Reihe orientiert hat, das aber nicht so gut umsetzen konnte.

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Veröffentlicht am 25.10.2023

Zuckersüß und klebrig wie Marzipan

Der Duft von Marzipan
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„Manchmal … da geht das Leben andere Wege, als wir es wollen. Und manchmal, da leben wir unser ganzes Leben lang eine Lüge.“ (S. 85)
Lübeck 1957: Seit einem Jahr trifft sich Luisa, die Tochter des Direktors ...

„Manchmal … da geht das Leben andere Wege, als wir es wollen. Und manchmal, da leben wir unser ganzes Leben lang eine Lüge.“ (S. 85)
Lübeck 1957: Seit einem Jahr trifft sich Luisa, die Tochter des Direktors des Holstentormuseums, heimlich mit Henry, dessen Vater eine bekannte Marzipan-Manufaktur leitet. Als ihre Familien das herausbekommen, sprechen sie ein sofortiges Kontaktverbot aus: „Dieses Familie bringt nur Unglück.“ (S. 30). Natürlich lassen sich die Verliebten davon nicht abschrecken, zumal ihre jeweiligen Großväter Bemerkungen machen, dass das Zerwürfnis der Familien auf einem gemeinsamen Erlebnis von ihnen fußt und es langsam Zeit wäre, die Sache zu bereinigen, aber reden wollen bzw. können sie darüber nicht …

Ausgehend vom Klappentext hatte ich eine berührende Familiengeschichte vor einem dramatischen historischen Hintergrund erwartet, doch ich wurde enttäuscht. Drama gibt es, aber in Form völlig überzogener, pathetischer Sprache und Handlungen, die meiner Meinung nach nicht wirklich zu Anfang 20jährigen passen. Ja, das Buch spielt Ende der 50er Jahre, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Menschen da noch so gestelzt geredet haben. Luisa und Henry klingen abwechselnd wie ihre eigenen Großeltern und sehr junge Teenager. Dafür wirkt Luisas jüngere Schwester viel älter als sie, übernimmt Verantwortung, macht sie für Dates zurecht etc.
Das „Familiengeheimnis“ reicht dann in den ersten Weltkrieg zurück und abgesehen davon, dass mir die Zeigefingermentalität in diesem Zusammenhang zu viel war (man muss nicht in jeder passenden Szene darauf hinweisen, wie schlimm Kriege sind), fand ich es zu konstruiert und die Reaktion der Beteiligten zu übertrieben.

Etwas gerettet wurde das Buch durch die stimmungsvollen Beschreibungen von Lübeck und die Einzelheiten und Hintergründe der Marzipanherstellung und -veredelung. Luisa hat im Gegensatz zu Henry nämlich großes Interesse und Talent dafür, darüber hätte ich gern noch mehr gelesen.

Für mich ist „Der Duft von Marzipan“ leider zu kitschig und überzogen, aber wer sehr romantische Liebesgeschichte mit vielen dramatischen Wendungen mag, wird es vielleicht lieben.

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