Erfüllt leider nicht die Erwartungen
GinsterburgGinsterburg ist ein idyllisches kleines Städtchen. Nach der Machtergreifung wandelt sich nicht nur das Stadtbild, auch die Denkweisen in den Köpfen macht eine Kehrtwende nach rechts. Was für die einen ...
Ginsterburg ist ein idyllisches kleines Städtchen. Nach der Machtergreifung wandelt sich nicht nur das Stadtbild, auch die Denkweisen in den Köpfen macht eine Kehrtwende nach rechts. Was für die einen gut, ist für andere das Gegetneil. Das Miteinander ist plötzlich geprägt von Misstrauen, Gewalt und dem Gefühl, mächtiger zu sein als der Nachbar oder die Nachbarin. Der Krieg verändert alle und alles...ist das noch das Ginsterburg, in dem sie alle ihr Lebensglück gefunden haben ??
Arno Frank zeigt an seinem fiktiven Städtchen Ginsterburg, wie leicht es gewesen ist, Menschen wie du und ich mit den falschen Idealen und braunem Gedankengut zu infizieren, ihre Denkweise zu beeinflussen und auf die vermeitlich "richtige" Seite zu ziehen. Sein Roman ist von der Thematik her aktueller denn je, legt den Finger in die Wunde und rüttelt wach.
Die Geschichte an und für sich ist gut erdacht, jedoch ist die Umsetzung nicht wirklich gut gelunden. Der sperrige Schreibstil macht das Lesen sehr mühsam und es fällt schwer, im Lesefluss zu bleiben. Das Stadtbild wird von unzähligen Bewohner:innen belebt, die immer wieder einmal auf der Bildfläche escheinen, einen Teil ihrer Lebensgeschichte für die Lesenden zugänglich machen und dann im Nichts verschwinden.
Hier stellt sich die Frage, warum Figuren im ersten Drittel des Buches eine mehr als interessate Geschichte erzählen dürfen, einfach nicht mehr berücksichtigt werden, während widerum andere Charaktere deren Tun nichts zum dramaturgischen Verlauf des Romans beitragen, immer wieder eine Plattform erhalten.
Die Zeitleiste ist in drei Bereiche unterteilt und führt den Leser:innen vor Augen, was sich in Gisterburg in den Jahren 1935, 1940 und 1945 zugetragen hat. Sogar eine Geschäftsidee, die nach dem Krieg in der Realität zur Erfolgsgeschichte wird, wird im Buch "geboren". Sogenannte Gewinner und auch diejenigen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, werden vom Autor beleuchtet. Jedoch vergisst er, seinen Akteuren Herz und Seele mitzugeben, sodass viele Beteiligte einfach wie eine kalte Hülle oder gar als Statist:in in ihrer eigenen Geschichte wirken. So gehen viele Aussagen und Botschaften einfach im Gewirr des Krieges unter, dennoch bleibt eine sehr eindringlich haften: Ginsterburg könnte heute wieder genau so passieren und es ist an der Zeit, Hass, Hetze und Antisemtismus endlich Einhalt zu gebieten.
Schade, dass der Schreibstil dieses Buch ausbremst und ihm dadurch vieles an Emotionen und Atmospähre nimmt - es bleiben neutrale drei Sternchen übrig