Cover-Bild Ich bleibe hier
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 24.06.2020
  • ISBN: 9783257071214
Marco Balzano

Ich bleibe hier

Maja Pflug (Übersetzer)

Ein idyllisches Bergdorf in Südtirol – doch die Zeiten sind hart. Die Leute werden vor die Wahl gestellt: entweder nach Deutschland auszuwandern oder als Bürger zweiter Klasse in Italien zu bleiben. Trina entscheidet sich für ihr Dorf, ihr Zuhause. Als die Faschisten ihr verbieten, als Lehrerin tätig zu sein, unterrichtet sie heimlich. Und als ein Energiekonzern für einen Stausee Felder und Häuser überfluten will, leistet sie Widerstand – mit Leib und Seele.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.06.2020

Marco Balzano - Ich bleibe hier

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Wer kennt sie nicht, die berühmte versunkene Kirche im See in Südtirol. Doch was heute so idyllisch erscheint, hat einen ernsten Hintergrund, den Marco Balzano in seinem Roman „Ich bleibe hier“ nacherzählt. ...

Wer kennt sie nicht, die berühmte versunkene Kirche im See in Südtirol. Doch was heute so idyllisch erscheint, hat einen ernsten Hintergrund, den Marco Balzano in seinem Roman „Ich bleibe hier“ nacherzählt. In den 1930er Jahren gehört das deutschsprachige Südtirol bereits zu Italien, wo die Bewohner Bürger zweiter Klasse sind und nun soll auch noch ein Staudamm gebaut werden, der das Dörfchen Graun überfluten und auslöschen wird. Die Bauern sind verärgert, aber nicht nur das belastet sie. Der aufkommende Faschismus in Italien drängt ihre Sprache immer weiter zurück und Trina und ihre Freundinnen können nur im Untergrund heimlich auf Deutsch unterrichten. Im Norden erstarken derweil die Nationalsozialisten, können sie eine Hilfe gegen den Druck aus dem Süden sein? Welcher Seite wollen sie sich zuschlagen, wer wird den Ort retten, an dem ihre Familien schon seit Jahrhunderten von Land- und Viehwirtschaft leben? Oder sollen sie doch gleich ganz woanders hingehen? Der Krieg nimmt ihnen die Entscheidung ab, aber das letzte Wort um den Stausee ist noch nicht gesprochen.

Die Protagonistin und Erzählerin Trina ist zu Beginn der Erzählung ein lebensfrohes junges Mädchen, die sich gemeinsam mit ihren Freundinnen Barbara und Maja aufs Unterrichten freut. Doch schnell zerstört die politische Lage ihre Träume. Auch die kommenden Jahre werden für die Frau nicht einfach, insbesondere die Kriegsjahre fordern ihr alles ab. Dinge, die sie sich nie hätte vorstellen können, muss sie tun, um zu überleben. Am Ende ihres Lebens blickt sie zurück, traurig, aber nicht bitter, durchaus mögliche alternative Wege, die sie hätte gehen können, sehend, aber ob diese ihr Leben wirklich glücklicher hätten verlaufen lassen?

Der italienische Autor verknüpft so die fiktive Geschichte einer Frau mit der einer zwischen Landesgrenzen zerriebenen Region. Das bauliche Großereignis ist eine Belastungsprobe für das Dorf, aber ebenso die Frage, ob sie Mussolini oder Hitler folgen wollen oder ob es doch noch einen Ausweg irgendwo dazwischen geben könnte. Man weiß, wie die Geschichte ausgeht, das Resultat lässt sich im Italienurlaub bestaunen, der Preis jedoch, denn die Menschen vor Ort gezahlt haben, den sieht man heute nicht mehr, wenn man schöne Erinnerungsfotos knipst.

Der Roman wird von einer melancholischen Grundstimmung getragen. Balzano setzt die einfache und bescheidene Lebensweise der Bauern sprachlich ebenso reduziert ohne hochtrabende Metaphern um und spiegelt so die Lebenseinstellung überzeugend wider.

Veröffentlicht am 24.06.2020

Trina lässt sich nicht vertreiben

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In dem Roman ich bleibe hier wird die fiktive Lebensgeschichte von Trina erzählt. Reines Geschichte ist die Geschichte des Dorfes Braun in Südtirol. Sie beginnt zu der Zeit, als die Faschisten Südtirol ...

In dem Roman ich bleibe hier wird die fiktive Lebensgeschichte von Trina erzählt. Reines Geschichte ist die Geschichte des Dorfes Braun in Südtirol. Sie beginnt zu der Zeit, als die Faschisten Südtirol besetzen und alles verbieten was Deutsch ist. Für Reine ist das besonders schlimm, denn sie hat gerade ihre Ausbildung als Lehrerin beendet und jetzt darf sie kein Deutsch mehr unterrichten. Aber sie macht heimlich weiter und auch als alle Deutschen aus dem Ort ausgesiedelt werden sollen bleibt sie standhaft. Auch die Zeit der Nazies geht nicht Spurlos an ihr vorüber. Doch Trina bleibt sich immer treu. Sie verarbeitet schwere Schicksalsschläge und gibt doch nie auf.

Der Roman versetzt den Leser in das Bergdorf mit seiner abwechslungsreichen Geschichte. Man erfährt interessante Dinge über das harte Leben von damals und über Menschen die alles dafür tun, ihre Heimat nicht zu verlieren. Der Autor erzählt in einer wunderbaren Sprache und ohne erhobenen Zeigefinger, er erschafft glaubhafte Figuren die vor allem eines sind. Menschen.

Wer sich für Geschichte interessiert und da auch Mal etwas Abseits der bekannten Pfade wandelt ist hier genau richtig

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Veröffentlicht am 23.06.2020

Interessante Geschichte über Reschen

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Wie oft fährt man sorglos über den Reschenpass? Sieht die Kirchturmspitze aus dem Wasser ragen und macht sich keine weiteren Gedanken über das Schicksal der damaligen Anwohner.
Marco Balzano gibt diesen ...

Wie oft fährt man sorglos über den Reschenpass? Sieht die Kirchturmspitze aus dem Wasser ragen und macht sich keine weiteren Gedanken über das Schicksal der damaligen Anwohner.
Marco Balzano gibt diesen Anwohnern nun eine Stimme. Sein Roman beginnt im Italien des Jahres 1921. Trina und ihre Freunde leiden unter den Faschisten. Sie dürfen ihren Beruf nicht ausüben, weil sie weiterhin Deutsch sprechen. Trinas Leben nimmt eine jähe Wende als ihre Tochter verschwindet und kurz danach der Zweite Weltkrieg ausbricht. Trina und ihr Mann fliehen in die Berge und als sie zurückkommen ist er recht nichts mehr wie es war: der Bau des großen Staudamms hat begonnen und sie stehen vor der Wahl: wegziehen oder eine kleine Wohnung im neuen Dorf bekommen. Für Trina und Erich ist klar: Wir bleiben da.
Wir bleiben da – nicht nur nach dem Bau des Staudammes. Auch schon vorher. Das Leben meint es nicht gut mit Trina und ihrer Familie. Doch sie lieben ihr Land und setzen alle Hebel in Bewegung, nehmen alles auf sich, um bleiben zu können.
Das Buch ist in 3 Teile gegliedert: Bis zum Krieg, die Desertation Erichs und die damit verbundene Flucht und der Widerstand gegen den Staudamm, wobei letzterer mich gar nicht so gefesselt hat, wie die beiden Teile vorher. Zu klein waren die Chancen der Anwohner, gegen den Willen der Wirtschaft, diesen Damm zu bauen. Sicher, sie organisierten einiges, sogar eine Papstaudienz, aber irgendwie hat mich dieser Teil nicht mehr so mitgerissen, war nicht mehr so emotional wie die ersten beiden Teile.
Fazit: Ein Roman vor dem Hintergrund des Lebens in Südtirol Mitte des 20. Jahrhunderts. Sehr eindringlich und interessant recherchiert.

Veröffentlicht am 31.05.2020

Schlimme Zeiten

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Ich selbst habe diese Kirchturmspitze im See vor vielen Jahren im Winter gesehen. Der Anblick ist beeindruckend und auch hier auf dem Cover ein Hinkucker. Marco Balzano hat diesen besonderen Anblick erst ...

Ich selbst habe diese Kirchturmspitze im See vor vielen Jahren im Winter gesehen. Der Anblick ist beeindruckend und auch hier auf dem Cover ein Hinkucker. Marco Balzano hat diesen besonderen Anblick erst im Jahr 2014 zum ersten Mal gesehen. Ich finde es bemerkenswert, dass sich ein junger Autor daran macht, diesen historischen Hintergrund zu erforschen und ihn in Romanform aufzuarbeiten.

Anhand der jungen Lehrerin Trina wird die Geschichte des Dorfes Graun erzählt. Die Bewohner haben wegen ihrer deutschen Sprache und der Lage direkt an der österreichischen Grenze wenig Bezug zu Italien und sind der Willkür und Gängelung durch die Faschisten ausgesetzt. Unmittelbar anschließend ist es der Nationalsozialismus, der das Dorf und die Familien entzweit.
Aber der gravierendste und unfairste Eingriff geht vom Italienischen Staat und einer Großfirma aus, die den vorhandenen See in einen riesengroßen Stausee zur Stromgewinnung umwandeln will. Das Endergebnis sehen wir heute: Alt-Graun ist vollkommen verschwunden, die Kirchenspitze ragt wie ein Mahnmal aus der Wasseroberfläche. Alles an der Vorgehensweise der Firma war erbärmlich. Es gab keine Baugenehmigung, die Informationen an die Menschen gab es nur in einer ihnen fremden Sprache, die Bevölkerung wurde beschwichtigt und belogen, die späteren Entschädigungszahlungen waren nahezu wertlos.

Die Grundstimmung der Erzählung ist traurig und deprimierend. Aber angesichts des harten Schicksals sehr stimmig. Ich bin froh darüber, dass solche Vorgehensweisen heute nicht mehr möglich sind und wir beispielsweise durch Demokratie und Pressefreiheit vielerlei Mittel hätten, uns zu wehren.

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Veröffentlicht am 27.05.2020

Berührend und beeindruckendes Buch

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Die Protagonistin dieser Geschichte, Trina Hauser, lebt in einem Dorf in Südtirol namens Graun, und muss sich kurz nach Beginn des Zweiten Weltkrieges entscheiden, ob sie ihre Heimat mitsamt Familie verlassen ...

Die Protagonistin dieser Geschichte, Trina Hauser, lebt in einem Dorf in Südtirol namens Graun, und muss sich kurz nach Beginn des Zweiten Weltkrieges entscheiden, ob sie ihre Heimat mitsamt Familie verlassen wird oder unter den Faschisten in Italien weiterzuleben. Sie entscheidet sich für die Heimat um auch für den Fortbestand des Dorfes zu kämpfen, jedoch mit vielen Konsequenzen. Trina darf zum Beispiel nicht mehr als Lehrerin arbeiten, ihr Ehemann und ihr Sohn werden eingezogen, die deutsche Sprache wird unter Musolini verboten. Sie lehrt nichtsdestotrotz den Kindern heimlich weiter, in Kellern und Scheunen. Trina erleidet in ihrem weiteren Leben viele Schicksalsschläge, so viele, dass man denkt ein einziger Mensch kann dies nicht aushalten. Als dann noch ihre geliebte Tochter keine Zukunft in ihrer Heimat sieht und heimlich ihre Familie verlässt, können ihre Wunden nur schwer heilen.
Der Roman trifft direkt ins Herz, ist sehr emotional beschrieben und verbindet Fiktion mit Wirklichkeit. Mit seinen knapp 300 seiten ist das Buch schnell gelesen. Klein im Format, stark in der Handlung.