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Veröffentlicht am 20.04.2025

Straßenstrich

Teufels Tanz
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Ein Achtzigjähriger am Straßenstrich – und kurz darauf tot. Ungewöhnlich, aber rasch aufgeklärt, als man den Zuhälter erwischt. Doch die Serie von Toten in ähnlichem Alter scheint erst zu beginnen und ...

Ein Achtzigjähriger am Straßenstrich – und kurz darauf tot. Ungewöhnlich, aber rasch aufgeklärt, als man den Zuhälter erwischt. Doch die Serie von Toten in ähnlichem Alter scheint erst zu beginnen und die Mordgruppe zwei des LKA Wien in Atem zu halten.

Aufregend und abwechslungsreich geht es dahin bei Poznanskis Wien-Krimi-Serie, die mit Fina Plank eine überaus sympathische - weil lebensnahe - Ermittlerin präsentiert. Sie hat es nicht leicht, sich beruflich in der männerdominierten Abteilung durchzusetzen und privat mit ihrer Schwester verglichen zu werden. So kann man sich in so mancher Situation sehr gut in die junge Polizistin hineinversetzen und ihre Gedanken und Gefühle verstehen. Der Fall selbst ist diesmal besonders raffiniert, er entführt an die letzten Straßenstriche Wiens und in die endlosen Gänge des Allgemeinen Krankenhauses und stellt Ermittler sowie Leser vor das Rätsel, wer es denn auf alte Männer abgesehen haben könnte, die ohnehin bald eines natürlichen Todes sterben würden. Ein untrügliches Bauchgefühl und logische Kombinationsgabe führen Fina auf die richtige Spur und damit letzten Endes in ein schwerwiegendes Dilemma. Wie sie damit umgehen wird, bleibt auch nach Auflösung dieses bemerkenswerten Falles spannend.

Ursula Poznanski schreibt gewohnt bildhaft und lebendig, sodass man sich wie selbstverständlich mit den verschiedensten Figuren durch Wien bewegt und den aufgeworfenen Geheimnissen auf den Grund geht. Die zwischendurch eingestreuten Kapitel aus Tätersicht setzen den Aufbau der vorangegangenen Bände gelungen fort, sodass eine erkennbare Einheit in der Serie gegeben ist. Aufgrund der Thematik und der schlüssigen Klärung der Dinge hat mir dieser Teil bislang am besten gefallen. Leseempfehlung (unter Berücksichtigung der Reihenfolge)!


Veröffentlicht am 17.04.2025

Als der Regen zu Asche wurde

Night Road – Der Sommer unseres Lebens
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Die vierzehnjährigen Zwillinge aus reichem Elternhaus, Mia und Zach, freunden sich mit der neuen Schülerin Lexi an. Trotz deren Herkunft aus zerrütteten Verhältnissen wird Lexi von den Farradays akzeptiert ...

Die vierzehnjährigen Zwillinge aus reichem Elternhaus, Mia und Zach, freunden sich mit der neuen Schülerin Lexi an. Trotz deren Herkunft aus zerrütteten Verhältnissen wird Lexi von den Farradays akzeptiert und bald wie ein Familienmitglied behandelt. Wenige Jahre später begleitet ein Sommer voller Partys die drei jungen Menschen und soll darüber hinwegtrösten, dass sich deren Wege vor dem College nun trennen werden. Da geschieht die Tragödie, die alle Zukunftspläne vergessen lässt und das Leben in ein einziges Grau verwandelt – der Tag, als der Regen zu Asche wurde [kindle, Pos. 7153, Kap. 27].

Vortrefflich gelingt es Kristin Hannah, die Stimmung unter den Jugendlichen einzufangen, ausgelassene Feste, Widerspruch zur elterlichen Meinung und voranschreitende Abnabelungsprozesse widerzuspiegeln. Dabei wird die Lebenswelt der Heranwachsenden realistisch und lebensnah dargestellt, die Träume und Hoffnungen, die vor ihnen liegen – und plötzlich zerplatzt die Euphorie, bricht alles in sich zusammen aufgrund einer einzigen Fehlentscheidung, die nicht mehr zurückgenommen werden kann. Was darauf folgt, ist selbst für den außen stehenden Leser nur schwer zu ertragen, denn die Autorin bindet diesen mit ein ins Geschehen, lässt ihn die Handlung nicht nur am Rande mitverfolgen, sondern erschafft mit ihren Zeilen eine derartig emotionale Stimmung, die wohl niemanden kalt lässt. Wie gehen Menschen mit einer so außergewöhnlichen Situation um? Verstehen sie andere Reaktionen, akzeptieren sie diese oder wehren sie sich dagegen? Was unterscheidet Recht, Gerechtigkeit und Rache voneinander? Was unterscheidet Reich von Arm? Wie bringt man Moral in all den Gleichungen unter? So viele Fragen, die Kristin Hannah geschickt in diese überwältigende Geschichte hineinverpackt, die immer wieder mit neuen Wendungen überrascht und einen immer tiefer in einen Strudel aus unfassbaren Entscheidungen hineinzieht.

Der faszinierende Schreibstil der Autorin fesselt von Anfang an und hält die Spannung hoch. Auch eher nüchterne Leser wie ich werden sich dem Bann der Zeilen nicht entziehen können und von Emotionen gepackt werden ob der unfassbaren Geschehnisse, die sich hier abspielen. Ich halte diese Szenarien für durchaus realistisch und keinesfalls abwegig, auch driftet der Roman niemals ins Geschmacklose ab oder überzeichnet die Vorgänge. Insbesondere die Figuren sind extrem anschaulich charakterisiert, selbst die kleinste Nebenrolle wird beim Lesen lebendig und prägt sich nachhaltig im Gedächtnis ein.

Night Road, ein Roman, der zu den besten gehört, die ich bisher gelesen habe. Absolute Leseempfehlung für all jene, die sich auf tiefgreifende, bewegende Gefühle einlassen möchten.

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Veröffentlicht am 13.04.2025

Heimsuchung

Die Frau und der Fjord
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Gro Kristjánsdóttir ist Mitte vierzig und erfolgreiche Geologin bei einer großen Erdölfirma. Mit Leidenschaft und Erfahrung arbeitet sie wochenlang auf Ölplattformen am Meer und bringt ihre Expertise ein, ...

Gro Kristjánsdóttir ist Mitte vierzig und erfolgreiche Geologin bei einer großen Erdölfirma. Mit Leidenschaft und Erfahrung arbeitet sie wochenlang auf Ölplattformen am Meer und bringt ihre Expertise ein, als unerwartet ihr Ehemann verstirbt und sich ihr bisheriges Leben auf den Kopf stellt. Gro kündigt ihre einträgliche Stelle und zieht sich zurück in einen einsamen Fjord am Polarkreis, allein im einzigen Häuschen in einer Gegend namens „Heimsuchung“, denn hier sollen sich böse Geister umtreiben. Im Kreis der Natur, umgeben von einer vielfältigen Pflanzen- und Tierwelt, findet Gro langsam wieder zu sich selbst. Aber kaum hat sie sich eingelebt, kommen neue Schwierigkeiten auf sie zu.

Begleitet von liebevollen Illustrationen zum jeweiligen Beginn gliedert sich das Buch in vier große Abschnitte, nämlich die vier Jahreszeiten am entlegenen Fjord. Ruhig und besonnen fühlt sich Anette Strohmeyers Schreibstil an, geht dabei in Details, ohne bloßzustellen. Im Einklang mit der Natur, der unendlichen Ruhe ohne Handy und Fernseher, kann Gro den Vögeln und Robben lauschen, den Duft von Tang und Blüten atmen, die schroffen Felsen erklimmen. Immer wieder gleiten Gros Gedanken zurück in ihr früheres Dasein und lassen uns als Leser teilhaben an ihrer persönlichen Geschichte, die überaus stimmig und verständlich dargestellt wird; den Grund dafür erfahren wir im Anhang, der noch einmal wesentliche Informationen preisgibt. Bis dahin unterhält die Geschichte großartig mit Momenten, die teils traurig sind, andererseits aber auch immer wieder einen Horizont von Hoffnung einblenden und dadurch Gro stärken in ihrem Denken und Handeln. Ihre Entwicklung kann man wunderbar beobachten und mitverfolgen, sodass das Jahr im Fjord sehr schnell vergeht und stets kurzweilig daherkommt.

Ich habe Gro sehr gerne begleitet bei ihrer Reise durch Trauer und Erholung, viele sehr berührende Szenen erlebt mit einem perfekten Ausblick für die Zukunft, sodass ich dieses Buch uneingeschränkt weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 10.04.2025

Danas Wahrheit

Die Nacht (Art Mayer-Serie 3)
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Seit eineinhalb Jahren ist Dana verschwunden, die Polizei hat den Fall längst zu den Akten gelegt, nur Art Mayer, ihr Nachbar, gibt nicht auf. Insbesondere deshalb, weil Milla, Danas achtjährige Tochter, ...

Seit eineinhalb Jahren ist Dana verschwunden, die Polizei hat den Fall längst zu den Akten gelegt, nur Art Mayer, ihr Nachbar, gibt nicht auf. Insbesondere deshalb, weil Milla, Danas achtjährige Tochter, ihm zuletzt in gewisser Weise ans Herz gewachsen ist. Als am stillgelegten Wohnwagenplatz eine Leiche auftaucht, beginnen sich die Ereignisse zu überstürzen.

Der knurrige BKA-Ermittler und seine junge Kollegin haben auch diesmal wieder allerhand zu tun. Während Art einfach Urlaub nimmt und auf eigene Faust vorgeht, befindet sich Nele noch in Elternzeit mit ihrem sieben Monate alten Sohn Lasse. Dennoch setzen die beiden alles daran, Dana zu finden und einen Zusammenhang mit dem Toten vom Campingplatz herzustellen. Das Verschwinden von Dana und die Suche nach der Wahrheit stehen nun im Mittelpunkt. Gewohnt flott geht es durch die Seiten, verquickt Marc Raabe aktuelle Geschehnisse mit Szenen aus der Vergangenheit und erschafft somit einen unvergleichlichen weiteren Teil seiner Art-Mayer-Serie. Mit großartigen Charakteren, bildhaften Beschreibungen und allerhand interessanten Details bleibt die Handlung kurzweilig und fesselnd, Raabes eloquenter und authentischer Schreibstil zieht auch diesmal die Leser in seinen Bann.

Eigentlich ist alles geklärt, ein dritter, spannender Fall gelöst, aber – wie es scheint – kehren Art und Nele wieder; im Frühjahr 2026, worauf ich schon gespannt bin. Leseempfehlung, aber unbedingt unter Einhaltung der richtigen Reihenfolge!

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Veröffentlicht am 07.04.2025

Hirsch

Die Dämmerung (Art Mayer-Serie 2)
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Ein totes Monster hängt im Königswald – eine an einen Baum gefesselte weibliche Leiche, über dem Kopf ein Hirschgeweih. Es handelt sich um die Wohltätigkeitsdame Charlotte Tempel. Schnell wird ihre 21jährige ...

Ein totes Monster hängt im Königswald – eine an einen Baum gefesselte weibliche Leiche, über dem Kopf ein Hirschgeweih. Es handelt sich um die Wohltätigkeitsdame Charlotte Tempel. Schnell wird ihre 21jährige Tochter Leo als Täterin verdächtigt, aber Art hat da seine Zweifel.

Spannende Szenen folgen Schlag auf Schlag, Art mit seinen unverkennbaren Eigenheiten trägt auf großartige Weise durch die Handlung. Dabei steht ihm Kollegin Nele Tschaikowski um nichts nach. Man sollte allerdings unbedingt „Der Morgen“ vorab lesen, um wesentliche Zusammenhänge zu verstehen, mit einzelnen Hinweisen ist das nicht getan. Während diesmal die Rechtsmedizinerin Veronika Perlau mit ihrem sympathischen Wiener Dialekt nur selten zu Wort kommt, zeigen sich aber Arts Qualitäten als Nachbar der siebenjährigen Milla umso deutlicher. Immer öfter flüchtet sich die Kleine in seine Wohnung, um Ruhe vor der schwerhörigen Großmutter zu finden und um ernst genommen zu werden. Was es mit Millas verschwundener Mutter Dana auf sich hat, wird auch diesmal nicht geklärt, dafür hat es die Suche nach dem bestialischen Hirschmörder in sich. Eine alte Tonbandkassette weist den Weg in ein spanisches Kloster und deckt Verblüffendes auf, auch Art ist mitunter sprachlos.

Eine brillante Erzählung, fabelhaft charakterisierte Figuren und glaubhafte Motive – auch der zweite Teil der Serie ist ein Muss für Marc Raabe-Freunde und Leser, die es noch werden wollen. Ich empfehle die ersten beiden Bände rund um Art Mayer sehr gerne weiter und freue mich auf „Die Nacht“.

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