Platzhalter für Profilbild

Madamebiscuit15

Lesejury Profi
offline

Madamebiscuit15 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Madamebiscuit15 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.05.2025

Ungeschöntes Familiendrama

Die Garnett Girls
0

Ein Cover, das nach Sommervibes ruft und eine Geschichte, die doch mit einiges mehr an Tiefgang aufwartet, als ich zu Beginn vermutet hatte.
Die Garnett Girls sind die, inzwischen erwachsenen, drei Schwestern ...

Ein Cover, das nach Sommervibes ruft und eine Geschichte, die doch mit einiges mehr an Tiefgang aufwartet, als ich zu Beginn vermutet hatte.
Die Garnett Girls sind die, inzwischen erwachsenen, drei Schwestern Rachel, Imogen und Sacha. Was sie gemeinsam haben, ist ihr Partygen und dass sie alle mit ihren Lebensentwürfen strugglen. Je weiter die Handlung voranschreitet, desto klarer kristallisiert sich dieser Fakt heraus. Einen großen Anteil an den Schwierigkeiten der Girls hat dabei deren Mutter Margo. Denn nachdem ihr Mann und Vater der Mädchen, sie vor vielen Jahren verlassen hatte, fiel sie erst in ein tiefes Loch und hat anschließend alles darangelegt, dass ihren Töchtern diese Erfahrung erspart bleibt.
Margo ist für mich die wohl authentischste Figur des Buchs. Ihr Verhalten ist geprägt von dem großen Schmerz und der tiefen Verletzungen, die uns Beziehungen zufügen können. Dabei wirkt sie nach außen hin meist unverwüstlich, auch wenn sie innerlich zerbricht. Ihr beständiger und unreflektierter Alkoholkonsum ist für mich zwar nicht nachahmungswürdig, aber ein typisches und bekanntes Verhaltensmuster innerhalb unserer Gesellschaft. Sowohl in Alltags- als auch in Ausnahmesituationen.
Die Erzählperspektiven und Zeitebenen wechseln immer wieder zwischen den Personen und erklären so das Verhalten der Protagonistinnen näher und nachvollziehbar. Insofern hatte ich keine Mühe mich in die jeweilige Lebenslinie einzudenken. Bei manchen der drei Girls ging mir zwar am Ende die Lösung des Konflikts zu glatt und schnell und auch die Auflösung mit dem Ende der Paarbeziehung von Margo und Richard war sehr weich, aber das stellt für mich nur einen kleinen Kritikpunkt an diesem Roman dar.
Wenn Ihr auf der Suche nach einem Familiendrama auf einer sommerlichen englischen Insel seid und über das 10 Glas Wein hinweglesen könnt, dann kann ich Euch das Buch durchaus empfehlen.
Nachdem ich ihn mit der Leserunde von @mon gelesen habe, scheint es ein Roman zu sein, an den man wohl mit den richtigen Erwartungen herangehen sollte, beziehungsweise, der nicht jeden Geschmack trifft. Bei mir haben der Inhalt und die Erwartungen gepasst, auch wenn ich die kritischen Stimmen durchaus nachvollziehen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.04.2025

Kluger Einblick in eine Ehe

Es geht mir gut
0

Es ist der erste Sonntag im November und Kathleen beschließt nicht mit ihrer Familie in den Gottesdienst zu gehen, sondern stattdessen den Tag im Pool der Wohnanlage zu verbringen. Und damit ist sprichwörtlich ...

Es ist der erste Sonntag im November und Kathleen beschließt nicht mit ihrer Familie in den Gottesdienst zu gehen, sondern stattdessen den Tag im Pool der Wohnanlage zu verbringen. Und damit ist sprichwörtlich der gesamte Tag gemeint. Virgil, ihr Mann, dagegen geht den normalen Sonntagsbeschäftigungen nach und wird zusehends nervöser und irritierter über das Verhalten seiner Frau.
„Ist wirklich alles in Ordnung, Liebes?“ […] „Es geht mir gut“, sagte sie. S. 5
Diese Konversation taucht im Laufe des Tages immer wieder auf und ist nur zu verständlich, fehlt ihm doch die Innenschau Kathleens, in deren Genuss wir Lesenden kommen.
Es ist ein dünnes Büchlein, das perfekt für jetzige sonnige Wochenende geeignet ist. Denn es wirft uns so unmittelbar in die Ehe der beiden in den 1960igern in den USA, dass es sich wunderbar in einem Rutsch weglesen lässt. Jessica Anthony benötigt keine ausschweifende Sprache um die zwischenmenschlichen Verhältnisse zu veranschaulichen. Immer mehr erfahren wir im Lauf der Rückblicke über die gemeinsame Beziehung und die jeweilige Sicht auf ihre Ehe und die moralischen Werte der beiden. Abwechselnd begleiten wir Kathleen im Pool und Virgil beim Golf in ihren Gedankengängen. Wie stehen sie zum Thema „Fremdgehen“, wie nehmen sie ihr Gegenüber wahr, was denken sie über ihre Paarbeziehung?
Gerade Kathleen zeigt für mich eine faszinierende Stärke. Sie ist vermeintlich eine typische Hausfrau ihrer Zeit, doch im Verlauf der Handlung zeigt sich ihr starker Wille und ihr Weg des stillen Aufbegehrens auf überraschende Weise.

Für mich war es ein kurzweiliges und kluges Lesevergnügen über zwischenmenschlichen Themen und die Ehe, dass ich Euch gerne empfehle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.03.2025

Gelungene niveauvolle Unterhaltung auf einer Zugfahrt

In einem Zug
0

Eine Zugfahrt von Wien nach München führt zu einer ungeplanten Bekanntschaft zwischen dem Roman Autor Eduard Brünhofer und der Theratpeutin Catrin Meyr. Schnell werden die Gespräche persönlich und intim ...

Eine Zugfahrt von Wien nach München führt zu einer ungeplanten Bekanntschaft zwischen dem Roman Autor Eduard Brünhofer und der Theratpeutin Catrin Meyr. Schnell werden die Gespräche persönlich und intim und wir werden Teil dieses Kammerspiels auf einem Vierersitz.
Handlungstechnisch ist damit bereits alles gesagt, nicht aber inhaltlich. Es ist ein dialoglastiger Roman, der die Charaktere über die Liebe und Beziehungsvorstellungen philosophieren lässt. Zusätzlich angereichert wird das Gespräch durch die Gedanken Eduards, die seine Aussagen häufig noch in einen größeren Zusammenhang setzen und seiner Figur mehr Tiefe verleihen.
Das Ende habe ich zwar nicht in Gänze so erwartet, aber doch relativ bald einen Twist vermutet, der für mich so auch gelungen war.
Sprachlich war es für mich eine große Freude diesen Text zu lesen. Daniel Glattauer schreibt niveauvoll und pointiert über seine Protagonist:innen, macht sie menschlich in ihren Aussagen. Darüber hinaus ist es psychologisch und gesellschaftlich treffend beobachtet und der Widererkennungswert aus dem eigenen persönlichen Umfeld ist hoch.
Insofern kann ich Euch diese kurzweilige Geschichte nur empfehlen. Es macht Spaß sie zu lesen und am Ende das Buch mit einem zufriedenen Lächeln schließen zu können.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.02.2025

Erschreckend aktuell

Unter Grund
0

Wie kann es passieren, dass Jugendliche sich radikalisieren? Eine Frage, die in der momentanen Zeit nicht aktueller sein könnte und Annegret Liepold bietet mit ihrem Roman-Debüt eine mögliche Erklärung ...

Wie kann es passieren, dass Jugendliche sich radikalisieren? Eine Frage, die in der momentanen Zeit nicht aktueller sein könnte und Annegret Liepold bietet mit ihrem Roman-Debüt eine mögliche Erklärung dazu.

Dabei beginnt und endet die Handlung zum Zeitpunkt der NSU Prozesse in München, als Franka, Ende zwanzig, und angehende Lehrerin ist. Als sie nach langer Zeit zurück in ihr Heimatdorf fährt, holen sie ihre Erinnerung ein.

Viel zu früh muss das Mädchen mit dem Verlust ihres Vaters klarkommen und sich ihren Platz in der Familie und der Gemeinschaft suchen. Dabei fällt schnell auf, wie einsam Franka ist und wie groß ihr Wunsch nach Zugehörigkeit. So groß, dass sie bereit ist, sich in die rechte Szene der Jugend zu integrieren, um endlich nicht mehr allein zu sein. Denn auch die Beziehung zu ihre Mutter und ihrer Tante ist nicht konfliktfrei und so sind es eben Patrick und Janna, die sie unter ihre Fittiche nehmen.

Die Autorin beschreibt diese Entwicklung Frankas feinfühlig und gleichzeitig ungeschönt. Ihre innere Zerrissenheit, der leider nicht laut geäußerte Wunsch nach Halt und Unterstützung, sind mühelos spürbar und ermöglichen ein leichtes Hineinversetzen in die Protagonistin.

Für mich ist das ein plausibler Grund für Frankas Andocken an und in der Szene. Sie möchte ein Teil eines Ganzen sein, dazugehören und Gemeinschaft erleben. Es geht ihr zu Beginn nicht um das Gedankengut der Gruppe und als sie später merkt, was für Konsequenzen ihre Handlungen haben scheint es fast zu spät zu sein.

Allerdings kamen mir das Ende und die Auflösung dann doch etwas zu überhastet und wirkten für mich einen Tick zu konstruiert. Aber das ist meine subjektive Wahrnehmung und für andere mag es genauso richtig sein.

In Summe empfehle ich das Buch gerne weiter, denn der Einblick in diese Szene ist erschreckend und wir müssen uns wohl noch mehr damit auseinandersetzen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.02.2025

Tiefgründiger Roman über Freundschaft und Echtheit einer Geschichte

Nach einer wahren Geschichte
0

Welchen Stellenwert hat Freundschaft in unserem Leben?
Delphine de Vigan lernt L. kennen und in kürzester Zeit werden die beiden die engsten Freundinnen. Es ist ein Verstehen und sich Erkennen auf quasi ...

Welchen Stellenwert hat Freundschaft in unserem Leben?
Delphine de Vigan lernt L. kennen und in kürzester Zeit werden die beiden die engsten Freundinnen. Es ist ein Verstehen und sich Erkennen auf quasi jeder Ebene. Delphine offenbart sich L. vollkommen, auch ihre Schwächen und Defizite. Als sie selbst psychische Probleme bekommt, zieht L. sogar bei ihr ein und hilft ihr beruflich aus der Klemme. Doch mit den Monaten gibt es auch immer wieder irritierende Momente für Delphine, worum geht es L. wirklich?
Anhand ihrer beiden Protagonistinnen philosophiert sie über das Thema Freundschaft, beschreibt sie in den unterschiedlichsten Ausprägungen, wie wir sie wahrnehmen und wie intensiv sie sein kann, bis hin zu einer Symbiose.
Gleichzeitig nimmt sie uns Lesende in die Pflicht unser eigenes Leseverhalten zu reflektieren. Was wollen wir lesen? Greifen wir eher und lieber zu realen Geschichten. Wird ein Roman durch den Hinweis auf Wahrheit geadelt und bekommt mehr Aufmerksamkeit? Oder wird jede Geschichte durch das Schreiben auch ein stückweit Fiktion?
Delphine de Vigan schreibt hier psychologisch großartig und spielt vor allem mit ihrem Publikum vor den Seiten. Wie groß das Ausmaß dabei ist, war mir, zumindest nicht von Beginn an, sofort klar. Bezüglich der Figur L. hatte ich zwar den richtigen Riecher, aber die völlige Tragweite erschloss sich mir erst am Ende.
Auch wenn es dieses Mal kein absolutes Highlight für mich war, kann ich euch diese ungewöhnliche Geschichte empfehlen. Ich habe sie gerne gelesen und De Vigans Schreibstil ist wie immer wunderbar.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere