Platzhalter für Profilbild

WinfriedStanzick

Lesejury Star
offline

WinfriedStanzick ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit WinfriedStanzick über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.12.2017

Das schöne bei Mixtvision erschienene Bilderbuch ist für Kinder und Erwachsene geeignet

Das schwarze Schaf
0

Italo Calvino, Lena Schall, Das schwarze Schaf, Mixtvision 2017, ISBN 978-3-95854-101-6

Der italienische Schriftsteller Italo Calvino (1923-1985) hat diese kleine Geschichte schon vor vielen Jahrzehnten ...

Italo Calvino, Lena Schall, Das schwarze Schaf, Mixtvision 2017, ISBN 978-3-95854-101-6

Der italienische Schriftsteller Italo Calvino (1923-1985) hat diese kleine Geschichte schon vor vielen Jahrzehnten geschrieben. Es geht ihm um die Beantwortung der Frage, wie eigentlich Reichtum und Armut auf die Welt gekommen sind. Er entwickelt dabei eine ganz eigene Theorie.

Es war einmal eine Stadt, in der alle Einwohner Diebe waren. Jeder bestahl jeden und so hatte jeder etwas. Doch irgendwann kann ein ehrlicher Mensch in die Stadt und machte dabei nicht mit. So brachte er das bisherige Gleichgewicht durcheinander und das Chaos begann zu regieren.

Auf eine komische und satirische Art gelingt es Calvino die Absurdität des Lebens zu beschreiben. Lena Schall hat dieses philosophische Kleinod mit einer Vielzahl von Techniken und Stilen illustriert und es so auch für Kinder interessant gemacht.

Das schöne bei Mixtvision erschienene Bilderbuch ist für Kinder und Erwachsene geeignet.


Veröffentlicht am 29.11.2017

Sven Görtz hat das Hörbuch gut eingelesen. Er lässt ohne viel eigene Interpretation in seine Stimme zu legen dem Text und seiner vielstimmigen und spirituellen Bedeutung genug Platz

Der Weg des Bogens
0

Paulo Coelho, Der Weg des Bogens (Hörbuch), Diogenes 2017, ISBN 978-3-257-80387-7

Schon 2003 und dann wieder 2011 ist dieses kleine spirituelle Kleinod von Paulo Coelho auf Spanisch erschienen. Nun legt, ...

Paulo Coelho, Der Weg des Bogens (Hörbuch), Diogenes 2017, ISBN 978-3-257-80387-7

Schon 2003 und dann wieder 2011 ist dieses kleine spirituelle Kleinod von Paulo Coelho auf Spanisch erschienen. Nun legt, parallel zu einem Hörbuch, der Diogenes Verlag in Zürich die erste deutsche Buchausgabe seines vielleicht besten und tiefsten spirituellen Buches vor.
Es ist, eingebettet in eine kleine Geschichte, eine wunderbare und inspirierende Anleitung Coelhos über Ziele, wie man sich ihnen nähert, wie man sie verfolgt und erreicht und wie man sie wieder loslässt um sich dem nächsten zu widmen. Dabei ist „Der Weg des Bogens“ und das Bogenschießen und seine Elemente ein Sinnbild für das ganze Leben, wie wir es leben und mit Sinn erfüllen. Es geht viel um Haltung, um die Überwindung von Schwierigkeiten, um Standfestigkeit, und den Mut, riskante Entscheidungen zu treffen.

Es ist die Geschichte von Tsetsuya, der sich als bester Bogenschütze des Landes in ein abgelegenes Tal zurückgezogen hat und dort eine kleine Tischlerwerkstatt betreibt. Eines Tages bekommt er Besuch von einem anderen erfolgreichen Bogenschützen, der lange gesucht hat, bis er mit Hilfe eines Jungen Tsetsuya gefunden hat. Er will, sich mit ihm messen. Der nimmt die Herausforderung an und düpiert den ehrgeizigen Konkurrenten, der daraufhin abzieht, ohne dass er in die Kunst Tsetsuyas eingeführt worden wäre, wie er sich gewünscht hatte.

Stattdessen erklärt der Tischler dem Jungen auf dessen Frage hin auf dem Heimweg den „Weg des Bogens“ Er spricht über die sogenannten Verbündeten, die jeder erfolgreichen Schütze haben müsse, über den Bigen, den Pfeil, das Ziel, die Haltung, wie man den Pfeil hält, wie man den Bogen hält, wie man die Sehen spannt, wie man auf das Ziel blickt. Er spricht über den Augenblick des Abschusses, über die Wiederholung, über den Flug des Pfeils und schließlich über den Schützen selbst.

All diese Elemente stehen sinnbildlich für das gesamte Leben und jede einzelne Handlung in jedem einzelnen Leben. Coelho selbst hat dazu gesagt: „Ich habe diesen Text geschrieben, in dem Bogen, Pfeil und Ziel und Schütze Teil des gleichen Systems von Entwicklung und Herausforderung sind.“
Ich halte dieses mir bis heute unbekannte Buch für das beste von Pauli Coelho. Es kann und will immer wieder gelesen oder gehört werden.

Sven Görtz hat das Hörbuch gut eingelesen. Er lässt ohne viel eigene Interpretation in seine Stimme zu legen dem Text und seiner vielstimmigen und spirituellen Bedeutung genug Platz.

Veröffentlicht am 29.11.2017

Mit leichter Sprache auf hohem literarischem Niveau hat Judith Taschler einen Roman geschrieben über Liebe und Verrat, Freundschaft und Vertrauen und über den Tod

bleiben
0

Judith W. Taschler, bleiben (tb), Droemer 2017, ISBN 978-3-426-30479-2
Zwanzig Jahre ist es her, dass sich die Cellistin Juliane und die drei jungen Männer auf einem überfüllten Bahnsteig des italienischen ...

Judith W. Taschler, bleiben (tb), Droemer 2017, ISBN 978-3-426-30479-2
Zwanzig Jahre ist es her, dass sich die Cellistin Juliane und die drei jungen Männer auf einem überfüllten Bahnsteig des italienischen Bahnhofs Roma Termini für kurze Zeit begegneten. Es war eine Begegnung von vier jungen Menschen, die alle an unterschiedlichen Wendepunkten ihres Lebens standen. Juliane war immer noch schwer traumatisiert durch den tödlichen Unfall ihres kleinen Bruders, an dem sie sich die Schuld gab. Paul war frisch geschieden nach einer unglücklichen Ehe, Felix auf der Suche nach der Lebensgeschichte seiner Mutter in Südtirol und Max träumte davon, Maler zu werden.

Die Skizzen, die Max damals auf dem Bahnsteig von der Cello spielenden Juliane machte, bildeten die Grundlage für ein Bild, das zwanzig Jahre später das Leben aller damals Beteiligten gehörig in Unordnung bringen wird.

Juliane hat den älteren Paul geheiratet, der um sie geworben hat und sie mit seinem tiefen Verständnis zu einer Form der inneren Heilung von ihrem Trauma brachte. Sie haben zwei Kinder und Juliane ist mit ihrer Familie und Paul glücklich.

Dennoch beginnt sie mit Felix, zu dem sie sich damals schon hingezogen fühlte, zwanzig Jahre später eine heftige Affäre, nachdem die beiden sich in einer Gemäldeausstellung, in der Julianes Porträt zu sehen ist, zufällig begegnen. Sie verlieben sich ineinander, und treffen sich heimlich über ein halbes Jahr lang.

Juliane ist voller Schuldgefühle, kann aber dennoch nicht von Felix lassen. In wechselnden Abschnitten mit Datumsangabe (von Juni 2015 bis Dezember 2015) erzählen die vier beteiligten Personen jeweils anderen, die lange unbekannt bleiben und mit deren Identität sich der Leser lange herumplagt, die aktuelle und die vergangenen Geschichte. Diese jeweiligen Ich-Erzählungen sind als eine Art Dialog komponiert, der allerdings nur in manchmal gestelzten Rückfragen des Erzählers an seinen stillen Zuhörer als solcher deutlich wird. Mir hat das nicht so gut gefallen, ich habe den Sinn nicht verstanden. Judith Taschler wäre besser bei der reinen Ich-Erzählung ihrer Protagonisten geblieben, zumal die jeweiligen Zuhörer für die ganze Geschichte wenig Bedeutung haben.

Nach einer längeren Reise, von der er sich nicht bei Juliane meldet, bricht Felix den Kontakt zu ihr plötzlich ab. Sie fühlt sich schlecht, verletzt und gedemütigt. Ausgerechnet von Paul, der mehr weiß, als sie annahm, erfährt sie nicht nur den Grund, sondern wieder einmal bedingungslose Annahme und Liebe.

Mit leichter Sprache auf hohem literarischem Niveau hat Judith Taschler einen Roman geschrieben über Liebe und Verrat, Freundschaft und Vertrauen und über den Tod.
Ich habe ihn bis auf die erwähnte kleine Irritation über ein Kompositionsmittel gerne und mit innerer Anspannung gelesen.

Veröffentlicht am 29.11.2017

Ein schöner Adventskalender in Buchform.

Einfach freuen
0

Georg Magirius, Einfach freuen. 24 Momente gegen die Rastlosigkeit, Echter Verlag 2017, ISBN 978-3-429-04388-9

Eine ruhige Zeit der Besinnung und Vorbereitung auf Weihnachten und die Geburt Christi – ...

Georg Magirius, Einfach freuen. 24 Momente gegen die Rastlosigkeit, Echter Verlag 2017, ISBN 978-3-429-04388-9

Eine ruhige Zeit der Besinnung und Vorbereitung auf Weihnachten und die Geburt Christi – so war und ist die Adventszeit gedacht. Doch für die meisten Menschen gehören zu diesen vier Wochen zu den hektischsten des ganzen Jahres.

Der vorliegenden Adventskalender von Georg Magirius zeigt und gestressten Menschen, die man sich von den Getriebe und Gewese vor Weihnachten nicht aus der Ruhe bringen lässt und wie man zur Ruhe finden kann an jedem einzelnen Tag dieser Zeit.

Man muss bei der Lektüre der einzelnen Kapitel keine großen spirituellen Verrenkungen unternehmen. Die Texte von Magirius sind leicht geschrieben und lösen durch ihre Sprache eine Vorfreude aus, wie man sie vielleicht zuletzt als Kind gespürt hat.

Es ist eine stille Vorfreude, zu der Magirius einlädt, eine Vorfreude die man erleben im ganz normalen Alltag, bei allen normalen und besonderen Dingen, die man tut, und sei das das Rausbringen des Mülls.

Ein schöner Adventskalender in Buchform.




Veröffentlicht am 29.11.2017

Ein auch sprachlich ansprechender Roman, den ich gerne empfehle. Er hat mich zurückgeführt in mein eigenes Denken und Handeln in jenen Jahren, als ich als Student auch in der damals noch jungen Bürgerinitiativbewegung aktiv war.

Ein Mensch brennt
0

Nicol Ljubic, Ein Mensch brennt, DTV 2017, ISBN 978-3-423-28130-0

Der Autor des vorliegenden Romans, Nicol Ljubic, schaffte es nach mehreren Auszeichnungen für seine Reportagen im Jahr 2011 mit seinem ...

Nicol Ljubic, Ein Mensch brennt, DTV 2017, ISBN 978-3-423-28130-0

Der Autor des vorliegenden Romans, Nicol Ljubic, schaffte es nach mehreren Auszeichnungen für seine Reportagen im Jahr 2011 mit seinem Roman „Meeresstille“ auf die Longlist für den Deutschen Buchpreis. Danach hörte man lange wenig von ihm. Das lag daran, dass er insgesamt 5 lange Jahre an dem nun erschienenen Roman „Ein Mensch brennt“ gearbeitet hat, ein Roman, der zwischen 1975 und 1977 spielt, auf dem Hintergrund der Zeit, die man später als den Deutschen Herbst bezeichnete und der anhand einer Familiengeschichte das Leben des Umweltaktivisten Hartmut Gründler schildert. Der Rezensent kann sich selbst noch sehr gut nicht nur an jene bleiernen Jahre erinnern, sondern auch an Hartmut Gründler selbst, dessen Aktionen in der noch jungen Umwelt- und Bürgerinitiativbewegung nicht immer unumstritten waren.

Erzählt wird die Geschichte von dem mittlerweile 44 jährigen Hanno Kelsterberg. Mittlerweile schon seit langer Zeit in therapeutischer Behandlung, versucht er Jahrzehnte später, jener dramatischen Geschichte auf die Spur zu kommen, die sein Leben nicht nur verändert hat, sondern beinahe vollkommen zerstört hätte.

Hanno Kelsterberg war 1975 gerade einmal zehn Jahre alt, als seine Eltern dem Tübinger Lehrer Hartmut Gründler ein Zimmer in ihrem Haus vermieteten. Schon bald sollte dieser Einzug das Leben der Familie verändern. Denn besonders Hannos Mutter wird schnell vom Denken Gründlers beeinflusst. Sie stellt die Ernährung der Familie auf die von Gründler bevorzugte Waerland-Kost um und kommt zum ersten Mal in ihrem Leben mit Politik und der Umweltschutzbewegung in Verbindung.
Und weil sie sich schon bald insgeheim in den fanatischen Umweltaktivisten verliebt, tut sie alles für ihn und entfremdet sich ihrer Familie. Dass sie auch noch über 3 Jahrzehnte nach Gründlers Selbstverbrennung am Buß- und Bettag 1977 in Hamburg ihn verteidigt und verbissen sein Andenken hochhält, muss der über sein Leben schreibende Hanno erschüttert feststellen, als er im Rahmen seiner Recherche seine sterbende Mutter besucht, und in Sachen Gründler nach wie vor keinen Zugang zu ihr findet.
Es ist die Katastrophe von Fukushima, die 2011 den Autor Ljubic und damit seinen Ich-Erzähler Hanno Kelsterberg auf die Idee kommen lässt, auf dem Hintergrund des Deutschen Herbstes mit seinen dramatischen im Buch alle beschriebenen Vorkommnissen (RAF, Mogadishu, Schleyer-Entführung usw.) sich auf die Spurensuche nach Hartmut Gründler zu begeben, eingebettet in eine überzeugend erzählte Familiengeschichte. Er schildert das, was im kleinen Hanno in den Jahren 1975 -1977 vorgeht genauso überzeugend, wie die Suche des erwachsenen Hanno nach seiner Geschichte und der Bedeutung der Person Gründlers.
Hanno versucht durch den Rückblick letztlich das ganze Buch hindurch zu verstehen, wie die schillernde Figur des Umweltaktivisten Hartmut Gründler mitverantwortlich war für das ihn und seine Kindheit zerstörende Ende der Ehe seiner Eltern war.

Obwohl Ljubics Roman hauptsächlich in Vergangenheit spielt, hat er doch angesichts der nach wie vor bestehenden Bedrohungen der Umwelt durch Atomkraft und andere Gefährdungen und der intensiven Debatten, wie man sich dem entgegenstellen kann und welche Mittel dabei legitim sind eine aktuelle Bedeutung. Wieviel sind Menschen zu opfern bereit, um einer Idee zu folgen? Zählt das Wohl Einzelner, wenn das ganze Gemeinwohl auf dem Spiel steht?

Alte und immer sehr aktuelle Fragen, die Ljubic zwischen den Zeilen aufwirft und die seinen Roman nicht nur zu einem lehrreichen Zeitzeugnis machen, sondern auch zu einem gelungenen literarischen Beitrag über die Bedeutung und die Grenzen politischen Engagements.

Ein auch sprachlich ansprechender Roman, den ich gerne empfehle. Er hat mich zurückgeführt in mein eigenes Denken und Handeln in jenen Jahren, als ich als Student auch in der damals noch jungen Bürgerinitiativbewegung aktiv war.