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Veröffentlicht am 14.05.2025

Am Gardasee auf Churchills Spuren

Was am Ufer lauert
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Anfangs ein wenig zäh, aber etwa ab der Mitte dann doch recht spannend. Ein Regionalkrimi mit viel Lokalkolorit, bei dem allerdings das Krimithema weniger Gewicht hat als die Familiengeschichte der Pittis.

Aber ...

Anfangs ein wenig zäh, aber etwa ab der Mitte dann doch recht spannend. Ein Regionalkrimi mit viel Lokalkolorit, bei dem allerdings das Krimithema weniger Gewicht hat als die Familiengeschichte der Pittis.

Aber der Reihe nach: Im Auftrag ihres totgeglaubten aber wieder aufgetauchten Vaters (des Starjournalisten Arnaldo Pitti) will die junge Journalistin Gianna Pitti einen Informanten treffen, findet stattdessen aber eine weibliche Leiche. Danach passiert erst einmal nicht viel. Gianna meldet den Leichenfund nicht (?) bei der Polizei sondern fährt erst eimal nach Hause. Im weiteren beschäftigt sich die Handlung erst einmal mit den zumeist schon aus Band 1 bekannten Protagonisten (Giannas Chefin beim Messagero, Giannas Onkel den Marchese - Lebenskünstler und der Einzige der Familie der seinen Adelstitel nicht abgelegt hat, Giannas Mutter und ihren neuen, jüngeren Freund, der Historiker ist, und Giannas Vater). Die Geschichten aus der Familie sind durchaus kurzweilig, hätten aber vielleicht etwas weniger ausführlich sein dürfen. Nebenbei geht es auch immer um die momentan prekäre Lage der Printmedien, denn drei der Hauprfiguren sind ja Journalisten.

Im Kriminalfall geht es um angeblich verschollene Briefe von Churchill an Mussolini, die wenn sie tatsächlich existieren mit ihrem Auftauchen den guten Ruf des Antifaschisten Churchill beflecken könnten. Dieser war in den 1920er und dreißiger Jahren häufig am Gardasee und auch gut bekannt mit dem Großvater der Pittis, der ihn des öfteren in seinen Tagebüchern erwähnte. Die Krimigeschichte geht zuerst sehr langsam voran und als Leser bekommt man neue Informationen nur in homöopathischen Dosen, und kann sich nicht wirklich ein Bild machen. Allerlei verdächtige Personen werden kurz erwähnt, aber es bleibt unklar welche Rolle sie spielen. Dann gegen Ende beschleunigt sich das Tempo rapide, und nun prasseln die Infos auf einen ein. Der Fall mit historischer Verbindung ist interessant, das Setting am See ist reizvoll, die Protagonisten sind sympathisch (besonders der Marchese), der Schreibstil ist humorvoll, flott und gut lesbar und der Fall wird zufriedenstellend aufgelöst.

Insgesamt hat mir der erste Band vom Aufbau her zwar etwas besser gefallen, aber auch dieser zweite Band ist durchaus unterhaltsam und gegen Ende auch spannend. Da mir die Hauptfiguren schon etwas ans Herz gewachsen sind, werde ich wohl auch den nächsten Band wieder lesen und hoffe, dass die Krimihandlung dann wieder etwas stringenter erzählt wird. Nichts für Fans von harten und actionlastigen Krimis, aber für Cosy und Regionalkrimifreunde unbedingt zu empfehlen.

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Veröffentlicht am 05.05.2025

Ein gewohnt unterhaltsamer Suter mit unvorhersehbaren Wendungen

Wut und Liebe
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Nicht der stärkste aller Romane von Martin Suter, aber doch außerordentlich amüsant, gut zu lesen und überraschend. Noah, ein eher erfolgloser Künstler lebt seit Jahren mit und von seiner Freundin Camilla, ...

Nicht der stärkste aller Romane von Martin Suter, aber doch außerordentlich amüsant, gut zu lesen und überraschend. Noah, ein eher erfolgloser Künstler lebt seit Jahren mit und von seiner Freundin Camilla, die beider Lebensunterhalt mit einem ungeliebten Brotjob bestreitet. Eines Tages kommt sie zu dem Schluss, dass sie zwar Noah liebt, aber nicht das Leben mit ihm und sie verlässt ihn. Noah verkraftet das nicht gut und entwickelt stalkerhafte Tendenzen. Eines Tages trifft er in einer Kneipe die Witwe Betty, die ihm ein sehr unmoralisches Angebot macht, zu sehr viel Geld zu kommen. Und er zieht relativ schnell dieses Angebot in Erwägung. Betty trauert um ihre große Liebe, aber ihr Hauptantrieb ist die Wut.
Suters Protagonisten sind mit hintergründigem Humor gezeichnet, sie sind grau, nicht schwarz oder weiß, sind nicht unbedingt sympathisch und überraschen einen immer wieder. Am Anfang plätschert die Geschichte noch etwas vor sich hin, doch gegen Ende entwickelt sie wieder den für Suters Romane typischen Sog, nichts ist wie es scheint! Der elegante Schreibstil des Autors ist wie immer eine wahre Freude, und auch wenn hier manchmal etwas Tiefe fehlt, so ist dieser Roman doch kurzweilig, zum Nachdenken anregend und ein Spiegelbild unserer Gesellschaft, also unbedingt lesenswert!

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Veröffentlicht am 27.02.2025

Liebe und Musik

Für Polina
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Hannes wächst mit seiner alleinerziehenden Mutter Fritzi auf, die es geschafft hat, ihm ein Heim in einer liebevollen Umgebung zu erschaffen.
Sie wohnt mit ihm bei dem ca. 60jährigen Heinrich, der als ...

Hannes wächst mit seiner alleinerziehenden Mutter Fritzi auf, die es geschafft hat, ihm ein Heim in einer liebevollen Umgebung zu erschaffen.
Sie wohnt mit ihm bei dem ca. 60jährigen Heinrich, der als eine Art Verwalter in einer etwas heruntergekommenen Villa im Moor lebt. Außerdem sind auch noch Fritzis türkische Freundin Günes und ihre Tochter Polina dort, Hannes und Polina wachsen zusammen auf in dieser Wahlfamilie.
Hannes ist die Hauptfigur des Romans, er ist ein introvertierter, schmächtiger Junge mit leicht autistischen Zügen, der ziemlich früh seine Liebe zur Musik entdeckt und auch seine musikalische Begabung. Im Grunde genommen kommuniziert er am besten über die Musik mit der Außenwelt.
Doch nach dem frühen Tod seiner Mutter und dem Verschwinden von Polina aus seinem Lebensumfeld verbannt er die Musik erst einmal aus seinem Leben, arbeitet für ein Klaviertransportunternehmen und gewinnt dort in seinem Kollegen Bosch einen neuen, treuen Freund.
Hannes erkennt, dass Polina nicht nur seine beste Freundin, sondern auch die Liebe seines Lebens ist und wendet sich doch wieder der Musik zu, wird ein gefragter und berühmter Pianist und hofft, über die Musik den Kontakt zu Polina wieder herzustellen.
Würger beschreibt einfühlsam, jedoch mit nüchternen Worten, den Lebensweg dieses ungewöhnlichen jungen Mannes und seine melancholische Liebesgeschichte mit Polina. Seine Themen sind Freundschaft, Liebe und Verlust. Auch die Menschen , die Hannes umgeben, skizziert er liebevoll und erweckt sie zum Leben. Nur über Polina hätte ich gern mehr gewusst, sie bleibt für mich genauso rätselhaft wie für Hannes.
Die ersten zwei Drittel des Romans habe ich mit Vergnügen, Begeisterung und Anteilnahme gelesen, doch das letzte Drittel hat mich nicht so überzeugt. Im Gegensatz zur zwar komprimierten aber doch langsamen Erzählweise am Anfang, überschlagen sich zum Ende hin die Ereignisse und vor allem wirkt das Geschehen nun etwas klischeehaft.
Eigentlich eine wunderbare Geschichte, bevölkert mit liebenswerten Charakteren, die aber zum Ende hin etwas nachlässt.

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Veröffentlicht am 11.02.2025

Mord untertage

Kohle, Stahl und Mord: Das 13. Opfer
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Eine wirklich neue und außergewöhnliche Kulisse für einen Krimi und eine Lektüre, bei der ich viel Neues erfahren habe über die Welt der Bergarbeiter, eine mir völlig unbekannte Welt. Gleich zu Beginn ...

Eine wirklich neue und außergewöhnliche Kulisse für einen Krimi und eine Lektüre, bei der ich viel Neues erfahren habe über die Welt der Bergarbeiter, eine mir völlig unbekannte Welt. Gleich zu Beginn schildert der Autor eindrücklich eine Fahrt hinunter ins Bergwerk und wie sich die Protagonisten dabei fühlen. Ein relativer Neuling und ein „alter Hase“ fahren in die Tiefe, um die Elektrik zu prüfen, denn ein Teil des alten Bergwerks soll demnächst als Museum eröffnet werden. Unten angekommen, gibt es ein kleines Beben im Berg, die Geröllmassen geraten in Bewegung und plötzlich finden die beiden menschliche Überreste. Der Ältere, Werner, war damals dabei, als vor 34 Jahren 12 Bergleute verschüttet wurden. Jetzt werden Knochen und Schädel von 13 Personen gefunden. Wer ist das dreizehnte Opfer? Schnell kristallisiert sich heraus, dass damals auch ein Mann verschwunden ist, der viele der Kumpel um ihr hart verdientes Geld betrogen hat, indem er ihnen Anlagen mit angeblich hoher Rendite angedreht hat. Ist er das dreizehnte Opfer? Aber wie ist er in den Stollen gekommen?

Es ermitteln hauptsächlich die Hauptkommissarin Elin Akay und die forensische Psychiaterin Jana Fäller, beides Töchter aus Bergarbeiterfamilien.

Der Autor arbeitet mit ständigem Perspektivwechsel, d.h. unterschiedliche Personen berichten aus ihrem persönlichen Blickwinkel über die Geschehnisse. Ein sehr gelungenes Stilmittel, genau wie der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit: dadurch wirkt die Geschichte sehr abwechslungsreich. In den Rückblicken aus der Sicht verschiedener Beteiligter entsteht ein sehr anschaulicher Einblick in die damalige Katastrophe.

Da den Lesern die Informationen nur häppchenweise verabreicht werden und es auch einige „Red Herrings“ gibt, bleibt der Krimi sehr spannend und die Auflösung am Ende hat mich jedenfalls völlig überrascht, ist jedoch durchaus schlüssig.

Eine sehr vielschichtige Handlung mit vielen beteiligten Personen und durch den ständigen Perspektivwechsel sehr abwechslungsreich zu lesen. Auch die Rückblicke auf die Vorgeschichte sind sehr spannend. Ein sehr gut aufgebauter, gut lesbarer und informativer Krimi mit einer ganz besonderen Atmosphäre und vielen Einblicken ins Bergmannsmilieu.

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Veröffentlicht am 22.11.2024

Weniger Krimi als Betrachtung der gesellschaftlichen Gemengelage nach Corona

Lückenbüßer (Kluftinger-Krimis 13)
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Den 12. Klufti hatte ich gar nicht mehr gelesen, weil mir die Reihe allmählich fad wurde. Nachdem ich viel Gutes über den dreizehnten Band gehört hatte, konnte ich einem erneuten Leseversuch nicht widerstehen. ...

Den 12. Klufti hatte ich gar nicht mehr gelesen, weil mir die Reihe allmählich fad wurde. Nachdem ich viel Gutes über den dreizehnten Band gehört hatte, konnte ich einem erneuten Leseversuch nicht widerstehen. Und wurde nicht enttäuscht, denn das las sich alles wieder ganz nett.
Kluftingers Privatleben nimmt wieder viel Raum ein, bzw. seine Bewerbung für die Gemeinderatswahl seines Heimatstädtchens. Ursprüglich hat er sich nur als Listenfüller (Lückenbüßer) nominieren lassen, entwickelt dann aber doch einen gewissen Ehrgeiz, zumal sein Intimfeind Dr. Langhammer auch kandidiert.
Der Kriminalfall ist nicht so wahnsinnig spannend: Bei einer von Kluftinger als Interims-Polizeipräsidenten geleiteten Antiterrorübung wird die Leiche eines Kollegen aufgefunden, der aber gar nicht für die Teilnahme an der Übung eingeteilt war. Zwecks Aufklärung dieses Mordes wird der Hintergrund dieses Polizisten erforscht, und es stellt sich heraus, dass er sich im Umfeld von Querdenkern, Wutbürgern, Impfgegnern etc. bewegte, also im Dunstkreis rechtsradikalen Denkens. Kluftinger und seine Mannen tauchen etwas tiefer in dieses Milieu ein, was in der üblichen humorigen Weise der Autoren geschildert wird. Aber die Krimihandlung scheint mir eher als Aufhänger für Betrachtungen über die gesellschaftlichen Veränderungen im Gefolge der Coronapandemie zu dienen. Im Mittelpunkt stehen aber Kluftis Wahlkampf, seine Querelen mit Dr. Langhammer, und eine gewisse Entwicklung der Beziehung zwischen den beiden Männern. Langhammer übertreibt bei seinem Wahlkampf dermaßen, dass er sich bei seinen potenziellen Wählern eher unbeliebt macht, was zu Hass-Kommentaren und Drohungen in den sozialen Netzwerken und sogar zu an die Wand geschmierten Parolen an Langhammers Hauswänden führt. Das wird dann sogar dem zunächst schadenfrohen Kluftinger zu viel.
Wie immer wandelt Klufti mit seinen teilweise unterirdischen Denk- und Verhaltensweisen auf einem schmalen Grad zwischen Komik und Mitleid auf der einen und Antipathie auf der anderen Seite, aber zum Glück gelingt es den Autoren immer noch, ihn nicht ganz zur Karrikatur des tumben Spießbürgers werden zu lassen, sondern ihn irgendwie durch ein paar freundliche Gedanken doch noch ganz sympathisch rüberzubringen.
Also, für jemanden, der nur einen Krimi lesen will, nicht so ganz befriedigend, als Teil der Reihe aber sehr gelungen und unterhaltsam. Für alle Fans der Reihe und für Leute, denen humorvolle Krimis gefallen!

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