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Veröffentlicht am 19.08.2017

Wenn die Hoffnung endet, beginnt der Mut

Alles dreht sich - E-Book inklusive
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Linda hat Kopfschmerzen und ihre Mutter schleppt sie zum Arzt. Was sie dort erfahren, verändert einfach alles. Linda hat einen Gehirntumor. Im Park lernt sie Max, der kaum noch Haare hat und ebenfalls ...

Linda hat Kopfschmerzen und ihre Mutter schleppt sie zum Arzt. Was sie dort erfahren, verändert einfach alles. Linda hat einen Gehirntumor. Im Park lernt sie Max, der kaum noch Haare hat und ebenfalls sterbenskrank ist, kennen und der bringt sie dazu, eine Liste zu schreiben: was sie noch alles tun will, bevor sie stirbt. Linda jedoch steht der Sache völlig anders gegenüber und lernt erst nach und nach, dass sich die Welt anders dreht, als sie dachte …

Nein, ein Gehirntumor ist kein Grund zum Lachen. Krankheiten allgemein sind das nicht. Besonders nicht Max‘ Krankheit. Doch zeigt das Hörbuch wunderschön, dass mit Humor und aktiv alles besser geht, alles leichter zu ertragen ist, als mit Aufgabe und Kopf-in-den-Sand-stecken. Nichts ist leicht, nichts wird beschönigt, aber es wird gezeigt, was jeder Einzelne – ob krank oder gesund – bewirken kann. Dass nichts immer genau so ist, wie es ein Einzelner sieht, sondern von anderen eben völlig anders wahrgenommen werden kann und dass eine Lawine durch nur einen kleinen Auslöser eine enorme Größe annehmen kann.

Mir gefällt, dass Linda nicht auf übliche Weise reagiert, lauter schöne Dinge unternimmt und dem Tode entgegentaumelt, sondern in ihrer letzten Zeit, die ihr wohl bleiben wird, die Welt verbessern möchte. Gar nicht teenagertypisch, aber sehr erwachsen – auch wenn ihr Weg kein bisschen erwachsen ist! Sie lebt in vollen Zügen, dennoch nicht in den Tag hinein. Sie und Max stützen sich gegenseitig, ziehen sich hoch, statt runter. Mittendrin die gesunde Pia wird ins Boot geholt und kann von den beiden lernen. Ihre Aktionen sind toll. Sie sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern erwachsen quasi aus der Story heraus. Aus der Liste wird das Umsetzen der Punkte und dies führt von einem zum anderen, begonnen mit Max‘ Geständnis einer Lüge.

Das Hörbuch hat mich an vielen Stellen erstaunt, aber auch sehr berührt. Anfangs hatte ich leichte Schwierigkeiten, weil alle drei – Linda, Max und Pia – abwechselnd erzählen, dies aber Ulrike C. Tscharre ließ das nicht so deutlich erkennen beim Lesen. Dennoch mochte ich ihre Stimme, ihre Betonungen und die Art, wie sie gelesen hat.

Das Ende ist ein wenig sprunghaft und sehr offen. So ganz ist das nicht mein Geschmack und es wirkt, als hätte es Rosemarie Eichinger urplötzlich sehr eilig gehabt.

Insgesamt hat mir das Hörbuch sehr gut gefallen. Ich kann es empfehlen und bewerte es mit vier Sternen.

Veröffentlicht am 01.08.2017

Ein Karton voller Erinnerungen

43 Gründe, warum es AUS ist
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Auf einer „Bitter 16“-Party begegnen sich Ed, der Basketball-Star, und Min, die sensible Filmnärrin. Es funkt gewaltig zwischen ihnen und es folgt eine kurze, aber leidenschaftliche Beziehung. Min gibt ...

Auf einer „Bitter 16“-Party begegnen sich Ed, der Basketball-Star, und Min, die sensible Filmnärrin. Es funkt gewaltig zwischen ihnen und es folgt eine kurze, aber leidenschaftliche Beziehung. Min gibt am Ende dieser Romanze Ed all die Dinge in einem Karton zurück, die sie mit der Beziehung verbindet. Dazu schreibt sie ihm einen Brief, in dem sie quasi mit ihm abrechnet.

Ganz so witzig, wie ich zunächst annahm, ist das Hörbuch nicht. Doch das ist gar nicht schlimm, denn Min schreibt hier zwar angeblich für Ed diesen Brief, doch im Grunde verarbeitet sie damit einfach selbst die ganze Sache. Der Leser/Hörer erfährt die Hintergründe und bekommt tiefe Einblicke in Mins Gefühlsleben. Ed ist völlig anders gestrickt. Das wusste Min eigentlich schon eingangs, doch wo das Herz regiert, geschehen Fehler – und genau die muss man machen, wenn man erwachsen wird.

Dieses (Hör-)Buch erzählt so viel mehr, als man auf den ersten Blick denkt. Es stellt Ed nicht als egoistischen Typen dar, auch wenn er so viele Fehler gemacht hat. Schließlich ist auch Ed in der Pubertät, entdeckt sich und das Leben erst und versucht, allen gerecht zu werden. Hier wird niemandem die (alleinige) Schuld zugewiesen. Genau das gefällt mir sehr an der Story.

Auch jammert Min nicht, sondern reflektiert einfach die Zeit mit Ed. Sie erkennt dabei auch, wo sie selbst Fehler gemacht hat. Ihre Freundin und ihr bester Freund spielen ebenfalls eine zentrale Rolle. Die Sprache passt zur Jugend, ist aber nicht extrem auf jugendlich getrimmt. Obwohl es keinen wirklichen Spannungsbogen gibt, möchte man doch wissen, was genau Min nun dazu gebracht hat, die Beziehung zu beenden, denn zunächst klingt es gar nicht so, als gäbe es einen Grund. Nach und nach spürt man, dass Ed sie mit irgendetwas ganz übel verletzt haben muss und Stück für Stück kommt man der Wahrheit näher. Das ist sehr schön aufgebaut und hört und liest sich großartig. Zwischendurch bin ich ein wenig ungeduldig geworden, auch wenn ich an keiner Stelle gelangweilt war. Dennoch hatte ich das Gefühl, die Story kam ein wenig zu spät auf den Punkt.

Laura Maire schafft es, wie eine 16-jährige zu klingen. Sie gibt allen Personen die passende Stimme, Tonlage und Lautstärke, sodass man sie prima unterscheiden kann. Das Hörbuch ist ein echter Genuss, stimmt aber auch ein wenig nachdenklich. Mir hat es sehr gut gefallen und es ist mir vier Sterne wert.

Veröffentlicht am 22.07.2017

Zwei Welten kreisen umeinander

Sauna mit Nachbar
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Der verwitwete Geschichtslehrer hat in den Ferien wenig zu tun und so schließt er sich immer enger an den Nachbarn an. Dieser werkelt an immer neuen Projekten, verwendet für vieles Dinge, die in den Augen ...

Der verwitwete Geschichtslehrer hat in den Ferien wenig zu tun und so schließt er sich immer enger an den Nachbarn an. Dieser werkelt an immer neuen Projekten, verwendet für vieles Dinge, die in den Augen des Lehrers Abfall sind und ist die Ruhe in Person. Nichts bringt ihn aus dem Takt. So lässt er sich auch vom Lehrer ein wenig auf die Nerven gehen. Er akzeptiert sogar, dass dieser ständig im Weg steht und nie hilft. Sogar die kaum versteckten Annäherungsversuche an Emilia lassen ihn kalt, doch der Lehrer, der sich so viel intelligenter hält, lernt in der Zeit des Saunabaus mehr fürs Leben, als er je gedacht hätte …

Im ganzen Buch hat nur die Nachbarin einen Namen: Emilia. Der Geschichtslehrer und der Nachbar bleiben namenslos, ebenso die Kinder der Nachbarsfamilie. Das liest sich gar nicht so schlecht, wie man glauben möchte, aber beim Erzählen darüber klingt es schon schräg.

Der Humor des Buches ist leise, man muss selten laut auflachen. Das ist in meinen Augen jedoch kein Fehler oder Nachteil! Die Story ist lakonisch und steckt voller Philosophie. Wenn man sich dafür öffnet, mag man nicht nur den vermeintlich weniger intelligenten Nachbarn sehr gern, sondern auch den überheblichen, von sich überzeugten und dadurch eher unsympathischen Geschichtslehrer. Für mich persönlich war die Tatsache, dass der Lehrer ausgerechnet Geschichte unterrichtet, besonders witzig – hatte ich doch tatsächlich einen Geschichtslehrer, der sich selbst für unfehlbar und die Krönung überhaupt hielt.

Der Unterschied zwischen den beiden Protagonisten könnte größer nicht sein: ein verwitweter Akademiker, stur und überakkurat gegen einen sechsfachen Vater, der alles locker und mit Ruhe nimmt, sich auf Experimente einlässt und der bei nichts pedantisch ist.

Die Sprache des Buches ist leise und sanft, dennoch steckt ganz viel Weisheit darin. Die vermeintlich unintelligente Handlungsweise des Nachbarn wird immer mehr zur schlaueren Lebensart und gibt dem Leser damit unweigerlich zu denken. Ob Schwächen wirklich immer schlecht und hinderlich sind, wo Freundschaft beginnt und welche alternativen Reaktionen es für alle Situationen gibt, das zeigt Roope Lipasti ganz ohne moralisch erhobenem Zeigefinger. Es kann immer einer vom anderen lernen, auch wenn der erste Eindruck das nicht gleich erkennen lässt. Lipastis Philosophie ist einfach, aber effektiv.

Mir haben die 240 Seiten nicht nur gefallen, sie haben mir auch gut getan. Dennoch muss ich einen Stern abziehen, da mich die Story auf halber Strecke kurz verloren hatte und ich neu ins Buch finden musste. Dennoch kann ich das Buch guten Gewissens empfehlen. Deshalb gebe ich vier Sterne!

Veröffentlicht am 18.07.2017

Seine Schuld, seine große Schuld

Sieh nichts Böses (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi 8)
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Bei der Hundeprüfung wird eine Leiche entdeckt. Es stellt sich heraus, dass es Veronika Lindental ist. Aber warum hat sie niemand, auch nicht ihre Eltern, vermisst? Und was hat die kleine Affenfigur für ...

Bei der Hundeprüfung wird eine Leiche entdeckt. Es stellt sich heraus, dass es Veronika Lindental ist. Aber warum hat sie niemand, auch nicht ihre Eltern, vermisst? Und was hat die kleine Affenfigur für eine Bedeutung? Dühnfort, der gerade von der Hochzeitsreise kommt, stößt bald auf Zufälle, die keine sein können. Eine weitere Frauenleiche, ebenfalls mit einer Affenfigur, bringt ihn auf die richtige Spur. Doch private Probleme lenken ihn teils etwas ab. Die richtige Entscheidung zu treffen, ist manchmal nicht so einfach. Doch Dühnfort und Gina halten zusammen und so löst er gleich zwei Fälle auf seine eigene Art und Weise.

Die Krimis von Inge Löhnig lesen sich alle durchweg sehr gut. Diesmal brauchte ich ein wenig, um mich in der Story zurechtzufinden. Mir wollten die Figuren nicht so recht passen, ich sympathisierte mit niemandem so richtig. Vielleicht spielt auch Tinos ganz eigener Kampf eine Rolle dabei, dass ich Anlaufschwierigkeiten hatte. Doch dann passte, wie gewohnt, alles schön ineinander und die Entwicklungen waren schlüssig und in sich stimmig.

Ich hatte sehr früh einen konkreten Verdacht, wer der Täter sein könnte, auch wenn die Autorin alles gab, um mich auf eine andere Fährte zu locken. Der Showdown war beeindruckend und die Spannung enorm. Das Ende beeindruckt auf eine ganz eigene Weise. Das ist sehr gelungen und gefällt mir sehr gut.

Die persönliche Geschichte von Tino und Gina bewegt mich sehr. Hier ist der rote Faden gelegt, der in weiteren Fällen weitergesponnen werden möchte. Wie immer gibt Inge Löhnig auch hier jeder Figur eine eigene Geschichte, kein Protagonist bleibt blass und nur Randfigur. Man muss die Figuren nicht mögen, um ihre Geschichten beeindruckend oder bewegend zu finden. Auch wenn man vieles nicht nachvollziehen kann und selbst anders handeln würde, ist doch alles sehr glaubwürdig. Die private Prüfung von Gina und Tino fand ich jedoch ein wenig zu moralisierend. Hier fühle ich mich als Leser in eine Rolle gedrängt, die ich nicht einnehmen möchte.

Ich freue mich sehr auf weitere Bände mit Konstantin Dühnfort, mochte „Sieh nichts Böses“ jedoch nicht so sehr, wie die anderen Bände der Reihe. Somit gebe ich hier vier Sterne.

Veröffentlicht am 09.07.2017

Fünf alte Briefe und die Wahrheit

Dem Kroisleitner sein Vater
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Frassek, ganz ohne Vorname, ist ein Berliner Polizist. Er drückt sich vor der Beerdigung seines Vaters und fährt nach St. Margareten in Österreich. Er spricht nicht viel, bleibt nicht lange und ist bald ...

Frassek, ganz ohne Vorname, ist ein Berliner Polizist. Er drückt sich vor der Beerdigung seines Vaters und fährt nach St. Margareten in Österreich. Er spricht nicht viel, bleibt nicht lange und ist bald wieder weg. Kein Wunder, dass er als Verdächtiger gilt, als der 104jährige Alois Kroisleitner tot aufgefunden wird. Die Umstände sind seltsam und das ganze Dorf ist verwundert. In Berlin hält es Frassek schnell nicht mehr aus und er begibt sich wieder nach Österreich, um seine Unschuld zu beweisen. Er hört sich um und erfährt immer seltsamere Dinge. Dann taucht auch noch Emma auf, die zehn Jahre nicht mehr da war und bringt noch mehr durcheinander. Als sie fünf ungeöffnete, uralte Briefe entdeckt, kommt mehr ans Licht, als man ahnen konnte …

Die Dorfbewohner von St. Margareten haben alle einen ganz besonderen Charme – so schrullig sie fast alle dargestellt sind, so sehr schließt man sie dennoch ins Herz. Auch wenn sehr viel Humor, teils in Form von Satire, zu finden ist, baut sich doch immer wieder Spannung auf. Wer hat den alten Kroisleitner ermordet? Und vor allem: warum eigentlich? Was hat es mit Emma auf sich? Und wieso sollte sie vom Josef ferngehalten werden? Fragen über Fragen und nicht nur der Leser setzt mühsam Puzzlesteinchen zusammen, auch die Dorfbewohner. Im Valentiner probt die Wirtin das Königinnensein, die Gäste den Aufstand und die Liebe den Frühling. Langweilig wird es an keiner Stelle. Nein, ein echter, harter Krimi ist das nicht, aber ein Buch, das zum Sommer passt und Laune macht. So nach und nach kommen immer mehr Details zutage und das große Ganze führt quasi wieder zum Anfang zurück. Die Vorstellung, dass das Wasser der Grund ist, weshalb die Einwohner so alt werden, macht am Ende ein ganz anderes Bild.

Der Schreibstil von Martin Schult ist erfrischend anders. Er erinnert mich an das „Königlich Bayerische Amtsgericht“, nur moderner. Eine ganze Reihe der Figuren versinnbildlicht reale Personen und nimmt sie mehr oder weniger auf die Schippe. Eine ganze Reihe Themen werden angeschnitten, ohne sie breitzutreten. Der Leser kann sich hier jedes Mal seine eigenen Gedanken machen. Die Ideen sind toll und gar nicht so unwahrscheinlich. Man kann über einiges dann trotz aller Schmunzler auch lange nachdenken.

Das übliche Stilmittel, dass die Lösung in der Vergangenheit liegen muss, wird hier auf ganz spezielle Art und Weise auf den Gipfel getrieben. Vermutlich ist das ein kleiner Seitenhieb auf das Krimigenre, aber ich finde ihn sehr gelungen und erkenne das Zwinkern darin. Auch dass ein gutes Buch unbedingt mehrere Stränge braucht, die am Ende zusammenlaufen, wurde hier humorvoll und ein klein wenig bissig eingebracht.

Für mich ist dieses Buch mehr, als einfach nur ein Regional-Krimi. Es ist der gelungene Versuch, Autoren und Leser ein wenig zu veräppeln, aber auf nette Weise. Die Story ist dabei dennoch rund geworden und gar nicht ganz so abwegig, wie man erst mal meinen möchte. Alles in allem ergibt das bei mir sehr gute vier Sterne.