Rätselhafter Mord in der Hochzeitsnacht
Schon am nostalgischen Cover erkennt man, dass es sich hier um einen historischen Krimi handelt, der im Jahre 1937 in Japan spielt. Seishi Yokomizo ist in seiner Heimat einer der berühmtesten Krimiautoren, ...
Schon am nostalgischen Cover erkennt man, dass es sich hier um einen historischen Krimi handelt, der im Jahre 1937 in Japan spielt. Seishi Yokomizo ist in seiner Heimat einer der berühmtesten Krimiautoren, der nun endlich auch ins Deutsche übersetzt wurde. Ursula Gräfe hat diesen ersten Band der Kindaichi Reihe, die mittlerweile 77 Bände umfasst, übersetzt. Bei der Lovelybooks Leserunde hat sie uns Leser:innen Rede und Antwort gestanden und unsere vielen Fragen beantwortet.
In der angesehenen und wohlhabene Ichiyanagi-Familie steht eine Hochzeit bevor. Kenzo, der älteste Sohn der Familie, heiratet seine angebetete Katsuko, die nicht ganz der gewünschten Traum-Schwiegertocher entspricht. Trotzdem gibt es ein traditionelles großes Fest. Während der Hochzeitsnacht hört man aus dem Nebenhaus plötzlich Schreie und eine unheimliche Melodie, gespielt auf einer Koto (japanisches Saiteninstrument). Das Nebenhaus ist verschlossen und niemand kann hinein oder heraus. Als die Tür gewaltsam aufgebrochen wird, findet man das Brautpaar blutüberströmt auf dem Bett liegend vor. Die Umstände sind rätselhaft, denn draußen steckt ein blutiges Samurai Schwert im Schnee, Fußspuren gibt es jeodch keine. Die herbeigeholte Polizei ist ratlos. Das Gerücht über einen fremden Mann mit drei Fingern und einer Maske, der sich nach dem Weg zum Haus der Ichiyanagi-Familie erkundigt hat, macht die Runde. Nur der Onkel der Braut vermutet, dass nicht alle in der Familie die Wahrheit sagen. Kurzerhand engagiert er den Privatdetektiv Kosuke Kindaichi.
Bei "Die rätselhaften Honjin-Morde" handelt es sich um eine klassische Locked Room Mystery (Geheimnis des verschlossenen Raums).
Gefallen hat mir die Art der Erzählung. Yokomizo erzählt seinen Krimi aus der Sicht eines Autors, der die Geschichte des Mordes nacherzählt. Dabei spricht er auch den Leser direkt an und verwendet insgesamt drei Zeitebenen: die Gegenwart des Erzählers, den Zeitpunkt der Tat und die Vorgeschichte der Figuren.
Die Beschreibungen sind sehr detailliert, jedoch auch sehr sachlich. Der etwas altmodische Stil ist nicht jedermanns Sache, jedoch gibt es einen faszinierenden Einblick in die japanische Gesellschaft vor nicht ganz hundert Jahren.
Spannender wird es erst als der junge Detektv Kosuke Kindaichi auftaucht, den der Onkel der ermordeten Braut engagiert. Der junge Mann erscheint auf den ersten Blick nicht sehr vertrauenswürdig, doch er hat einen messerscharfen Verstand und eine grandiose Beobachtungsgabe.
So ganz abholen konnte mich der Krimi nicht. Das liegt nicht nur an den vielen japanischen Namen und Verhaltensweisen bzw. der Erzählkunst, sondern an der für mich fehlenden Spannung und die Möglichkeit selbst mitzuraten.
Absolut gelungen ist jedoch die Buchausstattung. Das herrlich altmodische Hardcover ohne Umschlag ist ein absoluter Hingucker und wirkt sehr edel. Am Ende gibt es ein Personenverzeichnis und ein sehr hilfreiches Glossar.
Fazit:
Gänzlich überzeugen konnte mich die Geschichte leider nicht. Ich lese zwar sehr gerne historische Krimis, aber ich befürchte die japanische Kultur ist mir doch zu fremd. Auf der anderen Seite ist dieses Buch eine erfrischende Abwechslung zu den Büchern in diesem Genre, die ich sonst lese. Ob der Krimi wirklich - wie beworben Leser von Agathe Christie ansprechen - kann ich nicht sagen, da ich ihre Krimis schon vor Jahrzehnten gelesen (und geliebt) habe. Einen Blick darauf kann ich auf jeden Fall empfehlen - für mich ist eher nichts.