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Veröffentlicht am 15.09.2016

Die geheime Sprache der Liebe

Die geheime Sprache der Liebe
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"Menschen widerfahren nicht nur schlimme Dinge, weil sie es verdienen. Menschen widerfahren schlimme Dinge, weil so was zum Leben ganz einfach... dazugehört. Und egal, wer wir auch sind, wir müssen die ...

"Menschen widerfahren nicht nur schlimme Dinge, weil sie es verdienen. Menschen widerfahren schlimme Dinge, weil so was zum Leben ganz einfach... dazugehört. Und egal, wer wir auch sind, wir müssen die Dinge nehmen, wie sie kommen, auch wenn sie manchmal echt ätzend sind, und uns stets bemühen, trotzdem weiter geradeaus zu gehen, zu lieben und zu hoffen und daran zu glauben, dass die Reise, die wir machen, irgendeinen Sinn verfolgt... Und zu glauben, dass aus jedem Knacks, den wir bekommen, Licht nach außen strahlt." (Seite 324)

Um es gleich vorweg zu nehmen:

"Die geheime Sprache der Liebe" ein emotionaler, gefühlvoller, sinnlicher, romantischer, zarter, sentimentaler und kitschiger Roman. Einer fürs Herz. Aber manchmal brauchen wir das, und das nicht nur am Valentinstag.

Doch gehen wir in media res.

Bree Prescott musste mit ansehen, wie ihr Vater durch einen sinnlosen Gewaltakt aus dem Leben gerissen wird, und bloß einem glücklichen Umstand ist es zu verdanken, dass nicht auch sie ein Opfer wurde. Traumatisiert vom Erlebten verlässt sie ihre Heimatstadt Ohio in der Hoffnung, im kleinen Städtchen Pelion in Maine Abstand, etwas Ruhe und Frieden zu finden. Einst hatte sie hier harmonische Tage mit ihrer Familie verlebt. Sie mietet ein kleines Häuschen am See, macht Bekanntschaft mit ihrer Nachbarin Anne, einer älteren Dame, und bekommt einen Job im örtlichen Imbiss von Norm und Maggie. Während sie nach außen hin freundlich und aufgeschlossen ist und sich bald allgemeiner Beliebtheit erfreut, weiß niemand, dass sie jeden Morgen mit Panikattacken zu kämpfen und und dann immer bis zum Abend damit zu tun hat, neue Kraft und Zuversicht zu tanken. Täglich hofft sie darauf, die grässlichen Erinnerungen endlich zu überwinden, um nicht mehr die Trauer und den Schmerz des einen grauenhaften Augenblicks durchleben zu müssen.

Keineswegs erwartet sie, in der Abgeschiedenheit der kleinen Stadt jemandem wie Archer Hale zu begegnen, einem vermeintlich exzentrischen Einsiedler, dessen ungepflegte lange Haare in sein von einem zotteligen Bart bedeckte Gesicht fallen, der von niemandem wirklich beachtet wird, nicht nur weil er mit keiner Person unterhält.

Gleichwohl hat Bree von Anfang an das Gefühl, als ob sich zwischen den beiden etwas bewegt und die Luft, die sie umgibt, plötzlich weich und warm und irgendwie mit Händen greifbar ist. Schnell findet sie heraus, dass Archer nicht spricht. Sie kann trotzdem mit ihm kommunizieren, da sie die Gebärdensprache beherrscht, die sie wegen ihres gehörlosen Vaters schon als Kind gelernt hat.

Archer erlebte in seiner Kindheit eine Tragödie, verstummte und vereinsamte an der Seite seines Onkels Nate, der ihn zu Hause unterrichtet, bevor dieser verstarb. Danach brachte sich der junge Mann vieles selbst bei, unter anderem auch die Gebärdensprache. Dabei gibt es keinen Menschen, gegenüber dem er sie benutzt. Bis Bree erscheint...

Mia Sheridan schreibt gefühlvoll und überschwänglich. Die Geschichte ist ordentlich und bis auf wenige Ausnahmen, in denen Archer "zu Wort" kommt, aus Sicht von Bree erzählt. Sie ist verständlich, wenngleich vorhersehbar. Gerade im Hinblick Archers familiären Hintergrund. Zudem ist die Tatsache, dass Bree die Gebärdensprache kann und Archer sich diese selbst beigebracht hat, eher ein unwahrscheinlicher Zufall.

Manchmal übertreibt die Autorin es mit den Emotionen, so dass diese das Geschehen überladen und es insgesamt ein wenig zu viel von der allumfassenden Heilkraft der Liebe ist, wenn beide Protagonisten nach ihrer traumatischen Vergangenheit keine professionelle Hilfe mehr benötigen.

Zudem schleichen sich Wiederholungen ein. Wenn sich Bree zum dritten Mal nach dem Duschen ein Tanktop anzieht, fällt dies schon auf beim Lesen.

Bei aller Kritik ist zu spüren, dass Mia Sheridam ihre Helden Bree und Archer besonders am Herzen liegen. Als sich die beiden begegnen, braucht es eine Weile, bis Archer auf Bree zugeht und sich ihr zu öffnen beginnt. Das liegt vor allem an der Hartnäckigkeit der jungen Frau, die sich von der anfänglichen Ablehnung nicht abschrecken lässt. Bree ist bescheiden, gutherzig und fürsorglich. Sie sieht in Archer keinen "seltsamen" jungen Mann, sondern einen, der lediglich anders ist. Für sie ist er nicht der schweigende, isolierte und verschrobene Einzelgänger. Sondern einer, der charmant sein kann, ein warmes Lächeln hat. Und eine innere Stimme, die Bree von Anfang an berührt. Seine - ruhige - Nähe ist wohltuend und bietet Bree Sicherheit. Außerdem stimmt die Chemie - auch die sexuelle - zwischen den beiden. Es offenbart sich jedoch gleichzeitig, dass Archer die Vergangenheit lähmt und es nicht klar ist, ob er jemals in der Lage sein wird, jemanden auf Dauer zu vertrauen und die Angst abzulegen, verlassen zu werden...

Außer Bree und Archer hat die Autorin weitere, hauptsächlich liebenswerte Charaktere geschaffen, die das Geschehen beleben. Daneben gibt es auch unerträgliche Protagonisten. Hier weist die Autorin allerdings leider eine größtenteils einseitige negative Figurenzeichnung auf, wobei andererseits die Sympathien klar verteilt werden können.

Trotz allem bereitet die Geschichte Freude beim Lesen und hinterlässt ein glückseliges Gefühl. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, dass es in der Liebe häufig darum geht, die Sprache des jeweils anderen zu lernen, weil man sich nur dann wirklich versteht.

You brought the silence,
The most beautiful sound I'd ever heard,
Because it was where you were.


Du schenktest mir die Stille.
Nie zuvor habe ich ein schöneres Geräusch gehört,
Weil ich in dieser Stille dir begegnet bin.


(Seite 371)

3,5 Sterne

Veröffentlicht am 15.09.2016

Inselfeuer

Inselfeuer
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September 2007. Ruhe und Frieden sind wieder eingekehrt auf Öland. Der Sommer ist vorbei, die Touristen haben die kleine schwedische Insel verlassen. Die Öländer sind unter sich auf ihrem Eiland, dessen ...

September 2007. Ruhe und Frieden sind wieder eingekehrt auf Öland. Der Sommer ist vorbei, die Touristen haben die kleine schwedische Insel verlassen. Die Öländer sind unter sich auf ihrem Eiland, dessen spröde, stille Schönheit sich einem Fremden kaum erschließt.

Nun lodern jenseits der Idylle des schwedischen Urlaubsparadieses die Flammen auf. Ein Feuerteufel ist am Werk. Und die Bewohner des kleinen Örtchens Ormöga glauben, den Verursacher auch sofort ausmachen zu können.

Schon vor zehn Jahren hatte nämlich Jorma Brolin unter Verdacht gestanden, einen der ihren getötet und anschließend dessen Haus in Brand gesetzt zu haben. Und da Jorma schon auf Grund seiner voluminösen Statur nicht wie ein Unschuldslamm wirkt, sind sich die Öländer sicher, dass der unbeholfene 47-Jährige der Übeltäter ist. Jorma - nach dem Verlust seiner weißblonden dünnen Haare kahl geworden - ist zudem eine blasse, farblose Erscheinung und für viele nicht vertrauenserweckend. Die Menschen fürchten sich vor ihm. Die, die ihm das erste Mal begegnen, aber auch die, die ihn schon immer kennen. Leider trägt Jormas Verhalten nicht dazu bei, diesen Eindruck zu entkräften. Im Grunde ist er selbst zutiefst unsicher, schwach und geprägt von der Angst, dass seine Frau Yvonne ihn verlässt. Ohne sie kann er nicht leben. Dieser Furcht opfert er vieles und fügt sich immer wieder ihren Wünschen.

Doch ist er der Täter?

Sylvia B. Lindström kennt sich aus auf Öland. Seit vielen Jahren lebt sie dort. Mit Ormöga hingegen hat sie einen fiktiven Ort geschaffen. Übersetzt ins Deutsche heißt Ormöga Vergissmeinnicht. Ein Schelm, der Böses bei diesem Namen denkt.

Denn es geht nicht nur um eine Gemeinschaft, die nicht vergisst. Menschen, die den Eigensinn und Störrigkeit ihrer Insel in sich tragen, einander gewogen sind, helfen oder auch nicht, die einen festen Bund bilden, in den allerdings nicht jeder Aufnahme findet. Als Öländer wird man geboren. Öländer ist man oder man ist es nicht. Und wer es einmal mit den Öländern verscherzt, hat es schwer, nochmals Gnade vor ihren Augen zu finden. Nicht unbedingt vorteilhaft.

Es ist offensichtlich, dass in der Geschichte von Sylvia Lindström weniger die Kriminalhandlung, sondern vielmehr die Figuren im Mittelpunkt stehen: Jorma Brolin, die Anwältin Alasca Rosengren, ihre Großmutter Borghild, Stellan Qvist...

Die Brände als solches - und ebenso die Tötungsdelikte - geschehen eher am Rande und bilden den "Aufhänger" für einige Protagonisten, sich mit ihrer (vergessenen?) Vergangenheit zu beschäftigen und ihr Verhalten und ihre Gefühle in der Gegenwart auf den Prüfstand zu stellen.

Besonderes Augenmerk erhalten hierbei die unterschiedlichen Mutter-Sohn-Beziehungen, unter anderem die von Jorma und seiner Mutter. Borghild und Karl, Alasca und Kristian, Themen wie Vernachlässigung und Missbrauch.

Insgesamt gesehen sind die Figuren zum Teil recht unbequem und eigensinnig, verschlossen und ablehnend, verbittert und kühl. Sie müssen sich Sympathiepunkte beim Leser im Verlauf des Geschehens erarbeiten.

Es ist beispielsweise lobenswert, dass die Autorin mit Alasca keine Frau geschaffen hat, die unfehlbar und über jeden Zweifel erhaben ist. Der Umgang mit ihrem Sohn Kristian wird nicht als heile Welt suggeriert. Vielmehr vernachlässigt Alasca ihren Sohn, nicht willentlich, eher aus Unvermögen und Zerstreuung heraus. Schließlich ist sie in ihrem Beruf als Opferanwältin sehr eingespannt, so dass sie die kostbaren gemeinsamen Stunden mit ihrem Sohn allzu oft vergeudet.

Dabei ist Kristian ein kluges fantasievolles Kind und besitzt die Gabe, sich in andere Menschen einzufühlen. Er ist der geborene Optimist, der stets die Möglichkeiten, nicht die Schwierigkeiten sieht. Doch er verändert sich, und obwohl Alasca dies bemerkt, scheint sie nicht in der Lage zu sein, eine Änderung herbeizuführen. Sind daran die Erlebnisse in ihrer eigenen Kindheit schuld?

Hingegen zeigt sich Kristians Beziehung zu seiner Urgroßmutter Borghild, die er Mormor - Großmutter - nennt, inniger, zumal sie nur seinetwegen noch am Leben festhält.

Und welche Rolle spielt Stellan Qvist, der aus sogenannten einfachen Verhältnissen stammt und inzwischen zu den renommierten und wohlhabenden Öländern gehört? Hinter einer Fassade geschmeidiger Verbindlichkeit verbirgt er ein eher schüchternes Wesen, gilt als gutherzig, wenngleich er selten völlig selbstlos agiert und gute Taten mit für ihm Nützlichen verbindet. Als Anwalt wird er für schlau und durchtrieben gehalten, ist ein Meister der leisen Töne, nähert sich spitzfindig, eloquent und beharrlich seinem Ziel.

Außerdem zeigt sich, dass die Beziehungsstörungen selbst vor den Tieren nicht Halt machen. Mit Sir Noir fügt die Autorin einen tierischen Protagonisten in das Geschehen ein, der sein eigenes Päckchen zu tragen hat, das dem der Menschen durchaus ähnelt, so dass Parallelen gezogen werden können. Da das Pferd nicht in einer Herde aufgewachsen ist, versteht es die dort herrschenden Regeln nicht, so dass er von seinen Artgenossen gemobbt und unterdrückt wird. Zwar ist er das schwächste Tier in der Herde und ein Störenfried, gegenüber den Menschen aber spielt er sich auf und lehrt sie das Fürchten.

Diesbezüglich beweist die Autorin ihr Verständnis für Pferde, ihre Beobachtungsgabe und ihr Können im Umgang mit den Tieren und die daraus folgende Deutung des Verhaltens.

Das Geschichte ist vom Erzähltempo her sehr entschleunigt und liest sich manchmal etwas zäh. Zudem sind die vielen Szenenwechsel recht sprunghaft und irritierend. Es erschwert den Aufbau einer Verbindung zum Geschehen, das zwar düster, wiederum auch spannungsarm ist. Hier wäre in der Fortsetzung ein paar packende Momente wünschenswert.

Sylvia Lindström legt einen Roman vor, der hinsichtlich der Charakterstudie von Mensch und Tier mit wenigen Abstrichen überzeugen kann, hinsichtlich der Handlungsabläufe jedoch ausbaufähig ist.

Veröffentlicht am 23.08.2020

Speed Love. Summer & Tyler

Speed Love – Summer & Tyler
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Die achtundzwanzigjährige Ärztin Summer Booth leidet auch nach sechs Monaten noch immer unter dem Tod der Mutter. Sie hatte gerade eine Assistentenstelle in der Notaufnahme der Universitätsklinik antreten ...

Die achtundzwanzigjährige Ärztin Summer Booth leidet auch nach sechs Monaten noch immer unter dem Tod der Mutter. Sie hatte gerade eine Assistentenstelle in der Notaufnahme der Universitätsklinik antreten wollen, diese indes aufgegeben und ihre an Krebs erkrankte Mutter gepflegt. Nun kümmert sich Summer um Vater und Bruder. Mitch Booth, genannt Big M, betreibt seit zehn Jahren mit wachsendem Erfolg den Rennstall Booth Thunder Racing Team. Er hat den vielversprechenden Fahrer Tyler Hatfield unter Vertrag genommen, der an die Spitze strebt, allerdings in seiner Vergangenheit ebenfalls einige schmerzvolle Erfahrungen gesammelt hat. Auf und nach einem Speeddating in ihrem Heimatort kommen sich Summer und Tyler näher. Doch können sie eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen? Und kann diese Bestand haben, wenn Summer nicht dazu stehen will?



Was macht eine gute Liebesgeschichte aus? In erster Linie natürlich ein Paar, mit dem ich mitfühlen kann, das mir Emotionen vermittelt, die mich auch erreichen. Daneben eine schlüssige Handlung mit entsprechend ausgearbeiteten Ereignissen, ein gewisses Maß an Auseinandersetzungen, die Leben in die Geschichte bringen. Und letztlich ein beachtlicher Schreibstil. Bedauerlicherweise erfüllt „Speed Love - Summer & Tyler“ von Karina Reiß diese Erwartungen nur in begrenztem Maße.

Tatsächlich hat Karina Reiß mit Summer und Tyler ein Paar erschaffen, bei dem der Funken einfach nicht überspringen will, weil die gewählten Charakterzüge gleichtönig sind, nicht aus der Masse herausragen und ein Hin und Her der Gefühle dies zusätzlich verhindert. Ihre Darstellung ist leider recht konturlos und verhalten, so dass das Entstehen ihrer Liebe zueinander kaum nachvollzogen werden kann und geringen Nachhall erzeugt. Die Schilderung des Geschehens und der Empfindungen aus der wechselnden Perspektive der beiden Protagonisten trägt nicht dazu bei, ihnen Originalität zu verschaffen. Vielmehr wirken Summer und Tyler in Anbetracht ihrer Taten und Gedanken keineswegs immer altersgerecht, sondern oft unreif und damit unglaubwürdig. Weiterhin bleiben die erotischen Szenen ebenfalls auf der Strecke, sie scheinen gewollt und trotz aller intensiver Beschreibung leidenschaftslos, denn es prickelt nicht wirklich.

Zudem ist die Entwicklung der Nebenfiguren unvollendet und zum Teil irritierend. Besonders sauer stößt hierbei die Beschreibung des zweiten Fahrers und ehemaligen Partners von Summer, Zane, auf.

Vielleicht hätte es die Gestaltung des sportlichen Hintergrundes Schwächen minimieren können. Jedoch auch hier kratzt die Autorin lediglich an der Oberfläche und legt ein Tempo vor, dass sich zwar dem Titel anpasst, gleichwohl gehetzt wirkt. Die Welt des Rennsports wird durchaus in Ansätzen veranschaulicht, und außerdem werden Konflikte angerissen. Das Potential, diese zu vertiefen, nutzt Karina Reiß allerdings nur wenig oder gar nicht. Vorhandene Spannungsmomenten wie beispielsweise Unfälle im Rennsport flachen schnell wieder ab und gehen verloren.

Hinsichtlich der Ausdruckskraft offenbart die Autorin ebenfalls nicht genutzte Möglichkeiten. Zwar liest sich die Geschichte ohne Probleme, aber sie benötigt auch keine große Aufmerksamkeit, von ein paar unverhofften – mich nicht störenden – Zeitwechseln einmal abgesehen. Insgesamt wirkt das Ganze unausgereift und unaufgeregt, allein in Bezug auf die Trauer von Summer über den Verlust der Mutter entstehen aufrichtige Augenblicke.

„Speed Love - Summer & Tyler“ weist diverse Schwächen auf und überzeugt leider nicht, so dass die Geschichte schnell aus dem Gedächtnis verschwunden sein wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.09.2016

Schade

Gertrudisnacht
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Ich mag es, wenn historische Ereignisse in Romanen ihren Platz finden. In der Regel animiert mich das schon vorab, über eben jene Begebenheiten Weiteres zu erfahren und Vergleiche zu ziehen, inwieweit ...

Ich mag es, wenn historische Ereignisse in Romanen ihren Platz finden. In der Regel animiert mich das schon vorab, über eben jene Begebenheiten Weiteres zu erfahren und Vergleiche zu ziehen, inwieweit ein Autor seine "dichterische Freiheit" eingesetzt hat.

Wer aber nun hofft, einen Roman in Mitten der Ereignisse der Getrudisnacht zu finden, wird wie ich enttäuscht sein. Denn wenn auf Seite 293 des ca. 300 fassenden Buches die eigentliche titelgebende Nacht beginnt, mag zwar "die Stadt in Blut" versinken (Auszug aus der Inhaltsangabe), dann jedoch endet das ganze Geschehen schon ein paar Seiten später. Und die Begegnung der Protagonisten, irgendwie als Höhepunkt angekündigt, hat sich bereits vor dieser einen, entscheidenden Nacht abgespielt. Allerdings gab es zugegebenermaßen bis dahin ein wenig kämpferisches Vorgeplänkel.

Leider haben die handelnden Personen für mich nicht genug Tiefgang.

Da ist zum einen Bernhard, ein junger Novize, dem wir im Prolog und Epilog des Romans als altem Mann begegnen. Aus dem Kloster geworfen befindet er sich auf der Suche nach Erfüllung seiner Vision. Sein Weg führt ihn mit den anderen Hauptpersonen in der einen oder anderen Weise zusammen.

Mit Arnim beispielsweise, Mitglied einer Bande von Wegelagerern, der aber das Morden ablehnt und den Novizen vor einem solchen bewahrt.

Die Magd Irma, die erleben muss, wie die Bauernfamilie, mit deren Sohn sie verbandelt ist, vor ihren Augen erschlagen wird und die sich und das Baby der Familie retten kann. In einem Kloster aufgepäppelt, begibt sich sich auf die Reise nach Aachen, trifft unterwegs Arnim und überlebt mit dessen und Berndhards Hilfe einem Schlangenbiss. Das Glück mit Arnim währt nur kurz, denn auch diese Liebe findet ein schnelles, tödliches Ende.

Aber da ist ja noch ein junger Reliquienhändler. Rupert, flink und ideenreich, zieht von Stadt zu Stadt, verführt reichlich junge Mädchen und verärgert ständig ihre Väter. Ein Hallodri sozusagen, aber ein sympathischer. Auf Grund seines Handels mit Schweineborsten, die er als Teufelkshaare verkauft, denunziert und in die Hände der Inquisition gelangt, steht er bei seiner ersten Begegnung mit Irma am Schandpfahl. Und welch ein Glück, Rupert sieht aus wie Arnim, denn die beiden sind Zwillingsbrüder, und so wendet sich das Schicksal der zwei jungen Leute zum Guten. Irma ist Ruperts guter Engel, der ihn auf den rechten Weg führen und einen guten Menschen aus ihm machen will.

Und damit dies auch klappt, gelingt den beiden die Flucht aus Aachen, weil ihnen ein Adliger, nämlich Friedrich von Kerpen, Begleiter des Grafen Wilhelm, mal eben seinen Schimmel schenkt, weil er ihn nicht mehr brauchen wird. Das war damals so üblich im Mittelalter, versteht ihr...

Ein paar Leute mehr "spielen" natürlich noch mit. In der Regel lassen sie sich problemlos in die Gut- oder Böse-Kategorie einordnen.

Warum auf dem Titel ein blondes Mädchen abgebildet ist, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Die weibliche Hauptfigur Irma kann es nicht sein, denn sie hat rote Haare.

Alles in allem hat mich dieser Roman leider nicht überzeugt, da er zu wenig von den Ereignissen der Getrudisnacht wiedergibt. Vielleicht wäre eine Novelle besser gewesen. "Eine sich ereignete unerhörte Begebenheit' (Goethe) war die Getrudisnacht allemal.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Zu viel des Guten

Das Geheimnis des Felskojoten
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Vor einigen Wochen habe ich das Buch bekommen, das nach der Leseprobe eine nette Lektüre versprach. Sollte es doch um eine Geschichte mit Liebe, Abenteuer und Mystik der Indianer gehen. Mit dem Lesen war ...

Vor einigen Wochen habe ich das Buch bekommen, das nach der Leseprobe eine nette Lektüre versprach. Sollte es doch um eine Geschichte mit Liebe, Abenteuer und Mystik der Indianer gehen. Mit dem Lesen war ich zügig durch, es handelte sich um sogenannte "leichte Kost", und ich kann sagen, dass dies auch alles vorhanden ist. Doch leider fiel mir die Rezension nicht so leicht. Das Ergebnis der Lektüre lässt sich wie folgt zusammenfassen: Liebe - recht gut, Abenteuer - nicht gut genug und Mystik - zu viel des Guten. Dazu später genauer, erst einmal etwas zum Inhalt.

Serena ist 26 und hatte immer ein gutes Verhältnis zu ihrem älteren Bruder Fabian. Bis zu dem Zeitpunkt als dieser von heute auf morgen ins Kloster geht. Nach einem Anruf stellt sich heraus, dass Fabian das Kloster verlassen hat und sich in Nordamerika auf der Flucht befindet. Vor seinem Klosteraufenthalt war der junge und talentierte Physiker nämlich in Konflikt mit einem großen Konzern geraten, der ihn zur Vertuschung seiner Machenschaften aus dem Weg räumen lassen wollte und das immer noch will. Serena begibt sich sofort auf die Suche nach ihrem Bruder, trifft auf seinen Freund, den Indianer Shane Storm Hawk und ist mitten drin im Geschehen. Verfolgt von Fabians Gegnern wird sie von Shane begleitet und unterstützt, und auch die Liebe lässt nicht lange auf sich warten.

Denn dass Serena und Shane ein Paar werden, ist im Grunde von Anfang an klar. Dies ist alles recht gut und angenehm beschrieben. Eine Entwicklung ist zumindest zu erkennen, und dankbarerweise fallen die beiden nicht gleich beim ersten Treffen übereinander her.

Gelungen sind im Großen und Ganzen auch die Beschreibungen der Natur, da entstehen anschauliche Bilder im Kopf, sowie die der indianischen Bräuche. Allerdings wird immerzu vom "Great Spirit" gesprochen und ständig taucht der Felskojote auf, ob in natura oder in Träumen.

Serena und Shane geraten wiederholt in irgendwelche Gefahren, die aber eher spannungslos beschrieben werden. Für mich jedenfalls war es nicht gut genug. Abenteuer müssen einen vom Hocker hauen, da muss man mitfiebern und -bangen. Das konnte ich hier nicht.

Ganz unglaubwürdig wird es dann, als Serena zum ersten Mal in ihrem Leben aufs Pferd steigt. Nicht nur, dass sie ihre Höhenangst überwindet und einen steilen Berg hinaufreitet. Das mag vielleicht noch angehen. Nein, sie scheint ein wahrhaftiges Naturtalent (das ist wohl so, wenn man aussieht wie eine Indianerin) zu sein und schafft es, sich im schnellen Galopp (ich rede hier also nicht von einem in der Reitersprache sogenannten normalen Arbeitsgalopp) auf dem Pferd zu halten...

Und immer kommt ihnen der Zufall oder "Great Spirit" zur Hilfe. Ich bin ja offen für Mystik (auch als Atheistin), doch das war einfach zu viel des Guten. Besondere Momente sind vielleicht noch die mit der Großmutter von Shane, die die Schwitzhüttenzeromonie durchführt und die einen ungewöhnlichen Hund besitzt, der allerdings - wie sollte es anders sein - ebenfalls vom Großen Geist geleitet wird.

Als oberflächlich empfinde ich auch die Figurenzeichnung. Es werden zwar Aussehen und ebenso ein paar Charaktereigenschaften beschrieben, doch insgesamt bleiben alle Personen farblos. Etwas mehr Tiefe wäre von Vorteil gewesen, um mit den Figuren mitfühlen zu können. So sind die Guten gut, und die Bösen sind böse. Wobei wir bei den Gegenspielern sind. Da gibt es einen Chef und zwei Handlanger, die mir mit ihrem ständigen "Boss" total auf die Nerven gingen, so tumb wie sie dargestellt wurden. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass jemand noch so spricht. Irgendwie kam ich mir beim Lesen vor wie in einem Gangsterfilm der Zwanziger Jahre, als die Ganoven ebenfalls in schwarzen Anzügen herumliefen und den Finger locker am Maschinengewehr hatten. Ein bisschen wie "Manche mögen's heiß" oder noch besser wie Henk und Abdul aus "Knocking on Heavens Door". Nur dass Moritz Bleibtreu wahrscheinlich wesentlich besser aussieht...

Übrigens richtig heroisch wird es zum Schluss natürlich auch, doch davon verrate ich hier nichts. Insgesamt passt es zum Geschehen und hat mich nicht wirklich überrascht.