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Veröffentlicht am 07.05.2024

Märchenhaft mit Realitätsbezug

Der Gesang des Wals
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Eine wunderbare, poetische Geschichte über die Freundschaft eines Kindes mit einem mächtigen Wal, die zusammen auf eine märchenhafte Reise durch die Ozeane schwimmen. Aber am Ende landen sie traurig in ...

Eine wunderbare, poetische Geschichte über die Freundschaft eines Kindes mit einem mächtigen Wal, die zusammen auf eine märchenhafte Reise durch die Ozeane schwimmen. Aber am Ende landen sie traurig in der Wirklichkeit der vermüllten Meere. Doch es gibt Hoffnung.

Von einem Leuchtturm aus mit dem Fernrohr sieht und hört das Kind den Wal, von Noten umgeben, angeschwommen kommen: „Wo Himmel und Meer sich begegnen als Strich, da sah ich den Wal und der Wal, der sah mich. Sein‘ süßen Gesang trug zu mir der Wind: „Ich will dir was zeigen – komm mit mir, mein Kind!““ (S. 4 – 7) Der Wal zeigt dem Kind die Wunderwelt der Ozeane, aber am Ende auch ihre (Plastik-)Vermüllung durch den Menschen. Dies wird dadurch, dass das Kind mitansehen muss, wie der Wal diese Abfallsuppe in sein großes Maul fließen lassen muss, um sich zu ernähren, und die Qual anderer Meereslebewesen mit dem Plastikmüll, sehr traurig und eindrücklich dargestellt. Doch am Ende des Buches erzählt das Kind anderen Menschen davon und sie fangen an, etwas zu ändern, indem sie am Strand Müll aufsammeln.

Mit gereimten Versen in relativ großer Schrift unterstreicht die Autorin das Märchenhafte dieser lehrreichen Erzählung, denn Kind und Wal sind befreundet, sind miteinander verbunden, sind traurig miteinander, über das Leben, das die Tiere und Pflanzen im vermüllten Ozean leben müssen, weil wir Menschen so unachtsam sind. Was wie ein Märchen beginnt, endet in der Wirklichkeit mit dem Aufsammeln des Mülls, einem Appell mitzumachen, es gar nicht erst weiter dazu kommen zu lassen.

Die Illustratorin hat zu dieser Geschichte traumhafte Bilder gezeichnet, die das Märchenhafte wunderbar fröhlich unterstreichen. In kräftigen, teils verwaschenen Farben, das Meer immer in verwaschenem Blau-Grau oder Türkis, begleiten ihre Zeichnungen den Text und gehen meist ein wenig darüber hinaus. Dabei nehmen die Bilder stets mehr Raum ein als der Text und füllen meist eine Seite oder Doppelseite.

Der Wal hat stets eine menschliche Mimik, an der genau abzulesen ist, wie er sich fühlt. Das Gesicht des Kindes spiegelt diese Emotionen wider. (Besonders beeindruckend in etwa der Mitte des Buches, wo man nur das Kind, das weinende Auge des Wals und seinen nach unten gebogenen Mund sieht.) Nur was man liebt, schützt man auch.

So nimmt dieses Buch die Lesenden ganz mit hinein in die wunderbare Erzählung und transportiert „ganz nebenbei“ den Umweltschutzgedanken, die Wunder der Meere und die Verbundenheit des Menschen mit der Natur.

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Veröffentlicht am 03.05.2024

Wunderschön

Brücken
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Brücken sind oft wie „das Tor zur Welt“, denn ohne sie kämen wir nur schwer oder gar nicht weiter auf unserem Weg, der oft über Seen, Flüsse, Meere oder Schluchten führt. Brücken haben etwas Verbindendes. ...

Brücken sind oft wie „das Tor zur Welt“, denn ohne sie kämen wir nur schwer oder gar nicht weiter auf unserem Weg, der oft über Seen, Flüsse, Meere oder Schluchten führt. Brücken haben etwas Verbindendes. Deswegen wird der Name Brücke auch als Synonym für die Beziehungen zwischen Menschen gebraucht – „Wir bauen dem anderen eine Brücke.“, damit er uns besser versteht oder wir ihn, damit wir uns einigen und zusammenleben können. Die Brücke ist (fast wie) ein Freund.

In leuchtenden, kräftigen Farben gehalten, der Naiven Malerei angelehnten Bildern zeichnet der Autor und Illustrator den Lesenden die Vielfalt von Brücken in unserer Welt vor Augen. Die Bilder muten wie eine Aufzählung an: Brücken sind hoch, niedrig, lang, kurz, gerade. Dabei wird jeder Eigenschaftssatz mit einer bestehenden Brücke im wahrsten Sinne des Wortes untermalt. Die Lesenden sehen genau die Brücke als Bild, auf die der Text sich bezieht. „Brücken sind hoch – Viadukt von Millau, Frankreich – Diese Brücke ist höher als der Eiffelturm.“ (S. 4 + 5) Bild und Text unterstreichen sich also gegenseitig. Von den „Adjektiv-Sätzen“ geht der Autor über zu „Verb-Sätzen“: Brücken schlängeln sich, fallen auf, verstecken sich, u. v. m. Auch hier passen Aussage und Bild der Brücke genau zusammen. Die Illustrationen sind stets ein- oder zweiseitig gehalten. Der Text ist minimalistisch. Er gibt genau so viel Information, wie man benötigt, damit das Bild vollumfänglich wirken kann.

Nach etwa Zweidritteln des Buches hat die Doppelseite den Text: „Brücken verbinden Länder – Victoria Falls Bridge, Sambia/Simbabwe – Auf der einen Seite liegt Sambia, auf der anderen Simbabwe.“ Auf der nächsten verbinden sie Kontinente, danach folgt „Brücken erzählen Geschichten“. Spätestens ab hier wechselt der Autor auf den übertragenen Sinn des Wortes Brücke, denn auf den folgenden Doppelseiten steht: „Brücken erzählen von der Geschichte.“, „Brücken erinnern an früher.“, „Brücken inspirieren.“. Auf der vorletzten Doppelseite stehen die Worte: „Überall auf der Welt verbinden Brücken …“, dann auf der letzten „… UNS!“ (Beides mit der Brooklyn Bridge als Bild) So schließt der Autor seinen fast epischen Ausblick rund um das Thema Brücken in der Welt.
Im Anhang werden alle gemalten Brücken für die Wissbegierigen noch einmal in kurzen Texten vorgestellt, wo sie sich befinden, das Datum der Erbauung, die Gründe ihre Erstellung und der Hinweis auf Geschichten, die sich um sie herumranken.
Ein künstlerisches, poetisches (Bilder-)Buch über den Sinn von Brücken, nicht nur für Kinder geeignet.

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Veröffentlicht am 05.04.2024

Eine Hoch auf die Selbständigkeit

Luis' Plan
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Luis ist mutig. Er will alleine mit seinem Roller durch die Stadt zu einem Park fahren. Und sein Papa traut ihm das zu. So fährt Luis los und erlebt ein tolles Abenteuer.
Luis malt sich mit Hilfe seines ...

Luis ist mutig. Er will alleine mit seinem Roller durch die Stadt zu einem Park fahren. Und sein Papa traut ihm das zu. So fährt Luis los und erlebt ein tolles Abenteuer.
Luis malt sich mit Hilfe seines Papas einen Stadtplan, denn er will auch nicht das Handy mitnehmen, er will es ganz alleine schaffen. Und Luis kommt an, aber das Tor, durch das er fahren wollte, ist verschlossen. Doch Luis weiß sich zu helfen und fragt einen Passanten. Danach klappt alles und Luis kann mit seinem Roller den Berg hinuntersausen.
In diesem Bilderbuch wird die kindliche Selbständigkeit gefeiert, denn Luis traut sich etwas zu und sein Vater unterstützt ihn dabei. So wächst Luis an diesem, seinem selbstgewählten Abenteuer. Der Stadtplan spielt dabei eine entscheidende Rolle und auch dieser war Luis eigene Idee. Der Stadtplan zieht sich so auch durch die Bilder des gesamten Buches und verbindet sie, genauso wie die graublaue Katze, „die den Jungen wie ein stummer Schutzengel zu begleiten scheint“. (Text des Verlages)
Dabei sind die klaren Zeichnungen stets doppelseitig und ummalen den Text in kräftigen Farben, der sehr knapp, oft sogar nur in Gedanken- oder Gesprächsblasen wie bei einem Comic gehalten ist. Auf jeder Doppelseite sind neben dem Haupterzählstrang noch viele Details zu entdecken, so dass die Bilder immer über den Text hinausgehen und noch mehr erzählen.
An der Stelle, an der Luis im Park angekommen ist und endlich seinen Roller den Skaterberg hinaufgezogen hat, kann die Doppelseite aufgeklappt werden, so dass die Leser*innen ein Panorama der Rollbahn sehen mit vielen, vielen Kindern mit ihren Helmen und Rollern und einigen Häusern im Hintergrund. Dieses Bild hat die Autorin und Illustratorin wohl dem Superkilen, einer Parkanlage in Kopenhagen, nachempfunden, denn dort traf sie einmal einen Jungen mit seinem Roller, der sie zu dieser Geschichte inspirierte. (Text des Verlages)
Die letzte Doppelseite zeigt Luis bei einer Pause. In dieser wird er von einem Mädchen angesprochen, in dessen Sprechblase nur steht: „Noch mal?“ Doch ihr freundlicher Gesichtsausdruck und Luis Lächeln dazu sprechen Bände: Luis hat mutig eine neue Freundin gefunden.
„Mit Witz, Liebe zum Detail und sehr viel Charme erzählt Eilika Mühlenberg eine inspirierende Geschichte über kindliche Eigenständigkeit und das Wachsen an Herausforderungen.“ (Text des Verlages)
Sehr empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 27.03.2024

Tolle Idee!

Der Recyclosaurus
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Matti liebt Dinos. Er sammelt alles über sie und von ihnen: Wissen und Dinge. Leider sind sie ja ausgestorben. Doch eines Abends findet Matti einen kleinen Dinosaurier unter seinem Bett.

Der kleine Saurier, ...

Matti liebt Dinos. Er sammelt alles über sie und von ihnen: Wissen und Dinge. Leider sind sie ja ausgestorben. Doch eines Abends findet Matti einen kleinen Dinosaurier unter seinem Bett.

Der kleine Saurier, den Matti findet, frisst am liebsten Plastik! Wie praktisch! Dadurch wird er immer größer und größer. Bald können Matti und seine Eltern ihn auch nicht mehr satt bekommen. Deshalb fährt der Dino am Ende durchs Land, um überall den Plastikmüll zu verschlingen.
Die Geschichte ist so einfach, wie genial, um mit Kindern über das wichtige Thema „Was passiert eigentlich mit unserem (Plastik-)Müll?“ ins Gespräch zu kommen, denn jedes Kind weiß, dass es so einen genialen, praktischen Dinosaurier nicht gibt. Aber viele Kinder lieben Dinosaurier und finden sie sehr spannend. Dazu liefert das Buch ganz hinten auf zwei Doppelseiten die Sachinformationen zu den Themen Erdöl, Plastik und Müll(vermeidung).
Die Autorin und Illustratorin unterstreicht die Geschichte mit großflächigen, kindgerechten Bildern in kräftigen, bunten Farben. Oft geht das Bild über eine Doppelseite, manchmal ist es auch einseitig. Der Text ist immer kurzgehalten und stets kleiner als das begleitende Bild. Teilweise zeigt die Illustration mehr als der Text sagt, z. B. hat Matti ein Dinobett und Dino-Bettwäsche, auf dem Bild trägt er aber auch noch einen Dinoanzug. Auch sein Aussehen, das des Dinos und seiner Eltern wird im Text nicht beschrieben, aber in den Bildern liebevoll umgesetzt. Text und Ilustration ergänzen sich so perfekt.
Der Dino zieht, als er für die Wohnung zu groß ist, auf einen Tierschutzhof um. Dies ist ein Hinweis auf ein Anliegen des Verlages, der mit dem Verkauf seiner Bücher den Begegnungs- und Gnadenhof Dorf Sentana in Bielefeld unterstützt. Die Informationen dazu findet die Leserin auf der zweiten Seite.
Die Deckelklappen-Innenseiten vorne und hInten sind doppelseitig mit Dinosaurierzeichnungen von Kindern gestaltet und vorne mit einem Hinweis dazu und der Frage versehen: „Wie sieht dein Lieblingsdino aus?“, um die jungen Leser
innen zum eigenen fantasievollen Zeichnen anzuregen.
Ein rundherum gelungenes Buch, um mit Kindern über das Thema Müll fantasievoll ins Gespräch und Nachdenken zu kommen.

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Veröffentlicht am 18.03.2024

Familienbeziehungen

Wir sitzen im Dickicht und weinen
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Die Autorin legt hier als ihr Debut einen vielschichtigen, lebensnahen Familienroman vor. Über vier Generationen hinweg beschreibt sie die Beziehungen zwischen Eltern und ihren Kindern in der Schweiz und ...

Die Autorin legt hier als ihr Debut einen vielschichtigen, lebensnahen Familienroman vor. Über vier Generationen hinweg beschreibt sie die Beziehungen zwischen Eltern und ihren Kindern in der Schweiz und Österreich, wobei sie den Focus besonders auf die weiblichen Familienmitglieder und ihre Lebensumstände, die zum Teil noch sehr von der Suppression der Frau geprägt sind, legt. Die Mutter-Tochter-, aber auch Mutter-Sohn-Beziehungen sind gekonnt angerissen, verbunden und in die Erzählung eingegliedert. Es gelingt ihr, das Erleben von so vielen Personen auf wenigen Seiten eindringlich zu vermitteln.
Am Ende der Kette stehen Valerie und ihr Sohn Tobi. Valerie will bei ihrer Erziehung alles richtig machen, da sie ihre eigene Kindheit mit ihrer alleinerziehenden Mutter Christina und dem fehlenden Vater als sehr schwierig empfand und immer noch empfindet. Nun will Tobi ein Schuljahr mit Freunden ins Ausland, wovor Valerie Angst hat, und ihre Mutter bekommt eine Krebsdiagnose. Dadurch fühlt sich Valerie verpflichtet für die Mutter, die sie nach ihrem Erwachsenwerden gemieden hat, da zu sein. Das fordert ihr jedoch alles ab und so brechen alte Wunden wieder auf. Das Leben schlägt über Valerie zusammen.
Der Roman hat mich durch den Schreibstil der Autorin sehr überzeugt. Durch die Ich-Erzählerin in den Kapiteln, die von Valerie handeln, kann ich die geschilderten Situationen sehr gut nachempfinden, obwohl ich nicht alleinerziehend bin und auch keine alleinstehende Mutter hatte. Ich finde die Hauptfigur sehr tough, trotz ihrer eingestandenen Ängste und Sorgen. Die Rückblenden in die Großmütter-Generation von Valerie hat mir vieles verdeutlicht, u. a. warum Christina so geworden ist und ihre Tochter so erzogen hat. Allerdings hat sie dabei vergessen, dass ein Kind niemals etwas dafürkann, auf der Welt zu sein und damit besondere Lebensumstände zu verursachen.
Ein sehr empfehlenswertes Buch für diejenigen, die sich Gedanken darüber machen, wie Eltern-Kind-Beziehungen funktionieren und was sie über Generationen hinweg auslösen können, wenn nie offen über das eigene Erleben und Empfinden gesprochen wird.

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