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Veröffentlicht am 12.04.2023

Laura geht gegenan

Die Zentrale
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Der Bestsellerautor und Ex-Banker Veit Etzold hat den zweiten Band „Die Zentrale“ seiner geplanten Finanz-Thriller-Trilogie um die Bankerin Laura Jacobs in einer Zeit der Bankenpleiten veröffentlicht. ...

Der Bestsellerautor und Ex-Banker Veit Etzold hat den zweiten Band „Die Zentrale“ seiner geplanten Finanz-Thriller-Trilogie um die Bankerin Laura Jacobs in einer Zeit der Bankenpleiten veröffentlicht. Die Tragödie um Credit Suisse, zum Beispiel, geistert noch durch die Presse. Daher hat mich sein neuestes Werk, ebenso wie der 1. Band „Die Filiale“ sehr interessiert.
Das Cover finde ich sehr passend und ansprechend. Der schwarze Einband mit der weißen großen Schrift und dem Auge der Protagonistin bei beiden Bänden hat einen großen Wiedererkennungswert.
Die Protagonistin, Laura Jacobs, ist eine typische Karrierefrau und wird als intelligent und sowohl eiskalt kalkulierend als auch menschlich dargestellt. Sie ist somit sehr differenziert charakterisiert.
Aufgrund Jacobs guter Leistungen in „Die Filiale“ wird sie in die Zentrale ihrer Bank beordert. Bei näherer Beschäftigung mit der Problematik bemerkt sie einen supergroßen Bankenskandal, der sie leicht zum Opfer werden lassen könnte, denn sie gerät ins Visier der einflussreichen Hintermänner der Finanzbranche.
Wieder einmal hat Etzold einen komplexen Text spannend und unterhaltsam aufbereitet. Wir haben hier einen unblutigen Thriller, aber mit vielen überraschenden Twists. Alles wirkt sehr realistisch, authentisch und sehr gut recherchiert.
Veit Etzolds Schreibstil ist leicht verständlich,präzise und locker, mit vielen Facetten. Die Abschnitte sind kurz und aufeinander abgestimmt. Beeindruckend finde ich die Art und Weise, wie er Fachtermini aus dem Banken- und Finanzwesen im Verlauf der Handlung dem Leser näherbringt.
Die von ihm aufgedeckten Machenschaften und die Funktionsweise des Bankensystems haben mich erschüttert. Somit ist das Werk für eine breite, aber interessierte, Leserschaft geeignet.
Zum Schluss bleiben noch einige Fragen offen, die sicherlich im Folgeroman „Der Konzern“ gelöst werden. Alle Bände können aber ohne Vorkenntnis des Vorläuferthrillers gelesen werden.
„Die Zentrale“ ist ein gelungener Thriller mit toller durchgängiger Spannung.

Veröffentlicht am 12.04.2023

Plastinierte Überraschungen

Der Bojenmann
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Die beiden Co-Autoren Kester Schlenz und Jan Jepsen sind in Hamburg, meiner Heimatstadt, aufgewachsen. Es ist ihnen gelungen, ein so tolles Buch über Hamburg, mit viel Lokalkolorit, aber auch Kritik z. ...

Die beiden Co-Autoren Kester Schlenz und Jan Jepsen sind in Hamburg, meiner Heimatstadt, aufgewachsen. Es ist ihnen gelungen, ein so tolles Buch über Hamburg, mit viel Lokalkolorit, aber auch Kritik z. B. an der Kreuzfahrtindustrie, der Umweltverschmutzung und dem Kapitalismus zu schreiben. Der Leser erhält interessante Einblicke in die Welt des Hamburger Hafens und die Schifffahrt. Besonders gefällt mir der ehemalige Kapitän und Lotse a. D. Oke Andersen, ein wundervoller, teils antiquierter Charakter, mit vielen Ecken und Kanten, der voller Scharfsinn und Sarkasmus seinem Freund, Kommissar Knudsen, mit wohldurchdachtem Rat zu Seite steht. Aber auch Kommissarin Dörte und der grummelige Kommissar Knudsen sind bunte Figuren, wobei man sich aber auch so mancher Vorurteile bedient hat.
Das düstere Cover mit der Hafenszenerie führt perfekt in die Thematik ein, aber auch die genau beschriebene Plastination von Leichen schafft einen Gruselfaktor.
In diesem Krimi wird in einem sehr makaberen Fall ermittelt, denn man hat es mit einem Serientäter zu tun, der professionell plastifizierte Leichen an wichtigen Stellen in Hamburg zur Schau stellt. Ist er ein Egomane mit unterdrücktem Geltungsdrang?
Neben einfacher Beschreibung gibt es immer wieder actiongeladene, spannende Szenen in lebendigem, lockerem und bildhaftem Schreibstil voller Ironie und Sarkasmus. Neben der Erzählebene der unterschiedlichen Protagonisten, gibt es noch eine weitere Erzählebene, beginnend Anfang der 70er Jahre, die in einer anderen Schrifttype gedruckt ist. Wer wohl dahinter steckt? Der Nordicfaktor wird toll verstärkt durch die Morsezeichen, welche den Kapiteln der Kriminalhandlung als Überschrift dienen. Der Spannungsbogen bleibt erhalten und führt zu einem überraschenden Ende.
Ich mus sagen, wir haben hier einen tiefgründigen Krimi voller Scharfsinn und skurrilem Charme. Dem Co-Autorenduo ist ein flottes Erstlingswerk geglückt, das ich uneingeschränkt empfehlen kann. Ich freue mich schon auf das nächste Werk der beiden.

Veröffentlicht am 12.03.2023

Verzwickte Spurensuche

Fünf Winter
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Der amerikanische Autor, James Kestrel, erzählt in seinem Thriller von dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor und den daraus resultierenden Kriegswirren. Joe Mc Grady, Detective beim Honolulu PD, soll ...

Der amerikanische Autor, James Kestrel, erzählt in seinem Thriller von dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor und den daraus resultierenden Kriegswirren. Joe Mc Grady, Detective beim Honolulu PD, soll einen grausamen Doppelmord aufklären und folgt einem Verdächtigen bis nach Hongkong, das dann von den Japanern eingenommen wird. Als Gefangener wird er nach Japan verschleppt, kann jedoch in einem Versteck dem Tode entrinnen, bis es zur Kapitulation Japans kommt. Nach fünf Wintern nimmt er die Verfolgung wieder auf.
Ein tiefgründiger Thriller voller überraschender Twists, grausamen Morden, gewürzt mit Abenteuer, aber auch Liebesgeschichten.
Kestrel hat mit Joe McGrady einen sehr lebendigen Charakter mit vielen Ecken und Kanten geschaffen, aber auch seine „weiche Seite“ sehr gut herausgearbeitet. Viele andere Charaktere sind ebenfalls gut getroffen, wobei ein sehr ruppiger Slang zwischen einigen Polizisten herrscht.
Stefan Lux ist die Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch gut geglückt. Ich hätte mir ein Glossar gewünscht, das gewisse US-typische Begriffe erklärt, ebenso wie eine Landkarte mit den Kriegsschauplätzen, da die meisten Deutschen nur wenig Ahnung davon haben. Mich hat der historische Hintergrund, da größtenteils unbekannt, sehr interessiert. Es ist lesenswert, auch die japanische Kultur- und Denkweise kennenzulernen.
Es geht gleich rasant mit 2 Morden los, und der Spannungsbogen wird über das ganze Buch gehalten, allerdings sind die sehr blutigen Autopsien und die Morde nichts für zartbesaitete Leser*innen.
Sprachlich den Charakteren und Situationen angemessen, wechseln die flotte Dialoge mit leichtverständlichen Schilderungen ab.
Das Cover ist ein Hingucker. Über die Bedeutung der großen roten Sonne kann ich nur spekulieren.
Insgesamt ein toller Thriller, eingebunden in die Zeit des 2.Weltkrieges mit einer verzwickten Spurensuche. Für Krimifans mit historischen Hintergründen sehr zu empfehlen. Das englischsprachige Original hat ja bereits 2 Preise abgesahnt. Das könnte ich mir auch bei der deutschen Übersetzung vorstellen.

Veröffentlicht am 23.02.2023

Wer bin ich wirklich?

Roxy
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Der sehr bekannte Schauspieler, Johann von Bülow, erzählt in seinem Erstlingswerk „Roxy“ von der langjährigen Freundschaft von Marc und Robert, zweier sehr unterschiedlicher Charaktere, die gemeinsam, ...

Der sehr bekannte Schauspieler, Johann von Bülow, erzählt in seinem Erstlingswerk „Roxy“ von der langjährigen Freundschaft von Marc und Robert, zweier sehr unterschiedlicher Charaktere, die gemeinsam, aber in sehr unterschiedlichen Milieus, aufwachsen. Marc hat sein Leben lang nach Anerkennung gesucht und fragt sich auch nach vielen Jahren der Freundschaft zu Robert (Roy), ob er tatsächlich sein bester Freund war und ist, denn Roy, der Sohn sehr reicher Eltern, muss sich niemals anstrengen, ihm steht die Welt offen, jedoch hat er nicht wirklich ernsthafte Ziele im Leben. Sehr gut gefällt mir die charakterliche Ausformung des Duos. Roy ist generell sehr dominant, aber auch unberechenbar in seinen Handlungen und Äußerungen. Er lebt seine Launen bis zum Exzess aus. Durch Roys unbeschränkte Geldquelle hat er einen großen Fan- und Freundeskreis, denn Riesenpartys, Reisen und spontane Aktionen werden immer von ihm ( bzw. seinem Vater ) bezahlt. Dazu passt sehr gut die Münchner Diskothek „Roxy“, die zum Titel des Werkes wird und auch in dem sehr farbenfrohen und verschwommen wirkenden Cover das Farbenspiel der Diskothek symbolisiert. Roy ist dort der Partylöwe säuft und tobt sich bis zu Exzess aus.
Marc ist das totale Gegenteil: immer auf positive Außenwirkung bedacht lässt er sich so manche Schikane von Roy gefallen. Dadurch, dass er Schauspieler wird ( etwa Anspielung auf Johann von Bülow?) kann er seine Selbstfindung initiieren und in andere Rollen schlüpfen. Aber er gleitet immer wieder in den angepassten Charakter ab und verhält sich so, wie andere ihn haben wollen ( vgl. S.320 d. Werkes).
Kritisch blickt er auf sein halbes Leben zurück, als er zu Roys Beerdigung fährt.
Nicht nur durch den häufig sehr ausgefeilten Erzählstil in Hypotaxe, sondern auch durch locker erzählte Passagen und Sprünge in der Erzählstruktur wird das Werk zu einer gelungenen Unterhaltungslektüre, die aber durch Themen wie Verlust, Erwachsenwerden und Tod zum Nachdenken anregt. Wichtig ist auch die Beziehung der beiden zur selben Frau, die sich durch Roys Egoismus kaum überbieten lässt.
Mir hat das Werk sehr gut gefallen, denn es hat positive wie negative Erinnerungen in mir hochkommen lassen.

Veröffentlicht am 15.02.2023

Ausgeliefert

Macht
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Mir gefällt die schöne altrosa Farbe des Covers mit den Scherben darin sehr gut. Es passt mit der „Frauenfarbe“ sehr gut zu diesem Thema.
Die Geschichte spielt in Norwegen. Liv, die Protagonistin, hat ...

Mir gefällt die schöne altrosa Farbe des Covers mit den Scherben darin sehr gut. Es passt mit der „Frauenfarbe“ sehr gut zu diesem Thema.
Die Geschichte spielt in Norwegen. Liv, die Protagonistin, hat mit den Nachwirkungen ihrer Vergewaltigung zu kämpfen, dem Moment, als sie die Macht über sich verloren hat und zu einem Objekt der Begierde eines Mannes wurde. Ständig kreisen ihre Gedanken um dieses Ereignis, obwohl sie inzwischen verheiratet ist, zwei Kinder und ein schönes Zuhause hat. Niemand weiß von der Vergewaltigung.
Das Buch ist schwer und bedrückend. Auch die Aufteilung des Werkes hat keine klare Struktur. Es gibt keine einheitlichen Kapitel, teilweise nur sehr kurze Absätze, die wie Scherben wirken. Manchmal spricht Liv die Lesenden sogar direkt an. Die Sätze sind kurz und wirken oft abgehackt. All das passt zu ihrer zerrissenen Persönlichkeit, andererseits lässt sie sich aber völlig in die Opferrolle fallen, bricht eine Gesprächstherapie nach nur einer Sitzung ab. Will sie sich überhaupt helfen lassen?
Es ist hervorzuheben, dass sie auch bei sich nach der Schuld sucht. Zu recht finde ich, denn wenn man sich bei einem Date volllaufen lässt, dann mit dem Mann nach Hause mitgeht und „es“ über sich ergehen lässt und sich fragen muss, ob man < nein > gesagt hat oder nur gedacht hat, dann war man sehr unvorsichtig, zumal etliche one-night stands vorher und nachher waren. Die Autorin hat die Konfliktsituation sehr gut beschrieben, aber ich finde keinen Zugang zu Liv, dieser jungen, modernen Frau. Für mich gilt der Satz:“ Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um.“ Aber scheinbar ist jede zehnte Frau in Norwegen schon vergewaltigt worden, ein abscheuliches Dilekt, welches von der Gesellschaft und der Polizei aber oft mit einem Schulterzucken abgetan wird. Kommt es zu einer Verhandlung, steht Aussage gegen Aussage, so schreibt Furre.
In Italien am „Zufluchtsort“ von Niki de Saint Phalle, die ebenfalls vergewaltigt wurde, schaft Liv die befreiende Offenbarung, dass auch sie diese Schicksal erlitten hat.
Ein Ende, das eine Persönlichkeitsbefreiung bedeuten könnte.
Dieses Werk kann ich allen an der Problematik interessierten Frauen empfehlen, allerdings fehlt mir die Sicht des Mannes, der, in betrunkenen Zustand, oftmals gar nicht ahnen kann, das die Regungslosigkeit der Frau keine Zustimmung, sondern Angst ist
Daher nur 4Punke