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Veröffentlicht am 19.12.2017

Lessing strahlt bis in die Gegenwart

Nathan der Weise
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Gotthold Ephraim Lessing hat mit seinem sozialen Ideendrama ein wahres Leuchtfeuer der Aufklärung geschaffen. In einer Zeit zu der es nirgendwo auf dem Planeten als selbstverständlich galt, dass der Wert ...

Gotthold Ephraim Lessing hat mit seinem sozialen Ideendrama ein wahres Leuchtfeuer der Aufklärung geschaffen. In einer Zeit zu der es nirgendwo auf dem Planeten als selbstverständlich galt, dass der Wert eines Menschen unabhängig von seiner Herkunft und seinem Glauben ist, steht Lessing für humanistische Ideale ein.
Gleichzeitig ist Lessings Werk trotz seines aufklärerischen Charakters eine Hommage an den reinen Deismus. Der Glaube an (einen) Gott steht nicht zur Debatte, doch der Weg zu Gott ist strittig und führt sowohl in Lessings als auch in der unserer Zeit zu Gewalt und Krieg.
An diesem Punkt ergreift Lessing durch seinen jüdischen Protagonisten Nathan - der seinem Titel gerecht wird - Partei. Partei für die Vernunft und Nächstenliebe. Er führt seinen Figuren und Lesern auf komödienhafte Weise die enge Verwandtschaft der großen monotheistischen Buchreligionen vor.
Um dieses Verhältnis zu unterstreichen, bedient sich Lessing der mittelalterlichen Ringparabel und lehrt uns Toleranz. Dass Lessing das Werkzeug der Ringparabel der Vergangenheit entnimmt, um Gegenwart und Zukunft zu gestaltent, lässt den Leser auch 2017 noch sprachlos zurück.

Wie weit sind wir seit der Uraufführung am Ende des 18. Jahrhunderts gekommen? Stets wurden Lessings Werke in Hörsälen, auf der Bühne und in Feuilletons gefeiert. Und doch steht die Welt spätestens seit Anfang des Jahrtausends im Zeichen fundamental-religiösen Terrors.
Aufklärung ist keine Epoche und kein Zustand. Aufklärung ist ein nie endender Prozess. Eine Sisyphusarbeit. Ein Stein, der immer wieder auf dem Berg der Bildung hinauf gerollt werden muss.
Daher gehört dieses Buch in den Unterricht, denn Lessings humanistische Werte können nicht oft genug internalisiert werden.

Veröffentlicht am 26.12.2017

Kein typischer Dan Brown und trotzdem klasse

Origin
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Ich muss zugeben, ich bin etwas irritiert, wenn ich in anderen Rezensionen lese:
"Dan Brown nimmt uns erneut mit in die Welt der Symbole." oder "Ein klassischer Dan Brown."

Genau das ist dieses Buch nicht. ...

Ich muss zugeben, ich bin etwas irritiert, wenn ich in anderen Rezensionen lese:
"Dan Brown nimmt uns erneut mit in die Welt der Symbole." oder "Ein klassischer Dan Brown."

Genau das ist dieses Buch nicht. Symbolik, Geheimnisse und Geschichte spielen in "Origin" keine vergleichbare Rolle, wie in Robert Langdons vorherigen Abenteuern. Auch Langdon selbst scheint hier nicht Protagonist zu sein. Zu unauffällig und zu austauschbar erscheint er neben dem großen Technik-Geek Edmond Kirsch und Winston. Lediglich an zwei Stellen kann Langdon durch sein Wissen glänzen und die Lösung des Rätsels vorantreiben.

Doch wer dies "Origin" zur Last legt, der tut Unrecht. Das Buch leidet nicht darunter, sondern verändert lediglich seinen Charakter. Es ist kein klassischer Dan Brown, sondern ein Zukunftsroman mit viel Spannung und zwei völlig unterschiedlichen Herangehensweisen an den Sinn des Lebens - Religion und Wissenschaft.

Diese beiden Elemente sind nicht zum ersten Mal Mittelpunkte von Browns Romanen, doch nie standen sie sich so unversöhnlich gegenüber wie in "Origin", bevor sie am Ende eine Annäherung wagen.
Ist das Ende zwar vorhersehbar, so überrascht doch Browns Offenbarung, Zeuge bei der Entstehung einer neuen Religion gewesen zu sein. Wissenschaft als Glaubensrichtung mutet nach der Lektüre nicht länger als Hirngespinst an.

Ein großes und wichtiges Buch für die Religion, für die Digitalisierung und Wissenschaft, für die Entwicklung unserer Gesellschaften, für Zukunfts-Optimisten und Pessimisten und für Fans von "Homo Deus" von Yuval Noah Harari.
Aber eben kein klassischer Dan Brown.