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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.11.2017

Spionagethriller der alten Schule

Das Vermächtnis der Spione
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John Le Carre war und ist der Meister des Spionage-Romans. Das liegt zum einen daran, dass das Genre heute nicht mehr so verbreitet ist, zum anderen daran, dass zu Le Carre’s Stilmittel die moralische ...

John Le Carre war und ist der Meister des Spionage-Romans. Das liegt zum einen daran, dass das Genre heute nicht mehr so verbreitet ist, zum anderen daran, dass zu Le Carre’s Stilmittel die moralische Instanz gehört, die er vertritt und die er seinen Hauptfiguren, bei all deren Zweifeln manchmal, verleiht. Das ist heutzutage verpönt und da andere Große des Genres bereits verstorben sind, bleibt nur Le Carre.
Sein Geniestreich bei diesem Roman ist die Erzählweise als Mischung aus vergangenen und heutigen Ereignisse während eines Verhörs, dass Jahrzehnte zurückliegende Ereignisse zu Tage bringt. Dieses Stilmittel hat der Autor auch früher schon erfolgreich genutzt und es sagt mir sehr zu.
Ich habe zu dem Hörbuch gegriffen und profitiere noch zusätzlich von der Stimme von Walter Kreye. Er gibt der Hauptfigur zusätzlich Profil und verleiht ihm Persönlichkeit. Der Bericht des alten Mannes, der vor langer Zeit vom Geheimdienst angeworben wurde, ist erstaunlich emotional.
Zuerst erzählt er von seinen Eltern und seinen ersten Lebensjahren und von den Kriegsjahren bis er als junger Mann in die Bretagne zurückkehrte.
Danach geht es um den Vorfall mit 2 toten Spionen 1961 an der Berliner mauer, der Operation Windfall und den Verwicklungen dazu. Die Kinder der toten Agenten Alec und Liz wollen nah all der Zeit die Hintergründe geklärt haben.

Das Vermächtnis der Spione ist am Anfang überwiegend gute Unterhaltung, aber meiner Meinung nach wird es zu lang. Die Spannung hält nicht durchgängig, erst Recht wenn dem Leser(Hörer die Vorgeschichte nicht bekannt ist. Die Handlung wird detailliert, wer nicht zu den Kennern der George Smiley-Romane gehört, kann teilweise den Hintergründen nicht folgen. Aber am Schluß gibt es auch mit George Smiley ein Wiedersehen.
Es bleibt eine gute Erzählhaltung und Wortwitz. Ich gebe 4 Sterne!

Veröffentlicht am 17.11.2017

Im Havelland

Dunkel Land
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Gestresst und entnervt bin ich aus dem Büro nach Hause gekommen und habe mich mit diesem Buch auf die Couch gelegt und bin gleich darin versunken. Hervorragend, das brauchte ich jetzt.
Der Roman ist gut ...

Gestresst und entnervt bin ich aus dem Büro nach Hause gekommen und habe mich mit diesem Buch auf die Couch gelegt und bin gleich darin versunken. Hervorragend, das brauchte ich jetzt.
Der Roman ist gut lesbar, hat einen interessanten Plot und gute, wenn auch nicht so außergewöhnliche Figuren.
Die Icherzählerin gerät an eine außergewöhnliche Stellung, sie betreut einen Kriminalisten, der nach einer Verletzung teilweise gehandicapt ist, sich aber dennoch weiterhin in Kriminalfällen als Profiler engagiert.
Die Idee mit dem lückenhaften Kurzzeitgedächtnis gab es allerdings schon öfter.
Verena und Carl werden schnell ein funktionierendes Team. Dann gibt es da noch ein Kind, Verenas Nichte, um die sie sich kümmert. Weitere gute Nebenfiguren sind der Colonel, Stella und Carls Tante.

Originell, dass der Roman im Havelland handelt. Fontanes berühmtes Gedicht von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ist dem Roman vorgestellt und wird sogar im Verlaufe der Handlung thematisiert.
Diese Gegend wirkt eigentlich nach dem kalten Dunkelland, für das manche Deutschland halten.
Der Kriminalfall selbst ist relativ unspektakulär, aber es geht ja auch mehr darum, das neue Team in diesem ersten Teil einer möglichen Reihe vorzustellen. Ich war zufrieden!

Veröffentlicht am 11.11.2017

Turtles all the way down

Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken
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Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken hat den Originaltitel “Turtles all the way down“, der mir sogar noch besser gefällt. Es ist ein Jugendbuch, aber auch mehr, auf jeden Fall intelligent geschrieben. In ...

Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken hat den Originaltitel “Turtles all the way down“, der mir sogar noch besser gefällt. Es ist ein Jugendbuch, aber auch mehr, auf jeden Fall intelligent geschrieben. In erster Linie ist es ein einleuchtendes Buch über Zwangsstörungen und wie dass das Leben einer Jugendlichen beeinflusst. Die 16jährige Aza kann sich ihren Ticks nicht entziehen, dabei ist die Angst vor Bazillen und Krankheiten am schlimmsten. Zusätzlich quält sie manchmal der Gedanke Fiktion zu sein, daher verletzt sie sich manchmal selbst, um sich zu beweisen, das sie real ist.
Seit 5 Jahren geht sie schon in Therapie und nimmt Medikamente, aber viel hilft das nicht.
Das beeinflusst natürlich auch ihre aufkeimende Liebesbeziehung zu David, dessen Vater verschwunden ist.
Selbst ein Kuss zwischen ihnen wird für Aza zum Problem. Von ihrer Mutter fühlt sich Aza zu sehr behütet.
Dabei ist sie intelligent und hofft zu studieren.
Wirklich dauerhaft ist ihre lange Freundschaft zu ihrer besten Freundin Daisy (ein erfrischender und gelungener Charakter), aber da sich Aza immer viel zu sehr auf ihre Ängste konzentriert ist auch diese Beziehung manchmal nicht ohne Spannungen. Daisys Humor und ihre Bodenständigkeit helfen jedoch.
Diese Abschnitte mit den beiden haben mir am Besten gefallen, die zwischen Aza und Dave sind vorsichtig und verhalten. Das ist aber auch gut so, der Roman wird nie zum reinen Liebesroman. Das Gesamtergebnis überzeugt!

Veröffentlicht am 24.10.2017

Frühe, eindrucksvolle Erzählungen

Was ist schon ein Jahr
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Es handelt sich bei diesem Kurzgeschichtenband um frühe Erzählungen der Autorin Christine Brückner, die meiner Meinung nach gerade in ihren Anfängen einen eigenen, spezifischen Ton aufwies.
Nur ein paar ...

Es handelt sich bei diesem Kurzgeschichtenband um frühe Erzählungen der Autorin Christine Brückner, die meiner Meinung nach gerade in ihren Anfängen einen eigenen, spezifischen Ton aufwies.
Nur ein paar der Geschichten möchte ich kurz vorstellen.

Schon in der großartigen Titelgeschichte wird deutlich, wie sehr Brückners Erzählen vom Beobachten lebt und wie sie daraus einen ihren Tonfall entwickelt.

Christine Brückner kann auch ungemütlich, das beweist die kurze Skizze “Heinrich Grebe, Immobilien”, in der sie exemplarisch einen Durchschnittsmenschen der Nachkriegszeit zeigt.
Inzwischen bieder und erfolgreich, sieht man ihm nicht an, was er im Krieg tat. Durchschnitt heißt eben auch, dass die Wahrscheinlichkeit für Mitläufertum und Mittätertum steigt.

Um unbewältigte Vergangenheit geht es auch in der geschickt gemachten Geschichte “Eine Liebesgeschichte. Darin wird das Schweigen wie das Reden thematisiert. Das war in der Nachkriegszeit eine heikle Sache.

“Theaterleidenschaft” ist eine zwiespältige Geschichte. Wird anfangs das Portrait eines leidenschaftlichen Mädchens, das offenbar ADS hat und entsprechend überdreht reagiert, bis sie sich auf ihre Theaterleidenschaft konzentriert, ist das Ende doch enttäuschenderweise nur eine Variante von der Widerspenstigen Zähmung.

Manche der Geschichte sprachen mich auch nicht so stark an, aber insgesamt ist das Buch lesenswert!

Veröffentlicht am 22.10.2017

Leben und Fiktion

Und du kommst auch drin vor
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Das Jugendbuch “Und du kommst auch drin vor” habe ich in der Silberfisch-Hörbuchfassung gehört.
Es bringt in erster zwei Haupttopics.
Zum einen, wie Literatur und Realität sich gegenseitig beeinflussen ...

Das Jugendbuch “Und du kommst auch drin vor” habe ich in der Silberfisch-Hörbuchfassung gehört.
Es bringt in erster zwei Haupttopics.
Zum einen, wie Literatur und Realität sich gegenseitig beeinflussen können, zum anderen wird intensiv und glaubwürdig das Leben von Jugendlichen Mädchen gezeigt.
Darin finden sich noch mehr Themen, die geschickt im großen Ganzen aufgehen, zum Beispiel Freundschaft. Kim und Petrowna sind eigentlich unterschiedlich, z.B. von der familiären Situation und Herkunft her, aber dennoch sind sie seit der Grundschule die besten Freundinnen. Die familiäre Situation von Kim befindet sich im Wandel, ihre Eltern haben sich getrennt, der Vater hat eine neue Frau, die sogar ein Baby erwartet.

Das Kim sich und ihr Leben in einem Roman der Autorin Leah wiedererkennt, schockiert sie und sie sucht die Schriftstellerin auf.
Durch diese Idee kann Alina Bronsky viel Handlung einbinden, damit das Buch als Jugendbuchfunktioniert. Für mich hätte es aber den abschließenden Einfall mit Jasper und der Gefahr, in der er sich angeblich befindet, nicht gebraucht. Das überdramatisiert zu viel, auch wenn es die Handlung zusammenhält. Ansonsten war ich mit dem Buch zufrieden, hoffe aber, dass Alina Bronsky als nächstes wieder für ein erwachsenes Publikum schreibt.
Jasna Fritzi Bauer hat das Hörbuch gelesen und ihre jugendliche Stimme passt gut.