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Veröffentlicht am 05.09.2018

Schmetterlinge können nicht weinen

Der Schmetterling
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drum wein` auch du nicht mehr um den Einen
heißt es in einem uralten Schlager. Hier ist der Schmetterling ein Rätsel, einer, der vor Jahren jahrelang Geld überwiesen hat an Henna, eine junge Frau, die ...

drum wein` auch du nicht mehr um den Einen
heißt es in einem uralten Schlager. Hier ist der Schmetterling ein Rätsel, einer, der vor Jahren jahrelang Geld überwiesen hat an Henna, eine junge Frau, die brutal ermordet wurde. Eine junge Frau, die ein Leben auf der Sonnenseite führte, mit Mans Sandin, einem erfolgreichen Fussballer verheiratet war und mit ihm zwei Kinder hatte. Gerade hatte Mans seine Karriere beendet und die Familie war aus Florenz, wo er unter Vertrag stand, nach Hudinge in Schweden, Mans`Heimatstadt, zurückgezogen.

Doch wer konnte Henna so übel mitspielen? Die Ermittlungen leitet Johan Rokka, gerade erst aus Stockholm in seine Heimatstadt zurückgekehrt, der Mans noch aus Jugendtagen kennt - sie haben sogar gemeinsam Fussball gespielt. Wie viele andere auch.

Die Ermittlungen führen Rokka, wie er von allen genannt wird, nach Italien, doch dann stirbt in Hudiksvall eine weitere Person, ein Mann, den Rokka ebenfalls von früher kennt. Es ist zweifellos ebenfalls Mord, doch stehen die beiden brutalen Taten, die sich so kurz hintereinander in einem ansonsten friedlichen Ort ereigneten, in irgendeinem Zusammenhang?

Ein spannendes Sujet, ohne Frage! Meine Lesefreude wurde ein wenig getrübt durch die überbordende Lebenslust von Ermittler Rokka und einigen seiner Gefährten. Man könnte auch sagen: die Darstellung ihrer kernigen Männlichkeit. Und das aus der Feder einer Frau...

Dieser Krimi hat so gar nichts von der aus skandinavischen Krimis bekannten subtilen Melancholie und auch zu wenig von deren üblicher Tiefsinnigkeit. Weit entfernt von Mankell und Nesser, aber auch von Läckberg und Sten, was ja eigentlich kein Minuspunkt sein muss. Doch ich empfand sowohl die Ermittlungen als auch das Drumherum oftmals doch als etwas oberflächlich, ja leichtfertig.

Was den Krimi letztendlich für mich gerettet hat, war die spannende Auflösung - auch wenn ein Aspekt aus meiner Sicht sehr absehbar war Aber es war eben nur einer von mehreren.

Ich werde es aber sicher mit der Autorin Gabriela Ullberg Westin, deren Erstling zumindest in deutscher Sprache dies ist, zumindest ein weiteres Mal aufnehmen, Potential ist auf jeden Fall in großer Menge vorhanden!

Veröffentlicht am 01.09.2018

Wie ein Hirte nach Versailles kommt

Königskinder
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Jedenfalls fast - das beschreibt Alex Capus in seinem Roman "Königskinder". Natürlich geht es darin auch um eine Liebe und - wie es eben auch im bekannten Volkslied der Fall ist - um Hindernisse, die sich ...

Jedenfalls fast - das beschreibt Alex Capus in seinem Roman "Königskinder". Natürlich geht es darin auch um eine Liebe und - wie es eben auch im bekannten Volkslied der Fall ist - um Hindernisse, die sich ihrer Liebe in den Weg stellen.

Wir befinden uns in der Schweiz im ausgehenden 18. Jahrhundert: Jacob, ein armer Hirtenjunge im Schweizer Gebirge und Marie, Tochter eines - zumindest im Vergleich - wohlhabenden Bauern erliegen einander quasi auf den ersten Blick, aber der Vater des Mädchens tut alles Menschenmögliche, um diese Liaison zu verhindern. Und wie es damals so in solchen Fällen häufig geschah, zieht Jakob davon und wird Soldat, um als gemachter Mann wiederzukehren - allerdings nur für kurze Zeit, denn dann ruft Versailles, bzw. dessen "Vorgarten" Montreuil, wo Elisabeth, des Königs Schwester eine Art Modellbauernhof betreibt. Und Jakob darf wieder Hirte sein, wenn auch fern von zu Hause - und von Marie. Wird er sein "Hemvé"; so nennen die Franzosen Heimweh, ein Wort, das es in ihrer Sprache nicht gibt - überwinden können? Trotz der nahenden Revolution, denn inzwischen schreiben wir das Jahr 1789?

Allerdings ist dies eine Geschichte in einer Geschichte: Max erzählt sie seiner Frau Tina, während sie mit dem Auto während eines Schneesturms in den Bergen steckengeblieben sind. Er besteht darauf, dass sie wahr ist, was seine Frau ihm nicht ganz abnehmen will.

Ein schön geschriebener Roman, dessen Botschaft sich mir aber nicht so ganz erschließen will? Was bezweckt Max mit dieser Geschichte von Jakob und Marie? Und verändert sie, verändert diese Nacht im Schnee etwas in seinem und Tinas Leben? Oder warum erzählt er ihr diese Geschichte, erzählt Alex Capus sie uns? Auch wenn er sich ganz nett und unterhaltsam liest, ist dieser Roman aus meiner Sicht wenig zielorientiert in jeder Hinsicht und eine klare Empfehlung kann ich mir - obwohl eigentlicht Capus-Fan - nicht abringen.

Veröffentlicht am 31.07.2018

Ungewöhnlich

Vier Tage in Kabul
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ist die Protagonistin dieses Thrillers, Kriminalkommissarin Amanda Lundh. Gut, können Sie sagen, Kommissarinnen gibt es in der Spannungsliteratur noch und nöcher und gerade die skandinavischen, bzw. schwedischen, ...

ist die Protagonistin dieses Thrillers, Kriminalkommissarin Amanda Lundh. Gut, können Sie sagen, Kommissarinnen gibt es in der Spannungsliteratur noch und nöcher und gerade die skandinavischen, bzw. schwedischen, geben sich quasi die Klinke in die Hand. Da muss es schon ganz besondere Alleinstellungsmerkmale geben, um aufzufallen. Das ist hier unbedingt der Fall, denn Amanda Lundh fungiert als Unterhändlerin der schwedischen Regierung in Kabul, Afghanistan.

Obwohl sie in der Regel einem Tagesgeschäft nachgeht und mit der Ausbildung lokaler Sicherheitskräfte beschäftigt ist, ist dies ohne Frage eine besonders brisante Position also und diese Brisanz nimmt noch zu als zwei schwedische Diplomaten vermisst werden - es wird eine Entführung vermutet.

Nun ja, Amanda gerät schnell ins Kreuzfeuer der politischen Mächte und die ganze Geschichte könnte sehr spannend und fesselnd werden - so ist es aber nicht, jedenfalls aus meiner Sicht. Wobei ich gestehen muss, dass Politthriller schon einiges auffahren müssen, um mich dauerhaft begeistern oder zumindest ansprechen zu können und das ist hier definitiv nicht der Fall. Irgendwie war mir der Fall nicht knackig genug, um dauerhaft am Ball zu bleiben mit der Lektüre und so kam ich immer wieder raus und musste mich wieder einlesen.

Nein, ich hatte definitiv keinen Spaß an dieser Lektüre, die aus meiner Sicht auch nicht in einem sonderlich eindringlichen Stil verfasst wurde. Außer der beruflichen Ausrichtung von Amanda gibt es wenig, was mich dazu bringt, mir ein farbiges Bild von ihr als Person auszumalen. Dazu muss gesagt werden, dass ich es gerne mag, wenn das auch das Privatleben der Ermittler eine Rolle spielt, zumindest am Rande. Hier ist es so sehr an den Rand gedrückt, dass es kaum auffällt. Auch wenn es durchaus ab und zu interessant und sogar spannend wurde: Inhaltlich, aber auch stilistisch hat es mich so wenig gepackt, dass ich froh war, als meine persönlichen "Vier Tage in Kabul" endlich ein Ende fanden. Diesen Thriller kann ich daher auch nicht weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 28.07.2018

Ein rundes Ding, aber...

Entführt
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Die junge Familienmutter Ylva wird auf dem Heimweg von der Arbeit entführt - von alten Bekannten, Bekannten aus einem Lebensabschnitt, der in ihrem gegenwärtigen Leben nicht mehr von Bedeutung für sie ...

Die junge Familienmutter Ylva wird auf dem Heimweg von der Arbeit entführt - von alten Bekannten, Bekannten aus einem Lebensabschnitt, der in ihrem gegenwärtigen Leben nicht mehr von Bedeutung für sie ist. Aus Höflichkeit ist sie in deren Auto gestiegen - der Beginn eines Martyriums, denn für viele Monate wird sie in einen schalldichten und völlig abgeschlossenen Keller eingesperrt, misshandelt und missbraucht.. dabei gewährt ihr ein Monitor einen Blick auf ihr früheres Zuhause, das nur wenige Meter entfernt ist. Sie sieht täglich ihren Mann und ihre Tochter ein und aus gehen. Es geht um Rache - Rache an einer lange zurückliegenden Schuld, die Ylva aus Sicht ihrer Entführer auf sich geladen hat und für die sie nun büßen muss.

Ihre Familie, ihr berufliches Umfeld bleibt zurück - Ylva war alles andere als eine Vorzeigeehefrau, es hätte auch durchaus sein können, dass sie sich abgesetzt hat oder aber von ihrem Ehemann ermordet wurde - so denken zumindest viele im Umfeld, so denkt auch die Polizei, die allerdings keine Beweise hat. Oder hat dieser etwas mit ihrer Entführung zu tun? Stück für Stück wird die Geschichte aufgeschlüsselt, bis alle Mosaiksteine zusammenpassen.

Eine runde Sache also - aber irgendwie fehlt etwas. Es ist aus meiner Sicht kein packender Thriller geworden, da der Autor weder sprachlich noch inhaltlich so richtig zu fesseln vermag, er füllt den Rahmen nicht mit Kraft und soooo spannend und vor allem neu ist das Thema auch wieder nicht. Ein gewisser Zynismus, der dem Buch einen charakteristischen Stempel aufdrücken könnte, ist zwar vorhanden, auch die Aussage, dass man einer Schuld, die man auf sich geladen hat, nicht entfliehen kann, egal wie lange diese zurückliegt - aber dies alles bleibt in Ansätzen stecken. Aus meiner Sicht ein Buch, das man zwar zwischendurch lesen kann - eigentlich ist es jedoch überflüssig. Es gibt bereits viel Ähnliches, das um Klassen besser ist. Vielleicht sollte der Autor sich seiner journalistischen Wurzeln besinnen und zu ihnen zurückkehren. Wenn nicht, wäre zu hoffen, dass er steigerungsfähig ist - und das nicht zu knapp. Sonst werden ihm viele Leser nicht lange treu bleiben.

Veröffentlicht am 28.07.2018

Holden Caulfield in Virginia?

Fänger, gefangen
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Nicht ganz, denn der Held des vorliegenden Romans heißt Daniel Solstice Landon und ist sehr, sehr krank: er leidet an Leukämie. Seine Eltern, Ex-Hippies, wollen nur das Allerbeste - das heißt aus ihrer ...

Nicht ganz, denn der Held des vorliegenden Romans heißt Daniel Solstice Landon und ist sehr, sehr krank: er leidet an Leukämie. Seine Eltern, Ex-Hippies, wollen nur das Allerbeste - das heißt aus ihrer Sicht: keine Schulmedizin, keine Bestrahlungen und natürlich größtmögliche Schonung, d.i. kein Schulbesuch und nur wenig Kontakt zu Freunden - alles nicht ganz einfach für Daniel. Und wie kommen Holden Caulfield und Virginia ins Spiel? Nun - ersterer ist der Protagonist von Salingers bahnbrechendem Werk, DEM Jugendroman der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, der nicht nur in den Staaten, sondern auch hierzulande vielerorts in den Schulen seit Jahren als Pflichtlektüre gelesen wird und vielen jungen Menschen - so auch mir vor über 30 Jahren - in so mancherlei Hinsicht die Augen geöffnet hat. Er ist Daniels Held und begleitet sein Tun und Denken auf Schritt und Tritt und Virginia - dort wohnt Daniel.

Ein toller Ansatz, ein wichtiges Thema ... und hätte ich nicht vor kurzem noch John Greens wunderbaren, aufrüttelnden, emotionalen Roman "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" gelesen - nun, ich wäre möglicherweise begeisterter. So firmiert "Fänger, gefangen" für mich eher unter gewollt, aber nur ansatzweise gekonnt. Zu sehr kommen sich Daniels Leben, seine Wünsche, Träume und auch Probleme mit der Message der Autorin und nicht zuletzt mit den ganzen Verbindungen zum "Fänger im Roggen" ins Gehege. Aus meiner Sicht ein eher umständliches Buch, bei dem man nach einer Lesepause vergebens nach dem roten Faden sucht. Empfehlen würde ich es nur Lesern, die sich ganz eingehend mit der Thematik krebskranke Jugendliche befassen und quasi einen literarischen Rundumschlag machen wollen - allen anderen empfehle ich das bereits erwähnte Buch von John Green.