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Veröffentlicht am 30.05.2022

Lebensratgeber mit erzählerischem Rahmen

Denn wir werden Schwestern bleiben
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Am Grab ihrer jüngsten Schwester, die mit 44 Jahren bei einem tragischen Unfall starb, machen sich Caroline, Marlene und Jule gegenseitig Vorwürfe, sie hätten die verstorbene Vivi im Jahr zuvor zu sehr ...

Am Grab ihrer jüngsten Schwester, die mit 44 Jahren bei einem tragischen Unfall starb, machen sich Caroline, Marlene und Jule gegenseitig Vorwürfe, sie hätten die verstorbene Vivi im Jahr zuvor zu sehr vernachlässigt. Es stellt sich die Frage, ob sie den Unfall hätten verhindern können, wenn sie mehr füreinander da gewesen wären.
Ein alter Mann bietet den Schwestern eine unglaubliche Möglichkeit, nämlich, dass sie das letzte Jahr erneut erleben können. Und sie ergreifen diese Gelegenheit. Schaffen sie es, das Schicksal zu ändern?

Der Roman startet unterhaltsam, mit gelegentlichen Prisen von schwarzem Humor (der überflüssigerweise des Öfteren als solcher erläutert wird). Er ist über weite Strecken leicht und flüssig zu lesen. Die Charaktere der Schwestern werden im Großen und Ganzen nachvollziehbar und realistisch dargestellt, teils durch die Beschreibungen der Erzählstimme, teils erhält man Einblicke in Gedanken der Protagonistinnen.
Auch an den Beziehungen der Schwestern untereinander, mit all ihren Höhen und Tiefen, nimmt man als LeserIn teil, gewinnt auch eine gewisse Ahnung, warum sich die einzelnen Beziehungen vom Kindesalter an so entwickelt haben.
Dabei empfand ich jedoch, entgegen meiner ersten Erwartung an die Geschichte, für keine der Protagonistinnen sonderliche Sympathie, jedoch auch keine Antipathie. Charaktere, von denen ich mir gewünscht hätte, dass sie etwas näher beleuchtet werden, wie z.B. der Vater der vier Schwestern, bleiben gelegentlich erwähnte Randfiguren. Auch der schwarze Humor verabschiedet sich mehr und mehr aus der Erzählung.
Die „Zeitreise“, also das Wiedererleben des vergangenen Jahres und Viviennes „Auferstehung“ empfand ich persönlich als mit allerlei kleinen Logiklöchern behaftet. Diese Einschätzung mag jedoch nicht von allen LeserInnen geteilt werden.
Definitiv haben, für mein Empfinden, die Schwestern das zum zweiten Mal erlebte Jahr leider nicht, wie im Klappentext angekündigt, „gemeinsam“ und „intensiv“ genutzt. Vieles scheint über lange Zeit in alten Bahnen daher zu plätschern, so, als wäre ihnen nicht etwas unglaubliches, einmaliges widerfahren.
Vom alten Mann, der ihnen die Chance der „Zeitreise“ geboten hat, wird nicht einmal mehr gesprochen, kein Gedanke an das Warum und Wieso verschwendet.
(Die Frage nach seinem Hintergrund ist nicht die einzige, die offen bleibt.)
Letztendlich profitiert jede der Schwestern für sich selbst ein wenig von der erhaltenen Chance, etwa, indem Einstellungen zu einem bestimmten Thema/Problem geändert werden, und Vivienne erhält von Ihrer Schwester Marlene eine Art „Lebenscoaching“, an dem die LeserInnen teilhaben, und das einen großen Teil der zweiten Romanhälfte ausmacht.
Letzteres hat bei mir dazu geführt, dass ich das Buch weniger als (wie aufgrund der Beschreibung erwartet) Unterhaltungsroman mit etwas Tiefgang und einer Prise Phantastik, sondern eher als eine Art „unterhaltsamer Lebensratgeber mit erzählerischem Rahmen“ empfinde. Menschen, die für Input in dieser Hinsicht offen bzw. auf der Suche nach Tipps für eine verbesserte Lebensgestaltung sind, sind mit diesem Roman im wahrsten Sinne des Wortes gut beraten.
Alle anderen sollten vielleicht, wenn sich die Möglichkeit bietet, im lokalen Buchhandel zunächst ein wenig in der Geschichte „querlesen“, um sich einen Eindruck zu verschaffen.

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