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Veröffentlicht am 19.07.2017

Roys zweiter Roman

Das Ministerium des äußersten Glücks
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“The Ministry Of Utmost Happiness“
ist meines Erachtens eine fiktionalisierte Gesellschaftskritik beziehungsweise ein fiktionalisiertes politisches Manifest, was eigentlich nicht verwundert, wenn man ...

“The Ministry Of Utmost Happiness“
ist meines Erachtens eine fiktionalisierte Gesellschaftskritik beziehungsweise ein fiktionalisiertes politisches Manifest, was eigentlich nicht verwundert, wenn man etwas über das Leben und Wirken der Aktivistin, Journalistin und Man Booker Prize Gewinnerin Arundhati Roy weiß.
Auf eine Inhaltsangabe verzichte ich in dieser Besprechung.
Nach ihrem Erstling “The God Of Small Things“ habe ich mich sehr über die Roman – Neuerscheinung “The Ministry Of Utmost Happiness“ gefreut.
Der Roman deckt meines Erachtens ein breites Spektrum an Themen ab, auch wenn es keine ausführliche Geschichte des südasiatischen Vielvölkerstaates ist:
Die Geschichte des indischen Subkontinents, Indien – Pakistan – Bangladesch. Die soziale Frage, die religiöse Frage, die Umweltschutzdebatte, die Genderproblematik und Feminismus.
Zentral im Text wird der Kaschmir – Konflikt behandelt. Die Autorin nimmt hier eine mehr oder weniger kontroverse Position ein, ganz die streitbare Intellektuelle.
Stilistisch und sprachlich bewegt sich der Roman auf hohem Niveau, den patchworkartigen Stil muss man jedoch mögen. Ich mochte das code – switching besonders gern.
Während der Lektüre fragte ich mich, ob die Erzählung überhaupt einen plot hat ?
Sozialkritik übt Roy meines Erachtens schon durch die Auswahl ihrer Protagonisten.
Als anfänglicher roter Faden dient jedenfalls das Leben der Hijra Anjum/Aftab.
Aftab/Anjum, der als Intersexueller geboren wurde, kämpft um das eigene Lebensglück, um Akzeptanz.
Das „dritte Geschlecht“ Indiens wird hier an der Figur Anjum porträtiert. Überhaupt zeigt Roy große Empathie für Außenseiter und Underdogs, was mir sehr gefallen hat.
Sie kritisiert auch das Kastenwesen und die riesigen sozialen Unterschiede in Indien, die besonders in einer Stadt wie Delhi sichtbar werden.
Das technisierte Indien trifft hier auf eine mittelalterliche Armut.
Der Gegensatz Metropolregion versus Peripherie ist auch ein Thema des Buches. Der Roman regte mich auf jeden Fall zum Weiterlesen an, auch wenn ich über einige Aspekte in Ansätzen etwas wusste.
Leser, die über die Geschichte Indiens nichts wissen, könnten sich mit dem Roman schwer tun.
Ihnen empfehle ich Dietmar Rothermunds „Geschichte Indiens“ als Einstieg. Auf keinen Fall darf man von Roys zweitem Roman eine zuckersüße Bollywoodsaga erwarten, auch wenn es zum Schluß ein happy ending gibt.
Der Roman verlangt dem Leser ferner einiges an Sitzfleisch ab, da es große Längen und eine Vielzahl von Personen in der Geschichte gibt.
Man muss sich den Text regelrecht „erarbeiten“ und hat teils das Gefühl, den roten Faden verloren zu haben. Trotzdem ist die Geschichte lesenswert, es ist nun mal keine schnöde Unterhaltungsliteratur.
Die fragmentierte Erzählweise macht das Buch jedoch zu einem modernen Roman, der stark polarisiert. Das Werk spricht meines Erachtens eine universale Leserschaft an, obschon ein europäischer oder „westlicher“ Leser das Buch sicher anders rezipiert als ein indischer.
Fazit:
Es gibt Längen in der Erzählung und “The Ministry Of Utmost Happiness“ ist keine Lektüre für Zwischendurch.
Trotzdem ist der Roman ein gutes Buch, das zum Nachdenken anregt.

Veröffentlicht am 17.07.2017

Solider Krimi mit kleinen Schwächen

Shutter Man
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„Shutter Man – der Tod kennt dein Gesicht“ ist bereits der neunte Teil einer Krimi – Reihe. Ich bin ein Quereinsteiger, die anderen Teile der Serie kenne ich nicht.
Trotzdem konnte ich der Handlung folgen.

Worum ...

„Shutter Man – der Tod kennt dein Gesicht“ ist bereits der neunte Teil einer Krimi – Reihe. Ich bin ein Quereinsteiger, die anderen Teile der Serie kenne ich nicht.
Trotzdem konnte ich der Handlung folgen.

Worum geht’s ?

„Seit Generationen sind die Farrens eine der gefürchtetsten Familien Philadelphias. Schutzgelderpressung, Einbruch, Schießereien, Mord - die Liste der Verbrechen ist lang und zieht sich durch Jahrzehnte. Als Detective Byrne in einer Mordserie ermittelt, führt die Spur wieder zu den Farrens. Und zurück in seine eigene Vergangenheit. Bereits damals wurde ein Farren mit einem Mord in Zusammenhang gebracht, der niemals aufgeklärt wurde. Können Byrne und Balzano heute für Gerechtigkeit sorgen?“

Die Ausgangssituation erinnerte mich ein wenig an die zweite Staffel der Serie „Fargo“ (eine Adaptation des gleichnamigen Films).
Der Prolog von „Shutter Man“ war jedenfalls richtig spannend und hat Lust auf mehr gemacht. Das setting – Philadelphia – fand ich klasse. Und mir gefiel der vom Autor gewählte zeitliche Rahmen.
Auch die Figurenkonstellation und die Figurenzeichnung waren so schlecht nicht. Ein Ermittlerteam, Männlein und Weiblein. Stil und Sprache sind nicht zu kompliziert; theoretisch könnte man als Krimi – Fan den Roman zügig lesen, wenn nicht der Mittelteil etwas zäh wäre. Hier hätte ich mir definitiv mehr Drive gewünscht. Richtig Tempo kam erst gegen Ende wieder auf. Dies fand ich einigermaßen konventionell, denn viele Romane des Genres bieten zum Abschlussveinen rasanten Showdown. Über den eigentlichen Handlungsverlauf werde ich an dieser Stelle nicht viel verraten, um möglichen Lesern nicht den Spaß zu verderben. Nur soviel:

„Shutter Man“ ist ein solider Krimi, der mir trotz kleiner Schwächen ein paar spannende Lesestunden beschert hat. Um den Roman im Gesamtkontext beurteilen zu können, hätte ich wohl auch die Vorgängerbände lesen müssen, dann könnte ich mehr über die Evolution der Protagonisten sagen.
Ich vergebe 3,5 bis vier von insgesamt fünf möglichen Sternen. Nun werde ich auch zum ersten Band der Reihe greifen!

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Veröffentlicht am 05.03.2025

Selbstfindung in Australien

No Hard Feelings
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Ich gebe es zu:

Das Cover von „No Hard Feelings“ hat mich zum Lesen „verführt“. Die warme Farbgebung und die stilisierte Frauenfigur in der Mitte des Buchumschlages machen neugierig auf Geneviève Novaks ...

Ich gebe es zu:

Das Cover von „No Hard Feelings“ hat mich zum Lesen „verführt“. Die warme Farbgebung und die stilisierte Frauenfigur in der Mitte des Buchumschlages machen neugierig auf Geneviève Novaks Debutroman.


Die Hauptfigur Penelope ‚Penny‘ Moore ist 27 Jahre alt und befindet sich in einer Dauerkrise. Wann beginnt endlich ihr richtiges Leben? Sie ist in ihrem Beruf als Account Managerin einerseits überfordert und möchte andererseits unbedingt von ihrer unterkühlten Chefin gemocht werden. Die On/Off Beziehung zu ihrem egoistischen (Ex)freund Max Fitzgerald tut ihr gar nicht gut, ihre Tinderdates sind unbefriedigend, aber es gibt auch Gutes im Leben der Australierin, die als Kind von der Mutter verlassen wurde: Zwar gibt es auch ein Konkurrenzdenken zwischen ihr und ihren Freundinnen (schließlich sind sie der jungen Frau in allen Dingen einen Schritt voraus), aber sie geben Penny auch Halt. Ihr Mitbewohner Leo, ein smarter Architekt, ist ein Typ zum Pferdestehlen…

Penny ist nicht von Krankheit, Krieg oder Armut bedroht. Da sie jedoch unter Panikattacken leidet und zur Therapie geht, wäre es gemein, ihre Schwierigkeiten als First World Problems abzutun. „No Hard Feelings“ ist in gewisser Weise ein Coming of Age – Roman, obwohl Penelope schon auf die 30 zusteuert. Man begleitet die von Selbstzweifeln gebeutelte Protagonistin auf ihrer Reise zu sich selbst, im Verlauf der Geschichte gewinnt die Heldin an Reife.

Anfangs fand ich den Roman stilistisch klasse, der Einsatz von Textnachrichten verleiht der Geschichte eine moderne Note. Eine Ich-Erzählerin führt durch das Geschehen, was einerseits den Blick des Lesers verengt & andererseits Sympathie für Penny erzeugen soll, ich hatte während der Lektüre definitiv Mitleid mit der Protagonistin, andererseits fand ich sie für ihr Alter fast zu kindisch. Wenn auf der Bucket List „eine Lücke zwischen den Oberschenkeln“ steht, stellt sich die Frage, ob die literarische Figur stimmig ist (für einen Bridget-Jones-mäßigen Punkt zum Abhaken nimmt sich der Roman zu ernst). Insgesamt gefiel mir das Tempo der Erzählung nicht so gut, ich musste mich stellenweise zum Weiterlesen motivieren, die lineare, dialoglastige Erzählweise ist Geschmackssache.

Fazit:

Als großer Fan von „Fleabag“, mit der das Buch beworben wird, finde ich, dass der Roman der Serie nicht ganz gerecht wird, aber das ist ein Marketingproblem. Man darf auch keine heitere Chicklit à la „Bridget Jones“ erwarten, da das humoristische Element fehlt. Für ein Psychogramm ist „No Hard Feelings“, das thematisch an eine Sally-Rooney-Konstruktion erinnert, andererseits einen Tick zu flach.

Ich bereue es dennoch nicht, den Roman gelesen zu haben. Vielleicht waren meine Erwartungen aufgrund des Slogans ‚Fleabag trifft Dolly Alderton‘ & der fantastischen Umschlaggestaltung einfach zu hoch.

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Veröffentlicht am 10.02.2025

Das Erbstück

Something Old, Someone New
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Die Italoamerikanerin Shea Anderson fällt aus allen Wolken, als ihr Freund John ihr einen Heiratsantrag mit einem Vintage - Ring macht, denn Shea meidet Gebrauchtes wie der Teufel das Weihwasser. ...

Die Italoamerikanerin Shea Anderson fällt aus allen Wolken, als ihr Freund John ihr einen Heiratsantrag mit einem Vintage - Ring macht, denn Shea meidet Gebrauchtes wie der Teufel das Weihwasser. Sheas Großmutter/nonna (eine Brautmodenboutique - Besitzerin) hatte ihr stets eingebläut, nicht das schlechte Karma von Gegenständen, die eine Vorbesitzerin hatten, auf sich zu ziehen. Da Shea sogar plant, ihren Lebensabend in Italien zu verbringen, kann sie gar nicht anders, als die abergläubischen Sitten zu befolgen.
Von ihrer Familie ist ihr nach diversen Todesfällen eigentlich nur noch ihre Schwester geblieben; darüber hinaus ist sie in Sachen Liebe ein gebranntes Kind, da der hässliche Scheidungskrieg ihrer Eltern Bindungsängste auslöste und Neurosen triggerte.
Am Schmuckstück soll’s nicht scheitern, also beschließt die Protagonistin die Vorgeschichte des Rings zu erforschen, indem sie die Vorbesitzerinnen ausfindig macht. Zu jedem Fluch muss es schließlich ein ‚Gegengift‘ geben?!

Die junge Frau möchte den Heiratsantrag ihres Liebsten nicht leichtfertig ablehnen:
„Ich konnte kaum fassen, was für einen Aufwand John getrieben hatte, um seinen Antrag so besonders zu machen, gleichzeitig überraschte es mich nicht im Geringsten.“

Sheas Recherchetrip führt sie quer durch Amerika und Europa. Auf dieser Reise macht sie neue Erfahrungen & sie begegnet verschiedenen Menschen, die ihr helfen, ihre Ängste zu überwinden und ihre eigene Vergangenheit zu bewältigen…

Die Erzählperspektive gefiel mir sehr gut, die Gefühle und Gedanken einer Ich -Erzählerin bewirken stets, dass man als Leser/in mit der Heldin der Geschichte mitfiebert. Der Stil der Autorin liest sich flott und unkompliziert, er passt gut zum Genre. Die deutsche Übersetzung fand ich stellenweise aber nicht so gelungen – „red flags“ hätte ich persönlich nicht mit „roten Fahnen“ tradiert (von „goldene[n] Verlobungsfahnen“ ganz zu schweigen). Es ist kein Zufall, dass in der Geschichte von der RomCom „E-Mail für Dich“ die Rede ist. Jessie Rosens Chicklitroman ähnelt tatsächlich amerikanischen Liebesfilmen aus der Feder einer Nora Ephron, dies muss man natürlich mögen, sonst wird man an „Something Old, Someone New“ keine Freude haben. Den ‚Aufhänger‘ darf man nicht albern finden, auch die Konflikte nicht als First World Problems abtun. Rational betrachtet ist das Drama qua Kommunikation vermeidbar, die Geschichte wäre dann allerdings schnell erzählt gewesen.
Trotz gewisser Längen ist der Liebesroman ganz unterhaltsam. Manche Beschreibungen wirken auf europäische Leserinnen und Leser vielleicht kitschig und klischeehaft, daher muss man grundsätzlich in der richtigen Stimmung für Frauenliteratur sein & sich auf die Geschichte einlassen. Für mich war „Something Old, Someone New“ die perfekte Lektüre für Zwischendurch.

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Veröffentlicht am 04.08.2024

"Der Teufel steckt nicht im Detail."

Verbrannte Gnade
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„Und jeder ist imstande, sich zu verändern. Selbst ich.“

Seit der Lektüre von „Südbalkon“ bin ich ein großer Fan des Imprints des Berliner Aufbau-Verlags, Blumenbar. Jede neue Publikation wandert ...

„Und jeder ist imstande, sich zu verändern. Selbst ich.“

Seit der Lektüre von „Südbalkon“ bin ich ein großer Fan des Imprints des Berliner Aufbau-Verlags, Blumenbar. Jede neue Publikation wandert auf meine Wunschliste.
Das Cover des Romans „Verbrannte Gnade“ mit seinem stilisierten Buntglasfenster sprach mich sofort an. New Orleans als Handlungsort ist immer eine gute Wahl. Die Protagonistin scheint eine unkonventionelle Heldin zu sein (der Untertitel „Die Punkrocknonne ermittelt“ deutet es schon an). Ein Krimi im Kirchenmilieu? Immer her damit!

Worum geht’s?
Eine Ich-Erzählerin führt durch das Geschehen, daher hat man als Leserin das Gefühl, hautnah dabei zu sein, andererseits bringt diese Perspektive gewisse Einschränkungen mit sich. Die kettenrauchende, nicht – heterosexuelle, tätowierte Nonne Holiday ist überzeugt, dass teuflische irdische Mächte am Werk sind, als die Klosterschule St. Sebastian ins Visier eines Killers gerät – als der Hausmeister Jack tot aufgefunden wird und ein Brandanschlag das Institut, an welchem die eigensinnige Nonne unterrichtet, erschüttert, muss etwas unternommen werden. Für die Heldin beginnt eine fieberhafte Suche…
Vor der Lektüre hatte ich mich auf einen knackigen Kriminalroman gefreut. Ich mag es, wenn die Ermittler in Whodunits keine Polizisten oder Forensiker sind. Der Katholizismus in New Orleans mag auf manche Leser exotisch wirken, ich mochte die philosophisch – religiösen Dilemmata in der Erzählung sehr gern. Allerdings müssen Glaubensfragen und gläubige Menschen in meinen Augen nicht unkonventionell oder „cool“ sein, um eine Daseinsberechtigung zu haben. Insofern spielt der Zeitgeist in „Verbrannte Gnade“ eine nicht unerhebliche Rolle. Die Exposition las sich noch flüssig. Meine anfängliche Begeisterung ließ jedoch rasch nach, da die Autorin Margot Douaihy stellenweise viel zu dick aufträgt & auf erzähltechnisch ausgetretenen Pfaden wandelt – New Orleans, ein (klimatisch) schwüles, heißes Sündenbabel? Obwohl die Figuren diverse Probleme haben und schlimme Erfahrungen verarbeiten müssen, sind sie teils seltsam flach. „Verbrannte Gnade“ ist kein Krimi, in welchem es Schlag auf Schlag geht, man sollte als Rezensent/in daher keinen temporeichen Actionkracher erwarten. Wenn man sich beim Lesen konzentriert, wird man relativ schnell auf des Rätsels Lösung kommen.
„Verbrannte Gnade“ ist der ausbaufähige Auftaktband einer neuen Reihe. Aus dem Stoff hätte die Autorin viel mehr machen können, daher werde ich den Folgeband „Gesegnetes Wasser“ wohl nicht lesen.




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