Packender Regionalkrimi mit Alpenflair, unfreiwilligem Ermittlerduo und einem sehr kniffligen Mordfall
„Ich fürchte, wir werden uns die Zähne an diesem Fall ausbeißen- und vielleicht trotz all unserer Bemühungen nicht herausfinden, wer oder was hinter dem Mord steckt. Weil es uns nicht gelingt, so verquer ...
„Ich fürchte, wir werden uns die Zähne an diesem Fall ausbeißen- und vielleicht trotz all unserer Bemühungen nicht herausfinden, wer oder was hinter dem Mord steckt. Weil es uns nicht gelingt, so verquer zu denken wie dieser Kerl. Ich bin ein alter Hund, mir macht es nichts aus was andere über mich denken, ob ich Erfolg habe oder nicht. Aber du stehst noch am Anfang deiner Laufbahn....“
Alexa Jahns erster Tag als Oberkommissarin im oberbayrischen Weilheim hat es in sich. Gerade aus Aschaffenburg hergezogen, bleibt der jungen Frau keine Zeit, sich an die oberbayrischen Gepflogenheiten zu gewöhnen, denn sofort steht die Aufklärung eines grausamen Mordfalls an. Der Oberkörper einer Frau wird am Brauneck in einer Felsspalte gefunden. Später tauchen am Achensee in Österreich weitere Teile der Leiche auf. Während der Bergung der Leiche erleidet Alexas neuer Chef auch noch einen Unfall. Alexa soll daraufhin die Leitung der Ermittlung übernehmen und muss sich mit dem österreichischen Chefinspektor Bernhard Krammer abstimmen, der für die Region Achensee zuständig ist. Krammer hat durch seine berufliche Erfahrung längst seinen Optimismus verloren und gibt sich desillusioniert. Ob die Zusammenarbeit der beiden ungleichen Ermittler funktioniert?
Autorin Anna Schneider schreibt gut verständlich, sehr angenehm und flüssig aus der Sicht der beiden Polizisten Alexa Jahn und Bernhard Krammer. Mitunter werden kurze Passagen eingeschoben, in denen der Mörder zu Wort kommt. Zunächst erzählt er noch sehr nebulös und rätselhaft, später immer klarer von seinen Beweggründen. Die abwechslungsreiche Darstellung des Geschehens aus den unterschiedlichen Perspektiven sorgt für besondere Spannung. Ich konnte mich durch die Erzählweise mühelos in die unterschiedlichen Aspekte des Falls „hineindenken“.
Alexa Jahns Situation wird sehr plausibel und glaubwürdig geschildert. Die junge Frau möchte ihre Chance für berufliches Weiterkommen nutzen, muss sich dazu an einen neuen Arbeitsplatz, ein neues Wirkungsfeld gewöhnen, sofort die Ermittlungsarbeit übernehmen und Mitarbeiter koordinieren. Mit Elan stürzt sie sich in die Aufklärung des Falles. Dabei macht sie sehr vieles aber realistischerweise nicht alles richtig. Wie jeder Mensch hat Alexa Stärken und Schwächen, sie ist tatkräftig, packt Dinge an, ist ehrgeizig, in der Regel sehr professionell, wirkt insgesamt menschlich „nahbar“. Das gefällt mir. Auch wenn ich nicht all ihr Aktionen guthieß, wurde ich recht schnell warm mit ihr.
Oberinspektor Krammer stellt einen ziemlichen Gegenpol zu Alexa dar. Ihm wurde in der Vergangenheit oft vorgeworfen, zu schwerfällig zu sein. Diese Anschuldigung möchte er nicht auf sich sitzenlassen. Er verlässt sich auf seine Erfahrung, sein Bauchgefühl, seine Intuition. Alexa Jahn hingegen geht es rationaler an. Während die junge Deutsche noch motiviert ist, Verbrechen zu verhindern, hält Krammer den Kampf bereits für verloren. Auch Krammer ist für mich nachvollziehbar charakterisiert, verhält sich authentisch und macht einen sympathischen Eindruck.
Zwischen den beiden Ermittlern entsteht durch die unterschiedlichen Persönlichkeiten eine interessante Dynamik. Sie müssen zwangsläufig miteinander arbeiten, aufeinander eingehen und beeinflussen sich gegenseitig.
Mit dem undurchsichtigen Florian Huber hat Alexa einen weiteren Kollegen an der Seite, der ihr das Arbeiten nicht unbedingt leichter macht.
Dieser Fall hat es in sich. Wie ein Suchspiel, eine Schnitzeljagd hat der Mörder sein Verbrechen inszeniert. Die Ermittler tappen recht lange im Dunkeln, ehe sich alles in einem fulminanten, atemberaubend spannenden Finale auflöst. Auch wenn es anfangs und im Mittelteil viel um die persönliche Situation der Ermittler und Alexas Stand im neuen Team geht und der Fall teils in den Hintergrund rückt, wurde es mir nie langweilig.
Für mich ein gelungener Auftakt einer neuen Reihe, ein lesenswerter Regionalkrimi mit allem, was dazugehört: einem interessantem Schauplatz, der Urlaubserinnerungen weckt, Ermittlern, bei denen man gerne hinter die dienstliche Fassade blickt, einem gefährlichen Täter ohne Angst, natürlich einem spannenden Fall und einigen verblüffenden Überraschungen. Ich habe mich beim Lesen wohlgefühlt und bin sehr gespannt, wie es für das deutsch-österreichische Gespann weitergeht.