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Evy_Heart

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.11.2023

Eine Prise neu, viel alt

Yours casually
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Die Grundgeschichte, sich nur zum Körperlichen zu treffen und sich dann zu verlieben, ist nicht neu, aber ich wollte einen flotten Liebesroman haben. Leider fehlt es dem zentralen Konflikt an Würze und ...

Die Grundgeschichte, sich nur zum Körperlichen zu treffen und sich dann zu verlieben, ist nicht neu, aber ich wollte einen flotten Liebesroman haben. Leider fehlt es dem zentralen Konflikt an Würze und dem zweiten an Logik. Immerhin versucht die Autorin, feministische Ansätze einzubinden.

Rezi enthält Spoiler!

Worum geht es?

Studentin Sienna hat die Trennung ihrer Eltern nicht verarbeitet und sieht sich mit zwei verschiedenen Beziehungsformen konfroniert: Ihr Vater hat eine neuen Partnerin, mit der Sienna gut klar kommt, ihre Mutter dagegen wechselt nach ein paar Monaten zur nächsten "großen Liebe", einschließlich Trennungsdrama. Koch Rafael hat vor zwei Jahren seine Freundin bei einem Autounfall verloren und hat das noch nicht verarbeitet. Ähnlich wie Sienne denkt er, das Sex die Lösung ist.

Die Figuren

Beide Figuren spielen gern Mario Kart, gucken gern alte Filme (was EINMAL erwähnt wird) und lieben Essen. Mehr Gemeinsamkeiten gibt es nicht. Die Chemie zwischen den beiden ist kaum vorhanden, es gibt weder spritzige Dialoge noch ein Gemeinschaftsgefühl.

Auch die Figuren sind blass: Sienna studiert Online-Marketing und arbeitet bei einer Frauenzeitig. Dort schreibt sie manchmal eher kolumnen-hafte Artikel. Man sieht sie weder im Bereich Werbung noch als Journalistin wirklich arbeiten. Immerhin hat Sienna durch ihren Vater eine Liebe zu Weingütern entwickelt, was sie einzigartig macht. Sienna ist umgeben von Frauen, die kein Problem mit Körperlichkeiten hat und die sie gut auffangen. Die kleine Chefin geht offen mit Dates um und versucht Sienna zu ermutigen, aktiv zu sein. Ich fand's etwas aufdringlich, aber die beiden kommen gut klar. Ihre Halbschwester Molly lebt mit Partnerin Paisley und Sienna in einer WG und auch die beiden sind locker. Ihr Vater tritt wenig auf, wirkt aber auch sympatisch. Die neue Frau des Vaters ist eher mütterlich und ein guter Kontrast zu Siennas eigener Mutter. Diese übertritt ständig Grenzen ihrer Tochter und erscheint mir als Antagonistin.

Was Sienna auszeichnet, ist ein Kollektiv, mit dem man sich auch als Leser:in wohlfühlt. Die Figuren machen den Text lebhaft und lenken gut vom Hauptkonflikt ab.

Außerdem hat sie kein Problem mit ihrem Körper - schön, dass diese Variation mal gezeigt wird und wir keine Figur haben, die sich zu dick findet.

Rafael hat einen Cousin, der anfangs sehr präsent ist, später nicht mehr. Auch diese beiden funktionieren gut. Rafael experiment gern und versucht, den alten Gerichten frischen Wind einzuhauchen. Er wirkt auf mich eher bescheiden.

Der Ausgangspunkt

Die beiden wirkten nicht, als bräuchten sie Körperliches, aber sie tun es trotzdem. Dabei stellen sie Regeln auf, die vor allem darin gründen, außerhalb des Körperlichen keinen Kontakt zu haben. Was durch zahlreiche Zufälle torpediert wird.

Ich dachte eher, dass sie über Soft und Hard Limits reden oder über Vorlieben. Körperstellen, die gut und schlecht sind, Berührungen, die mehr oder weniger gut funktionieren. Sienna sagt, sie sei unerfahren, aber trotzdem wirkt alles ziemlich glatt. Außerdem würden Menschen, die beziehungs-ängstlich sind, stärker darauf achten, dass ihre Grenzen gewahrt bleiben und diese auch deutlich machen, auch wenn sie damit andere vor dem Kopf stoßen. Die einzige Grenze, die die beiden bis zum Schluss einhalten, ist, dass sie keine Handy-Nummern tauschen, sondern nur über Tinder kommunizieren.

Ich habe nicht verstanden, was die beiden sein wollen - keine Beziehung, kein One-Night-Stand, aber auch kein Friends-with-Benefits. Denn man baut zu seinem Partner meistens irgendeine Form der Beziehung auf. Schlimmer ist aber, dass daraus keinerlei Humor entsteht oder Würze enthalten ist. Wenn das Konzept nur mäßig glaubwürdig ist, sollte es wenigstens unterhaltsam sein.

Allerdings sind die Zufälle, die die beiden zusammenführen, nett.

Die Erotik

Im Buch gibt es wenige ausführliche Sexszenen. Im Bett, auf der Toilette eines Kinos und unter der Dusche, wobei diese nur angedeutet wird. Nicht besonders kreativ, aber nett. Hervorzuheben ist, dass die Befriedigung der Frau im Vordergrund steht ohne, dass der Mann dafür eine Gegenleistung möchte. Der Genuss der Frau mit dem Mann kam mir aber zu kurz - wieder nimmt sie eine eher passive Rolle ein, nur das Machtgefälle ist dabei weniger stark.

Der zweiten Konflikt

Das Problem im zweiten Teil des Buches ist, dass Sienna über eine Bloggerin schreibt, die zufällig die tote Freundin Rafaels ist. Was diesem nicht gefällt. Der Konflikt wird damit begründet, dass Rafael den Tod seiner Freundin nicht verarbeitet hat. Der Mann reagiert über und entschuldigt sich, obwohl auch Sienna mehrere Fehler gemacht hat.

Die Aufgabe lautet "[...]über ein Paar schrieben, das sich unter besonderen Umständen kennengelernt hatte, eine außergewöhnliche Beziehung führte oder eine, die sich von anderen durch ein bestimmtes Ereignis unterschied." (S. 121) Das ist schwammig genug und gibt ihr die Möglichkeit, nicht mit Lebenden kommunizieren zu müssen. Es ist eine Leistung, sich durch jahrelange Blogbeiträge zu wühlen und daraus einen Artikel zu tippen. Warum sie nicht mal den Versuch unternimmt, mit ihrem Umfeld in Kontakt zu treten, um das Thema differenzierter betrachten zu können, leuchtet mir nicht ein. Denn am Ende schickt sie ihren Eltern den Artikel, weil sie ein schlechtes Gewissen hat. Weder ihren Professor noch ihr Umfeld interessiert das. Natürlich stellt sich die Frage, ob Angehörige einbezogen werden müssen oder das die journalistische Unabhängigkeit untergräbt, aber man hätte darüber reden können.

Abgesehen davon, dass die Freundin über die Höhen und Tiefen der Beziehung geschrieben hat, was auch für das Buch interessant gewesen wäre. Welche Gemeinsamkeiten Sienna zwischen ihr und sich sieht, wie das Verhältnis zwischen Objekt und Betrachter ist. Was der Ex-Freund darüber denkt, dass die Freundin über die Beziehung geschrieben hat.

Der zweite Fehler besteht aus meiner Sicht darin, dass Sienna scheinbar nicht versteht, warum Rafael sauer ist. Sie erkennt seine Gefühle schwer an. Sie rechtfertigt sich, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass sie kapiert, was es mit einem macht, wenn ein geliebter Mensch öffentlicht so dargestellt wird, selbst wenn es positiv ist. Denn mit dem Artikel schreibt sie nicht nur über eine Person, sondern auch über eine Beziehung, an der zwei Menschen beteiligt waren.

Die restlichen Probleme

Im Laufe des Buchs konfrontiert Sienna außerdem ihre Mutter mit deren emotionaler Grenzüberschreitung und bekommt dabei nicht einmal vom Vater Rückendeckung. Das Schlimme an dieser Szene war, dass von Anfang an klar ist, dass es nicht gut ausgeht. Die Spannung war wenig vorhanden.

Gut herausgearbeitet ist aber, dass sie die Trennung der Eltern noch schmerzt. Aber sie arbeitet es nicht mir ihren Eltern auf.

Sprachstil

Der Text liest sich flüssig, allerdings nervten manche Wortwiederholungen.

Fazit

Der Text versucht mit feministischen Elementen dem Genre etwas Leben einzuhauchen, bewegt sich aber zu sehr auf ausgetretenen Pfaden. Die Geschichte ist vorhersehbar, die Chemie zwischen den Figuren und deren Besonderheiten nicht vorhanden. Ich fand's ok, war aber froh, als es vorbei war.

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Veröffentlicht am 01.10.2023

Ödnis is real

Der gute König
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Ich hatte das Buch angefordert, weil es um Kunst geht und ich die Auseinandersetzung zwischen Kunst und Handwerk interesant fand. Letztlich ist es eine Satire, vor allem auf den Bereich Handwerk, die an ...

Ich hatte das Buch angefordert, weil es um Kunst geht und ich die Auseinandersetzung zwischen Kunst und Handwerk interesant fand. Letztlich ist es eine Satire, vor allem auf den Bereich Handwerk, die an vielen Stellen nicht mein Humor war.

Rezi enthält Spoiler

Worum geht es?

Badinstallateur Fransi lebt ein einfaches Leben in einer Kleinstadt. Sein Chef ist Alkoholiker, der Betrieb kurz vor der Schließung. Er hangelt sich von Saufgelagen zu Jobs bei reichen Menschen, zweifelt an sich, schafft es aber nicht, der Ödnis seines Daseins zu entfliehen. Ein Job für die Installation eines riesigen Kunstwerks Jeff Koons in Paris verspricht Abwechslung, ändert aber nichts.

Wie war hat mir das Buch gefallen?

Die Dramenkurve ist sehr flach. Über weite Strecken schildert das Buch das Arbeitsleben in der Kleinstadt. Es gibt einen Haupt- und ein paar Nebenhandlungsstränge sowie eine Lovestory, die aber nicht genügend Spannung erzeugen. Emotionen spürte ich kaum.

Das Buch lebt von Figuren, die irgendwie durchs Leben kommen und inmitten ihrer Unzufriedenheit resigniert haben. Wer Freude daran hat, dass ständig gesoffen und "gerotzt" wird, wird dieses Buch mögen.

Das Motiv, dass Kunst heutzutage überbewertet wird und sich der Sinn nicht immer erschließt, läuft sich schnell tot.

Interessant fand ich die Begriffe aus dem Handwerk. Mir war nicht immer klar, was gemeint war, aber ich hatte das Gefühl, dass der Autor wusste, worüber er schreibt.

Die Sprache im Buch ist überwiegend umgangssprachlich, ich fand's aber nicht störend.

Fazit

Das peppige Cover verspricht viel, letztlich fühlt man sich inmitten seitenlanger Schilderungen der Ödnis eher gelangweilt. Es gibt einige interessante Gedanken, aber mitgerissen hat es mich nicht. Wahrscheinlich, weil das Buch keinen Helden hat.

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Veröffentlicht am 03.09.2023

Nicht mein Stil

Couple of Men
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Mit diesem Buch habe ich über ein Jahr (!) gekämpft. Ich fand das Cover fröhlich und vor allem die Idee gut, sich dem Thema "queer" in Form eines Reiseblogs zu nähern. Aber der Schreibstil ist nicht meins ...

Mit diesem Buch habe ich über ein Jahr (!) gekämpft. Ich fand das Cover fröhlich und vor allem die Idee gut, sich dem Thema "queer" in Form eines Reiseblogs zu nähern. Aber der Schreibstil ist nicht meins und auch die Fotos hatten für mich nur wenig Charme. Irgendwie fand ich es aber schade, ein Buch von zwei sympatischen, kreativen Menschen abzubrechen. Daher habe ich mich mit ein paar Monaten Abstand nochmal rangewagt. Aber auch diesmal hatte ich das Gefühl, dass ein Blog nicht als Buch funktioniert.

Worum geht es?

Das Buch beleuchtet die Anfänge der beiden Blogger, als Paar und als Autoren, gibt Einblicke in die queere Community und erzählt von den Reisen der beiden rund um den Globus. Bereiste Länder sind u.a. Kanada, Island, Japan, die USA und der Kontinent Südamerika.


Wie hat mir das Buch gefallen?

Die Optik das Buches fand ich schön. Jeder Autor hat ein Sympbol, das in den Kapiteln anzeigt, wer gerade erzählt. Da sich die Schreibstile beider ähneln, ist das praktisch. Ich fand das hübsch gestaltet. Es gibt große und kleine Text-Kästchen mit zusätzlichen Tipps und Verlinkungen, die jedoch manchmal mitten in den Text gefügt sind. Nicht schlimm, hätte man aber besser lösen können. Die Schriftarten haben mir gut gefallen, sie passen zu den eckigen Übersichtskarten.

Außerdem sind die Texte relativ kurz, in konsumierbare Kapitel unterteilt und nicht mit Tipps überfrachtet. Die Werbung für Hotels oder Ausflugsziele beschränkt sich auf wenige.

Die Fotos, meistens Pärchenfotos mit Landschaft, sind schön, aber nicht so überragend. Die Autoren beschreiben sehr detailliert, WIE die Bilder jeweils entstehen, vor allem, was das Timing betrifft, den richtigen Winkel usw. Sie scheinen sehr perfektionsistisch zu sein und das fand ich sympatisch. Auf den Bildern sehe ich das nicht. Aus meiner Sicht hat das mehrere Gründe: Auf dem Handy und selbst als Taschenbuch sind die Bilder zu klein, um die Kraft von Menschen UND Natur darzustellen. Außerdem gibt es pro Reiseziel oft nur ein oder zwei Bilder. Vielleicht wollten die Autoren den Leser oder die Leserin nicht langweilen. Ich konnte mich nicht in die Reiseziele fallen lassen und das hat viel Charme genommen.

Anfangs geht es oft um das Thema "queer" und auch queere Veranstaltungen werden besucht. Später wird das weniger, aber die Orte werden immer auf ihre Queer-Freundlichkeit getestet. Ich fand's toll, noch einmal einen Überblick über die Anfänge queerer Kulur zu kommen und die Lebensgeschichten beider zu lesen.

In einigen Passagen werden auch kurze Dialoge mit Einheimischen geführt. An diesen Stellen wirkt das Buch journalistisch und mir gefiel, dass es weg vom persönlichen Klang des Textes geht. Auch Gespräche zwischen den beiden sind enthalten. Das soll den Text auflockern. Aber leider wirkt beides gekünstelt. Dass Dialoge in journalistischen Texten aufbereitet werden, ist normal. Denn keiner will lesen, wie jemand stammelt oder den Faden verliert. Aber hier wirkten die Passagen nicht authentisch. Die Figuren haben keinen eigenen Stil. Die Gespräche haben wahrscheinlich stattgefunden, aber so nacherzählt liest sich das gekünstelt.

Ohnehin war der Schreibstil nicht meins. Jeder Leser:in hat andere Präferenzen, aber für mich wirkte es holprig. Als hätte man das Erlebte in eine literarische, erzählenden Form gepresst, die aber nicht passt. Ich fühlte mich nicht nah bei den Figuren, sondern als würde mir jemand ständig beschreiben WIE toll etwas ist.

Auch die Schattenseiten, die der Klappentext ankündigt, werden wenig beleuchtet. Dass es frustierend ist, wenn man einen Sonnenuntergang verpasst und das Bild nicht schön wird, verstehe ich. Aber ich hätte mir mehr Konflikte und mehr Einblicke in die Arbeit hauptberuflicher Reiseblogger gewünscht. Das Abwägen zwischen Finanzen und Freizeit, der Kampf um Deadlines und moralische Werte.

Eine der bewegendsten Momente im Buch war für mich, als sich die beiden als Drag-Queens auf einer queeren Kreuzfahrt stylen. Beide waren mit dem Thema in Berührung gekommen, hadern aber damit, das in der Praxis umzusetzen. Diesen Kampf, als Paar und als Menschen, fand ich liebenswert und ich hatte das Gefühl den beiden nahe zu sein.

Fazit

Sowohl das Buch als auch der Blog leben von der Beziehung, die man zu den Autoren hat. Es ist ein queeres Pärchen, das den Traum vom toleranten Leben in schöner Umgebung darstellt, im ein Lächeln auf den Lippen und nur wenig Wolken am Horizont. Ich finde das wichtig. Aber als Buch funktionieren die Texte für mich nicht. Es sind Reiseberichte, die sich leicht lesen lassen, aber sprachlich nicht geschliffen sind. Auch die Anzahl praktischer Infos ist eher klein. Besser ist, die Originaltexte auf dem Blog zu suchen. Auch wenn man dort mit HTML-Codes, englischen Texten und auffälliger Werbung zu kämpfen hat, sind mehr Verlinkungen und Fotos enthalten und andere Medien wie Instagram eingebunden. Dort sind sie besser konsumierbar.

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Veröffentlicht am 30.08.2023

Same old song

Wie Sterne am Horizont
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Für mich ist dieses gefühlt die dritte Liebesgeschichte mit queeren Frauen und gereizt hat mich daran, dass es um Stars und die Schattenseiten des Ruhms geht. Außerdem hat mich der Altersunterschied interessiert. ...

Für mich ist dieses gefühlt die dritte Liebesgeschichte mit queeren Frauen und gereizt hat mich daran, dass es um Stars und die Schattenseiten des Ruhms geht. Außerdem hat mich der Altersunterschied interessiert. Leider war das Buch zu oberflächlich, austauschbar und unkreativ.

Rezi enthält Spoiler

Worum geht es?

Eden Sand steckt in einer Krise: Nach der Scheidung von Ehemann Zach ist sie deprimiert und nach 20 Jahren stagniert die Karriere. Ihr selbst fehlt der "Drive" und junge Künstlerinnen machen ihr den Platz streitig. Als ihre Managerin ein Duett mit der wesentlich jüngeren Anna Moss vorschlägt, willigt Eden nur widerwillig ein. Doch es kommt anders.

Cover und Titel

Für mich sind das deutsche Cover und der deutsche Titel von "Stars collide" total austauschbar. Es hat weder etwas mit Musik zu tun noch bleibt es im Gedächtnis. Das Titelbild sagt nicht mal aus, dass es eine Liebesgeschichte ist. Es könnte auch die Story von zwei besten Freundinnen sein. Auch die Stichwörter "Sterne" und "Horizont" tauchen in SO vielen Büchern auf, dass es wehtut.

Im Gegensatz dazu das amerikanische Original: Das Cover greift die Kleidung beider Figuren auf und vermittelt ein klares Bild - Anna in bunten Klamotten, Eden elegant in Blau. Für mich macht das den Text etwas besser. Auch der Titel ist knackig und bildet ein Wortspiel mit dem finalen Satz des Werkes. Dieser Aspekt geht in der deutschen Übersetzung verloren.

Meine Meinung

Das Thema Ruhm hat mich bewegt und sehr traurig gemacht. Eden steht seit 20 Jahren auf der Bühne, ist aber kaum von "normalen" Menschen umgeben. Außerdem hat sie ständig Angst, von Fans bedrängt zu werden. Als Fan vergisst man leicht, dass Stars kein Computerprogramm sind oder nur dazu dienen, für die Community dazusein. Sie sind Menschen, sie haben mal keine Lust, sie wollen gemütlich einkaufen gehen oder ihren Beruf wechseln. Als Fan bezahlt man den Star mit Geld und Anerkennng, aber damit erkauft man sich nicht das Recht auf die Persönlichkeit und permanente Verfügbarkeit. Außerdem hat mich Eden an Kinderstars erinnert, die sich nicht aus dieser Blase befreien konnten. Eden hatte keine Zeit, sich zu entwickeln und soziale Beziehungen zu trainieren. Daher wirkt sie nicht wie Mitte 30, sondern wie 17. Letztlich spielt der Alterunterschied keine Rolle - das dem Buch einen Konfliktpunkt nimmt.

An einigen Stellen wirkt das Buch ziemlich real z.B. was den Touralltag und den Probenprozess betrifft. Andererseits bestätigt es das Bild vom Künstler, der seine Songs selber schreibt - am Schreiben und der Produktion sind aber sehr viele Leute beteiligt.

Außerdem fand ich es nicht realistisch, dass Eden niemals das Bedürfnis nach Abwechslung hat, keine Zukunftspläne, keine Weiterentwicklung. Sie liest gern Bücher und schaut sich Sonnenuntergänge in ihrer Blockhütte an. Und guckt gern Serien. Aber das war es. Sie hat keine weitere Projekte. Eden wirkt sensible und zurückgezogen, aber insgesamt ziemlich glatt. Trotzdem mochte ich sie als Typ.

Anna als quirliger Gegenpol fand ich anfangs cool. Sie hat eine beste Freundin, mit der sie gut klarkommt und sie ernährt sich vegan. Das wird im Buch manchmal angesprochen, aber nicht über-betont. Sie trägt bunte Klamotten, ist pan-sexuell (was für die Handlung nicht relevant ist) und wirkte offener. Allerdings lebt sie das nicht, sie erklärt nur viel - sie erklärt vor allem Eden, wie sie mit ihrem sexuellen Erwachen umgeht und zeigt Verständnis. Ich fand das sehr nett und sie wirkte an diesen Stellen erwachsen. Trotzdem: Ich spürte so wenig von ihr.

Für mich kippte das Buch, als ich spürte, dass Anna sehr viel Raum als Edens Rettungsanker einnimmt. Anna kam mir oft als perfekte Heldin vor, die alles kann.

Die Autorin gibt ihr einen Konflikt mit der toxischen Ex-Freundin mit, der sich langsam steigert, aber für mich war ihr Leiden nicht glaubwürdig erklärt. Angeblich hat Anna Angst vor Beziehungen mit mächtigen Frauen - ich habe sie aber nie im inneren Konflikt um Eden gesehen. Außderem wirkt das Problem mit der Ex am Ende irgendwie gekünstelt. Abgesehen davon wurde es so dargestellt, als ob die Folgen einer toxischen Beziehung mit Liebe zu bewältigen sind und dass es vollkommen in Ordnung ist, in Panik wichtige Verträge zu brechen. Letztlich ist das ein Thema, das man mit sich selbst und seinem neuen Partner aufarbeiten muss. Dafür ist im Roman aber kaum Platz.

Ich fand beide Figuren miteinander völlig überzeichnet und konnte keine Chemie spüren.

Annas Freundin Zoe spielt im Buch nur am Anfang und am Ende (eher unrühmlich ...) eine Rolle.

Außerdem hab ich das Buch als sehr erklärend empfunden - das kann aber für Leute, die ihre sexuelle Orientierung entdecken, toll sein. Es wird erwähnt, was Pansexualität bedeutet und an einer Stelle wird nach Pronomen gefragt. Das wirkt aber eher gewollt und nicht so gemütlich eingebunden. Man hätte das realistischer machen können. Auch Edens Weg zum Coming Out wird ausführlich beschrieben, wenngleich der Prozess selbst sehr, sehr flott vonstatten geht. Eden entwickelt daraus viel Energie, sodass sie am Ende wieder mehr Raum einnimmt und man spürt, dass sie vorangekommen ist.


Dramaturgisch ist der Roman gut: Es gibt einen kleinen Konflikt als auslösendes Moment, eine Steigerung der Liebe, eine Gegenüberstellung der Eltern beider Frauen, Sonnenuntergänge und Songwriting als positive Aspekte, Fans als negative Momente. Schließlich der Konflikt mit der Ex, der zum dramatischen Höhepunkt führt. Nicht neu, aber gekonnt umgesetzt.

Die Erotik-Szenen sind wenig, aber sehr ausführlich. Die erste wird ca. von 66 bis 76 % geschildert, die zweite, kürzere folgt später. Die zweite ist technisch etwas kreativ, aber es fällt auf, dass die Figuren überwiegend Vulva/Vagina nutzen, obwohl es noch andere Körperteile gibt. An einer Stelle wird das auch angedeutet, aber leider nicht ausgeführt.

Außerdem wird häufig geweint - meistens aus Freude oder Scham, manchmal aus Wut. Weinen ist ok, wirkte hier aber eher wie Füllmaterial.

Ich habe auch kaum Humor gespürt - die Dialoge sind nicht spritzig, sondern eher normal. Anna spricht realtiv locker, sie hat ihren eigenen Sprech-Stil, aber ich hab's nich genossen.

Was mich genervt hat, waren die vielen Wortwiederholungen. Ich weiß nicht, ob es an der Übersetzung liegt, aber der Roman wiederholt einzelne Worte teilweise binnen weniger Absätze z.B. "Wenn du aussteigst, begehst du Vertragsbruch." (S. 265). "Wenn sie Eden wegen Vertragsbruchs verklagte," (S. 266), "Was, wenn du den Vertragsbruch zurücknehmen willst" (S. 270). Manche Wiederholungen sind nicht vermeidbar, aber sie sollten kreativer einbunden werden.

Fazit

Das Buch besticht mit dem Thema und das hat mich festgehalten. Trotzdem war's nach einem Viertel so klischeehaft, dass ich es beenden wollte. Für Fans des Genres geeignet und Menschen, die etwas einfaches, berechenbares lesen wollen. Für mich aber eher Flop.

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Veröffentlicht am 02.07.2023

Meta, meta, meta

Sie sind doch DER LEHRER, oder?
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Ich lese Autobiografien gerne, um in das Leben anderer Menschen einzutauchen. Dabei gehe ich ihren Weg nach und lerne etwas über mich. Dieses Buch lässt den entscheidenden Teil meistens weg - die Lebensgeschichte. ...

Ich lese Autobiografien gerne, um in das Leben anderer Menschen einzutauchen. Dabei gehe ich ihren Weg nach und lerne etwas über mich. Dieses Buch lässt den entscheidenden Teil meistens weg - die Lebensgeschichte. Es ist ein Essay. Ein extrem langer Essay mit ein paar Anekdoten. Wer sich gern mit tiefen Gedanken beschäftigt, wird hier Spaß haben. Ich wollte mehr über den Schauspieler, seine Wurzeln und seine Arbeit erfahren. Das habe ich nicht gefunden. So sympatisch Duryn in Interviews rüberkommt - im Buch habe ich eine tiefe Abneigung entwickelt.

Worum geht es?

Duryn beginnt mit dem letzten Abend, bevor er als junger Mann zur Armee muss, gleitet dann langsam über in seinen steinigen Weg als Schauspieler. Dann widmet er sich ausführlich seinem ersten Job als Texter für die Schauspielschul-Adaption von "Dame Kobold", kommt dann zum "Lehrer".

Themen sind die Verbesserung der Welt, aber auch die intensive Arbeits-Beziehung zu seiner Partnerin und seiner Arbeit. Dass er für seinen Drang nach Perfektion und Sinn manchmal an die Grenzen des Körperlichen und Emotionalen kommt.

Als Zwischenspiele zwischen den Abschnitten fungen fiktive Interviews, die aber nur wenig aussagen.

Meine Meinung zum Buch

Die Figur ist mit Dichtern und Denkern aufgewachsen, wirkt gebildet und durchdacht. Und der Autor wiederum kann schreiben. Wenn Duryn tatsächlich Geschichten erzählt, dann klingen sie kraftvoll und dynamisch. Besonders die Szene am Anfang ist mir im Gedächnis geblieben: Duryn beschreibt den letzten Abend mit seiner Freundin und man kann sich diese feuchte Nacht im Mai wundervoll vorstellen.

Allerdings verliert sich das Buch oft, "fängt ständig bei den Römern an", wie der Erzähler an einer Stelle bemerkt. Ich habe oft den Faden verloren und wusste stellenweise nicht, wie eine Geschichte überhaupt angefangen hat.

Der Erzähler greift das sogar öfters auf, besonders in den Interviews. Aber das rettet das Buch nicht. Vielleicht war das Humor, den ich nicht verstanden habe.

Über seine Arbeit an "Der Lehrer" und vor allem seine Arbeit als Script Consultant erfährt man fast nichts. Nur, dass ihm das Projekt viel bedeutet und wie sehr er dafür gekämpft hat, dass es auch gute Drehbücher bekommt. Aber was er als Script Consultant gemacht hat, wie sein Drehalltag aussah, wie er die intensive Arbeit mit seiner Familie vereinbart hat, das bleibt alles im Dunkeln.

Die Arbeit an "Dame Kobold" nimmt viel Raum ein, aber ich habe das gemocht. Besonders interessant waren die gegensätzlichen Meinungen des Erzählers und seiner Partnerin. Während ER den Text und die Struktur möglichst perfekt haben will, möchte SIE, dass der Text Raum lässt, damit sich die Studierenden ausprobieren und das Stück mit ihrer Interpretation der Figur füllen können. Man merkt, dass das dem Erzähler Kopfzerbrechen bereitet und er daran wächst. Aber auch hier: Der Erzähler verliert sich in Kleinigkeiten und setzt Wissen über Theater und den Schaffensprozess voraus, das ich nicht habe.

Lebensnah wirkt der Erzähler nur dann, wenn er beruflich feststeckt und mit einem Freund über seine Rolle als Vater oder mit der Therapeutin über seine Beziehung zur Schwester redet. An diesen Stellen spürt man, dass auch ein scheinbar perfekter Mensch Probleme hat. Dass er sich in Details festbeißt und dabei das Wesentliche übersieht. Oder denkt, dass Emotionen verschwinden, wenn man sie mit Argumenten auseinander nimmt.

Wahrscheinlich ist es für die Figur eine große Bürde zu wissen, wieviel sie kann und dass sie all das nicht umsetzen kann, weil man ja nicht allein lebt, sondern mit anderen.

Fazit

Letztlich hat sich der Autor "Hendrik Duryn" über den Erzähler und die Figur gut um die Frage seines Lebens herumgemogelt. Obwohl es viel um ihn und seine Einstellung zum Leben geht. Vielleicht wollte es das nicht erzählen, vielleicht fand er es nicht interessant. Vielleicht findet er Autobiografien überbewertet und wollte ein satirisches Werk erschaffen. Vielleicht ist das aber nur die Art, mit der er sich wohlfühlt.

Obwohl der Autor die Mittel für eine gute, spannende Geschichte kennt, war dieses Buch langweilig, zäh und anstrengend. Oder das alles war beabsichtigt und ein dramaturgisches Mittel, das ich nicht verstanden habe.

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