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Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Mann, der verschwindet

Vierundzwanzig Stunden
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Als Arthur Costello als einziges Erbe seines vermögenden Vaters den heruntergekommenen Leuchtturm erhält, ahnt er nicht, dass sich im Inneren eben jenes Gebäudes ein Geheimnis verbirgt. Ein Geheimnis, ...

Als Arthur Costello als einziges Erbe seines vermögenden Vaters den heruntergekommenen Leuchtturm erhält, ahnt er nicht, dass sich im Inneren eben jenes Gebäudes ein Geheimnis verbirgt. Ein Geheimnis, das ihn dazu zwingen wird, die nächsten vierundzwanzig Jahre in jeweils vierundzwanzig Stunden abzuhandeln. Er wird seinen Großvater aus der Psychiatrie befreien, eine Frau kennen- und liebenlernen, sich ständig in neuen und manchmal gefährlichen Situationen wiederfinden und am Ende ... wird er am Ende alles gewinnen oder alles verlieren?

Eigentlich eine spannende Sache. Für jedes Jahr seines Lebens stehen ihm nur genau vierundzwanzig Stunden zur Verfügung (außer den letzten paar, aber darauf gehe ich jetzt nicht ein). Was macht man also in diesen vierundzwanzig Stunden? Versucht man, das ganze Leben zu packen und so viel wie möglich draus zu machen? Dass Arthur zunächst verwirrt ist, ist logisch. Und dass er Antworten sucht und das manchmal auch den ganzen Tag dauert, genauso. Aber später, so fand ich, hat er viel Zeit verschwendet mit sinnlosen Eifersüchteleien und einer Art, die ihn ziemlich unsympathisch machte. Irgendwie dachte er die meiste Zeit wirklich immer nur an sich. Ja, er hat's schwer, aber dass es eigentlich seine Familie viel schwerer hat, weil die das ganze Jahr erleben, während er immer nur einen Tag hat ... Das finde ich viel schwerer. Zwischendurch wird der Roman interessant, denn Musso hat viel Zeitgeschichte verpackt, aber auch da hätte man viel mehr draus machen können meiner Meinung nach. Stattdessen wiederholt er sich zu viel, verbringt viel Zeit damit, Essen zu beschreiben oder seinen Protagonisten in immer wieder ähnliche Situationen zu verfrachten. Das hat zwischendurch gelangweilt, und um ehrlich zu sein, das Ende hat mich enttäuscht.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Brot und Liebe

Die kleine Bäckerei am Strandweg
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Das ist das richtige Buch für verregnete Nachmittage, kalte Abende oder Nächte, in denen ihr frustriert seid, weil ihr weder einen Schweinsbraten noch Schokolade im Haus habt. Geeignet, weil man völlig ...

Das ist das richtige Buch für verregnete Nachmittage, kalte Abende oder Nächte, in denen ihr frustriert seid, weil ihr weder einen Schweinsbraten noch Schokolade im Haus habt. Geeignet, weil man völlig das Gehirn abschalten und sich berieseln lassen kann. Also kommt mit nach Cornwall.

Polly, die trotz ihres Namens kein Papagei ist, hat gerade so ziemlich alles verloren. Ihre gemeinsame Firma mit ihrem Lebensgefähren, ihren Lebensgefährten, weil der alles ist, nur nicht mehr jemand zum Leben und auch so ein bisschen ihr Lebensmut. Alles, was sie jetzt braucht, ist ein Rückzugsort, und den findet sie auf einer Halbinsel, auf die man nur über einen Damm kommt, der bei Flut überspült ist. Dort mietet sie sich in einem fast abbruchsreifen Haus ein, und um sich abzulenken, fängt sie an, Brot zu backen. Das bringt ihr zwei Dinge: begeisterte Abnehmer ihrer Backkünste und Stress mit ihrer Vermieterin, die zufällig die Besitzerin der einzige Bäckerei im Ort ist. Fast ist Polly, die ja trotz ihres Namens noch immer kein Papagei ist, bereit, die ganze Sache hier abzublasen, als sie Neil kennenlernt, der allerdings noch gar keinen Namen hat, denn der ist im Gegensatz zu ihr zwar auch kein Papagei, aber immerhin ein Papageientaucher. Oder wird mal einer, denn er ist noch fast ein Baby. Mit gebrochenem Flügel. Polly schafft es in der nächsten Zeit, nicht nur seinen Flügel zu heilen, sondern irgendwie auch sich selbst. Und sich in zwei Männer zu verlieben.

Natürlich findet sich in dem Buch genau der Kitsch, den man bei dem Titel, dem Klappentext und dem Cover erwarten darf. Ab und zu habe ich mich auch geärgert, dass die Autorin munter zwischen den Perspektiven herumsprang, wie es ihr gerade in den Sinn kam - ich finde, wenn es keinen auktorialen Erzähler gibt, sollte man bei der Hauptperson bleiben. Aber ok. Das machte sie dadurch wieder gut, dass sie immerhin den Kitsch gern mal witzig verpackte und Polly, die sich oft nicht entscheiden kann, ob sie pubertierender Teenager oder doch schon uralte Frau ist (eigentlich ist sie 32) gelegentlich wirklich witzige Antworten zwischen die Lippen schiebt. Auch gibt es nicht nur rosarote Wattewölkchen zu betrachten, sondern es schmuggelt sich hier und da auch mal ein Blitz oder gar Donner hinein. Und wenn man ganz fest die Augen zukneift, könnte man sogar ein bisschen Kritik darüber lesen, wie schwer es die Fischer in ihrem Job haben und wie wenig Unterstützung sie bekommen bzw. wie wenig sie in ihrem harten Job verdienen. Zusammengefasst: Ein Roman, der durchaus Schokolade ersetzen kann, wenn keine im Haus ist (aber nur wenn es sich dabei um Bitterschokolade handelt). Immerhin bekommt man am Ende auch noch ein paar Backrezepte gratis obendrauf.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Zwei Morde, drei Leichen und dann auch noch ein Schwabe!

Ein Mord und zwei Leichen
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Ludwig Wimmer ist pensionierter Fleischermeister und langweilt sich daher ein bisschen. Zusammen mit seiner Enkelin Anna macht er eine Tour ins Altmühltal mit, bei dem Wolnzacher Geschäftsleute lernen ...

Ludwig Wimmer ist pensionierter Fleischermeister und langweilt sich daher ein bisschen. Zusammen mit seiner Enkelin Anna macht er eine Tour ins Altmühltal mit, bei dem Wolnzacher Geschäftsleute lernen sollen, wie das mit dem sanften Tourismus funktioniert. Als nach einem E-Bike-Test die Leute wieder zurück zum Bus kommen, finden sie dort zwei Tote vor und Wimmer samt Enkeltochter befinden sich mitten in einem Kriminalfall (nicht zum ersten Mal). Die beiden Hobbydetektive stürzen sich begeistert in die Ermittlungen, wobei sie dem Ingolstädter Kripoteam immer einen Schritt voraus sind. Während die 13jährige Anna ein digital Native ist und sich um die computergestützten Nachforschungen kümmert, macht es Wimmer auf die altmodische Tour. Er wandert herum und redet mit den Leuten. Dabei kommt so manches über die Toten und auch die Lebenden heraus - so viel, dass sich der Mörder bemüßigt fühlt, ein weiteres Mal zuzuschlagen.

Gut gefallen haben mir die Verwendung der Dialekte, die trotz Wiedererkennungswert (Schwaben/Bayern) für einen Preußen kein Problem darstellten zu verstehen. Auch hat der Autor ausgiebig recherchiert, was die Arbeit der Polizei angeht. Der Fall selbst hat mich nicht packen können, mir schien es, als läge die Hauptsache dieses Buches eher in der Ausarbeitung skurriler und stark überzeichneter Personen. Andere Leser lobten in dieser Hinsicht auch den hohen Humoranteil - der ging völlig an mir vorbei, obwohl ich selten zum Lachen in den Keller gehe. Ich denke, dieser Krimi ist eher was für Leute, die gern Rita Falk lesen und deren Hauptaugenmerk auf den Beziehungen zwischen den einzelnen Personen liegt und weniger für Leser, die lieber einen komplizierten Fall gehabt hätten und den Regioanteil eher nebenbei als angenehmes Schmankerl genießen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Pate der Psychopathen

Hades
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Erst mal vorneweg: Dieses Buch hätte tatsächlich ein ganz großer Wurf werden können. Alles Notwendige war vorhanden. Eine ziemlich ungewöhnliche Story, ein Kriminalfall, der ebenfalls noch nicht tausende ...

Erst mal vorneweg: Dieses Buch hätte tatsächlich ein ganz großer Wurf werden können. Alles Notwendige war vorhanden. Eine ziemlich ungewöhnliche Story, ein Kriminalfall, der ebenfalls noch nicht tausende Mal ausgelutscht wurde, allein das australische Flair, ein charismatischer Pate von Sydney und zwei Psychopathen, die ausgerechnet bei der Polizei arbeiten sowie der gute Schreibstil der Autorin. Ich werde später darauf eingehen, warum all das dann ärgerlicherweise für nur 3/3,5 Punkte reichte.

Frank Bennett ist neu auf dem Revier und der Mordkommission. Bevor er seine neue Partnerin, Eden Archer (nein, die ist nicht mit mir verwandt ;D) und ihren Bruder Eric kennenlernen kann, werden sie zu einem Fall gerufen, der erschreckender kaum sein könnte. Auf dem Grunde des Meeres werden Kisten über Kisten mit Leichen gefunden, jeder wurde Organe entnommen. Ein Serienkiller treibt in Sydney in sein Unwesen, und er hält sich für Gott. Er entscheidet, wer lebt und wer überleben darf. Er verfügt über medizinische Kenntnisse und es gibt genügend Verzweifelte, die auf Organspenden warten und nicht warten, woher die Spende kommt. Gleichzeitig kommt Bennett auch dem Geheimnis seiner neuen Partnerin auf die Spur, und das wird genauso gefährlich für ihn wie die Jagd nach dem Killer.

Das hat mich schon in der Leseprobe und vom Schreibstil her begeistert. Bennett und seine Kollegen sind nicht gerade Sympathieträger, aber was soll's. Ein krasser Kriminalfall (in dem gleich noch einer steckt) reicht eigentlich. Doch es gibt viel zu viele Ungereimtheiten, über die ich nicht hinwegsehen konnte. Eden und Eric waren dabei die größten Schwachpunkte, obwohl sie doch die Story tragen sollten. Als Untertitel steht: Als Killer wird man nicht geboren. Man wird dazu gemacht. Ja, schöner Spruch, doch auf diese beiden trifft das schon mal nicht zu. Wer aufmerksam liest, der sieht sofort, dass die beiden von Anfang an nicht ganz astrein sind. Da kann das Trauma ihrer Kindheit nichts dafür. Dann geht's weiter. Sie bekommen erst eine schulische Ausbildung, als sie 11 bzw. 13 sind. Egal, die sind so hochintelligent, dass sie trotzdem nicht nur hinterherkommen, sondern alle überfliegen. Mit 14 kann Eden schon irgendwelche medizinisch-chemisch-biologischen Fachbücher auf Fehler korrigieren, muss sich aber ein Dutzend Jahre später von einem Arzt erklären lassen, wie eine Transplantion funktioniert.

Man könnte fast alle der Rückblicke auf solche Sachen auseinandernehmen. Damit endet es aber nicht. Auch die Polizei scheint nur zu schludern. Eric steht mit brennender Zigarette über einer Grube mit einer Leiche und ascht da hinein. Ahhhh! Kontaminierung eines Tat/Fundorts? Klingelt da was? Eine Zeugin darf stundenlang mit einem Polizisten am Tatort rumlungern und zuschauen, wie Leichen geborgen werden. Ist das in Australien so üblich? Ich glaube nicht. Der Killer wird als auffällig gutaussehender, charismatischer 2-Meter-Mann beschrieben, aber keiner kommt auf die Idee, die Bevölkerung darüber zu informieren bzw. aus der Bevölkerung kommen dahingehend keine Hinweise? Logisch? Eher nicht. Eine Überwachung geht schief, weil Polizisten ihren Platz verlassen. Kriminalisten gehen in eine Kirche, in der sich der Killer aufhält, obwohl draußen ein Haufen Uniformierte rumlungern.

Ich könnte stundenlang das Buch so auseinandernehmen, weil mich das alles so geärgert hat. Es hätte so extrem gut werden können, aber da haben so viele Leute geschlafen bei der Überarbeitung. Es spricht immerhin für die gute Schreibe und die Grundidee, dass es immer noch so viele Punkte werden, wie ich vergebe.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Omnia vincit amor

Witch Hunter
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Elizabeth ist eine sechzehnjährige Waise, die an Anglias Hofe aufwuchs. Zu Beginn ist sie eine Dienstmagd, doch ihr einziger und bester Freund Caleb überredet sie, sich mit ihm zusammen den Hexenjägern ...

Elizabeth ist eine sechzehnjährige Waise, die an Anglias Hofe aufwuchs. Zu Beginn ist sie eine Dienstmagd, doch ihr einziger und bester Freund Caleb überredet sie, sich mit ihm zusammen den Hexenjägern von Blackwell anzuschließen. Eine gute Entscheidung, wie es aussieht, denn sie hat Talent und Nerven dafür. In Anglia ist Magie verboten und wer sie betreibt oder auch nur der Hexerei und Magie fähig ist, wird von den Hexenjägern gefangen und landet meistens auf dem Scheiterhaufen. Elizabeth stellt diese Regeln nicht in Frage, doch eines Tages wird sie selbst der Hexerei angeklagt und landet im Gefängnis, mit der einzigen Option, auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Ausgerechnet der größte Hexer, Nicholas Perevil, befreit sie, zerstört ihr Weltbild und bittet sie um eine geradezu unmögliche Aufgabe: die Zerstörung eines Fluchsteins, der sich im Besitz von Blackwell, dem obersten Inquisitors befindet.

Ich mag Fantasy, ich mag Jugendbücher, und ich mag den Beginn der Frühzeit, also eigentlich hätte das Buch für mich wie eine Kinderüberraschung sein müssen, alle drei Sachen auf einmal. Ich fand jedoch, dass viel Potenzial verschenkt wurde. Das fängt schon mal mit dem Zeitalter an. Wäre nicht manchmal das Jahr (1558) erwähnt worden, wäre kein Mensch auf die Idee gekommen, wann das spielen sollte. Ja, es wurde geritten und ab und zu Dinge wie Festungen, Scheiterhaufen und Schwerter erwähnt. Aber ansonsten hätte es von der Sprache und dem Benehmen her durchaus in der heutigen Zeit spielen können. Da werden Partys geschmissen, Frauen tragen Hosen und Männersachen, und eigentlich habe ich nur noch darauf gewartet, dass jemand, "ey, krass, alda" sagt. Ich verlange ja nicht gerade Shakespearische Ausdrucksweisen und Umgangsformen, aber sich minimal einem Zeitalter anzupassen, wäre nicht schlecht. Manche Sachen ergaben gar keinen Sinn. George zum Beispiel soll ein Narr am Hofe sein, aber er hält sie nie am Hofe auf. Der kann sich jederzeit woanders herumtreiben. Und ein anderer Bursche kennt Elizabeth kaum und ist so verliebt, dass er ihr alles verzeiht. Die Personenbeschreibung bestand fast nur aus schwarz-weiß (passend zum Cover, das ich persönlich hässlich und nichtssagend finde). Am interessantesten waren noch Fifer und Skyler gestaltet, die als Nebenfiguren jedoch nicht sonderlich viel Platz einnahmen.

Alles in allem fand ich den Roman zwar unterhaltsam und werde wahrscheinlich auch den Nachfolger lesen, bin jedoch von der Umsetzung der vorhandenen Möglichkeiten eher enttäuscht.