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Veröffentlicht am 10.10.2020

Abschied nehmen …

Vielleicht auf einem anderen Stern
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Eve hat ihre jetzt 16jährige Tochter Maddy alleine großgezogen, ihr damaliger Freund Antonio hatte sich schon vor der Geburt verabschiedet. Seit ein paar Jahren hat sie einen neuen Lebensgefährten, Robin. ...

Eve hat ihre jetzt 16jährige Tochter Maddy alleine großgezogen, ihr damaliger Freund Antonio hatte sich schon vor der Geburt verabschiedet. Seit ein paar Jahren hat sie einen neuen Lebensgefährten, Robin. Er ist der ideale Mann und ein guter Vaterersatz für Maddy, die auch sehr an ihm hängt. Doch kein Glück währt ewig – Maddy wird krank, todkrank, Blutkrebs. Eve und Robin tun alles für sie, ihr das Leben zu erleichtern, und ihr Schulfreund Sam besucht sie beinahe täglich. Maddy aber hat noch einen geheimen Wunsch, sie möchte ihren leiblichen Vater kennen lernen. Ohne irgendjemanden zu informieren nimmt sie per Internet Kontakt mit ihm auf, ein reger E-Mail-Austausch beginnt …

Karen Raney ist Schriftstellerin und Malerin. Sie wuchs im Bezirk New York auf und graduierte an der Duke University. In San Francisco leitete sie ein internationales Gästehaus, bevor sie nach London zog, wo sie ihren Master of Creative Writing an der University of East London erwarb. „Vielleicht auf einem anderen Stern“ (All the Water in the World) ist ihr Debütroman, der in der Originalfassung den Pat-Kavanaugh-Prize gewann. Die Autorin lebt heute in London.

Der Roman ist in drei Teile gegliedert, wobei die ersten beiden Teile abwechselnd jeweils aus Sicht von Eve und Maddy geschrieben sind, der dritte Teil jedoch nur das Erleben von Eve wiedergibt, was das Lesen besonders abwechslungsreich gestaltet. Nachdenkliche und tieftraurige Momente folgen auf heitere und ironische Begebenheiten, ganz so wie im realen Leben. Bis etwa zur Mitte des Buches steigt die Spannung kontinuierlich an, um dann plötzlich eine schockierende Wendung zu nehmen. Man glaubt, die Geschichte wäre zu Ende, wird aber bald eines Besseren belehrt, denn es bleibt aufregend und spannend. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.

Die Autorin hat einen sehr lebendigen und flüssigen Schreibstil, der auch Landschaften und Szenerien trefflich erfasst. Die verschiedenen Charaktere sind authentisch und sehr lebensnah beschrieben. Die Gefühle einer Mutter die weiß, dass ihr Kind todkrank ist, könnten nicht besser erklärt werden, ebenso die Empfindungen und Sehnsüchte einer Sechzehnjährigen die den Tod vor Augen hat. Da die Handlung teils in der Gegenwart und teils in der Vergangenheit angesiedelt ist und dazu noch aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln erzählt wird, empfindet man als Leser trotz aller Dramatik eine gewisse Unbeschwertheit und hoffnungsvolle Zuversicht.

Fazit: Ein außergewöhnlich einfühlsamer Roman über die existenziellen Fragen des Lebens und Sterbens, voller Emotionen, jedoch ohne den Leser in depressive Stimmung zu versetzen. Sehr empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 06.05.2024

Freiheit contra Mutterliebe

Eine Frau
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Sibilla Aleramo, geb. 1876 in Alessandria Prov. Piemont, gest. 1960 in Rom, war eine italienische Schriftstellerin, Dichterin und Feministin. Ihre Kindheit verbrachte sie in Mailand, bevor die Familie ...

Sibilla Aleramo, geb. 1876 in Alessandria Prov. Piemont, gest. 1960 in Rom, war eine italienische Schriftstellerin, Dichterin und Feministin. Ihre Kindheit verbrachte sie in Mailand, bevor die Familie in ein Dorf im Süden Italiens zog, wo der Vater in einer Glasfabrik den Direktorenposten erhalten hatte. Mit knapp 15 Jahren arbeitete sie bereits als Assistentin im Büro ihres Vaters. Dort lernt sie auch einen zehn Jahre älteren Mann kennen, den sie im Alter von 17 Jahren trotz ihrer Zweifel an der Liebe heiratet. Bald wird ihr Sohn geboren, der zum Mittelpunkt ihres Lebens wird und sie für das öde Landleben entschädigt. Später zieht die Familie nach Rom, wo sie das lange vermisste kulturelle Leben und etwas persönliche Freiheit erfährt. Dort nimmt sie eine journalistische Tätigkeit für die sozialistische Wochenschrift L’Italia femminile auf, wo sie auch einige bedeutende Persönlichkeiten der Zeit kennen lernt. Doch dann wird ihrem Mann die Direktorenstelle, die bisher ihr Vater innehatte, in der Glasfabrik im Dorf angeboten …

Dieser autobiografische Roman „Eine Frau“ (orig. „Una Donna“ aus dem Jahre 1906), der in den 1970er Jahren schon einmal ins Deutsche übersetzt wurde, liegt jetzt in einer etwas moderneren Neuübersetzung von Ingrid Ickler vor und ist im Eisele-Verlag erschienen. Das Buch schildert die ersten fünfundzwanzig Jahre eines Frauenlebens in Italien im ausgehenden 19.Jahrhundert/Anfang 20.Jahrhundert, das ziemlich genau der Vita der Autorin entspricht. Sie schildert darin neben mehr oder weniger dramatischen Ereignissen auch ihre Zerrissenheit, ihre Gedanken, ihre Gefühle und ihre Zweifel, betrachtet aufmerksam ihr Umfeld und kritisiert die Gesellschaft. Ihre Sprache ist lebhaft, feinsinnig und bildreich, die Ausdrucksweise und Formulierung oft theatralisch, was wohl der damaligen Zeit entspricht. Sie will etwas anderes als das, was man seinerzeit von einer Frau erwartet, und muss deshalb eine schwerwiegende Entscheidung treffen …

Ein Nachwort von Elke Heidenreich trägt entscheidend dazu bei, das Buch und besonders die Gefühle der Frau besser zu verstehen.

Fazit: Es ist die Geschichte vieler Frauen, die auch heute noch mental und finanziell von Männern abhängig sind und von diesen ausgenutzt werden. Lesenswert!

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Veröffentlicht am 05.05.2024

Ist der Mensch wirklich die Krone der Schöpfung?

Die Stimme der Kraken
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Wir befinden uns in einer fernen Zukunft, in der sich der Mensch Roboter und KI zunutze macht – und erleben eine Großmacht, die im Hintergrund die Fäden zieht, alles beherrscht und nur auf Profit aus ist: ...

Wir befinden uns in einer fernen Zukunft, in der sich der Mensch Roboter und KI zunutze macht – und erleben eine Großmacht, die im Hintergrund die Fäden zieht, alles beherrscht und nur auf Profit aus ist:
- Als auf dem abgelegenen Archipel Con Dao eine möglicherweise intelligente Krakenart entdeckt wird, kauft der Konzern DIANIMA das Areal und beauftragt die Meeresbiologin Dr. Ha Nguyen, mit der neuen Spezies Kontakt aufzunehmen. Zusammen mit dem weltweit einzigartigen Androiden Evrim und der weiblichen Kampfmaschine Altantsetseg als Sicherheitsbeauftragte bilden sie ein Team, um die Oktopoden zu erforschen.
- Irgendwo auf den Weltmeeren ist das riesige autonom gesteuerte Fischfangschiff „Sea-Wolf“ eines fernöstlichen Konzerns unterwegs, der das nötige Personal für seine Schiffe entführt, wie Sklaven hält und sie die letzten Fischbestände aus dem Ozean holen lässt. Eiko und Son, zwei Männer die mitten aus ihrem Leben gerissen wurden, begehren auf und entfachen eine Rebellion mit Folgen.
- Am Bosporus wartet der geniale Hacker Rustem auf seinen Auftraggeber. Er sollte in das Gehirn des Androiden Evrim eindringen, damit dieser manipuliert werden kann. Es ist ihm auch gelungen, doch er ist sich noch im Unklaren ob er sein Wissen weiter geben soll, denn er ahnt, dass er in jedem Fall getötet werden wird.

Ray Nayler ist ein US-amerikanischer und kanadischer Autor, der in Quebec geboren und in Kalifornien aufgewachsen ist, und sich mit humanistischen Themen und Fragen der KI und Tierethik befasst. Zuvor diente er im Friedenscorps und war Presseattaché an der US-Botschaft in Baku und Beauftragter für Umwelt, Wissenschaft, Technologie und Gesundheit am US-Konsulat in Ho-Chi-Minh-Stadt. Sein Debütroman „Die Stimme der Kraken“ wurde mit dem Locus-Award der Los Angeles Times ausgezeichnet. Ray Nayler lebt mit seiner Familie in Washington D.C.

Der Autor entführt uns mit diesem Buch in eine Zukunft, in der die Grenzen zwischen Menschen und Roboter verwischt sind. Was zeichnet die menschliche Existenz aus? Ist es das Bewusstsein, der freie Wille oder unsere Einzigartigkeit? Wir, die Krone der Schöpfung, scheinen ersetzbar, werden entbehrlich. Die Ressourcen der Erde sind erschöpft, das Ökosystem ausgebeutet, die Meere leergefischt und die intelligenten Kraken beginnen sich allmählich zu wehren. Was wird geschehen, wenn diese Spezies ein Bewusstsein entwickelt und zu kommunizieren beginnt? Werden sie den Menschen als Feind betrachten?

Die extrem spannende SciFi-Geschichte spielt an mehreren Orten, die kapitelweise wechseln und sehr gut zu unterscheiden sind. Wir erleben das Geschehen aus Sicht verschiedener Protagonisten und tauchen tief in deren Gedanken und Handlungen ein. Der Schreibstil ist klar und verständlich, wissenschaftliche Fakten und nicht zu leugnende Tatsachen sind sehr gut in die Geschichte integriert.

Fazit: Das Buch ist mehr als nur ein spannender SciFi-Thriller, es wirft wichtige Fragen auf und regt zum Nachdenken an.

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Veröffentlicht am 29.04.2024

Sehnsucht nach Sizilien

Nostalgia Siciliana
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Der Anruf eines Anwaltes verändert das Leben von Tita, einer in Berlin lebenden Grafikerin. Ihr Onkel, der Bruder ihres bereits vor vielen Jahren verstorbenen Vaters, hat ihr das Anwesen der Familie, das ...

Der Anruf eines Anwaltes verändert das Leben von Tita, einer in Berlin lebenden Grafikerin. Ihr Onkel, der Bruder ihres bereits vor vielen Jahren verstorbenen Vaters, hat ihr das Anwesen der Familie, das Landgut Magnì bei Ragusa auf Sizilien, vermacht. Zur Erledigung der Erbangelegenheiten kehrt Tita noch einmal in die Heimat ihres Vaters zurück, der als einer der ersten Gastarbeiter in den Sechzigerjahren nach Deutschland kam und in Berlin ein erfolgreicher Gastronom wurde. Es wird für Tita eine emotionale Reise in die Vergangenheit, weckt Erinnerungen an unvergessliche Sommer ihrer Kindheit, die sie mit ihren Eltern dort verbrachte und an Freunde und Verwandte, die sie dort kennen lernen durfte. Ihre Liebe zu diesem wunderbaren Stück Land, zu Sizilien und seinen Menschen, erwacht von neuem. Hier fühlt sie sich ihrem Vater ganz nah und findet auch wieder zu sich selbst. Kann das ihre neue Heimat werden?

Patrizia Di Stefano wurde 1966 in Berlin als Tochter des Italieners Giovanni Di Stefano und seiner deutschen Ehefrau Karla geboren. Sie arbeitet als Grafikerin und lebt heute mit ihrem Mann, ihren drei Söhnen und drei Windhunden in Berlin-Schlachtensee. „Nostalgia Siciliana“ ist ihr erster Roman.

>Giovanni Di Stefano kam im Dezember 1939 auf dem Landgut Magni nahe der sizilianischen Stadt Ragusa zur Welt und verstarb im Alter von nur 38 Jahren in Berlin, wo er seine Frau Karla, seine Tochter Patrizia und seinen Sohn Daniele hinterließ.<

Wie sich die Autorin selbst äußert, erzählt sie hier die wahre Geschichte ihres Vaters Gianni, der als Erfinder der Tiefkühlpizza gilt, um ihn nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Viele Recherchen mit der sizilianischen Verwandtschaft und den dortigen Behörden, in Berlin mit einigen damaligen Gastronomen sowie mit dem Archiv der Dr. Oetker AG waren nötig, um die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen. Neben diesen tatsächlichen Begebenheiten von damals ist die Rahmenhandlung im Heute mehr oder weniger frei erzählt. Patrizia, im Roman Tita genannt, hat das Landgut zwar geerbt, als sie aber auf Sizilien eintraf war der Familienbesitz jedoch bereits verkauft. Auch ein paar der Figuren hat die Autorin, nach eigenen Angaben, dazu erfunden, um das Geschehen lebendiger zu gestalten.

Der Schreibstil ist sehr flüssig und leicht zu lesen, nicht die große Literatur, aber dennoch gut geschrieben. Ein schöner Familienroman, der uns auf unterhaltsame Weise die Gegensätze der Insel nahe bringt. Wer schon auf Sizilien war, wird sich dort in der Landschaft und im Lebensgefühl wieder finden, die drückende Hitze fühlen und die leicht kühlende Brise vom Meer her empfinden, die mannigfachen Gerüche in der Luft riechen und das köstliche Essen mit seinen vielfältigen Gewürzen auf der Zunge spüren. Daneben macht die Autorin auch auf die wirtschaftlichen Probleme und die großen Herausforderungen, die mit dem Leben dort verbunden sind, aufmerksam. Authentisch sind die eingefügten italienischen Ausdrücke und Redewendungen, die auch ohne Sprachkenntnisse gut zu verstehen sind.

Fazit: Ein schönes Leseerlebnis, macht Lust auf Urlaub!

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Veröffentlicht am 15.04.2024

Dolce Vita in Florenz ?

Das Fenster zur Welt
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Als sich die sechzigjährige britische Kunsthistorikerin Evelyn Skinner und der junge britische Soldat Ulysses Temper 1942 im zerstörten Florenz begegnen, entsteht daraus eine lebenslange Freundschaft. ...

Als sich die sechzigjährige britische Kunsthistorikerin Evelyn Skinner und der junge britische Soldat Ulysses Temper 1942 im zerstörten Florenz begegnen, entsteht daraus eine lebenslange Freundschaft. Sie erklärte ihm die Welt der Kunst, die ihn auch nach dem Krieg, nach seiner Rückkehr nach England, nicht mehr los lies. In der Heimat war alles anders als erwartet. Seine Frau Peggy hatte inzwischen ein Kind von einem Amerikaner, der zurück in seine Heimat gegangen war und auf dessen Rückkehr sie sehnlichst hoffte. Ulysses liebte ihr Kind, die kleine Alys, und nahm sich ihrer gerne an, was Peggy dankbar zur Kenntnis nahm. Als dann einige Zeit später ein Rechtsanwalt aus Italien eintraf der Ulysses verkündete, dass er Alleinerbe von Arturo sei, dem er damals in Florenz das Leben rettete, änderte sich alles. Zusammen mit der kleinen Alys, dem väterlichen Freund und Nachbarn Cressy und dem Papagei Claude fährt Ulysses zurück nach Florenz …

Sarah Winman, geb. 1964 in Ilford, ist eine britische Schriftstellerin und Schauspielerin. Sie wuchs in der Grafschaft Essex auf. Nach ihrem Studium in London arbeitete sie ab 1989 als Schauspielerin in Nebenrollen bei zahlreichen Produktionen für das britische Fernsehen und in Kinofilmen. Sie schrieb bisher sieben Bücher, für die sie einige Anerkennungen und Auszeichnungen erhielt. „Das Fenster zur Welt“ (erschienen am 20.04.2024 beim Verlag Klett-Kotta) ist ihr 8. Roman. Die Autorin lebt heute in London.

Während eines Zeitraums von etwa vierzig Jahren begleiten wir Ulysses, Peggy und Alys mit ihren zahlreichen italienischen und englischen Freunden. Wir sind dabei wenn sie sich verlieben, neue Freundschaften knüpfen oder wenn sie im Londoner Pub oder in einer Bar in Florenz ihre Trauer und ihren Verlust teilen und ihre Sorgen zu vergessen suchen. Wir treffen auf Menschen wie Du und ich, mit den gleichen Problemen, wie wir sie alle haben. Man hat den Eindruck es geschieht nicht sehr viel, dennoch ist die Geschichte voll prallen Lebens, was dieses Buch zu einem einzigartigen Leseerlebnis macht. Ganz nebenbei erfahren wir eine Menge über die großartigen Kunstwerke in Italien und besonders in Florenz und über die schreckliche Überschwemmungskatastrophe, von der Florenz und die Toskana 1966 heimgesucht wurden.

Fazit: Ein wunderbar geschriebenes Buch über Menschen und Menschlichkeit, über Liebe und Freundschaft und über Trauer und Schmerz – mitten aus dem Leben gegriffen.

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