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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.07.2020

Fesselnd, leidenschaftlich und melancholisch

Fünf Viertelstunden bis zum Meer
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Meine Meinung:

Die erste grosse Liebe vergisst man nie, wird oft gesagt. Vor allem wohl, wenn einem von der vermeintlich geliebten Person das Herz nach allen Regeln der Kunst gebrochen wird. Genau so ...

Meine Meinung:

Die erste grosse Liebe vergisst man nie, wird oft gesagt. Vor allem wohl, wenn einem von der vermeintlich geliebten Person das Herz nach allen Regeln der Kunst gebrochen wird. Genau so ergeht es dem jungen Ezio, der sich Hals über Kopf in die wilde Giovanna mit dem neckisch hervorblitzenden Bauchnabel und dem umwerfenden Lachen verliebt. Mehrere Heiratsanträge lehnt sie ab und ihre Wege trennen sich. Doch was geschieht im Leben, wenn man dem "was wäre, wenn" eine Chance gibt? Wenn man sich nicht nur an eine drückende Sommerhitze, Zweisamkeiten in verlassenen Buchten und atemlose Sprints zum fünf Viertelstunden entfernten Meer erinnern, sondern sein Leben auf ein Neues in die eigenen Hände nehmen will?

Giovanna schreibt Ezio sechzig Jahre nach ihrer Sommerromanze und der darauffolgenden Funkstille einen Brief, der Ezio zum Schwelgen und Trauern bringt und der dafür sorgt, dass er uns atemlos mitfiebernden Leser*innen seine und Giovannas Geschichte vom süssen Anfang bis hin zum bitteren Ende erzählt. Ein Brief aber auch, der wohl nie pünktlich angekommen wäre, wenn die Frau des Briefträgers ein wenig früher im Kreissaal gelandet wäre. Und genau so, wie manche scheinbar zufälligen Ereignisse ein ganzes Leben beeinflussen können, muss auch Ezio sich fragen, ob es sich lohnt, seine Lebensweichen noch einmal neu zu stellen.



Meine Empfehlung:

"Fünf Viertelstunden bis zum Meer" ist ein packender Sommerroman, der voller Herzschmerz an die erste grosse Liebe erinnert, an einen heissen Sommer und unerfüllte Träume und Wünsche. Von mir gibt es für dieses kleine Büchlein, das sich natürlich hervorragend entweder direkt am Meer (oder auch einfach vom Meer träumend) lesen lässt, eine sehr herzliche Empfehlung.

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Veröffentlicht am 22.05.2020

Ein köstliches musikalisch-literarisches Schmankerl

For You
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Inhalt:
In diesem zweisprachigen Operlibretto stehen vor allem der Komponist und Dirigent Charles Frieth und seine Frauengeschichten im Zentrum. Immer mal wieder nämlich verspricht der Schürzenjäger seinen ...

Inhalt:
In diesem zweisprachigen Operlibretto stehen vor allem der Komponist und Dirigent Charles Frieth und seine Frauengeschichten im Zentrum. Immer mal wieder nämlich verspricht der Schürzenjäger seinen Orchestermusikerinnen, denen er dann ganz schnell sehr nahe kommt, ein zweiunddreissigtaktiges Solo in einem seiner nächsten Werke. Seine kränkliche Ehefrau Antonia weiss von seinen Ausschweifungen und stürzt sich in ihr eigenes Abenteuer, während die polnische Haushälterin Maria nur darauf wartet, dass sich das Paar endlich trennt, damit sie sich Charles Frieth, auf den sie schon lange ein Auge geworfen hat, krallen kann.

Meine Meinung:
Dieses Operlibretto spielt mit den üblichen grossen Bühnenthemen: Liebe, Sex, Intrigen und Eifersucht und beinhaltet natürlich auch die obligaten skurrilen Wendungen, ein wenig Situationskomik und Nähkästchengeplaudere aus dem Orchestergraben. Die englische Version liest sich sehr leicht und flüssig und durch die direkte Gegenüberstellung der Übersetzung und des Originals lassen sich auch ein paar sprachliche Spitzfindigkeiten, Finessen und Kunstgriffe erkennen, die man in einer Übersetzung sonst natürlich nicht so schön auf dem Silbertablett serviert bekommt. Ich flog nur so durch die Seiten dieses handlichen Büchleins und habe mich ausserdem köstlich über die Figuren und die Orchesterstereotypen amüsiert und die Handlungsidee sehr gerne gemocht.

Meine Empfehlung:
Für dieses musikalisch-literarische Schmankerl gibt es von mir eine sehr, sehr herzliche Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 10.05.2020

Eine Liebeserklärung ans Erzählen und die Schönheit der Sprache

Was dann nachher so schön fliegt
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Kurz und knapp:
Volker arbeitet als Zivi im Seniorenheim und versucht dabei, gegen die Missstände im Heim vorzugehen und die alten Menschen mit Würde zu behandeln. Er schreibt aber auch Gedichte, die er ...

Kurz und knapp:
Volker arbeitet als Zivi im Seniorenheim und versucht dabei, gegen die Missstände im Heim vorzugehen und die alten Menschen mit Würde zu behandeln. Er schreibt aber auch Gedichte, die er für zahlreiche Wettbewerbe einreicht, wodurch er tatsächlich auch zu einem Treffen für Nachwuchsschriftsteller in West-Berlin eingeladen wird. Dort lernt er Thomas und Katja kennen, dort erinnert er sich zurück an eine einprägsame Reise nach Paris und dort entdeckt er das Berlin der 80er Jahre für sich.


Sprache:

Jeder Satz dieses Buches ist ein kleines Meisterstück. Die Sprache erzählt poetisch und sehr bildhaft. Sie ist voller Metaphern, voller detaillierter Beschreibungen von Äusserlichkeiten, wie dem Stadtbild und dem Aussehen der Personen, aber auch von Gedanken und Gefühlen. In diesem Buch kann man sich verlieren und immer wieder neu (er)finden und nimmt dabei noch an der Entwicklung eines jungen Dichters teil. Zudem wird für jede Umgebung die passende Erzählhaltung eingenommen. Die Szenen im Seniorenheim beispielsweise sind von einer krassen Nüchternheit und Brutalität geprägt und es hat mich angewidert, wie dort mit den Menschen umgegangen wird. Die Erinnerungen an Paris hingegen ziehen wie ein rauschhafter Schwarz-Weiss-Film vorbei, während die im Jetzt spielenden Handlungen in Berlin intensiv, überbordend, aber auch sehr melancholisch erzählt sind.


Meine Empfehlung:

"Was dann nachher so schön fliegt" ist eine sprachgewaltige, kraftvolle Liebeserklärung an die Schönheit des Erzählens und der Poesie und ein Selbstfindungsroman, der einen jungen Dichter und seinen Weg in die Erwachsenenwelt ins Zentrum stellt.

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Veröffentlicht am 06.05.2020

Ein literarisches Vergnügen

Paris, ein Fest fürs Leben
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Meine Rezension gilt für die ältere Ausgabe aus dem gleichen Verlag in der Übersetzung von Annemarie Horschitz-Horst:

Meine Meinung:

"Paris, ein Fest fürs Leben" ist ein fantastisches Zeitdokument, das ...

Meine Rezension gilt für die ältere Ausgabe aus dem gleichen Verlag in der Übersetzung von Annemarie Horschitz-Horst:

Meine Meinung:

"Paris, ein Fest fürs Leben" ist ein fantastisches Zeitdokument, das nicht nur zahlreiche Bekanntheiten der goldenen Zwanzigerjahre und ihre - mal mehr, mal weniger charmanten - Schrullen ins Zentrum rückt, sondern das auch von Hemingways Liebe zu seiner ersten Frau zeugt und aufzeigt, wie der nicht immer sehr gesunde (Arbeits-)Alltag des grossen Schriftstellers ausgesehen hat.

Die einzelnen lose zusammenhängenden Kapitel lassen sich grundsätzlich für sich alleinestehend lesen, was ich mehrheitlich auch so gemacht habe. Immer wieder habe ich im Buch geschmökert, pausiert und ein wenig recherchiert und dann später weitergelesen. Zahlreiche literarische Persönlichkeiten der damaligen Zeit sind mir zwar ein Begriff, von den meisten von ihnen habe ich allerdings immer noch nichts gelesen, was ich nun spätestens unbedingt nachholen möchte.

Nach der Lektüre hat mich Fernweh ergriffen nach einem Paris, das wir so nie mehr erleben werden, was sicher nicht nur schlecht ist. Aber ein Hauch der rauschenden Feste, der Unbeschwertheit und gleichzeitig tiefen Melancholie, die wohl untern der damaligen Bohème gang und gäbe war, würde wohl einigen von uns ab und an gut tun und zudem wäre es wirklich schön, das Paris jener Zeit für einen kurzen Moment wirklich erleben zu können, wobei "Paris, ein Fest fürs Leben" dieser Erfahrung schon sehr nahe kommt.

Sehr gerne empfehle ich als weiterführende Lektüre übrigens den biografischen Roman "Alabama Song", der versucht, Zelda Fitzgerald - die nicht nur bei Hemingway eher schlecht weggkommt - ein wenig vom Bild der psychisch kranken Frau reinzuwaschen und der vor allem ihre schriftstellerische Arbeit ins Zentrum rückt.


Meine Empfehlung:

Von Herzen empfehle ich euch diese unterhaltsame, liebevoll und klug erzählte und wehmütig stimmende Lektüre, die auf eine Zeit zurückblickt, die wir alle nur aus Filmen und Büchern kennen und die eine Liebeserklärung an diese Stadt Europas ist, welche zahlreiche einflussreiche literarische Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts zusammengeführt hat.

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Veröffentlicht am 03.05.2020

Einfach nur schön

Pandatage
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Inhalt:
"Pandatage" erzählt die Geschichte von Danny und Will. Danny ist ein Vater, der seine geliebte Ehefrau verloren hat und Will ist sein Sohn, der seit dem Tod seiner Mutter kein Wort mehr gesprochen ...

Inhalt:
"Pandatage" erzählt die Geschichte von Danny und Will. Danny ist ein Vater, der seine geliebte Ehefrau verloren hat und Will ist sein Sohn, der seit dem Tod seiner Mutter kein Wort mehr gesprochen hat. Sie beide sind erstarrt in ihrer Trauer, befinden sich in ihrer eigenen Blase und sind einander ferner als je zuvor. Als dann Danny auch noch seinen Job verliert und von seinem Vermieter nicht nur den Rausschmiss, sondern im Falle weiterer Verzögerungen beim Begleichen der Miete auch körperliche Gewalt angedroht bekommt, muss er handeln um für sich und Will wenigstens die Wohnung halten zu können. In seiner Verzweiflung greift er zu einem ganz speziellen Mittel um wieder an Geld zu kommen.

Meine Meinung:
Den nicht immer ganz einfachen Themen zum Trotz bleibt dieses Buch stets positiv und humorvoll. Kluge Situationskomik, Figuren mit Ecken und Kanten und einige zündende und aussergewöhnliche Ideen werden zu einer liebevoll erzählten und berührenden Geschichte verstrickt. Einige Male war ich von der Intensität, mit der die neu entstehende Vater-Sohn-Beziehung beschrieben wird, bewegt. Aber auch die Schilderungen der Ohnmacht im Angesicht des persönlichen Ruins nach so einem tragischen Verlust sind mit kraftvollen Worten beschrieben. Dieses Buch lebt von auf den ersten Blick unscheinbaren, aber um so schöneren Details, wie den kleinen Gesten, mit denen Ivan seine Freundschaft zu Danny aufrechterhält oder auch davon, dass Mo immer wieder ganz selbstverständlich und unkompliziert zu Wills Sprachrohr wird. Es hat mich überzeugt, dass keine überzogene Liebesgeschichte eingebaut werden musste, um Gefühle in der Handlung unterzubringen und ich habe mich sehr darüber gefreut, dass vielmehr familiäre Banden und Freundschaften ins Zentrum gerückt wurden.

Sprache:
Ich bin nur so durch die Seiten dieses Buches geflogen und habe mich dabei an der schönen, flüssigen, berührenden und sehr bildhaften Sprache kaum sattlesen können. Ja, klar, man kann dem Buch vorwerfen, dass doch alles ein wenig zu sehr in Zuckerwatte verpackt daherkommt, aber so what. "Pandatage" ist einfach nur schön zu lesen, flüssig und unendlich witzig erzählt, berührt aber trotzdem und überrascht dabei noch mit Ideen, die man nicht schon zigtausendfach so oder ähnlich erzählt bekommen hat. Was will man mehr? Mehr und mehr haben sich mir zudem beim Lesen Bilder vor meinem inneren Auge aufgetan, die immer lebhafter und packender wurden und alsbald wähnte ich mich in einem bunten, ein wenig kitschigen, mit schrägen aber liebenswerten Figuren gespickten Film und ich kann mir gut vorstellen, dass die Verfilmung dieses Buches - am liebsten natürlich in bester alter Hollywood-Tradition der 90er - auch nicht sehr lange auf sich warten lassen wird.

Meine Empfehlung:
"Pandatage" ist warmherziges, grossartiges und aus dem Leben gegriffenes Kino. Die liebevoll erzählten Szenen schreien förmlich nach einer Verfilmung und mit viel Feingefühl wird sich der Figuren und ihrem tragischen Schicksal angenommen. Dennoch bleibt das Buch positiv und äusserst unterhaltsam, weshalb ich es euch allen sehr gerne empfehle.

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