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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.02.2018

So witzig kann nervtötendes Warten klingen

Mondscheintarif
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Cora ist verliebt. Und sie wartet. Wartet auf den einen alles entscheidenden Anruf von ihm. Wird er sich melden? Hat sie das Spiel überreizt? Wie lange sich ein paar Stunden anfühlen können!

Als Cora ...

Cora ist verliebt. Und sie wartet. Wartet auf den einen alles entscheidenden Anruf von ihm. Wird er sich melden? Hat sie das Spiel überreizt? Wie lange sich ein paar Stunden anfühlen können!

Als Cora das erste Mal Dr. Daniel Hofmann trifft, ist ihr Aufeinandertreffen eher schmerzhaft - für ihn.

Doch wie heißt es so schön – man trifft sich immer zweimal.

Bei beiden scheint es, als ob Gefühle im Entwickeln sind. Und beide spielen das Spiel „wer darf wen, und vor allem, wann, anrufen“ sehr gut. Vielleicht zu gut?

Cora leidet Höllenqualen während sie auf diesen Anruf wartet.

Wir erfahren den Beginn und die erste Entwicklung von Cora und Daniel in kurzen Rückblicken zwischen den, sehr witzig und unterhaltsam beschriebenen, Höhen und Tiefen des verzweifelten Wartens.

Von so ungefähr: „Der ist es ja gar nicht wert.“, über: „Ich bin zu hässlich für ihn.“ bis hin zu: „Verdammtes Telefon! Läute endlich!“, finden wir die ganze Palette innerhalb kürzester Zeit in Coras Gedanken.

Das relativ dünne Büchlein mit gerade einmal 142 Seiten lässt sich, auch durch den lockeren Schreibstil, leicht und schnell lesen. Die rückblickenden Sequenzen sind gut vom erzählenden Text abgehoben, sodass man immer sofort weiß, ob man in der Gegenwart oder Vergangenheit ist.

Ildikó von Kürthy bringt uns in Mondscheintarif mit uns selbst in Kontakt. Denn, wer kennt dieses Warten nicht auch von sich, zumindest auf die eine oder andere Art und Weise?

Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt und durfte einige kurzweilig Stunden mit Cora verbringen.



Veröffentlicht am 31.12.2017

Viel Romantik - wenig Arbeit! Oder doch umgekehrt?

Zeitlang
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Sibylle Leimeister beschreibt in „Zeitlang – Mein Sommer auf der Alm“ ihren Sommer als freiwillige Sennerin auf einer Südtiroler Alm.

Sie erfüllt sich einen lang gehegten Traum und tauscht für einen ...

Sibylle Leimeister beschreibt in „Zeitlang – Mein Sommer auf der Alm“ ihren Sommer als freiwillige Sennerin auf einer Südtiroler Alm.

Sie erfüllt sich einen lang gehegten Traum und tauscht für einen Sommer ihr gewohntes Leben in Deutschland gegen das einer Sennerin mit zwei jugendlichen Hütebuben. Schnell wird ihr klar, dass hier alles anders läuft als sie es gewohnt ist, aber auch anders, als von der vermittelten Agentur beschrieben.

Kein Strom, daher keine Möglichkeit Lebensmittel zu kühlen, warmes Wasser muss extra erwärmt werden, Hygiene wird auf der Alm etwas anders bewertet. Selbstverständlichkeiten werden zur Herausforderung. Große Wandergruppen zu bewirten zur Beinahe-Krise.

Dazu kommt die geizige Bäuerin, die der Sennerin und den Kindern das Leben zusätzlich schwer macht.

Ungeschönt und ehrlich wirkt die Darstellung der drei Monate. Ob Sibylle mit Naturgewalten, Entbehrungen, der Bäuerin, den vielen Wanderern oder körperlichen Blessuren zu kämpfen hat, alles wird in einem locker leichten Schreibstil beschrieben und farbenfroh erzählt. Man lebt und leidet mit Sibylle, möchte das eine oder andere mal der Bäuerin die Meinung sagen oder den betrunkenen Wanderern die Tür weisen.

Sibylle zeigt trotz aller Widrigkeiten ein Durchhaltevermögen, das bewundernswert ist. Ich denke an ihrer Stelle, wäre ich vorzeigt nach Hause gefahren. Auch wenn ich dafür einen beschwerlichen Abstieg samt Gepäck in Kauf hätte nehmen müssen.

Trotz der relativ (für mich) kleinen Schrift und den sehr vielen Zeilen pro Seite, habe ich das Buch, einmal begonnen, nicht mehr aus der Hand legen können. Ich empfehle es all jenen, die romantische Vorstellungen vom Leben auf einer Alm, abseits unserer Annehmlichkeiten, hegen, oder als Einstieg für jene, die sich selber mit dem Wunsch als „Zeitsenner“ beschäftigen.

Die spritzig, witzige Erzählweise von Sibylle Leimeister lässt auch die arbeitsreichsten Tage auf der Alm zu einem Lesevergnügen werden.

Veröffentlicht am 02.12.2017

Dominanter, christlicher Vater prägt Töchter und Enkelinnen

Vielleicht im Himmel einmal
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„Vielleicht im Himmel einmal“ von Lea Söhner beschreibt uns die Frauen der Familie Schneider. Heinrich der dominante, sehr in seinem Glauben verhaftete Vater, zwingt seine Töchter in die unterwürfige Frauenrolle ...

„Vielleicht im Himmel einmal“ von Lea Söhner beschreibt uns die Frauen der Familie Schneider. Heinrich der dominante, sehr in seinem Glauben verhaftete Vater, zwingt seine Töchter in die unterwürfige Frauenrolle der damaligen Zeit. Obwohl sie alle starke Frauen sind, können sie dem Vater nichts entgegensetzen.

Rosa, Heinrichs dritte Tochter aus erster Ehe, bringt es fast am Ende ihres Lebens auf den Punkt: „Heinrich Schneider war furchtbar. Man hatte bei ihm keine Chance.“ Und dennoch wurde er von allen auf ihre eigene Art geliebt und verehrt.

Bis hin zu den Enkeltöchter reicht sein Blick, sogar noch nach seinem Tod. So sehr sind die Frauen geprägt, dass sogar der Gedanke an Selbstmord – wäre er denn keine Sünde – in dem einen oder andern Geist auftaucht, nur um endlich dem Gefühl des „nicht genug seins“ entschwinden zu können.

Die Familie wird durch einen Stammbaum im Buch sehr gut erklärt. Auch zu Beginn gibt es eine kurze Beschreibung der einzelnen Personen, sodass man leicht den Überblick über alle 12 Frauen behält.

In meinen Augen wechselt der Schreibstil je nach Charakter der Person. Von einem langsamen Erzählen bis hin zu einem fast hektischen, schnell alles sagenden, bevor man es sich anders überlegt. Das untermauert gut die verschiedenen Persönlichkeiten, die doch alle eines gemeinsam haben. Nicht ihr Leben leben zu dürfen wie sie es wollen.

Lea Söhner zeichnet 13 verschiedene Persönlichkeiten in einem Familienverband. Sie bringt das Wesentliche gut zur Anschauung. Auch das Frauenbild der damaligen Zeit wird bildhaft und manchmal sehr emotional vermittelt. Die Schicksale der Frauen sind interessant zu lesen. Für die volle Punktzahl fehlt mir persönlich lediglich die Abrundung. Der Bogen der Einstiegsszene zum Ende ist für mich nicht klar genug. Dennoch tut dies dem Lesevergnügen keinen Abbruch.

Von mir gibt es eine Leseempfehlung für alle, die einen Einblick in das bäuerliche, im Glauben verwobene Leben der Landbevölkerung, vor allem der Frauen, seit den 20iger Jahren erhalten wollen.

Veröffentlicht am 18.11.2017

Wenn eine erfundene Geschichte zum Leben erwacht

Der Traum von den Träumen
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Wer glaubt schon daran, dass eine erfundene Geschichte irgendwo da draußen Wirklichkeit werden könnte und noch viel weniger, dass er selbst darin eine Rolle wird spielen (müssen)?

Doch genau so ergeht ...

Wer glaubt schon daran, dass eine erfundene Geschichte irgendwo da draußen Wirklichkeit werden könnte und noch viel weniger, dass er selbst darin eine Rolle wird spielen (müssen)?

Doch genau so ergeht es der 13jährigen Julia. Sie steht plötzlich vor der Herausforderung ihre eigene, zu Papier gebrachte, Fantasiewelt retten zu müssen. So wird aus den eigentlich ruhigen Ferientagen, die sie mit ihrem Brieffreund Jonathan verbringe wollte, ein ungeahntes Abenteuer. Zu dritt, denn auch die völlig ahnungslose Ina wird in das Geschehen mit hineingezogen, müssen sie immer wieder um ihr Leben bangen und kämpfen. Denn, wer in dieser anderen Welt stirbt, kann auch in der bekannten Realität nicht mehr existieren. Werden es alle drei Jugendlichen unbeschadet zurück schaffen? Können sie diese andere Welt vor Osira, der Herrin der Albträume, retten?

Johanna Stöckl schenkt uns eine etwas anders gelagerte Fantasiegeschichte. Wie in vielen herkömmlichen Geschichten, so gibt es hier keine schwarz/graue Alltagsrealität und weiß/strahlende Traumwelt. Nein, denn in Julias zauberhafter, wunderschönen Traumwelt ist ein Krieg ausgebrochen. Ein Krieg der schwer zu gewinnen ist, da der Feind so übermächtig erscheint.

Hilft es Julia, dass sie, so wie sie glaubt, diese Welt mit ihren Figuren darin, in ihren Gedanken erschaffen hat? Doch auch hier wird sie bald eines besseren belehrt, denn die Entwicklung verläuft anders als sich Julia das in ihrer Geschichte erdacht hatte. Sie wird gefordert, lernt interessante Menschen/Wesen/Freunde kennen und muss sie wieder verlassen, um ihren Weg, Osira zu besiegen, weiter gehen zu können.

Die reale Wirklichkeit spielt in den 1980iger Jahren, hat aber eher eine untergeordnete Rolle. In der Fantasiewelt gibt es unseren modernen Fortschritt nicht, sie ist eher mit unserem Mittelalter vergleichbar.

Johanna Stöckls Schreibstil ist leicht lesbar und gut verständlich gehalten. In der Fantasiewelt gibt es immer wieder Wendungen in der Handlung mit denen ich nicht gerechnet habe, die der Geschichte aber eine eigene Spannung verleihen. Die eine oder andere Passage dagegen war mir dazu im Vergleich etwas zu flach gehalten, auch habe ich manche Figur zum Schluss hin vermisst. Das allerdings wird von der Vorankündigung auf einen zweiten Teil aufgefangen. Empfehlen kann ich das Buch für alle Fantasy-Liebhaber bis zum Jugendlichen runter.

Veröffentlicht am 22.10.2017

Gesellschaftliche Zwänge behindern und engen jetzt und damals ein

Wenn der Weg nicht das Ziel ist
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Eva Miersch meistert gekonnt den Spagat, zwei Lebenswege in einem Buch darzustellen. Die große Herausforderung, die unterschiedlichen Jahrhunderte und Religionen in denen diese Leben stattgefunden haben ...

Eva Miersch meistert gekonnt den Spagat, zwei Lebenswege in einem Buch darzustellen. Die große Herausforderung, die unterschiedlichen Jahrhunderte und Religionen in denen diese Leben stattgefunden haben bzw. stattfinden, zu verknüpfen.

Einerseits ist hier Wirich, der Ritter, der folgsam in den Kreuzzug zieht. Am Weg ins heilige Land seine Liebe trifft und nicht nur ihretwegen hofft, wieder heil nach Hause zurück zu kommen, um sie zu heiraten. Er, und auch seine Frau, beginnen im Laufe der Geschichte die gesellschaftlichen Zwänge zu hinterfragen. Können sie ausbrechen und ihr Leben leben wie sie es wollen?

Andererseits begleiten wir Yasemin, ein in Deutschland geborenes, muslimisch erzogenes Mädchen. Vielleicht durch den Gegenwartsbezug fällt es leichter sich ihr Leben vorzustellen. Auch wenn vieles für mich undenkbar, leider aber nur zu oft Realität ist/war. Yasemin versucht ihre Identität zu finden, fühlt sie sich doch weder in der Türkei noch in Deutschland zuhause. Sie sitzt zwischen den Kulturen, ohne sich irgendwo dazugehörig zu fühlen oder akzeptiert zu werden. Auch sie versucht um ihre Träume zu kämpfen. Wird sie es schaffen?

Eva Miersch zeigt das Leben des christlichen Ritters parallel zum Leben des muslimischen Mädchens in der Gegenwart, womit diese Leben, die Religionen und die gesellschaftlichen Zwänge gegenübergestellt werden. Diese Gegenüberstellung ist insoferne gut umgesetzt, da die oft relativ kurzen Kapitel abwechselnd von Wirich und von Yasemin erzählen. Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen, die kurzen Kapitel locken zum Weiterlesen ein.

Das Buch liest sich leicht, doch sollte es nicht unterschätzt werden. Es regt zum Nachdenken an, ein grundsätzlich positiver Aspekt bei einem Buch.

Einzig muss ich erwähnen, dass mir abschnittsweise die Geschichte um Wirich und Yasemin fast etwas zu kurz gekommen ist, da wir immer wieder viel geschichtliches erfahren. Interessant solange es im Rahmen ist, doch hier manchmal zu ausführlich und zu gut gemeint. Dafür muss ich leider einen Punkt abziehen. Ansonsten kann ich den Roman all jenen empfehlen, die es mögen, wenn nicht die Liebesgeschichte ständig im Vordergrund präsent ist, sondern auch rund um die Protagonisten ihre Welt gezeichnet wird.