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Veröffentlicht am 24.06.2025

Der Weg in Depression und Burnout und erschütternde Einblicke in das Gesundheitssystem

Emotional Female
6

Wenn Frauen für sich eintreten, werden sie emotional genannt, wenn Männer dies tun, gelten sie als durchsetzungsstark. Mit diesem Dilemma ist auch Yumiko Kadota auf ihrem Weg als Ärztin konfrontiert. Doch ...

Wenn Frauen für sich eintreten, werden sie emotional genannt, wenn Männer dies tun, gelten sie als durchsetzungsstark. Mit diesem Dilemma ist auch Yumiko Kadota auf ihrem Weg als Ärztin konfrontiert. Doch dies ist nur die Spitze des Eisbergs. Emotionalität und mit ihr Empathie machen Yumiko zu einer besseren Ärztin und doch wird ihr dies in einem kompetitiven System als Schwäche ausgelegt. Dies sagt letztlich mehr über das System aus, als über Kadota, denn was bedeutet es, auch für Patientinnen, wenn Ärztinnen wie Yumiko Kadota in diesem nicht gesund bestehen können? In Emotional Female gibt die Autorin tiefe Einblicke in das australische Gesundheitssystem und lässt an ihren Erfahrungen als Ärztin und ihren Weg in eine schwere Depression sowie Burnout darin teilhaben.

Über ihre Schulzeit in Singapur, London und Sidney, das Medizinstudium in Australien und ihre Ausbildung zur Assistenzärztin fühlen wir Yumikos Traum Chirurgin zu werden zum Leben erwecken und verfolgen ihren oft steinigen, beschwerlichen Weg dahin. Die Hürden stellen dabei nicht nur ein durch und durch kompetitives und von Diskriminierung wie Ausbeutung durchdrungenes Ausbildungs- und Gesundheitssystem dar. Schon früh wird deutlich, dass auch Yumikos Persönlichkeitsstruktur, der Drang immer die Beste sein zu wollen, immer gemocht zu werden und zu gefallen, ebenso ein kulturell geprägter Leistungsethos aus ihrer japanischen Sozialisation, eine destruktive Allianz mit dieser Berufswahl einzugehen scheinen.

Als sehr positiv empfinde ich, dass die Autorin mit ihren Zeilen realistische Einblicke in das australische Gesundheitssystem und die Lebensrealität junger Ärztinnen darin vermittelt: Sexismus, Misogynie, Rassismus, Ausbeutung und Leistungsdruck sind die Variablen, die den Alltag Yumikos bestimmen. Parallelen zu europäischen und dem deutschen Gesundheitssystem sind hier sicher nicht zufällig, verschiedene Situationen habe ich zumindest schon sehr ähnlich in Krankenhäusern beobachten können. Ob hier immer alle geschilderten Patientinnenkontakte, Erkrankungen und Konflikte mit Kollegen im Detail notwendig für die Gesamterzählung sind, bleibt dahin gestellt. Für mich hatten die Schilderungen durchaus ein paar Längen.

Eine Perspektive, die die Autorin nicht dezidiert einnimmt und nur am Rande immer wieder aufscheint, aber auf die das von ihr beschriebene System, aus Macht, Konkurrenz und Diskriminierung auch Auswirkungen hat, ist die Versorgung der Patienten. Wenn die eigene Karriere und männliche Machtdemonstrationen den Alltag bestimmen und eben nicht das Wohl der behandelnden Patientinnen im Mittelpunkt steht, leiden nicht nur Jungärztinnen wie Yumiko, sondern insbesondere auch die Patientinnen.

Sehr schwer auszuhalten war für mich jedoch ab einem bestimmten Punkt die mangelnde Reflexion der Autorin, inwiefern ihre eigene Persönlichkeitsstruktur die beschriebene Entwicklung begünstigt hat - ihr Drang immer alles richtig zu machen, immer und überall die Beste zu sein und die repetitive, inflationäre Erwähnung dieses Musters über rund 400 Seiten wirkten zunehmend redundant auf mich, zumal es keine echte Entwicklung auf dieser Ebene gibt. Im Gegenteil beginnt man schon sehr früh in ihrer Laufbahn und den Schilderungen zu ahnen, dass das nicht gut gehen kann und auf eine Katastrophe zuläuft. Und so lesen sich die über 400 Seiten auch fast wie eine Chronologie dieser Katastrophe. Dabei verharrt die Autorin über weite Teile ihrer Ausführungen auf einer Stufe der Empörung, echte Lösungsorientierung und Selbstermächtigung, um aus den destruktiven Mustern auszubrechen, finden sich erst am Ende im Nachhinein und die Katastrophe wird so umso unausweichlicher. Damit im Zusammenhang fällt auch das völlige Fehlen von Solidarisierung und dem Bewusstsein für politische Handlungsmacht, um Veränderungen anzustoßen, in den Ausführungen auf. Die Autorin geht an die Öffentlichkeit, erst als sie nichts mehr zu verlieren hat.

Emotional Female wird so weniger eine wohl formulierte Systemkritik, als eine persönliche Chronik zur Aufarbeitung und Abrechnung Yumikos mit dem australischen Gesundheitssystem vor dem Hintergrund der Unfassbarkeit, wie es so weit kommen und ausgerechnet ihr dies passieren konnte. So wichtig auch Erfahrungsberichte sind, hätte ich mir gerade vor dem Hintergrund der im Rückblick verfassten Zeilen eine analytischere Betrachtung und Einordnung ihrer Erlebnisse in einen größeren gesellschaftlichen und gesundheitspolitischen Kontext gewünscht. Auch den Untertitel finde ich nicht ganz glücklich gewählt, denn die Autorin hat letztlich eine schwere Depression entwickelt. Der Begriff Burnout mag zwar catchy sein, sollte jedoch nicht über die schwere psychische Erkrankung über die Kadota berichtet hinwegtäuschen.

Eine allgemeine Empfehlung für das Buch auszusprechen fällt mir schwer. Ich bin der Autorin dankbar, dass sie über ihre Erfahrung berichtet hat, denn ihr Buch zeigt deutlich massive Missstände in westlichen Gesundheitssystemen auf und kann so vielleicht Veränderung anregen. Gleichzeitig sollte sich jede Leserin zuvor bewusst sein, dass gut 75% des Buchs die Chronologie einer Katastrophe sind und im Detail Yumikos Weg in die Depression beschreiben. Echte Handlungsmacht und Selbstermächtigung kommen aus meiner Sicht zu kurz, sodass man diese Schilderungen und ihre Dramatik und Destruktivität tatsächlich auch aushalten können muss. Analytische und in das Gesamtsystem einordnende Daten und Fakten fehlen vollständig, sodass Emotional Female primär eine Aufarbeitung und Vergangenheitsbewältigung der Autorin ist. Vor diesem Hintergrund empfehle ich Emotional Female gern allen Interessierten, die sich dessen bewusst sind und der Lektüre gewachsen fühlen.

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Veröffentlicht am 28.04.2025

Willkommen im Horror-AI-Urlaub

Der Duft des Wals
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In der Duft des Wals verweist bereits der Titel auf das Zentrum der Erzählung. Ein angeschwemmter Walkadaver, der einen furchtbaren Duft ausströmt, bildet die Kulisse des Urlaubs in einem luxuriösen All ...

In der Duft des Wals verweist bereits der Titel auf das Zentrum der Erzählung. Ein angeschwemmter Walkadaver, der einen furchtbaren Duft ausströmt, bildet die Kulisse des Urlaubs in einem luxuriösen All inclusive Resort in México.

Hierhin haben sich Judith und Hugo mit ihrer Tochter Ava zurückgezogen in einem verzweifelten Versuch ihre zerrüttete Ehe zu retten. Celeste, die Stewardess auf dem Flug der Familie, residiert ebenfalls im Hotel und kämpft mit ihren ganz eigenen Dämonen. Waldemar träumt als langjähriger Angestellter im Hotel von einer Beförderung. Aus Perspektive der 5 Personen, die abwechselnd erzählen, begleitet der Roman einen Urlaub in einem typischen AI Resort und doch wird nichts daran typisch verlaufen.

Mir hat gefallen, wie der Roman mit den Klischees von AI Resorts spielt, Armbändchen, Animateure und Romanzen dieser mit Gästen, Clubdisco etc. Obwohl oder gerade weil sich die Ereignisse innerlich und äußerlich dramatisch entwickeln, fehlte mir letztlich jedoch die Tiefe in der Erzählung. Gerade diese soll vermutlich über die jeweilige Innenperspektive der verschiedenen Figuren in eigenen Kapiteln erzeugt werden, gelingen tut dies jedoch nur in Ansätzen. Die Entfremdung von Judith und Hugo und deren Auswirkungen auf Ava werden nachvollziehbar dargestellt und doch bleiben die Figuren skizzenhaft ohne, dass ich eine Nähe zu ihnen aufbauen konnte. Sowohl in der Anzahl der Figuren als auch der dramatischen Ereignisse will der Roman auf (zu) wenigen Seiten zu viel. Und so plätschert die Handlung etwas dahin, ohne dass die Leserin tiefer darin involviert wird, daran vermag auch die dramatische Zuspitzung am Ende nichts verändern. Insgesamt ist der Duft des Wales ein nettes Stück für Zwischendurch, jedoch leider ohne, dass es länger bei mir nachhallen wird.

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Veröffentlicht am 28.04.2025

Ein Entdeckungsroman, der leider in Stereotype abdriftet

Women
2

Women wird als Klassiker der queeren Literatur gefeiert und so ging ich gespannt und mit einigen Vorschusslorbeeren für das Buch an die Lektüre. Darin erzählt die namenlose Ich-Erzählerin, eine junge Schriftstellerin, ...

Women wird als Klassiker der queeren Literatur gefeiert und so ging ich gespannt und mit einigen Vorschusslorbeeren für das Buch an die Lektüre. Darin erzählt die namenlose Ich-Erzählerin, eine junge Schriftstellerin, wie sie sich zum ersten Mal, und zu ihrer eigenen Überraschung, in eine Frau verliebt. Finn, ist wesentlich älter, lebt in einer langjährigen lesbischen Beziehung und ist von der Ich-Erzählerin als Schriftstellerin eingenommen. Diese Aufmerksamkeit schmeichelt der Ich-Erzählerin und damit beginnt ein Kennenlernen in dem beide schnell Gemeinsamkeiten entdecken und eine echte Faszination füreinander entwickeln. Die Beziehung, die die beiden eingehen ist von Beginn an impulsiv und intensiv, und leider ab einem bestimmten Punkt alles andere als das, was man gemeinhin als gesund beschreiben würde.

Gelungen beschrieben ist für mich das Entdecken der sexuellen Orientierung und die Liebe zu einem Menschen jenseits des Geschlechts und internalisierten, heteronormativen Erwartungen der eigenen Sozialisation. Die Ich-Erzählerin reflektiert immer wieder wie wenig sie über queere Geschichte und Rechte weiß und wie wenig sie in ihrer eigenen Sozialisation damit konfrontiert wurde. Und so ist die Anziehung, die sie für Finn empfindet überraschend und überwältigend zugleich.

Als eher störend habe ich empfunden, dass die Geschichte letztlich stereotype Bilder über Weiblichkeit reproduziert. Die impulsiven, emotionalen Frauen, die sich dramatisch streiten und all das wird explizit als Norm einer lesbischen Beziehung dargestellt. An der Stelle erklärt sich für mich der Kultcharakter um den Roman nicht, denn aus dieser Perspektive zeigt und feiert er lediglich ungesunde Beziehungsmuster und reproduziert Stereotype über Weiblichkeit und lesbische Beziehungen.

Als Entdeckungsroman der sexuellen Orientierung funktioniert die Erzählung für mich hingegen sehr gut. So ergibt sich ein durchwachsenes Bild von Women für mich mit 3 Sternen.

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Veröffentlicht am 22.04.2025

Leider mehr Schatten als Licht

Hinters Licht
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In Hinters Licht nimmt uns die Schwedin Åsa Avdic mit auf eine Zeitreise zu den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Eine Zeit der Neuentdeckungen vieler Dinge, die vorher schier unmöglich schienen, Licht, Automobile, ...

In Hinters Licht nimmt uns die Schwedin Åsa Avdic mit auf eine Zeitreise zu den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Eine Zeit der Neuentdeckungen vieler Dinge, die vorher schier unmöglich schienen, Licht, Automobile, Strom etc. So scheint es zunächst auch nicht ganz abwegig, womit sich Professor Thomas Bradford beschäftigt. Als wissenschaftlicher Spiritist möchte er mit wissenschaftlichen Methoden spiritistische Phänomene, wie den Verbleib des Geistes nach dem Tod erforschen. An seiner Seite dabei, Ruth, Anfang 40, Witwe und Mutter von 3 Kindern, geniale Mathematikerin, die vor langer Zeit zugunsten einer Hausfrauenehe ihre vielversprechende Universitätskarriere aufgegeben hat. In der Anzeige Thomas Bradfords zur Suche einer Assistentin liegt ihre Chance zumindest in Ansätzen an ihre Talente wieder anzuschließen. Und auch Bradford erkennt Ruths Genie und zögert nicht sie mit der Stelle zu betrauen.

So weit so gut. An dieser Stelle könnte sich ein spannender Roman über die Wege und Irrwege spiritistischer Forschung im letzten Jahrhundert anschließen. Doch leider zeigt sich dies nur in Ansätzen. Am stärksten war für mich noch das Kapitel Forschung in dem tatsächlich einige Methoden der wissenschaftlichen Ansätze zur Untersuchung übernatürlicher Phänomene aufgezeigt wurden. Weit mehr Raum nimmt in dem Roman jedoch die Beziehungsgeschichte zwischen Ruth und Thomas ein. Es ist eine Form von Anziehung auf den ersten Blick, in der Ruth sich dem verheirateten Bradford gegenüber jedoch immer mehr zu verlieren droht. Die Wandlung der genialen Mathematikerin Ruth hin zum devoten Fan Thomas Bradfords war für mich beim Lesen nur schwer zu ertragen und auch Bradford selbst kommt in dem Liebesreigen nicht gut weg.

Interessant und aufschlussreich war die Darstellung weiblicher Rollenbilder und insbesondere auch ihrer Möglichkeiten und Zwänge zu dieser Zeit, denen Ruth sich bereits in ihrer ersten Ehe unterordnen musste. Darüber hinaus lässt sich für mich aus dem Roman leider nicht viel mitnehmen.

Das Buch lässt sich sprachlich gut lesen, kann jedoch inhaltlich für mich nicht wirklich überzeugen. Hier hilft auch ein vermeintlicher Twist am Ende nicht. Am ehesten werden an dem Roman vielleicht Leserinnen Freude haben, die gern kriminalistische Liebesgeschichten für zwischendurch lesen.

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Veröffentlicht am 13.04.2025

Ein Buch mit Basiswissen und Rezepten für den Einstieg in eine gesündere Ernährung und Lebensweise

Entzündungshemmende Ernährung für Frauen:
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Dieses Büchlein für eine entzündungshemmende Ernährung verschafft einen guten ersten Überblick zu Immunsystem und Entzündungen und einer entsprechenden Ernährungsweise. Im ersten Teil des Buches werden ...

Dieses Büchlein für eine entzündungshemmende Ernährung verschafft einen guten ersten Überblick zu Immunsystem und Entzündungen und einer entsprechenden Ernährungsweise. Im ersten Teil des Buches werden auf ca. 50 Seiten allerlei Hintergründe zu Entzündungen, Funktionsweise des Immunsystems, Achtsames Kochen und Integration einer gesunden Ernährung und Lebensweise in den Alltag vermittelt. Vorgestellt werden hier auch bereits einzelne entzündungshemmende Lebensmittel. Im zweiten Teil des Buchs geht es endlich in die Praxis. Hier hat die Autorin zahlreiche Rezepte für Frühstück, Mittag- und Abendessen, sowie separat Salate, Snacks und Desserts gesammelt. Die Rezepte enthalten einige Klassiker wie verschiedene Suppen, aber auch mir bisher nicht bekannte innovative Ideen, wie Blumenkohl als Pizzateig oder Süsskartoffelscheiben als Brotersatz. Toll finde ich auch, dass hier an gesunde Snacks für Zwischendurch gedacht wurde.

Sprachlich und inhaltlich konnte mich das Buch jedoch leider nicht vollständig überzeugen. Die Ausführungen der Autorin sind oft redundant, sodass ich mir oft dachte: ja, ich hatte es schon beim ersten Mal verstanden, und beim zweiten Mal auch… Hier hätte ich mir weniger Wiederholungen und dafür mehr Tiefe in der Analyse gewünscht. Auch die Struktur war für mich nicht ganz nachvollziehbar, denn so stehen 1. Top antientzündliche Lebensmittel für Frauen, 2. die zehn besten entzündungshemmenden Lebensmittel und 3. Gewürze und Kräuter an unterschiedlichen Stellen im Buch. Ein eigenes Kapitel mit entsprechendem Fokus hätte hier sicher Sinn ergeben. Viele Hinweise zu einem gesünderen Lebensstil sind in der dargebotenen Form und Inhalt sicher den meisten Menschen geläufig: Sport, Entspannung, gesunder Schlaf, frische Lebensmittel, viel Gemüse… Was mir fehlte war außerdem der angekündigte Fokus auf Frauen. Hier hätte ich mir viel mehr Hintergründe zum Hormonzyklus etc. gewünscht. Umgekehrt eignet sich das Buch so jedoch auch uneingeschränkt für Männer.

Das Buch ist daher tatsächlich eher als Einstieg für eine sehr grundlegende Vermittlung der Hintergründe entzündungshemmender Ernährung und einer gesunden Lebensführung in einfacher Sprache geeignet. Dazu liefert es interessante und leckere Rezepte, die leicht umzusetzen sind.

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