Cover-Bild Solange es eine Heimat gibt. Erika Mann
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19,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Ebersbach & Simon
  • Themenbereich: Biografien, Literatur, Literaturwissenschaft - Biografien und Sachliteratur
  • Genre: Sachbücher / Geschichte
  • Ersterscheinung: 21.02.2024
  • ISBN: 9783869152943
Unda Hörner

Solange es eine Heimat gibt. Erika Mann

Ein fulminante Zeitreise ins Jahr 1949 mit Erika Mann
1949: Erika, die älteste Tochter von Katia und Thomas Mann, begleitet die Eltern nach Jahren des Exils in den USA auf ihrer Europareise. Die zweifache Verleihung des Goethe-Preises an den Vater in Deutschland steht kurz bevor, als die Familie in Stockholm die erschütternde Nachricht von Klaus Manns Freitod ereilt. Während Erika beginnt, den Nachlass des geliebten Bruders zu ordnen, erinnert sie sich – an die behütete Kindheit in München, die wilden Zwanziger in Berlin, gemeinsame Werke und die Weltreise als Mann-Twins, das Engagement gegen die Nazis im Exil.
Unda Hörner verwebt die Lebenswege der Manns und die historischen Ereignisse virtuos zu einer atmosphärisch dichten Erzählung und entfaltet ein faszinierndes zeitgeschichtliches Panorama bis ins Schicksalsjahr 1949, in dem die Teilung Deutschlands für Jahrzehnte besiegelt wird.
Für alle Fans der Jahreszahlen-Trilogie »1919 – Das Jahr der Frauen«, »1929 – Frauen im Jahr Babylon« und »1939 – Exil der Frauen«.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.04.2024

Wir treffen uns im Unendlichen

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Ein Sachbuch, spannend und bewegend wie ein Roman, eine Biographie, die unter die Haut geht. Unda Hörner – die ich bisher als Autorin noch gar nicht kannte – hat sich der Lebensgeschichte von Erika Mann ...

Ein Sachbuch, spannend und bewegend wie ein Roman, eine Biographie, die unter die Haut geht. Unda Hörner – die ich bisher als Autorin noch gar nicht kannte – hat sich der Lebensgeschichte von Erika Mann angenommen, sie verfolgt, erforscht, analysiert. Erika Mann, Tochter des Zauberers Thomas Mann, Schwester von Klaus Mann, dem Wilden und Verzagten, dem Mutigen und Traurigen. Nicht ganz einfach, eine solche Familienbeziehung zu beschreiben, über die schon so viel gesagt, geschrieben, gefilmt und getuschelt wurde.
Anfang des 20. Jahrhunderts wachsen Erika und Klaus, nur ein Jahr auseinander, wie Zwillinge auf, verwirren und verunsichern nicht nur Nachbarn und Spielgefährten, später auch die Lehrerschaft. Kaum den Kinderschuhen entwachsen, machen sie sich auf die Reise, erkunden und erforschen Europa und die Welt. Jeder von ihnen auch immer mit eigenen Ideen, sexuellen Erlebnissen, missglückten Ehen und unerschöpflichem Enthusiasmus. Als der Nationalsozialismus in Deutschland Tatsachen schafft, die ihnen das Bleiben nicht erlauben, beginnt die endlose Zeit der Emigration. Dass Erika zusätzlich zum eigenen Unglück auch das der Eltern und des Bruders bewältigen muss, macht ihr das Leben nicht leichter.
Erst als die Eltern in Kalifornien ein neues Zuhause gefunden haben und auch die Großeltern in die Schweiz auswandern konnten, fällt eine kleine Last von Erika ab. Aber es sind bei Weitem nicht nur die praktischen Dinge des Alltags der Emigranten, die Probleme bereiten, auch die lange und als unerträglich empfundene Zurückhaltung des Vaters gegenüber dem Hitlerregime macht ihr zu schaffen.
Erika Mann schlägt sich durch, tapfer, immer wieder von Neuem versuchend, ihre Meinung nicht nur zu verbreiten, sondern auch zu verteidigen. Gegenüber den Amerikanern, die eher skeptisch und gefühlt weitab vom Geschehen in Europa sind, ist das besonders schwierig. Erst mit Eintritt der Amerikaner in den Krieg ändert sich das etwas. Und Bruder Klaus meldet sich freiwillig zur Armee, steht zwar nicht an der Front, aber arbeitet in Propagandaabteilungen. Auch von Erika wird berichtet, dass sie in Uniform nach Europa kommt, leider wird hierzu wenig berichtet. Dass sie nach dem Ende des Krieges die Angeklagten des Nürnberger Prozesses „besichtigen“ kann, ist eine schaurige Seite ihrer Erlebnisse.
Das Buch geht gedanklich den Weg zurück vom Suizid des geliebten Bruders, der sich im Mai 1949 in Cannes ereignete, als Erika mit ihren Eltern in Schweden weilte. Erika Mann wird danach mit ihren Eltern Kalifornien verlassen, in die Schweiz ziehen und ihrem Vater bis zum Tod 1955 als Assistentin, Beraterin, Sekretärin und Vertraute zur Seite stehen. Über diese Zeit und die Jahre bis zu ihrem Tod erfährt man im Buch von Unda Hörner nichts mehr. Es endet um die Zeit ihres vierundvierzigsten Geburtstags mit den Worten „Wir treffen uns im Unendlichen, Klaus, eines Tages. Du weißt, wir reisen als Zwillinge.“
Im Anhang findet sich ein umfangreiches Literaturangebot, ein neueres Buch möchte ich noch zusätzlich empfehlen: Uwe Wittstocks Marseille 1940. Die große Flucht der Literatur. Dort finden sich einige der bei Unda Hörner genannten Literaten wieder, die mit viel Mühe und unter Lebensgefahr dem Zugriff der Nazis entkommen konnten. So auch Erika Manns Onkel Heinrich mit Frau Nelly, die Werfels und die Feuchtwangers. Aus meiner Sicht eine passende Ergänzung.
Was mir am Ende etwas gefehlt hat, waren Kurzbiografien der wichtigsten Personen (Familie, Freunde) aus diesem Buch, wie sich ihr Leben nach 1945 entwickelt hat, welchen Widerständen sie zum Beispiel in Deutschland – Ost und West – begegneten. Zumindest eine kurze Beschreibung der letzten Jahre von Erika Mann fände ich unerlässlich. Sicher, man kann das alles im Internet oder den Literaturen, die genannt werden, nachlesen, aber es hätte das Buch abgerundet.
Der Schreibstil hat mir gut gefallen, manchmal jedoch fand ich Formulierungen nicht ganz passend, gerade „geflügelte Worte“, die erst wesentlich später geprägt wurde, erschienen mir etwas aufgesetzt. Als Beispiele nenne ich die Banalität des Bösen, ein Begriff, der erst 1961 von Hannah Arendt geprägt wurde, oder auch die Verwandlung der Deutschen nach dem Krieg in lupenreine Demokraten.
Dass Erika Mann und auch Klaus Mann niemals ihre Heimat Deutschland wiedergefunden haben, steht sehr im Gegensatz zum Buchtitel. Die Heimat ist ihnen und auch den Eltern abhandengekommen, da halfen niemals Drogen, Alkohol und Exzesse.

Fazit: Man lernt Erika Mann und ihren Bruder gut kennen in diesem Buch. Und man versteht die unendliche Trauer und Traurigkeit, die Erika Mann nach dem Tod ihres Bruders empfand. Sie konnte ihn nicht beschützen, nicht vor der Welt und nicht vor sich selbst. Ich empfehle dieses Buch gern, wer sich für Literatur und Biografien und die Geschichte des 20. Jahrhunderts interessiert, ist hier richtig.

SolangeeseineHeimatgibtErikaMann

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Veröffentlicht am 16.03.2024

Intensiv, aber es fehlt etwas

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Das Buch spielt auf zwei Zeitebenen: Im Jahre 1949 steht Thomas Mann vor einer Vortragreise über Goethe und die Frage ist, ob Erika mit ihm die Termine in Deutschland wahrnimmt. Gleichzeitig erleben wir ...

Das Buch spielt auf zwei Zeitebenen: Im Jahre 1949 steht Thomas Mann vor einer Vortragreise über Goethe und die Frage ist, ob Erika mit ihm die Termine in Deutschland wahrnimmt. Gleichzeitig erleben wir die Biografie der Frau bis zu diesem Punkt. Und dann trifft die Nachricht vom Tod des geliebten Brudes ein ...

Wie hat mir das Buch gefallen?

Ich habe ihm Buch viele interessanten Fakten gelesen (z.B. die Affäre mit Bruno Walter) und ein besseres Gefühl für die Kämpferin Erika Mann bekommen. Ähnlich wie ihr Bruder war Erika stets getrieben vom Leben und dieses Rastlose spürt man im Buch gut. Es wirkt, als brauchte Erika immer einen Kampf.

Das Verhältnis zum Bruder nimmt ebenfalls viel Raum ein. Ich vermute, dass Erika in Klaus den fehlenden Teil gefunden hat, den Gefährten, aber auch jemanden, den sie beschützen konnte. Schwäche gegenüber Klaus zu zeigen, fiel ihr schwer und wahrscheinlich konnte Klaus nicht gut damit umgehen. Die Autorin schildert eine Episode, in der Erika mit dem Fahrrad fällt und Angst hat, aber ihr Bruder nicht weiß, wie er ihr seelisch beisteht. Klaus wiederum sah in ihr eine bessere Version seiner selbst, jemand, der all die Zweifel in etwas Positives verwandelte und nicht dem Abgrund so zugeneigt war wie er. Die Gewissheit der Einheit der beiden hat sie aber auch von den anderen Geschwistern abgegrenzt, was die Eltern indirekte gefördert haben. Monika Mann wurde z.B. verachtet, weil sie nicht so intelligent war. Wahrscheinlich duldeten die Geschwister auch keine Konkurrenz um den Patriachen Thomas Mann, der ohnehin nur geschrieben hat.

Auch das Verhältnis zum Vater ist interessant. Erika war die Lieblingstochter und war später Sekräterin und Verwalterin für den Vater. Ähnlich wie Sigmund Freunds Tochter Anna war sie eine Partnerin auf intellektueller Ebene. Sie versuchte immer, den diplomatisch agierenden Vater zu klaren Aussagen und Taten zu bewegen.

Letztlich passte sie wohl auf beide Männer auf und ich stelle mir diese Bürde sehr anstrengend vor.

Auch ihr Kampf um Deutschland und die Welt und vor allem der Glaube daran, dass sie mit Worten die Menschen aufklären kann, waren bewegend.

Die Umtriebigkeit Manns kommt im Buch gut raus und auch Kritik an ihrem Verhalten wird deutlich. Allerdings ist das Buch so sehr im Fluss der Ereignisse, dass die private Person außen vor bleibt. Vielleicht gibt es auch zuwenig Stoff, denn selbst in Briefen ist man nicht privat. Ich habe ein Gefühl für die Autorin Erika Mann bekommen, aber der Mensch blieb mir überwiegend verborgen.

Zwei Aspekte habe mich im Buch gestört: Die Zeitebenen werden teilweise binnen eines Absatzes gewechselt, und besonders am Anfang wusste ich oft nicht, wo ich mich gerade befinde. Später arbeitet die Autorin mit Absätzen, aber Zwischenüberschriften oder Jahreszahlen hätten mir geholfen. Das ist aber eine Geschmacksfrage.

Außerdem war für mich nicht klar, was fiktiv ist. Ob die Dialoge Zitaten entsprechen, wo sie geäußert wurden. Der Text liest sich ein bisschen belletristisch, ein bisschen sachlich und das Literaturverzeichnis ist umfangreich. Vielleicht ist das genre-typisch, aber ich hätte mich über eine Aussage gefreut, wie die Autorin arbeitet, damit ich das besser einordnen kann.

Und das sich das Buch auf einen dunklen Teil der Weltgeschichte bezieht, wird es nicht fröhlich. Fast das gesamte Buch erzählt von einer Welt am Abgrund und dem Versuch der Manns damit umzugehen. Das einen als Leser herunterziehen.

Fazit

Ich habe das Buch gern und schnell gelesen. Aber ich frage mich trotzdem, ob das Buch die Rezeption zu Erika Mann voranbringt. Es beleuchtet den wesentlichen Teil von Manns Leben, aber ich hatte das Gefühl, dass etwas fehlt. Der Text ist keine schlechte Lektüre, aber mir fehlte das Ganze.

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Einer von vielen historischen Romanen

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»Wissen Sie nicht, wen Sie vor sich haben?«, herrscht Erika den Portier an. Der sieht sofort zu, dass er tätig wird, diese Dame könnte unangenehm werden, wenn man ihren Wünschen nicht entspricht, er händigt ...

»Wissen Sie nicht, wen Sie vor sich haben?«, herrscht Erika den Portier an. Der sieht sofort zu, dass er tätig wird, diese Dame könnte unangenehm werden, wenn man ihren Wünschen nicht entspricht, er händigt Erika den Schlüssel zur noblen Suite im zweiten Stock aus. »Na bitte, warum nicht gleich!«

Unda Hörners Bücher 1919, 1929 und 1939 habe ich verschlungen. Sie sind großartige Porträts der Zeit und legen den Fokus auf die kunst- und literaturschaffenden Frauen. Sie befinden sich zwischen spannendem Sachbuch und völlig kitschfreier Unterhaltungsliteratur.

Entsprechend habe ich mich auf Hörners Roman über Erika Mann sehr gefreut. Doch leider konnte der meine Erwartung nicht erfüllen. Hier handelt es sich dann plötzlich nur noch um kitschig fiktionalisierte Geschichte. Erika Mann (nein, eigentlich alle Manns und alle Figuren des Romans) kommt furchtbar unsympathisch daher, bleibt aber auch recht oberflächlich in der Beschreibung. Außerdem liegt der Fokus zu weiten Teilen auf den berühmten Männern der Familie. Und die bekommen doch eh immer die Bühne für sich.

Für mich nicht das richtige Buch und auch nicht das, was ich unter diesem Titel und von dieser Autorin erwartet hätte. Allerdings glaube ich, dass auch dieser Roman durchaus seine geneigten Leser*innen findet unter denjenigen, die leichte, historische Schmöker suchen.

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