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Anna625

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.05.2025

Nichts für mich

Nowhere Heart Land
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Rosa kehrt nach langen Jahren in London in ihre kleine Heimatstadt in Deutschland zurück. Eigentlich will sie hier nur den Verkauf des Hauses ihrer Großmutter abwickeln und sich außerdem für eine Weile ...

Rosa kehrt nach langen Jahren in London in ihre kleine Heimatstadt in Deutschland zurück. Eigentlich will sie hier nur den Verkauf des Hauses ihrer Großmutter abwickeln und sich außerdem für eine Weile vor Kolleg*innen und Vorgesetzten verstecken, nachdem es in London zu einem kleinen Zwischenfall kam. Dann jedoch spürt sie die immer stärker werdende Anziehungskraft ihrer alten Schule - einem Internat, das inzwischen abgerissen wurde -, sowie ihrer Mutter Conny, die viel zu früh schwanger wurde und viel zu früh gestorben ist. Schnell steckt Rosa mittendrin in der Suche nach Spuren ihrer Mutter und ihrer eigenen Kindheit und Jugend.

Anfangs kommt der Roman noch mit recht viel Schwung daher, verliert dann bald aber an Fahrt. Die Handlung stagniert ebenso wie Rosas Leben, was vielleicht funktioniert hätte, wäre sie als Protagonistin mir sympathischer gewesen. Statt eines spannenden Psychogramms oder eines handlungsreichen Romans verläuft sich die Geschichte für meinen Geschmack jedoch zu sehr in den endlosen, ziellosen Gedanken Rosas, die unentschlossen durch die Straßen der Stadt und gedanklich durch die Gänge des alten Internats streift; zwar mochte ich den nostalgisch-atmosphärischen Unterton des Romans sehr, wirklich packen konnte er mich aber zu keinem Zeitpunkt. Das Gefühl, dass da noch irgendetwas kommen muss, blieb bis zur letzten Seite, zahlreiche Möglichkeiten, die Geschichte zu einem runderen Ende zu führen, wurden nicht ergriffen.

Der Schreibstil der Autorin ist durchaus ansprechend und lässt auf zukünftige Romane hoffen; das Debüt "Nowhere Heart Land" hat mich jedoch nicht wirklich abholen können.

Veröffentlicht am 13.09.2024

Bleibt hinter den Erwartungen zurück

Aus dem Haus
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Endlich raus aus dem Haus, das sie seit Jahren gefangenhält, das schief in der Landschaft, also, mitten in Kassel, steht, das komplett verbaut ist mit seinen Ecken und Winkeln und seinem unmöglichen Grundriss ...

Endlich raus aus dem Haus, das sie seit Jahren gefangenhält, das schief in der Landschaft, also, mitten in Kassel, steht, das komplett verbaut ist mit seinen Ecken und Winkeln und seinem unmöglichen Grundriss und überhaupt nur Unglück bringt. Eigentlich also ein Grund zum Feiern, dass man das Haus jetzt endlich loswird und sich etwas neues suchen kann. Und doch... Es war jahrelang ein Zuhause. Es war eben 𝑑𝑎𝑠 𝐻𝑎𝑢𝑠.

Die eigentliche Handlung des Romans beschränkt sich auf Schilderungen des bevorstehenden Umzugs. Anrufe der Ich-Erzählerin an ihre Eltern, um den täglichen Lagebereicht einzuholen. Ausgehend davon werden jedoch zahlreiche Erinnerungen an vergangene Ereignisse beschrieben, Porträts von Familienmitgliedern gezeichnet, Soziogramme unserer Gesellschaft erstellt. Das geschieht gerade zu Beginn mit einem wunderbar trockenen Humor. Mit der Zeit habe ich mich jedoch gefragt, worauf genau die Autorin eigentlich hinauswill, wie sie die ganzen losen Enden zusammenführen, etwas Ganzes daraus machen will. Die Antwort: Will sie nicht. Jedenfalls hatte ich nicht den Eindruck. Die Handlung mäandert umher, und das hätte mich nicht weiter gestört, wenn sie nur irgendwann irgendwo angekommen wäre. Tut sie aber nicht. Das Buch ist gut geschrieben, durchaus anspruchsvoll und fordernd mit seinen teilweise sehr langen Sätzen, nur fehlte mir dabei die Struktur. Vieles bleibt nur vage angedeutet, etwa die Depressionen der Mutter. Da hätte ich mir mehr Hintergrund gewünscht, irgendetwas, das sie und die anderen Figuren greifbarer macht, die so seltsam blass bleiben. Ich hatte mehr erwartet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.03.2023

Kann man sich auch sparen

Malvenflug
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Eine mährisch-kärntnerische Familie während des Zweiten Weltkriegs. Während Zwillinge Fritz und Lotte bei den Großeltern aufwachsen, geht ihr Bruder Alfred auf die Napola und ihre Schwester Helga verlässt ...

Eine mährisch-kärntnerische Familie während des Zweiten Weltkriegs. Während Zwillinge Fritz und Lotte bei den Großeltern aufwachsen, geht ihr Bruder Alfred auf die Napola und ihre Schwester Helga verlässt die Familie, wird zu "Schwester Laura" und lebt fortan im Kloster. Der Vater ist Mitglied der NSDAP, die Mutter arbeitet im schweizerischen Davos, um die Schulden der Familie abbezahlen zu können. Im ersten Teil des Romans kommen alle Familienmitglieder zu Wort, abwechselnd aus den unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird hier in kurzen Kapiteln das Leben der Familie zwischen 1940 und 1945 beschrieben. Im zweiten Teil dann wird aus der Sicht Helgas erzählt, der ältesten Tochter der Familie, die inzwischen in Italien lebt.

Es fällt mir schwer, die richtigen Worte für diesen Roman zu finden. Er war nicht das, was ich mir erhofft hatte, alles in allem hat er mich doch einigermaßen enttäuscht zurückgelassen. Die kurzen, episodenhaften Kapitel im ersten Teil waren mir zu wenig verknüpft und wirken eher wie eine Aneinanderreihung von Momentaufnahmen als wie eine zusammenhängende Geschichte, die man mit Spannung verfolgt. Der zweite Teil hat diese Lücken dazwischen für mich leider auch nicht recht schließen können. Mit den Figuren wurde ich nicht ganz warm, ihr Schicksal war mir die meiste Zeit über ziemlich geichgültig, weil keine von ihnen mich in irgendeiner Weise packen konnte. Dafür blieb mir der Roman auch einfach zu emotionslos und nüchtern erzählt, ich hatte gar nicht den Eindruck, dass er seine Leser*innen überhaupt packen möchte.

Schlecht war der Roman nicht, und man kann ihn sicher ganz gut lesen, aber man kann es auch ganz gut einfach lassen.

Veröffentlicht am 06.08.2022

Zu simpel gehalten

Der Geruch von Wut
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Nachdem sein Vater bei einem Autounfall gestorben ist, ist für Alex klar, dass der Fahrer des anderen Wagens schuld ist und für seine Tat bezahlen muss. Über einen Freund nimmt er Kontakt zu einer gewaltbereiten, ...

Nachdem sein Vater bei einem Autounfall gestorben ist, ist für Alex klar, dass der Fahrer des anderen Wagens schuld ist und für seine Tat bezahlen muss. Über einen Freund nimmt er Kontakt zu einer gewaltbereiten, rechtsradikalen Gruppe auf. Schnell schlittert Alex immer tiefer in diese Welt hinein, aus der es kein Entkommen gibt.
Beim Lesen wird schnell deutlich, dass es sich bei "Der Geruch von Wut" um ein Jugendbuch handelt. Mir war es an vielen Stellen aber selbst dafür nicht genug in die Tiefe gehend; vieles fand ich zu vereinfacht dargestellt, und ich glaube, dass gerade heutzutage Jugendliche da sehr viel aufgeweckter sind und und sehr viel mehr verstehen wollen und können, als dieses Buch ihnen an Informationen bietet. Wenn überhaupt wäre es daher in meinen Augen eher für "jüngere" Jugendliche geeignet, wobei dann aber die teilweise gewaltsamen Szenen vermutlich zu heftig sind. Mir stellt sich also die Frage, an wen genau sich der Roman eigentlich richtet.
Vom Schreibstil her ist das Buch eher simpel gehalten, es liest sich gut und man kommt schnell durch. Die Figuren waren mir aber zu flach und da hätte ich mir noch tiefere Einblicke in ihr Leben und ihre Gedanken gewünscht. Auch viele Abläufe waren mir zu ungenau bzw. zu einfach dargestellt (nach dem Motto 'Wir kennen dich nicht, aber du willst Teil unserer rechtsextremen Gruppe werden? Kein Problem, wir treffen uns an diesem und jenem Ort, komm einfach vorbei.' etc.). Die Auflösung am Ende ging dann ziemlich schnell und ohne Probleme vonstatten, in der Realität würde es so vermutlich nicht laufen. Auch hier hätte ich mir wieder mehr Authentizität und mehr Details gewünscht.

Alles in allem bietet der Roman einen nettern, kurzen ersten Einblick darauf, wie schnell man in die falschen Kreise abrutschen kann - viel mehr aber leider nicht.

Veröffentlicht am 06.06.2022

Leider nicht sehr spannend

Die neue Wildnis
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Dystopische Szenarien scheinen in unserer heutigen Welt immer weniger unwahrscheinlich - Kriege, Klimawandel und Umweltkatastrophen bieten viel Raum für düstere Vorhersagen. Gerade weil wir gar nicht so ...

Dystopische Szenarien scheinen in unserer heutigen Welt immer weniger unwahrscheinlich - Kriege, Klimawandel und Umweltkatastrophen bieten viel Raum für düstere Vorhersagen. Gerade weil wir gar nicht so weit weg von solchen Vorstellungen sind, üben dystopische Romane auf mich immer wieder eine große Faszination aus.

So auch "Die neue Wildnis" von Diane Cook, das im Amerika der nahen Zukunft spielt und das Leben einer etwa 20-köpfigen Gruppe von Menschen im sogenannten "Wildnis-Staat" beschreibt. Diese Wildnis ist die letzte, die es noch gibt; die Städte sind überfüllt und vermüllt und lassen wortwörtlich kaum Luft zum Atmen. Im Rahmen eines Forschungsprojekts darf eine kleine Gruppe Freiwilliger nun auswandern in diesen Wildnis-Staat, der an eine Art Nationalpark erinnert und von Rangern betreut wird. Es gibt strenge Auflagen für die Gruppe - sie müssen das Leben von Nomaden führen und dürfen nirgendwo länger als ein paar Tage verweilen, sie dürfen kaum persönliche Gegenstände mitnehmen und vor allem dürfen sie keinerlei Müll oder sonstige Spuren hinterlassen. Ein solches Leben ist hart, auf eine ganz andere Weise, als sie es aus der Stadt gewohnt sind. Plötzlich müssen sie sich mit wilden Pumas arrangieren, müssen auf ihren Wanderungen reißende Flüsse überqueren und nachts und im Winter Kälte und Hunger ertragen. Viele sterben.

Im Zentrum der Handlung stehen Bea, ihr Mann Glen, der einer der Mitentwickler des Programms war, und deren kleine Tochter Agnes. Der Roman schildert die Spannungen in der Gruppe, beschreibt die Schwierigkeiten des Überlebens in freier Natur, die die Gruppe immer wieder an ihre Grenzen führt.

Der Roman klang wirklich toll und hat sofort mein Interesse geweckt; leider war es dann aber doch eine recht kurze Liebe zwischen uns. Mein Problem ist weniger, dass mir Bea (aus deren Sicht der erste Teil der Geschichte erzählt wird) ausgesprochen unsympathisch war. Das hätte ich verkraftet, hätte die Geschichte etwas mehr Spannung entwickelt. Leider plätschert sie die meiste Zeit über jedoch merklich langsamer dahin als die zahlreichen Flüsse, die die kleine Gruppe durchqueren muss, ist also nicht gerade mitreißend; dazu kommt, dass vieles nicht mit der Tiefe beschrieben und erklärt wird, die ich mir gewünscht hätte. Wirklich schade, denn Beas Tochter Agnes und ihre Sicht auf die Welt mochte ich sehr, nur hat auch hier zu oft einfach der Schwung gefehlt und statt einer spannenden Dystopie habe ich, trotz einiger tragischer Szenen, das Gefühl, ein Buch über einen dezent eskalierenden Campingausflug gelesen zu haben. Und das war nicht das, was ich haben wollte.