Cover-Bild Kastanienjahre
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: ROWOHLT Wunderlich
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 416
  • Ersterscheinung: 20.08.2019
  • ISBN: 9783805207560
Anja Baumheier

Kastanienjahre

Ein anderes Land. Ein anderes Leben.

Zwei Orte gibt es, die für Elise Heimat bedeuten: Paris, wo sie seit über 20 Jahren eine kleine Boutique im Montmartre führt; und Peleroich, das verschlafene Dorf an der mecklenburgischen Ostseeküste. Hier wächst sie in den 60er Jahren auf, hier lernt sie Henning und Jakob kennen, die beiden Lieben ihres Lebens. Henning, der Fels in der Brandung, den sie seit Kindertagen kennt, Jakob, der Frauenschwarm, der Künstler werden will und wie sie davon träumt, einmal den Eiffelturm zu sehen. Eine fatale Dreiecksbeziehung voller Geheimnisse - bis Jakob eines Tages spurlos aus Elises Leben verschwindet.
Als Elise nach vielen Jahren in ihr Heimatdorf zurückkehrt, taucht sie tief ein in ihre eigene Vergangenheit und in die Geschichte von Peleroich, wo ihre Eltern sich kurz nach Gründung der DDR kennenlernen…

Anja Baumheier erzählt von einem malerischen Dorf und dem Schicksal seiner Bewohner zwischen Gründung der DDR, Mauerbau und Nach-Wendezeit.



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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.09.2019

Peleroich - Zeitgeschehen wunderbar erzählt!

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2018. Die aus dem mecklenburgischen Peleroich stammende Elise lebt seit 20 Jahren in Paris und führt dort eine eigene kleine Boutique am Montmatre. Eines Tages erhält sie einen anonymen Brief aus ihrer ...

2018. Die aus dem mecklenburgischen Peleroich stammende Elise lebt seit 20 Jahren in Paris und führt dort eine eigene kleine Boutique am Montmatre. Eines Tages erhält sie einen anonymen Brief aus ihrer alten Heimat mit beunruhigenden Nachrichten veranlasst Elise, mit ihrer alten Freundin Marina nach Peleroich zu reisen. Dort ist ihr die eigene Vergangenheit wieder ganz nah und Elise fühlt sich zurückversetzt in ihre Kindheit 60er Jahre, als Peleroich durch den Mauerbau zur DDR gehörte. Hier traf sie auf die beiden wichtigsten Männer ihres Lebens: Jakob und Henning, mit denen sie eine Dreiecksbeziehung führte, und Jakob irgendwann einfach aus Elises Dunstkreis verschwand. Jahrelang hat sie nach ihm gesucht, ihn jedoch nie gefunden. Elise möchte unbedingt herausfinden, was der Grund für Jakobs Verschwinden war, aber auch der Tod ihres Vaters nagt an ihr. Ob sie doch noch herausfindet, was damals geschehen ist und wer der anonyme Briefeschreiber ist?
Anja Baumheier hat mit „Kastanienjahre“ ein wunderbares und gefühlvolles Stück Zeitgeschichte vorgelegt, das ein sehr glaubwürdiges Bild der damaligen DDR wiederspiegelt. Die Autorin hat selbst 10 Jahre in der DDR verbracht und weiß genau, wovon sie schreibt. Der flüssige und emotionale Schreibstil, gespickt mit farbenfrohen Bildern, lässt den Leser Gast von Friedrich und Dora und deren Dreh- und Angelpunkt „Kastanienhof“ werden und die Protagonisten hautnah erleben. Die Autorin lässt die Vergangenheit sehr lebendig am Leser vorbeiziehen, so darf man das Kennenlernen von Elises Eltern Karl und Christa miterleben, die Gründung der DDR und den folgenden Mauerbau, die enge Dorfgemeinschaft von Peleroich sowie der Mangel an Konsumgütern oder die Denunzierung von vermeintliche Freunde. Baumheier beschreibt eine Idylle, die heimelig und nahezu gemütlich klingt. Doch auch die Stasifratze bleibt nicht verborgen, der Verräter findet sich innerhalb der Dorfgemeinde. Die Träume von Elise und ihren Freunden sind ebenso Bestandteil dieses außergewöhnlichen Romans wie der Verfall so mancher Ortschaft nach der Wende, nachdem viele sich auf den Weg in den Westen gemacht haben. Die Geschichte birgt viele Geheimnisse in sich und der Leser darf diese durch die geschickte Handlungskonstruktion der Autorin nach und nach offenlegen. Die Geschichte entfaltet von der ersten Seite an einen regelrechten Sog, dem man sich gar nicht entziehen kann, was auch das Talent der Autorin wiederspiegelt.
Die Charaktere sind wunderbar lebendig gestrickt und überzeugen durch Authentizität und Glaubwürdigkeit. Der Leser fühlt sich unter ihnen gleich als Teil der Gemeinschaft und erfährt nach und nach sehr viel über die einzelnen Protagonisten, von denen manche ihm regelrecht ans Herz wachsen. Christa und Karl sind beide sehr sympathische Menschen und wunderbare Eltern für Elise. Ihre Sehnsüchte und Träume bleiben dem Leser genauso wenig verborgen wie Elises Gefühle für ihre beiden Liebsten Jakob und Henning. Jakob ist ein feinfühliger Freigeist, der gern als Künstler arbeiten möchte und Elises Sehnsucht nach Freiheit teilt. Henning ist das komplette Gegenteil von Jakob und Elises Ehemann, die beiden trennen sich aber nach einiger Zeit. Pfarrer Otto ist eine Seele von Mensch, während man Bürgermeister Lehmann irgendwie sofort anmerkt, dass er ein Regimetreuer ist. Aber auch Protagonisten wie Friedrich und Dora haben ihren Platz in dieser Geschichte.
Mit „Kastanienjahre“ ist Anja Baumheier ein absoluter Pageturner und ein würdiger Nachfolger für ihr Erstlingswerk „Kranichland“ gelungen. Die Geschichte überzeugt nicht nur durch ihren bildhaften und gefühlvollen Schreibstil, sondern vor allem mit einem realistischen Stück Zeitgeschichte, wobei dem Leser ein direkter Blick durchs Schlüsselloch gewährt wird. Wunderbar erzählt, besser geht es nicht. Chapeau!

Veröffentlicht am 01.09.2019

Bewegende Zeitreise

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Anja Baumheier erzählt in ihrem neuen Buch die Geschichte des mecklenburgischen Dorfes Peleroich und ihrer Bewohner, die sich über einen Zeitraum von 1950 bis 2018 erstreckt. Es ist ein Dorf voller Beschaulichkeit ...

Anja Baumheier erzählt in ihrem neuen Buch die Geschichte des mecklenburgischen Dorfes Peleroich und ihrer Bewohner, die sich über einen Zeitraum von 1950 bis 2018 erstreckt. Es ist ein Dorf voller Beschaulichkeit und Ruhe. Auf dem Dorfplatz steht eine alte Kastanie, daneben das Gasthaus Kastanienhof, ein Treffpunkt für die Einwohner. Kurz nach Kriegsende fehlte es an allem, doch die Dörfler unterstützen sich. Hier begann auch die Liebesgeschichte zwischen Karl und Christa mit ihren Träumen und Wünschen. Seit dem aber der Bürgermeister Ludwig Lehmann sich zur Aufgabe gemacht hat, aus Peleroich ein sozialistisches Vorzeigedorf zu machen, trat, zu Anfang kaum spürbar, eine Veränderung ein.

Im Jahr 2018 lebt Elise, die Tochter von Karl und Christa, in Paris. Hier erhält sie den Brief eines unbekannten Freundes, der sie bittet nach Peleroich zu kommen. Er möchte sich mit allen Dorfbewohnern treffen, um zu erzählen, was damals tatsächlich passiert ist.

Für uns ist es heute kaum vorstellbar wie das Leben für DDR-Bürger war. Anja Baumheier nimmt uns mit auf eine Zeitreise, wo wir das Schicksal der Bewohner von Peleroich von der Gründung der DDR, über den Mauerbau bis zur Nachwendezeit erleben. Die Handlung wird hier so lebensecht erzählt, als sei man selbst mit dabei. Der Schreibstil von Anja Baumheier hat mir gut gefallen, sie schildert sehr bildhaft und in einer eingängigen Sprache. Das Personenregister zu Beginn und die Zeitangaben über den Kapiteln helfen dem Leser bei der Orientierung, somit ist der Roman in großen Teilen gut nachvollziehbar dargestellt.

Mir hat diese interessante und informative Geschichte über die Auswirkungen des politischen Systems der DDR und die wirtschaftlichen Veränderungen in der Nachwendezeit auf das Dorf sowie seiner Bewohner sehr gefallen.

Veröffentlicht am 31.08.2019

Ein ganz toller Roman

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Von der Autorin kenn ich bislang noch keine Bücher, aber 'Kranichland' steht nun auf meiner Wunschliste.
Dieses Buch ist einfach wunderbar! Es führt uns das Leben in der DDR von Beginn bis zu deren Ende ...

Von der Autorin kenn ich bislang noch keine Bücher, aber 'Kranichland' steht nun auf meiner Wunschliste.
Dieses Buch ist einfach wunderbar! Es führt uns das Leben in der DDR von Beginn bis zu deren Ende sehr deutlich vor Augen. Eigebettet in eine Liebesgeschichte aber auch um die Geschichte eines kleinen Dorfes im Nordwesten der DDR.

Wir lesen von Elise, wie sie in dem kleinen Peleroich groß geworden ist. Wir lesen von Geheimnissen und dem Umfassbaren, wie es in der DDR tatsächlich auch war.

Inzwischen lebt Elise in Paris, die Stadt, die sie schon von ihrer Kindheit her fasziniert hat. Dort erhält sie Post von 'einem Unbekannten' / 'einem Freund aus Peleroich', der lädt zu einem Wiedersehen in Peleroich ein. Das kleine Dorf ist fast komplett verlassen und soll dem Erdboden gleich gemacht werden.

Elise hofft, eine vergangene Liebe wiederzutreffen und begibt sich auf die Reise nach Peleroich, somit auch eine Reise in die Vergangenheit.

Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen. Der Schreibstil und das Wissen, dass es damals in der DDR tatsächlich so gewesen ist und wie die Autorin das vermittelt, ist perfekt umgesetzt.

Sehr schön finde ich auf der Buchinnenseite den schön gestalteten Lageplan von Peleroich, sowie das Personenverzeichnis gleich am Anfang des Buches.

Fazit: Ein ganz toller Roman für wertvolle Lesestunden!

Veröffentlicht am 31.08.2019

Eine Zeitreise

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Das Buchcover verrät schon am Anfang, wohin die Reise geht, nämlich in die Vergangenheit. Ein junges Pärchen steht dort und schaut in die Vergangenheit und auf eine Mauer zurück.
Der Roman zieht mich ...

Das Buchcover verrät schon am Anfang, wohin die Reise geht, nämlich in die Vergangenheit. Ein junges Pärchen steht dort und schaut in die Vergangenheit und auf eine Mauer zurück.
Der Roman zieht mich gleich in seinen Bann, berichtet er doch sehr einprägsam über die Gegensätze zwischen Ost und West zu Zeiten der DDR. Und durch die nebenher laufenden Erzählungen in Zeitsprüngen zwischen damals und heute kann ich mich sehr gut in die Probanden einfühlen, ja, lebe ihre Geschichten fast mit ihnen.
Die Autorin hat hier sehr gute Arbeit geleistet und in einem leicht lesbaren Schreibstil einen wunderbaren Roman abgeliefert.
Den ersten Roman von Frau Baumheier (Kranichland) werde ich nun ganz bestimmt auch noch lesen.

Veröffentlicht am 31.08.2019

Windflüchter

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... sind Bäume (vor allem an der Küste), deren Wuchsform vom Wind bestimmt wird. Sie brechen nicht bei Sturm, sondern beugen sich, biegen sich, passen sich an.

Als Windflüchter könnte man auch einige ...

... sind Bäume (vor allem an der Küste), deren Wuchsform vom Wind bestimmt wird. Sie brechen nicht bei Sturm, sondern beugen sich, biegen sich, passen sich an.

Als Windflüchter könnte man auch einige Bewohner Peleroichs bezeichnen, ein kleines Dorf an der Ostseeküste an der Grenze zum „Westen“, dessen Geschichte Anja Baumheier in „Kastanienjahre“ erzählt.

Alles beginnt 1950, als Karl und Christa in der Dorfschule nebeneinander sitzen. Jahre später darf Karl, der den Wald und die Küste liebt, seinen Beruf als Förster nicht länger ausüben, da er sich weigert, an der neu erbauten Grenze für die Stasi zu spionieren. Seine Mutter wehrt sich jahrelang dagegen, in die LPG einzutreten, aber der Bürgermeister will nun mal ein Vorzeigedorf aus Peleroich machen. Und auch andere lehnen sich auf: der Bäcker will die Fahnen zum 1. Mai nicht raushängen und der Konsumbetreiber schreibt regelmäßig Eingaben an Walter Ulbricht, weil er nichts hat, was er verkaufen kann – etwas, was man sich wahrscheinlich nur vorstellen kann, wenn man es miterlebt hat. So wie ich. 1974 in Dresden geboren und aufgewachsen, habe ich viele Szenen wiedererkannt, die im Buch beschrieben werden. Den Mangel an alltäglichen Dingen und unseren Einfallsreichtum, um sie zu ersetzen, Angst vor Spitzelei und Denunziation, Berufswünsche, die Träume bleiben mussten, Freunde, die plötzlich verschwunden waren, weil sie „abgehauen“ sind oder die Ausreise genehmigt wurde.
Auf die Ausreise hofft auch Jakob jahrelang. Er ist Künstler und Elises Freund, aber nicht ihr Ehemann, das wiederum ist Henning, den sie von klein auf kennt. Aber als sich Henning und Elise nach dessen Armeezeit auseinander leben, wird Jakob immer wichtiger für sie. Sie träumen gemeinsam von Paris, doch eines Tages ist er plötzlich verschwunden.

Elise ist Karls und Christas Tochter. Sie arbeitet als Näherin in einem großen Betrieb und lebt ihre Kreativität zu Hause aus, wo sie aus Stoffresten eigene Modelle schneidert. Nach der Wende und Wiedervereinigung – die sich die Peleroicher wie so viele DDR-Bewohner eigentlich anders vorgestellt hatten )„Ich fühle mich überrumpelt und femdbestimmt. ... Was ist aus den Ideen geworden, die DDR demokratisch zu erneuern?“ (S. 340)) – geht Elise doch noch nach Paris und übernimmt eine Boutique, aber ihre Heimat kann sie nie vergessen, genau so wenig wie Jakob. Sie sucht jahrelang nach ihm, hofft, dass er noch lebt, obwohl die Vernunft dagegen spricht. Als sie 20 Jahre später einen Brief bekommt, in dem ihr ein „Freund“ schreibt, dass er Schuld am Tod ihres Vaters und Jakobs Verschwinden ist, kommt alles wieder hoch. Sie soll nach Peleroich kommen, dann erklärt er ihr alles. Wer steckt hinter den Briefen und was ist damals wirklich passiert?

Wie schon bei „Kranichland“, ist es Anja Baumheier auch in diesem Buch wieder gelungen, ein erschreckend authentisches und reales Bild der DDR zu zeichnen. Elises Geschichte und die ihrer Familie ist eng mit der des Dorfes verknüpft. Schon während der DDR spaltet sich Peleroich in 2 Lager, die Regimetreuen und die -gegner und nach der Wende zerfällt es immer mehr – am Ende bleibt ein Geisterdorf, dass eingeebnet werden soll.

Anja Baumheier schreibt über Hoffnungen und Sehnsüchte, über eine dörfliche Idylle, die keine ist, über Mangelwirtschaft und Nachbarschaftshilfe, offene Freund- und versteckte Feindschaft, über Fluchthelfer und die Stasi und dass man sich nie sicher sein kann, wer auf welcher Seite steht. Trotzdem malt sie nie schwarzweiß. Es war nicht alles schlecht, aber eben auch nicht alles gut. Ein sehr berührendes Buch, das meine Vergangenheit wieder lebendig gemacht hat. #gegendasvergessen