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Veröffentlicht am 12.11.2024

Schuld ?

Vielleicht hat das Leben Besseres vor
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Anne Gesthuysens neuester Roman “ Vielleicht hat das Leben Besseres vor“ spielt wieder in Alpen am Niederrhein, wo ein ganz spezieller Menschenschlag wohnt, mit dem die Autorin gut vertraut ist. Die ländliche ...

Anne Gesthuysens neuester Roman “ Vielleicht hat das Leben Besseres vor“ spielt wieder in Alpen am Niederrhein, wo ein ganz spezieller Menschenschlag wohnt, mit dem die Autorin gut vertraut ist. Die ländliche Idylle kommt aber im Cover überhaupt nicht zum Tragen, denn das Cover ist sehr minimalistisch und farblos. Es gibt keinerlei Hinweis auf das Setting oder den Plot. Wie auch bei den Covern ihrer anderen Werke ist die Person von hinten dargestellt. Die Bedeutung ist mir unklar.
Die Botschaft des Titels hat sich mir erst nach der Lektüre von Gesthuysens Nachwort erschlossen. Darin erwähnt sie , dass Glück zerbrechlich sei. Es könne in jeder einzigen Sekunde zerstört werden. Somit soll der Titel wohl Hoffnung und Zuversicht auf ein besseres Leben in einer Tiefphase des Lebens vermitteln.
In ihrem Roman “Wir sind schließlich wer“ dreht sich ebenfalls alles um die evangelische Pastorin Anna von Betteray, die Seelsorgerin des Dorfes ist und viel Empathie mitbringt. Auch in “Vielleicht hat das Leben Besseres vor“ wird sie sehr gut Charakterisiert, ebenso wie ihr, teilweise sehr skurriles, Umfeld. Allen voran Frau Erbs, der Horchposten vom Dienst und die Bäckersfrau, eine perfekte Klatschkönigin. Sie setzten viele Gerüchte in die Welt und verdrehen Tatsachen. Annas adelige und sehr standesbewußte Mutter Mechthild, ihre 90-Jährige Tante Ottilie, ihre alkoholabhängige Schwester mit ihrem Sohn Sascha und der schwule Postbote, genannt Martinchen, sind wieder mit von der Partie. Zwar lassen die Charaktere der Dorfbewohner einen beim Lesen oft schmunzeln, sie sind , meiner Meinung, nach zu übertrieben und unrealistisch dargestellt, denn das Werk soll zwar humoristisch und einfühlsam zugleich wirken, jedoch wird die Hauptproblematik, nämlich das Schicksal, der schwerstbehinderten Raffaela davon überlagert. Der Leser erfährt Details über ihr Schicksal, das in 33 einzelnen Kapiteln Episoden aus ihrem Leben und dem der Dorfbewohner vermittelt, dabei gibt es Rückblicke, und somit wird ein Gesamtbild der Problematik dargestellt. Das Ganze in eingängiger Sprache.
Das Mädchen Raffaela ist schwerstbehindert nach einem Unfall als Baby, verschuldet durch ihre Mutter. Auch hier liefert uns Gesthuysen autobiographisches Material, denn ihrem Baby ist ähnliches passiert, ohne jedoch zu einer Behinderung zu führen.
Raffaelas Mutter fühlt sich schuldig. Sie und ihr Sohn opfern sich für das Kind auf, jedoch kommen sie fast an ihre Grenzen als Raffaela, nach eine Unfall ins Koma fällt. Die ganze Dorfgemeinschaft versucht zu klären, wer sie gestoßen haben könnte. War es eine Verquickung unglücklicher Umstände? Hier bekommt das Werk kriminalistische Züge, es kommt ein wenig Spannung auf, jedoch gefallen mir die übertrieben Klischees nicht sehr, daher 4 Punkte.
Für Fans von Familiengeschichten mit dörflichem Lokalkolorit ist dieser Roman aber sicherlich eine Bereicherung.

Veröffentlicht am 03.08.2022

Ich lebe wie es mir gefällt

Susanna
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“Susanna” ist mein erstes Werk von Alex Capus. Da es sich bei ihm um einen Schweizer handelt, entsprechen etliche Ausdrücke nicht dem Hochdeutschen, können aber aus dem Zusammenhang entschlüsselt werden.
Das ...

“Susanna” ist mein erstes Werk von Alex Capus. Da es sich bei ihm um einen Schweizer handelt, entsprechen etliche Ausdrücke nicht dem Hochdeutschen, können aber aus dem Zusammenhang entschlüsselt werden.
Das Cover gefällt mir gut, denn die dargestellte Brooklyn Bridge symbolisiert den Fortschritt in der Neuen Welt. Neben Dampfmaschinen und Glühbirnen wird die maschinelle Industrialisierung als Motor für das veränderte Leben der Bevölkerung dargestellt. Die “First Nations” jedoch kämpfen ums Überleben, werden ihrer Kultur beraubt und leben in Reservaten. Auflehnung ist kaum machbar, da die Kavallerie zur Unterdrückung bereitsteht. Die Rechtmäßigkeit dieses Verhaltens wird aber nirgendwo im Roman hinterfragt.
Capus zeichnet die Lebensgeschichte von Susanna Carolina Faesch, die als Malerin Caroline Weldon bekannt wurde, allerdings werden erst Fakt und Fiktion zu diesem Werk.
Als Kind einer wohlhabenden Familie kann sich die Protagonistin des Romans bereits stark durchsetzen. Ihre Mutter bedrückt die kleinbürgerliche Enge ihrer Ehe, und sie beschließt nach New York zu Karl Valentiny auszuwandern, in den sie bereits vorher verliebt war. Dort wächst Susanna in Brooklyn auf, kann bereits als Jugendliche ihr künstlerisches Talent entwickeln und eigenes Geld durch Portraitmalerei verdienen. Sie heiratet einen Arztkollegen ihres Stiefvaters, aber die Ehe bleibt kinderlos. Nach einer Affäre wird sie schwanger, jedoch verlässt sie ihr Ehemann daraufhin.Sowohl Christy, ihr Sohn, als auch Susanna sind fasziniert von den Ureinwohnern. Auch er ist sehr durchsetzungsstark. So fahren Mutter und Sohn, als er 13 Jahre alt ist, zu Sitting Bull im Dakota Territorium. Aber im Anschluss an diese Begegnung endet das Buch unvermittelt, was mich sehr verwundert und enttäuscht hat.
Es wird deutlich, dass Susanna, aufgrund einer Erbschaft, ihrem Leben freien Lauf lassen kann. Auch kann der Leser verfolgen, wie sie, aufgrund ihres sehr unabhängigen Lebensstils, in Brooklyn nicht diskriminiert wird. Wir haben immerhin die erzkonservative Zeit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts!
Die Protagonistin ist sehr detailliert und individuell gezeichnet und somit als außergewöhnlich dargestellt. Aber auch die meisten anderen Figuren sind authentisch und gut beschrieben. Dieser Stoff ist mal etwas Anderes!
Die gewählte Erzählweise ist flüssig, sehr bildhaft und fördert den Lesefluss. Allerdings gibt Capus oft eine zu detaillierte Beschreibung der Personen und besonders der Landschaft, dem Setting generell. Bei “schlüpfrigen” Themen hingegen macht er nur Andeutungen.
Er liefert einen guten Einblick in die damalige Zeit, jedoch sind die die Detailbeschreibungen, besonders im ersten Teil, für mich zu langatmig. Das geht zu Ungunsten der Handlung. Daher ein Punkteabzug.
4 Punkte

Veröffentlicht am 22.07.2021

Ausbruch.

Wildtriebe
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Angelockt durch das wunderschöne, sehr romantische Cover in grau - rosa Tönen, und den verwirrenden Titel “Wildtriebe” wurde mein Interesse an diesem Roman geweckt. Außerdem hat mich die Schwiegermutter/ ...

Angelockt durch das wunderschöne, sehr romantische Cover in grau - rosa Tönen, und den verwirrenden Titel “Wildtriebe” wurde mein Interesse an diesem Roman geweckt. Außerdem hat mich die Schwiegermutter/ Schwiegertochterproblematik angesprochen. Wildtriebe sind etwas Negatives, und der Titel soll möglicherweise den Ausbruch (Austrieb) aus dem Althergebrachten symbolisieren, denn die Großbäuerin Lisbeth hat sehr festgefügte Vorstellungen von Haushaltsführung, Frausein und Hofmanagement. Marlies, ihre Schwiegertochter hingegen, die circa in den 60er Jahren in den Hof einheiratet, versucht, aus ihrem strengen Regiment auszubrechen, indem sie auf einer Teilzeitarbeit beharrt, Treckerfahren lernt und den Jagdschein macht. Weder von Lisbeth noch von ihrem Ehemann wird sie dafür gelobt. Es wird kommentarlos akzeptiert, dass Marlies am Nachmittag sich sehr intensiv an der Stall- und Feldarbeit beteiligt.
Marlies schafft es aber nicht, sich eine ebenbürtige Stufe mit ihrer Schwiegermutter zu erkämpfen. Ihre Ehe läuft freudlos, das Leben wird bestimmt durch die schwere Arbeit auf dem Hof. Amüsements wie Tanzen, Kino, Essengehen, Shoppen.... finden nicht statt.
Vieles bleibt unausgesprochen, da es von Marlies akzeptiert werden muss. Eine offene Konfrontation zur Klärung aber findet nicht statt. Niemand traut sich, Wut, Frust, Ärger und Hoffnungen auszusprechen. Alles wird heruntergeschluckt und bleibt im Inneren verborgen. Ute Mank hat es sehr gut verstanden, diese Sprach- und Trostlosigkeit in halben Sätzen anzudeuten. Ihr beschreibender, gefühlvoller Schreibstil setzt diese Ausweglosigkeit sehr gut in Szene.
Als Charakter erscheint mir Lisbeth am authentischsten, denn sie wurde als sehr junge Hoferbin und die schwere Kriegszeit nur zum Durchhalten und Hoferhalt gezwungen. Sie lernt aber nichts dazu, was das Zwischenmenschliche zwischen Ihr und Marlies anbelangt.
Marlis erscheint mir zu unterwürfig, aber ihre einzige Tochter, Joanna, soll quasi als Stellvertreterin das erreichen, was ihr nicht möglich war. Dabei macht sie viele Erziehungsfehler, genau wie Lisbeth, denn Joanna wird sehr verwöhnt, muss nicht bei der Hofarbeit mithelfen, darf Abitur machen, ins Ausland gehen, studieren und ihren Neigungen nachkommen. Aber Johanna verhält sich ihrer Mutter gegenüber rücksichtslos und lässt sich gehen, denn zum Schluss wird sehr deutlich, dass sie sich als Hoferbin sieht, der nichts passieren kann. Sie ist, meiner Meinung nach, übertrieben gezeichnet. Ihre Entscheidungen und ihr Verhalten am Romanende sind für mich nicht nachvollziehbar, aber sie wird von Lisbeth voll unterstützt, der es, egoistisch wie sie ist, nur darum geht, dass die Blutlinie weitergeführt wird und der Hof vererbt werden kann. Daher Punkteabzug! Marlies hingegen, gibt die Situation Auftrieb und Mut für ein selbstbestimmtes Leben.
Zwar enthält der Roman Längen, jedoch hat er mir gut gefallen, da ich mich in eine unbekannte Situation hineindenken musste. Er dürfte aber besonders interessant sein für Personen, die Ähnliches auf einem Bauernhof erlebt haben, denn die Atmosphäre und die Probleme auf einem Hof sind sehr eindrücklich beschrieben. 4 Punkte.

Veröffentlicht am 19.05.2021

Im Angesicht der Mörder

Letzte Ehre
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Oberkommissarin Fariza Nasri ist spezialisiert auf psychologisches Feingefühl in ihren Befragungen. Dabei ist sie besonders höflich und entgegenkommend, sodaß sie den Kriminellen oft, auch ungeplant, Fakten ...

Oberkommissarin Fariza Nasri ist spezialisiert auf psychologisches Feingefühl in ihren Befragungen. Dabei ist sie besonders höflich und entgegenkommend, sodaß sie den Kriminellen oft, auch ungeplant, Fakten entlocken kann oder aus deren Verhalten Rückschlüsse ziehen kann. Sie ist für ihre Vernehmungsmethoden bekannt und kommt dadurch voran, wo andere scheitern beim Dezernat für Gewaltdelikte und ungeklärte Todesfälle.
In diesem Werk geht es um den Fall der verschwundenen Schülerin Finja. Nasri spricht mit dem Freund von Finjas Mutter, Herrn Barig. An Kleinigkeiten kann die Befragungsspezialistin festmachen, dass er lügt, und somit dringt sie in die ganze düstere Wahrheit ein, die an diesem Fall hängt.
der Roman ist in der “ Ich - Form”, aus der Perspektive von Fariza Nasri geschrieben. Immer mehr rückt die Polizistin mit ihren eigenen Problemen und einem schweren Schicksalsschlag in den Vordergrund, das ist derzeit up- to-date. Die einzelnen Charaktere werden gut beleuchtet und auch die Spannung bleibt bis zum Schluss erhalten.
Der wichtigste und spannendste Moment war für mich, als sie einen zunächst völlig unverdächtigen Mörder gegen Ende durch Empathie zu einem Geständnis bringen kann.
Der Stil enthält viele Metaphern und auch einige hypotaktische Bandwurmsätze. Generell besteht das Werk aber zum größten Teil aus kurzen Fragen und Antworten, was ich nicht besonders spannend fand. Aber davon lebt der Roman, denn es ist kein Action – Krimi. Allerdings waren wir einige Wörter und Wortschöpfungen unbekannt.
Besonders schlüpfrige, aufrüttelnde Fakten würden oft nur angetippt, nie direkt benannt. Deren Bedeutung wird oftmals erst in Folgekapiteln deutlich.
Anis Stil ist düster und verschwommen. Er liefert keine Lösungen und Antworten. Von daher wirkt das Ganze auf mich oft irrealistisch. Will er den Leser besonders schocken?
Das Ende hat mir gar nicht gefallen, Nasris Verhalten ist völlig dahergeholt und unlogisch. Oder soll das auch wieder eine Phobie der Protagonistin darstellen, einen Tagtraum der den seelischen Notzustand der Protagonistin reflektiert?

Veröffentlicht am 18.03.2021

Ohne Mentor klappt es nicht.

Ich kann das
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Der Protagonist des Buches, Karl, ist ein Akademikerkind und soll nach seinem Jurastudium die Anwaltskanzlei seiner Eltern übernehmen. Er möchte jedoch lieber Schauspieler werden, traut es sich jedoch ...

Der Protagonist des Buches, Karl, ist ein Akademikerkind und soll nach seinem Jurastudium die Anwaltskanzlei seiner Eltern übernehmen. Er möchte jedoch lieber Schauspieler werden, traut es sich jedoch aufgrund seines mangelnden Selbstbewusstseins nicht zu und ist mit seinem Leben unzufrieden.
Er lernt ganz zufällig Marc kennen, auch genannt „The Brain“, der eine Firma zur Motivationsforschung und Selbstbewusstseinstraining, besonders sonders für leitende Angestellte betreibt, denn ihre Firmen wollen, dass sie fabelhafte Produkte entwickeln und somit zur Profitmaximierung beitragen. Natürlich wollen sie selbst auch viel Geld verdienen. Das klappt nur mit einem noch gesteigerten Selbstbewusstsein. Mentale und natürlich körperliche Resilienz sind dabei von höchster Wichtigkeit. Sie lernen ihr Gehirn umzuprogrammieren. Der Leitsatz ist: Ich kann das.
Dann beginnt eine märchenhaft anmutende Geschichte. Marc nimmt Karl unter seine Fittiche, coacht ihn und hilft ihm, Höhen und Tiefen seiner neuen Identitätssuche zu überwinden. Dabei unterstützt er ihn mit aufmunternden Whats Ap Botschaften und hilfreichen Gesprächen. Rein zufällig gewinnt er mit Marcs Hilfe neue Freunde, die ihn bedingungslos akzeptieren und aufmuntern und lernt seine Traumfrau kennen. Karl spürt immer mehr die „Magie“ des Selbstbewusstseins und erreicht letztendlich sein Ziel: er wird ein erfolgreicher Schauspieler. Auch in seinem Privatleben wird er sehr erfolgreich, natürlich auch finanziell.
Diese Möglichkeit will Bodo Schäfer uns aufzeigen, denn auch er betreibt eine Agentur zur Selbstbewusstseinssteigerung, mit deren Hilfe er den Lesern dieses Werkes zu einem neuen selbstbewussten Leben verhelfen will. Dazu kann ich nur sagen: „ Mit Speck fängt man Mäuse!“
Das erreicht er durch eine einfache Sprache und ein klar strukturiertes Werk in drei Teile, das so manchem Leser ermöglicht, Selbstvertrauen, Selbstliebe und Selbstbewusstsein aufzubauen, aber das funktioniert nur mit einem Mentor! Nämlich Bodo Schäfer. „ Ich kann das“ wird sicherlich nur bei einigen Lesern Wirkung zeigen. Auf alle Fälle hat er sein Vorhaben auf unkonventionelle Weise umgesetzt und erreicht somit eine breitere Leserschaft als mit einem fremtwortreichen Fachbuch. Auf mich wirkt das Werk wie so manche Diätbücher, die einem vorgaukeln, man könne Unmögliches erreichen.