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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.03.2023

Das Land der Vampire und trotzdem ist die Mordanklage ziemlich real

Tod in Siebenbürgen
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Siebenbürgen, Vampirfreunden auch als Transsilvanien bekannt, war früher einmal Paul Schwartzmüllers zuhause. Doch schon als Kind hat sich sein Vater mit ihm in den Westen aufgemacht. Nichts verbindet ...

Siebenbürgen, Vampirfreunden auch als Transsilvanien bekannt, war früher einmal Paul Schwartzmüllers zuhause. Doch schon als Kind hat sich sein Vater mit ihm in den Westen aufgemacht. Nichts verbindet ihn heute noch mit dieser Region. Doch nun hat ihm seine Tante ihren Hof vererbt. Und so macht sich der Journalist notgedrungen auf den Weg, zurück zu den Erinnerungen seiner Kindertage, die bei seiner Ankunft unweigerlich in ihm aufsteigen. Irgendwie scheint hier die Zeit stehengeblieben zu sein, die Gebäude, der Aberglaube und natürlich die Menschen. Tatsächlich begrüßt ihn, als er im Dorf eintrifft, sein ehemals bester Freund Sorin, so, als wäre er nur mal eben kurz weggewesen. Der Plan, den Hof schnell zu veräußern und sich dann wieder davonzumachen, geht allerdings nicht auf, denn esgeschieht ein Mord und Sorin landet als Tatverdächtiger hinter Gitterm. Paul ist sofort klar, dass es seine Aufgabe ist, Sorins Unschuld zu beweisen. Und das wird zum Fulltime-Shop, zumal der Enthüllungsjournalist eher langsam und ziemlich unstrukturiert zur Täterermittlung schreitet.
Dieser Kriminalroman ist nach einem eher langsameren Takt gestrickt. Es geht alles ruhig, geradezu nostalgisch über die Bühne. Man erfährt durchaus Interessantes über Land und Leute, was auch ein bisschen den Reiz der Geschichte ausmacht. So richtig als alles überstrahlendes Element agiert der Kriminalfall selbst nämlich eher nicht. Und auch der Hauptprotagonist Paul, der als Ermittler eine ganze Krimireihe stemmen soll, lässt es an Persönlichkeit und Prägnanz fehlen, um die Spannung, über einen durchschnittllichen Level hinaus, anzufachen.
Der Roman schaukelt seine Leser, durchaus unterhaltsam, durchs 'Nichtallerwelts-krimi'-Geschehen und auch über die Auflösung am Ende kann man sich nicht beschweren. Vielleicht waren die Vampirfreudigen Erwartungen für diesen 'Erstling' einfach ein wenig zu hoch, um das Ergebnis über den grünen Klee loben zu können. Aber sollte Paul Schwartzmüller, vielleicht etwas besser sortiert, nochmal in irgendwelche Umtriebe geraten, wäre ich auf jeden Fall noch einmal dabei, denn aller Anfang ist ja bekanntlich schwer.

Veröffentlicht am 08.01.2023

Aufstieg zur Dichterin und der schrittweise schmerzliche Verlust ihrer Heimat Berlin

Die Suche nach Heimat
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Mascha Kaléko, eine ambitionierte junge Frau, versucht, nach der Heirat mit dem Philologen und Hebräischlehrer Saul Kaléko im Berlin der 1920er-Jahre als Dichterin Fuß zu fassen. Sie knüpft erste Kontakte ...

Mascha Kaléko, eine ambitionierte junge Frau, versucht, nach der Heirat mit dem Philologen und Hebräischlehrer Saul Kaléko im Berlin der 1920er-Jahre als Dichterin Fuß zu fassen. Sie knüpft erste Kontakte mit Zeitungsleuten und Lektoren, mit namhaften Künstlern dieser Zeit und sie arbeitet sich Schritt für Schritt voran, über die Veröffentlichung ihrer Gedichte in Zeitungen bis hin zu eigenen Buchausgaben ihrer Werke. Doch 1933, mit der Machtergreifung Hitlers, wendet sich das Blatt. Als Jüdin erlebt sie erste Repressalien. Sie selbst bleibt relativ lange davon verschont, aber ihre künsterische Heimat im Umfeld des Romanischen Cafés, ihre Freunde, die die Kultur des damaligen Berlins darstellen, die Eingriffe seitens der Nationalsozialisten nehmen zu und die Ersten emigrieren ins Ausland. Sehr lange hält Mascha an 'ihrem Berlin' fest, doch irgendwann werden die Bedrohungen für die jüdische Bevölkerung so massiv, dass auch sie gehen muss, was aufgrund ihrer sehr komplizierten privaten Situation noch schwieriger wird als sowieso schon. 1938 emigriert die Dichterin schließlich mit ihrem zweiten Mann Chemjo Vinaver und ihrem Sohn in die USA.
Diese Geschichte hat einem die sicherlich nicht jedem bekannte Dichterin Mascha Kaléko nähergebracht, ihre Berliner Jahre, deren erster Teil für sie mit so viel Hoffnung und dem Erleben von Fortkommen und Bekanntheit einhergeht und dann der politische Umbruch und ihr persönliches Erleben als Jüdin in diesem zunehmend diktatorischen System. Gerade ihre Gedichte als Eckpfeiler dieses mehr oder weniger fiktiv nachempfundenen Lebensabschnitts zu nutzen, fand ich sehr gut gewählt und hat der Geschichte ein intensives Empfinden von Hoffnung, Angst, Zweifel und letztendlich der eigenen Kapitulation in der damaligen Zeit verliehen. Teilweise war die Gewichtung der Ereignisse sehr stark auf das Persönliche gelegt und gerade der aufkommende Nationalsozialismus kam lange eher wie ein mittellautes Hintergrundrauschen daher, was doch etwas irritierend war. Dagegen der letzte Besuch in ihrer altem Heimat, eine neue hatte Mascha nie wirklich gefunden, das damit verbundenen Résumée ihres Lebens war wirklich stark und zutiefst berührend.
Eine Geschichte mit Höhen und Tiefen, in vielerlei Hinsicht, aber ich bin mir sicher, vergessen wird man den Namen der Dichterin Mascha Kaléko und ihr Schicksal nach diesem Buch wohl niemals mehr.

Veröffentlicht am 06.01.2023

Eine Kinderkrimi-Wintergeschichte und Rotkehlchen, die ein bisschen verzaubert sind

Weihnachten
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Der 11-jährige Jonas muss mit seiner Mutter fliehen, wird dann aber von ihr getrennt und von einem älteren Herrn, Dr. Wilkinson, ziemlich verloren, auf einem Spielplatz entdeckt. Da keine Angehörigen zu ...

Der 11-jährige Jonas muss mit seiner Mutter fliehen, wird dann aber von ihr getrennt und von einem älteren Herrn, Dr. Wilkinson, ziemlich verloren, auf einem Spielplatz entdeckt. Da keine Angehörigen zu entdecken sind, nimmt dieser ihn mit zu sich nach Hause. Sein Mitbewohner Tobias und er wollen Jonas natürlich helfen, seine Mutter wiederzufinden und überhaupt herausbekommen, was passiert ist. Doch dann verschwindet der Junge und macht sich selbst wieder auf die Suche. Dabei helfen ihm Jasmin, ein Mädchen, das er zufällig kennengelernt hat und, ganz entscheidenend, Rotkehlchen, als das verzauberte Element in der Geschichte. Und auch die beiden Männer, Dr. Wilkinson und Tobias, machen sich natürlich Sorgen und ermitteln selbst
Das ist ein sehr schöner Weihnachtskrimi, natürlich mit den Guten, wir kennen sie ja bereits und dann auch den Bösen, mit zauberhaften Vogelwesen und noch mit jeder Menge anderer Menschen und Geschehnissen drumherum. Manchmal ist das bzgl. des 'wer ist wer' schon ein bisschen viel, aber andererseits ist so auch richtig etwas los. Und irgendwie kommt man doch, gut unterhalten, am Ende an und dann passt wieder alles zusammen.

Eine schöne Geschichte mit einer besonderen Note und Wohlfühleffekt dazu.

Veröffentlicht am 30.12.2022

Erfrischend anders

Henny & Ponger
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Das erste Mal treffen sich Henny und Ponger in der S-Bahn und warum sie sich überhaupt wahrnehmen, ist ein Zufall. Sie lesen dasselbe Buch. Dann zieht Henny plötzlich die Notbremse und verschwindet. Und ...

Das erste Mal treffen sich Henny und Ponger in der S-Bahn und warum sie sich überhaupt wahrnehmen, ist ein Zufall. Sie lesen dasselbe Buch. Dann zieht Henny plötzlich die Notbremse und verschwindet. Und irgendwie bleibt Ponger auf der Bescherung sitzen. Doch das ist nicht das Ende ihrer Geschichte, denn Henny sucht Pongers Hilfe, um nach Hause zu kommen, was immer das auch heißen mag. Was folgt, ist eine Art Verfolgungsjagd mit sehr skurillen Männern in Black und gleichzeitig erleben wir einen Roadtrip Richtung Nordsee. Über das Davor, ihre Vergangenheit, ihre Situation, gerade im Leben, man erfährt wenig darüber und dass nur in kleinen Häppchen. Es gibt viele Warums und auch ein bisschen Sci-Fi, was mitschwirrt in dem Geschehen. Und natürlich mögen sich die beiden auch schon sehr, wenn auch Henny von 'Gefühlsduselei' aller Art so gar nichts hält, denn das macht nur Probleme und verursacht Schmerz.
Dieses Buch, es erzählt eine Geschichte, die aus dem Rahmen fällt. Seine Protagonisten sind anders, das Geschehen ist auch nicht immer so ganz von dieser Welt und dazu, natürlich absolut passend, die Sprache, immer genau auf den Punkt. Und bei 200 Kapiteln, die manchmal nur einen Satz lang sind, weiß man endgültig, das 'Übliche' ist hier außen vor. Kann dann auch schon mal schiefgehen, aber hier nicht.
Das Buch verlangt einem als Leser durchaus ab, im Kopf auf 'anders' umzuschalten, aber etwas Herausfordung darf ja ruhig sein. Und mit der Zeit merkt man, diese Geschichte macht richtig Spaß. Spannung, Entwicklung, Gefühle und ein Ende, das uns erlaubt, damit gut klar zu kommen.
Gefällt mir sehr.

Veröffentlicht am 28.12.2022

Einfach mal stehenbleiben und dann ausklinken aus dieser Welt, auf Zeit

Nicht aus der Welt
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Wer kennt das nicht, die Fülle des Alltags, der Druck, immer präsent, immer up to date zu sein und dazu die Probleme, mal gewichter, mal banal, die einem die Luft zum Atmen nehmen. Und man fragt sich, ...

Wer kennt das nicht, die Fülle des Alltags, der Druck, immer präsent, immer up to date zu sein und dazu die Probleme, mal gewichter, mal banal, die einem die Luft zum Atmen nehmen. Und man fragt sich, wo bleibe ich dabei. Genauso geht es den drei Protagonisten in diesem Buch, das dieses jedem doch sehr nahe Thema aufgreift und daraus eine Geschichte macht.
Denn hier gibt es sie, die wundersame rettende Auszeit, die den Menschen Zeit und Ruhe schenkt und die Möglichkeit, sich neu zu finden, um Kraft zu schöpfen, für den Wiedereinstieg oder vielleicht auch etwas völlig anders. Der Ort, der einem das beschert, ist ein Hotel und sein Chef, der Initiator dieses Traumkonstrukts, heißt Valentin. Er sucht die Menschen aus, Menschen, die es brauchen und lädt sie ein. Und so haben auch Hempel, Linda und Frederike hierher gefunden. Hempel ist eigentlich ohne hohen Ziele unterwegs in seinem Leben, aber um seiner in allen Belangen engagierten Freundin zu imponieren, behauptet er, unbedingt einmal den New York Marathon mitlaufen zu wollen. Und seine Freundin packt es an. Und nun sitzt er sozusagen in der Falle mit diesem irrwitzigen Unterfangen, dass für ihn niemals in Frage kommt. Bei Linda ist es die Höhenangst, die sie ausbremst und schlimme Folgen hat und Frederike wird von ihrer späten Mutterschaft und den ihr sonst aufdoktrierten Erwartungen niedergedrückt. Sie alle drei werden zu Gästen in diesem 'Unterschlupf' und dürfen bleiben, solange sie es benötigen.
Spannend, dieses Szenario und man erwartet viel. Tiefgang, Intensität, Zurückgeworfenheit auf sich selbst, ein nicht mehr weglaufen können und auch wollen vor dem, der man wirklich ist und der man sein will, das wird es sein, was hier 'erlebt' wird und so ist es auch, zu einem Teil. Denn sehr bald ist es mit der Zurückgezogenheit vorbei und stattdessen tritt das Aufeinandertreffen der drei Hauptprotagonisten und was sich daraus ergibt, in den Vordergrund.
Dieses Buch, es ist kurzweilig, auch überaschend lustig und sehr unterhaltsam. Man mag diese Menschen, alles ist gut nachvollziehbar und man kann sagen, es passt. Doch die Geschichte, die man bei dem gegebenen Ausgangsszenario erwartet, ist es nicht.

Ein angenehmes Lesevergnügen, nicht mehr und nicht weniger.