Profilbild von clematis

clematis

Lesejury Star
offline

clematis ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit clematis über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.03.2025

Marokko

The Surf House
0

Bea trifft eine folgenschwere Entscheidung, als sie Hals über Kopf ihren einträglichen Job als Model hinschmeißt und kurz darauf in den Tiefen der Medina Marrakeschs überfallen wird. Ohne Pass und Geld ...

Bea trifft eine folgenschwere Entscheidung, als sie Hals über Kopf ihren einträglichen Job als Model hinschmeißt und kurz darauf in den Tiefen der Medina Marrakeschs überfallen wird. Ohne Pass und Geld fährt sie mit Marnie mit an den Strand, wo die freundliche Frau eine kleine Unterkunft, das Surf House, betreibt. Was als kurze Auszeit in der Idylle beginnt, endet in einem Alptraum, als ein anderer Urlauber tot am Strand liegt.

Lucy Clarke zeichnet auf den ersten Seiten ein Urlaubsparadies schlechthin, pures und unbeschwertes Glück – ein Haufen Freunde, Wellen und Sonnenschein (kindle, Pos. 36), bevor sie Beas Probleme mit dem Modeljob näher beleuchtet. Sofort fühlt man sich als Leser mitten im Geschehen, spürt schillernde Farben und Hochgefühl einerseits, graue Tristesse und Aussichtslosigkeit andererseits. Durch den bildhaften Erzählstil bauen sich aufregende Bilder vor meinem geistigen Auge auf und ich fühle mich, als ob ich selbst am Strand sitzen und über die heranbrausenden Wellen blicken würde. Ich schmecke das Salz in der Luft und fühle mit Bea, die den Spiegel mit einem Tuch verhängt, um nicht in die eigenen leeren Augen schauen zu müssen, die nicht weiß, was sie von ihrem Leben erwartet, was sie wirklich will. Während sie sich darüber klar werden möchte und Marnie im Surf House hilft, passieren unerwartete Dinge.

Fesselnd liest sich dieser Thriller und hält so manche Überraschung bereit, welche nicht nur einige Figuren im Buch, sondern auch den Leser in Staunen versetzt. Lucy Clarke beschwört eine ganz besondere Stimmung im Fischerdorf Mallah herauf, vermischt geschickt Wahrheit und Lüge und führt damit alle hinters Licht. Wer packende Lesestunden sucht, sollte sich The Surf House nicht entgehen lassen.

Veröffentlicht am 24.03.2025

Carla Seidel auf Jagd

Der Wolf im dunklen Wald
0

Im Wendland findet ein Wiedersehen einstiger Schulkollegen und Freunde statt mit anschließender Jagd im Dragahner Forst. Carla Seidel, welche Bereitschaftsdienst tut in der Polizeistation Dannenberg, wird ...

Im Wendland findet ein Wiedersehen einstiger Schulkollegen und Freunde statt mit anschließender Jagd im Dragahner Forst. Carla Seidel, welche Bereitschaftsdienst tut in der Polizeistation Dannenberg, wird alsbald zu einem Leichenfund gerufen. Der tote Jäger weist mehrere heftig ausgeführte Messerstiche auf, weshalb die Kommissarin auf einen sehr emotionalen Täter schließt. Wenig später gibt es einen ähnlichen Mordfall – eine Serie? Carla zweifelt an dieser Theorie.

Auch beim zweiten Fall für Carla Seidel im niedersächsischen Wendland geht es sofort zur Sache, Wesentliches vom ersten Teil fließt aber kurz zur Erklärung ein, sodass auch Neueinsteiger in die Serie gut mitgenommen werden. Die Vergangenheit spielt eine nicht unwesentliche Rolle für das Handeln der Kommissarin mit ihrem Gefühl für die richtige Richtung und die Hypersensibilität von Tochter Lana ist ebenfalls wieder Thema. Die Jagdgesellschaft stellt Autorin Sia Piontek bildhaft dar, die düstere Atmosphäre im Wald, das öde Wendland mit seiner Ruhe, die einerseits Einsamkeit, andererseits aber auch Frieden ausstrahlt, passt ausgesprochen gut als Kulisse. Sämtliche Charaktere sind lebendig herausgearbeitet, so manches gesellschaftliche Problem (Gewaltbeziehung, emotionale Abhängigkeit, Alleinerzieher,…) wird durch die Figuren im Krimi widergespiegelt. So entsteht eine schöne Mischung aus Ermittlungsarbeit mit so mancher Überraschung und Konflikten im privaten Bereich. Der Spannungszustand Carlas zeigt sich zudem innerhalt des Teams, denn mitnichten sind hier alle einer Meinung. Jäger und Gejagte, Täter und Opfer verschwimmen mitunter, bis die richtige Lösung gefunden ist. Man darf mitfiebern und miträtseln bei fesselnden Lesestunden.

Eine gelungene Fortsetzung der Carla-Seidel-Krimi-Reihe, welche mir bislang ausgesprochen gut gefällt: die Figuren sind authentisch, die Handlung stimmig, der Spannungsbogen konstant. Beim nächsten Fall bin ich gerne wieder an Carlas Seite.


Veröffentlicht am 22.03.2025

Carla Seidels Neuanfang

Die Sehenden und die Toten
0

Nach einer Vergangenheit, die sich für den Leser erst im Laufe der Zeit entwirrt, setzt Carla Seidel in der Polizeistation Dannenberg in Niedersachsen einen Neuanfang. Die bislang erfolgreiche Kommissarin ...

Nach einer Vergangenheit, die sich für den Leser erst im Laufe der Zeit entwirrt, setzt Carla Seidel in der Polizeistation Dannenberg in Niedersachsen einen Neuanfang. Die bislang erfolgreiche Kommissarin aus Hamburg wird zur einfachen Polizistin – bis der achtzehnjährige Justus tot in der Au gefunden wird, anstelle seiner Augen leuchten einem Spiegelscherben entgegen. Carla muss sich enorm zusammenreißen, um ordentlich zu ermitteln und sich von früheren Erlebnissen lösen, welche auch Tochter Lana betreffen.

Als Leser wird man gleich mitten ins Geschehen geworfen und muss sich unter den Figuren erst einmal orientieren, denn langatmige Einleitungen oder Personenvorstellungen gibt es hier nicht. Dafür darf man Eintauchen in ein lebendiges Geschehen und die Sichtweise von Mutter und Tochter auf einen außergewöhnlichen Kriminalfall. Dass Carla ein Alkoholproblem hat und die Tochter extremst feinfühlig ist, verleiht dem Ganzen einen besonderen Anstrich, sodass dieser Krimi sich gut abhebt von anderen Vertretern dieses Genres. Auch die Handlung selbst ist gut verständlich und logisch aufgebaut, liefert interessante Details und authentische Charaktere. Einige Wendungen bringen Spannung ins Geschehen und schließen den Fall letztendlich glaubhaft ab. Aber – ein Anruf im letzten Moment weckt des Lesers Neugierde, denn die private Seite der Geschichte verlangt nach einer Fortsetzung!

Ein schöner und stimmiger Auftakt dieser Krimireihe mit einer etwas eigenwilligen Kommissarin und ihrer Tochter, die nicht unwesentlich zum Erfolg beiträgt. Mir hat‘s Spaß gemacht, ich lese gleich bei Teil 2 weiter.


Veröffentlicht am 13.03.2025

Schwarzer Tod

Das Pestkind
0

Gegen Ende des Dreißigjährigen Kriegs (1648) wird Rosenheim von der Pest heimgesucht. Marianne entwischt als Einzige in ihrer Familie dem Schwarzen Tod und wächst fortan bei der Brauerei- und Wirtshausbesitzerin ...

Gegen Ende des Dreißigjährigen Kriegs (1648) wird Rosenheim von der Pest heimgesucht. Marianne entwischt als Einzige in ihrer Familie dem Schwarzen Tod und wächst fortan bei der Brauerei- und Wirtshausbesitzerin Hedwig Thaler heran, die sie aber eher wie eine Dienstmagd und nicht wie eine Ziehtochter behandelt. Das arme Mädchen wird auch von den Nachbarn geschnitten und als unheilbringendes „Pestkind“ beschimpft. Lediglich der Abt Pater Franz und ihr „einfältiger“ Stiefbruder Anderl begegnen Marianne vorurteilsfrei und liebevoll. Als Hedwig erschlagen aufgefunden wird, steht schnell der Mörder fest, aber ob die Zeugen tatsächlich die Wahrheit sagen? Eine aufwühlende Zeit steht Marianne bevor.

Lebendig schildert Nicole Steyer die Stadt Rosenheim in den Jahren von Pest und Dreißigjährigem Krieg, von Not und Verachtung. In den drei großen Abschnitten spielt die Handlung aber nicht nur in Rosenheim, sondern auch im Tross des feindlichen Schweden-Generales, wo es ebenfalls hoch hergeht. Eine Reihe an schweren Schicksalsschlägen muss Marianne verkraften, verliert sie doch im Laufe der Geschichte mehrere Menschen, die ihr lieb und teuer sind. Grausame Szenen aus dem Krieg verdüstern die Stimmung ebenfalls, aber Marianne kämpft für das, was sie einst versprochen hat.

Fesselnd und spannend fliegen die vielen Seiten nur so dahin, langweilig wird es jedenfalls nicht. Und als gäbe es nicht schon genug Überraschungen, so muss man auch am Ende noch einmal den Atem anhalten und einen Rückschlag einstecken.

Ein wunderbar zu lesendes Buch, das eine schreckliche Zeit widerspiegelt und eine mutige junge Frau in den Mittelpunkt rückt. Mir hat Nicole Steyer damit aufregende Lesestunden beschert, ich empfehle „Das Pestkind“ sehr gerne weiter.


Veröffentlicht am 08.03.2025

Großtante Clara

Vor hundert Sommern
0

Elisabeth ist vierundneunzig und seit Kurzem im Seniorenheim, Tochter Anja und Enkelin Lena räumen nach und nach die Wohnung aus, wobei sie auf die Spuren von Anjas Großtante Clara stoßen. Im Jahre 2024 ...

Elisabeth ist vierundneunzig und seit Kurzem im Seniorenheim, Tochter Anja und Enkelin Lena räumen nach und nach die Wohnung aus, wobei sie auf die Spuren von Anjas Großtante Clara stoßen. Im Jahre 2024 erzählt Elisabeth endlich, was sich 1924, also hundert Jahre zuvor, und in den darauffolgenden Jahren ereignet hat.

Katharina Fuchs zeichnet liebevolle Detailbilder, welche schlussendlich zur Größe dieses bemerkenswerten Romans beitragen. Die Gegenwart erfahren wir aus Anjas und Lenas Sicht, die Vergangenheit aus jener von Clara, die Übergänge gestaltet die Autorin so fließend, dass es eine Freude ist, hier regelmäßig hin und her zu wechseln und Elisabeth beim Erzählen zu lauschen. Bald spürt man als Leser, wie viele Parallelen es tatsächlich gibt zwischen den beiden Zeitebenen, da Fuchs eine ganze Reihe an treffenden Beispielen und aktuellen Vorkommnissen in die Handlung hineinflicht. Bemerkenswert ist die spürbare Nähe zu den Figuren, diese ist vermutlich deshalb so gut gelungen, weil es tatsächlich familiäre Vorbilder gibt für die grundsätzlich fiktive Geschichte. Interessante Szenen verdeutlichen, wie Erlebnisse einer Person ihre Nachkommen beeinflussen können und wie auch folgende Generationen geprägt werden, selbst (oder gerade dann), wenn darüber geschwiegen wird.

Ein angenehmer Schreibstil führt durch die mehr als fünfhundert Seiten, welche aufgrund der wechselnden Blickwinkel und unterschiedlichen Zeitlinien kurzweilig und unterhaltsam zu lesen sind. Aufgrund der Charakterisierung kann man sich gut in die Figuren hineinversetzen, auch wenn man selbst vielleicht anders entscheiden würde. Ein absolut lesenswerter Roman mit einer Vielzahl an wahren Begebenheiten, den ich sehr gerne weiterempfehle.