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Veröffentlicht am 03.02.2018

Ambras-Syndrom

Katzenbach
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Stefan und Nadine Attinger sind überglücklich, als nach der 4jährigen Lotte die kleine Luzia zur Welt kommt. Bis sie den ersten Blick auf ihr Baby werfen, denn der Anblick der kleinen Luzia wirbelt ihre ...

Stefan und Nadine Attinger sind überglücklich, als nach der 4jährigen Lotte die kleine Luzia zur Welt kommt. Bis sie den ersten Blick auf ihr Baby werfen, denn der Anblick der kleinen Luzia wirbelt ihre heile Welt durcheinander. Luzia wurde mit einer Anomalie geboren , dem "Ambras- Syndrom.
Als die Kleine 4 Monate alt ist, geschieht ein Unglück. Luzia wird von Valerie Gut, die mit ihrem Hund spazieren geht, im Katzenbach, der durch das Dorf fliesst, gefunden. Jemand hat das Baby aus dem Kinderwagen genommen und in den Bach geworfen, Luzia ist tot.
So viele aus dem Umfeld der Familie, haben nach der Geburt gedacht oder gesagt, dass für die Kleine der Tod eine Erlösung wäre…..hat jemand seine Gedanken oder Worte in die Tat umgesetzt? Oder hat die Mutter die soziale Ausgrenzung mit dem entstellten Baby nicht mehr ausgehalten und die Kleine getötet?

Das Grundthema in diesem Buch hat mich wahnsinnig berührt. Wie geht das Umfeld damit um, wenn ein Paar, ein durch einen Gendefekt stark entstelltes Baby bekommt? Wie gedankenlos können Nachbarn, Eltern von Schullkollegen. Arbeitskollegen sein um subtilen Psychoterror zu betreiben, damit die Eltern an ihrem Kind zweifeln. Wer entscheidet, wann ein Kind lebenswert ist ? Diese Fragen haben mich sehr beschäftigt und fassungslos habe ich die Geschichte gelesen. Fassungslos, weil ich weiss, dass genau das, was hier beschrieben wird, überall auf der Welt und jeden Tag vorkommen kann.
Die "Hypertrichose" mit dem Ambras -Syndrom kannte ich nicht, habe mich jedoch erinnert, mal was darüber gelesen zu haben. Menschen mit diesem sehr seltenen Gendeffekt entwickeln eine übermässige Körper und Gesichtbehaarung. Recherchen im Internet haben mich sprachlos für das Leid der Betroffenen gemacht.
Die Autorin hat geradezu lebensecht die Sorgen, die Ängste und die Ausgrenzung der Familie, nach dem Bekanntwerden der Anomalie der jüngeren Tochter , beschrieben. In abwechselnden Zeitzonen, in denen man immer sofort erkennt, wo man in der Story steht, beschreibt sie die Zeit um die Geburt, das nach Hause kommen mit dem Säugling , die Zeit danach und während und nach dem Mord. Sehr eindrücklich, wie man als Leser "in die Köpfe" einiger Protagonisten sieht und wie der Vater denkt, die Mutter meistere die Behinderung der Tochter mit links und umgekehrt.
Der Schreibstil ist sehr einfach gehalten, lässt sich sehr flüssig lesen. Ein paar holperige Stellen haben mich überhaupt nicht gestört, zu intensiv hat mich diese Story beschäftigt. Immer wieder hatte ich meine Vermutungen, wer denn nun genau für den Tod des Babys verantwortlich ist. Eine davon hat sich schlussendlich bestätigt. Doch da ich gegen Schluss, diese Vermutung nur bei 4 Menschen eingrenzen konnte, empfinde ich die Täterfrage und die Auflösung als gelungen und überraschend.

Veröffentlicht am 10.01.2018

Erfrischend anders...

Totenstille im Watt
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Johannes Theissen flüchtet nach beruflichen und familiären Schwierigkeiten nach Norddeich und verwandelt sich dort in den Arzt Dr. Bernhard Sommerfeldt. Er eröffnet eine Praxis, ohne jemals Medizin studiert ...

Johannes Theissen flüchtet nach beruflichen und familiären Schwierigkeiten nach Norddeich und verwandelt sich dort in den Arzt Dr. Bernhard Sommerfeldt. Er eröffnet eine Praxis, ohne jemals Medizin studiert zu haben und lernt Beate Herbst kennen und lieben. Die beiden verbindet die gemeinsame Liebe zur Literatur und sie sind glücklich. Als eines Tages die von ihrem Mann geschlagene Susanne Ricklof in Sommerfeldts Praxis kommt, beschliesst der Arzt der Frau zu helfen und ihrem Mann einen Schrecken einzujagen. Das Ziel ist, dass er Frau und Sohn in Ruhe lässt. Sommerfeldt entdeckt, wie sehr es ihm gefällt die Welt von unnötigem Ballast zu befreien und wird zum Mörder.

Die Geschichte beginnt sehr persönlich. Doktor Sommerfeldt gesteht, dass er Namen und Beruf gewechselt hat. Sehr schnell bekommt man so als Leser ein gutes Feeling für den Hauptprotagonisten, er wirkt sehr sympathisch. Der Schreibstil ist so, dass man fast die ganze Story in Ich Perspektive leist. Fast monologartig erzählt Sommerfeldt sein Leben. Ab und zu wird dieser Monolog durch Gespräche unterbrochen, doch dies eher zurückhaltend. Sehr sarkastisch, die Gedanken Sommerfeldts, die kursiv geschrieben, eingefügt wurden und die mich haben schmunzeln lassen.
Diese Geschichte ist für einmal aus der Sicht , und nur aus dieser, des Mörders geschrieben. Wobei zu Beginn Sommerfeldt nicht ein Täter im klassischen Sinn ist. Er will die Welt von Ballast befreien und tötet Männer, die was auf dem Kerbholz haben. Mehr und mehr spielt er sich jedoch als Richter auf und mordet immer weiter. Für mich war gerade diese Verwandlung, die sehr gut beschrieben ist, doch überraschend. Zum Schluss muss er nämlich Menschen umbringen, die als Zeugen nicht zumutbar sind.
Ein Thema, das mich sehr interessiert hat, wie wohl jeden Buchliebhaber, ist die Liebe des Pärchens zur Literatur. Ich habe etliche tiefsinnige und nachdenklich machende Gedanken und Überlegungen gefunden, die mir hervorragend gefallen haben. Wie zum Beispiel: "Wenn ich einen Satz lese, entsteht in meinem Kopf sofort ein Bild." Einfühlsam ebenfalls die Überlegungen zu Leseförderung bei Schulkindern und das Thema "Buchkauf in einer Bücherei oder per Internet."
Diese Geschichte hat mir sehr gut gefallen, weil sie vom Schema 08/15 abweicht. Und weil der Autor die Figuren, allen voran Sommerfeldt, hervorragend charakterisiert hat. Sommerfeldt überzeugt, nicht nur als Arzt sondern auch als Mörder. Als Arzt staune ich über die vielen, authentischen Situationen , die der Autor sehr unterhaltsam und gut recherchiert rüber bringt. Als Mörder hat mich die Kaltblütigkeit sehr überrascht.
Ich habe mich mit diesem Krimi bestens unterhalten und habe ihn als erfrischend anders erlebt.

Veröffentlicht am 25.12.2017

Paranoia oder Verbrechen?

Woman in Cabin 10
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Laura "Lo" Blacklook fühlt sich nicht mehr sicher. Eines nachts erwacht sie und ein fremder Mann steht vor ihrer Schlafzimmertüre. Da kommt der Reisejournalistin der neue Job gerade recht. Sie soll mit ...

Laura "Lo" Blacklook fühlt sich nicht mehr sicher. Eines nachts erwacht sie und ein fremder Mann steht vor ihrer Schlafzimmertüre. Da kommt der Reisejournalistin der neue Job gerade recht. Sie soll mit dem Schiff "Aurora Borrealis" auf Jungfernfahrt gehen und einen Bericht über die Luxusjacht schreiben. Doch Lo gerät vom Regen in die Traufe. Denn sie beobachtet einen Mord in der Nachbarkabine. Doch niemand will ihr glauben, denn es wird weder ein Passagier noch ein Crewmitglied vermisst. Wer war die fremde Frau in der Nachbarkabine und was ist mit ihr geschehen?

Ruth Ware hat sich entschlossen den Start ins Buch mit einer Szene zu beginnen, die wohl für alle von uns der blanke Horror bedeuten würde. Man erwacht nachts und vor der Schlafzimmertüre steht ein Einbrecher. Diese Szene ist sehr bildlich beschrieben und man spürt als Leser, das Grauen, das Lo empfindet. Das Trauma, das sie bei diesem zutiefst verängstigenden Vorfall erleidet, konnte ich sehr gut nachvollziehen.
Nach dieser Szene wird es Punkto Gänsehaut ruhig während dem ersten Drittel des Thrillers. Unterschwellig spürt man, dass da noch ein grosser Knall kommen wird. Doch erst mal lullt die Autorin die Leser mit alltäglichen Urlaubsszenen ein. Diese sind durch den sehr flüssig geschriebenen Schreibstil gut zu lesen und abwechslungsreich. Ein wenig hat mich der Alkoholkonsum von der Protagonistin gestört. Seite 28 wird schon der zweite, totale Filmriss wegen dem Alkoholkonsum erwähnt. Seite 90 erleben wir Lo zum dritten Mal total betrunken neben der Spur. Mich hat nicht etwa gestört, dass sie Alkohol in grossen Mengen konsumiert, sondern dass dies als Grund für Blackouts, die wichtig für die Handlung waren, herhalten mussten.
Nach und nach lernt man die Protagonistin kennen. Ihr Zivilstand, ihre Ängste und Träume. Ich empfand sie nicht als unsympathisch, sondern als sehr labil, wankelmütig und unsicher.
Nach einem Drittel Buch beginnt der Psychothriller. Als Leser ist man absolut nie sicher, was Lo tatsächlich erlebt und was ihrer Paranoia geschuldet ist. In dieser Situation wurden ein, zwei Zeitungsartikel eingefügt, die meine Neugier angestachelt und die Spannung in die Höhe geschraubt haben. Clever gemacht von der Autorin!
Als sehr wohltuend empfand ich die Klarheit im Aufbau der Geschichte. "Woman in Cabin 10" beinhaltet ein einziger Erzählstrang und eine fortlaufend erzählte Handlung ohne lästiges Hin und her hüpfen in Zeit und Handlung.
Bis zum Schluss habe ich also auf den grossen Knall hingefiebert: Er kam…er kam! Und noch dazu mit einer sehr überraschenden Wendung. Ich hatte verschiedenen Theorien was mit der Frau aus Kabine 10 geschehen ist...und auf diese Lösung wäre ich nie gekommen.

Veröffentlicht am 16.12.2017

Erfrischend anders...

Jeden Tag gehörst du mir
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"The Fab Four" wurden die vier Freundinnen, May, Kate, Beth und Gemma von Familie und Freunden genannt. Jahre nach der Schulzeit sind die Frauen immer noch befreundet, doch sind sie nur noch zu dritt. ...

"The Fab Four" wurden die vier Freundinnen, May, Kate, Beth und Gemma von Familie und Freunden genannt. Jahre nach der Schulzeit sind die Frauen immer noch befreundet, doch sind sie nur noch zu dritt. Beth fährt nicht mit den Freundinnen nach Kalkan in Urlaub, weil Beth vor Jahren spurlos verschwand. Kate hat sich erst gerade von ihrem langjährigen Freund Phil getrennt und will einfach mal abschalten. Noch in der Türkei, im Urlaub, erfahren die Freundinnen, dass in ihrer Heimatstadt Stockton Heath eine tote Frau aufgefunden wird. Kaum zurück aus dem Urlaub überrascht sie die Neuigkeit , dass eine zweite Tote gefunden wurde. Beide Opfer ähneln Kate und scheinbar geht ein Serientäter um, der Frauen vom selben Typ bevorzugt.

Eines vorneweg : Noch selten hat ein Buch mich meine Meinung so um 180 Grad revidieren lassen , wie "Jetzt gehörst du mir". Ich war mir auf vielen Seiten und seit Beginn sicher zu wissen, wer der Serientäter ist. Geschickt wiegelt der Autor den Leser in Sicherheit Punkto Täteridentität. Ein Satz, der mich in meinem Verdacht bestärkt hat, ist so gut platziert, dass ich vor dem Autor den Hut ziehe. Naiv habe ich gedacht : wie langweilig und vorhersehbar. Man weiss ja schon nach einem Drittel wer der Täter ist. Wie will er uns Leser noch bis zum Schluss beschäftigen?
Und zeigt dann den Lesern die lange Nase: Aetsch, reingefallen!
Ganz am Anfang geht es hauptsächlich um Liebesbeziehungen. Kate verlässt ihren Freund, lernt im Urlaub einen anderen Mann kennen und findet auch einen Arbeitskollegen sympathisch. Man spürt , wie sehr Kate von Phil genervt ist, der sich mehr und mehr zum Stalker entwickelt. Leser, die Thriller suchen, müssen da durch diese Liebesturbulenzen einfach durch. Denn gerade diese Einführung ist enorm wichtig für die spätere Handlung.
Sehr authentisch beleuchtet Alex Lake beide Seiten, die der gestalkten Frau und die des Stalkers. Ebenfalls sehr interessant und gut recherchiert empfand ich die Ausführungen zum Thema "Serientäter".
Als die Geschichte fünf Jahre zurück in die Vergangenheit springt, habe ich schon geahnt, dass es wohl so einfach nicht sein kann. Dieses Kapitel endet mit einem Cliffhanger und ich habe es vor Spannung kaum ausgehalten. Freundin Beth verschwindet und die Frage, was mit ihr geschehen ist, hat mich durch das Buch getrieben.
Eine mehr als überraschende Wendung in der Handlung hat diesen Spannungsbogen noch mal erhöht und ich konnte das Buch kaum noch aus der Hand legen. Gerade die letzten 60 Seiten sind Thriller pur. Spannung, der Wettlauf gegen den Psychopathen und einige brutale Szenen sind genial geschrieben.
Die Story ist sehr abwechslungsreich, der Plot hat mich zu 100 % überzeugt und ist sehr schlüssig.
Der Fokus liegt ganz klar auf den Opfern und der Sichtweise des Täters , nicht in der Ermittlungsarbeit. Ich empfand dies nach vielen gelesenen Thrillern in der jüngsten Vergangenheit als erfrischend anders.

Veröffentlicht am 14.12.2017

Sehr spannend!

Unersättlich
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In Stockholm mutieren unbescholtene Bürger zu Mördern. Sie verwandeln sich scheinbar grundlos in Kannibalen und töten und verspeisen ihre Angehörigen. Eine Mutter ihr Kind, eine pensionierte Frau ihren ...

In Stockholm mutieren unbescholtene Bürger zu Mördern. Sie verwandeln sich scheinbar grundlos in Kannibalen und töten und verspeisen ihre Angehörigen. Eine Mutter ihr Kind, eine pensionierte Frau ihren Mann. Der Verdacht liegt nahe, dass die Täter, die sogenannte "Kannibalendroge" genommen haben, da es auch in jüngster Vergangenheit Fälle rund um diese Droge in Stockholm gab. Kriminalkommissarin Amanda Poller, von der Polizei in Vasterort, ermittelt auf Hochtouren, testet die Droge an sich aus. Und erfährt, dass man sich in dieser Situation zum Tier verwandelt. Die Ermittlungen lassen sie tief ins Drogenmilieu eintauchen. Dabei trifft sie Andnan Nasimi , einen Polizistenmörder, wieder, der in ihrer Vergangenheit eine grosse Rolle gespielt hat.

"Unersättlich" ist nach "Der Pavian" der zweite Band rund um die Ermittlerin Amanda Poller. Ich habe den ersten Band nicht gelesen und war zu Beginn völlig erschlagen von den vielen Namen und Figuren. Zudem wurden immer wieder Andeutungen zu der Vergangenheit , also den Stoff aus dem ersten Band, gemacht, die ich nicht nachvollziehen konnte. Nach ein paar Kapiteln hat die Autorin anhand von Erklärungen, die Amanda einem neuen Praktikanten gibt, in dieser Beziehung aufgeklärt. Ich empfand das als hervorragend gelöst um Erstleser einzuführen in die persönliche Hintergründe von Amanda Poller und Adnan Nasimi.
Von Beginn weg scheut sich die Autorin nicht, grausige Details anzusprechen. Dabei geht sie sehr subtil vor. Dem Thema entsprechend "Kannibalismus" erlebt man als Leser, die Mörder nach den Taten. Ohne in Details zu gehen, beschreibt die Autorin sehr bildlich das Szenario. Ein fast belanglos hingeworfener Satz lässt einen schaudern. Eklig und abstossend und zu 100 % Thriller!
Ich war direkt froh, als Anna Karolina Larsson, das komplizierte Privatleben der Staatsanwältin Pia Bromberg, die versucht in einer Patchworkfamilie zu (über) leben, in den Mittelpunkt rückt. So konnte ich mich etwas von all dem Blut und den grausigen Details erholen.
Es wird ebenfalls das Privatleben von Amanda Poller erwähnt. Sie ist Mutter von Zwillingen, die 2 Jahre alt sind. Wunderkinder! Denn, sie wurden so charakterisiert, als wären sie etliches älter. Sprechen und agieren wie fünfjährige Kinder. Dass, Amanda in ihrer Freizeit ihnen das Radfahren beibringt hat mich erstaunt. Normalerweise besitzen Zweijährige nicht die motorischen Fähigkeiten um schon Rad zu fahren. Abgesehen von diesem Detail ist die Charakterisierung sehr gelungen. Amanda ist absolut authentisch und eine starke Figur, die eine Schwäche hat : Ihre Kinder. Was die Täter schlussendlich auch ausnutzen.
Ich empfand den Spannungsbogen nach ein paar Kapiteln, die ich benötigte, um die Figuren zu sortieren, durchgehend hoch. Die beiden Stränge "Amanda" und "Adnan" , die einige Zeit nebeneinander herlaufen, verbinden sich auf schlüssige Weise. Sehr spannend und dies nicht nur im Hinblick auf den Fall "Kannibalismus"!