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Veröffentlicht am 20.12.2017

Auf der Suche nach der verlorenen Frau

Wer hier schlief
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ist Philipp, nachdem er für besagte Schönheit namens Myriam alles aufgegeben hat. Alles - das ist ein komfortables Leben inklusive gut situierter Partnerin, in deren Unternehmen für Sicherheitstüren er ...

ist Philipp, nachdem er für besagte Schönheit namens Myriam alles aufgegeben hat. Alles - das ist ein komfortables Leben inklusive gut situierter Partnerin, in deren Unternehmen für Sicherheitstüren er einen sicheren und guten Job hat. Aber nur, bis er sie verlässt, dann bricht alles zusammen, denn auch Myriam ist auf einmal unauffindbar. Und bevor sie das wurde, hat sie sich ganz schön geleistet.

Wobei sich Philipp - wie im Laufe der Lektüre mehr und mehr deutlich wird - schon immer so durchs Leben gestromert hat. Auch in den Zeiten vor Myriam. Doch jetzt wird es ernst. Allmählich - und das geht schnell - verliert er sich selbst, zunächst ohne es zu merken. Er hat auf Risiko gesetzt, ohne sich dessen bewusst zu sein. Und irendwie klappt nichts, denn "möglicherweise hatte er nicht das Geringste von dem, was irgendwer brauchte". (S.124)

Das Buch lebt durch ungewöhnliche Settings und interessante Nebenfiguren wie einen plötzlich auftauchenden alten Herrn oder auch Philipps Schwester Andrea oder auch die SUHOs (Abkürzung für Suddenly Homeless, eine ebenso realistische wie intensive Bewegung, die es wirklich geben könnte). Eine Art Roadtrip könnte man Philipps Odysee, zu der der beabsichtigte Start in ein neues Leben quasi wird, auch nennen.

Gelegentliche Abstecher ins Tragikomische offenbaren die wunden Stellen des Protagonisten Philipp, der "nie gelernt hat, sich vor Verletzungen zu schützen" (S. 118). Er und auch die meisten der anderen Akteure sind wahrlich keine Menschen, die auf der Sonnenseite des Lebens weilen. Aber wenn man es an sich heranlässt, ist es trotzdem ein positives Buch, weit davon entfernt, für Frustration zu sorgen.

Die Ursache dafür ist nur durch die Lektüre desselben herauszufinden, aber glauben Sie mir - es lohnt sich, in diese von Isabella Straub geschaffene Welt einzutauchen. Ihre Sätze sind treffend - auf wenigen Seiten skizziert sie eine Fülle von Charakteren, auf die man erstmal kommen muss - und die man so schnell nicht vergisst - und auch die Handlung ist nicht ohne. Hier zeigt sich, dass das Alltägliche oft die besten Geschichten birgt - wobei es diesmal durchaus noch Luft nach oben gibt, wenn auch nur ein kleines bisschen!

Veröffentlicht am 20.12.2017

Generationsübergreifende Liebeswirren

Das saphirblaue Zimmer
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mitten in New York, nämlich im titelgebenden saphirblauen Zimmer, das immer wieder ins Spiel kommt, erlebt man bei der Lektüre dieses Romans.

Drei Zeitebenen sind es, auf denen der Roman spielt und jede ...

mitten in New York, nämlich im titelgebenden saphirblauen Zimmer, das immer wieder ins Spiel kommt, erlebt man bei der Lektüre dieses Romans.

Drei Zeitebenen sind es, auf denen der Roman spielt und jede hat ihre eigene Protagonistin: 1892 ist es Olive, deren ehemals begüterte Familie verarmte und die sich nun ihr Brot als Dienstmädchen verdienen muss. 1920 Lucy, Sekretärin in einer Anwaltskanzlei und 1944 die Ärztin Kate.

Ihnen allen ist eine Liebe gegeben, die nicht sein darf. Nicht ein und dieselbe natürlich, nein, es sind drei verschiedene bittersüße Erlebnisse. Doch sie alle verbindet ein blutrotes Band - nein, eigentlich ein saphirblaues Zimmer.

Drei Heldinnen, drei Autorinnen - ob eine jede dem Buch eine der Figuren geschenkt hat? Ich weiß es nicht, doch haben die Autorinnen - alle drei sind erfahren, haben der Welt bereits den ein oder anderen Roman geschenkt , jeweils im Alleingang geschrieben, versteht sich - eine schwungvolle, atmosphärische Geschichte gezaubert, die mich in ihren Bann gezogen hat. Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen, bis ich damit durch war!

Aber dennoch, ganz glücklich bin ich nicht, denn es sind einfach zu viele Zufälle, die sich da im Wandel der Zeiten ereignen. Anderes hingegen versandet einfach, doch damit konnte ich besser leben. Aber dass irgendwelche Briefe noch genau dort liegen, wo sie vor über 20 Jahren hingebracht wurden - dazu sind es nicht nur Briefe - und der Geschichte damit eine entscheidende Wendung geben, um nur ein Beispiel zu nennen: das war dann doch des Guten zu viel für mich.

Man merkt, dass hier Könner(innen) am Werk waren, aber vielleicht sind sie selbst einfach zu tief in ihre Geschichte eingestiegen und konnten am Ende keine gesunde Distanz mehr entwickeln, um ein paar Übertreibungen auszumerzen. Keine schlimmen, es ist eher sowas wie kleine Pickel, die ausgedrückt werden müssen. Das Buch lohnt sich dennoch auf alle Fälle, ganz unbedingt!

Veröffentlicht am 20.12.2017

Nichts ist so, wie es scheint

Eddie muss weg
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mit diesem Paar, das nicht ganz auf der Höhe zu sein scheint: Stan und Britta sind schon lange zusammen, aber werden sie auch diese Krise überstehen? Britta hat einen beruflichen Tiefpunkt erreicht und ...

mit diesem Paar, das nicht ganz auf der Höhe zu sein scheint: Stan und Britta sind schon lange zusammen, aber werden sie auch diese Krise überstehen? Britta hat einen beruflichen Tiefpunkt erreicht und es beschleicht sie das Gefühl, dass er ihr von hinten in den Rücken fällt.

Manchmal jedenfalls. Aber sie sollte sich besser nicht darauf verlassen, dass es für immer so behäbig weitergeht, denn auf einmal sitzen sie im Auto nach Brügge und alles wird ganz, ganz anders. Also nicht nur das Land, sondern auch sie selber. Und das gleich auf mehreren Ebenen!

Hinter den humorvollen Schilderungen der Autorin Katinka Buddenkotte verbergen sich kluge und ernste, ja immer traurigere Entwicklungen, die man erst einmal erfassen muss.

Definitiv kein Klamauk von der Blödelfront, sondern vielmehr ein wahrhaftiger Schicksalsroman mit Raffinesse der allerdings haarscharf an mir und meinen Lesebedürfnissen vorbeischlitterte. Das hat aber nur was mit meinem persönlichen Lesegeschmack zu tun. Wer gerne überrascht wird, der sollte das Buch nicht links liegenlassen!

Veröffentlicht am 20.12.2017

Dem Brexit folgt ein Drexit

Die Lieferantin
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Wenn auch erst nach etlichen Jahren, denn Zoe Becks neuester Thriller spielt in der Zukunft. Die Bewohner der Britischen Insel rüsten sich - in wahrstem Sinne des Wortes - zu einer fundamentalen Abstimmung ...

Wenn auch erst nach etlichen Jahren, denn Zoe Becks neuester Thriller spielt in der Zukunft. Die Bewohner der Britischen Insel rüsten sich - in wahrstem Sinne des Wortes - zu einer fundamentalen Abstimmung über Drogen.

Wie ist das möglich - Drogen und ihre Händler haben mehr oder weniger Besitz von der ganzen Insel ergriffen und lenken ihre ganzen Geschicke. Allen voran Ellie, deren überaus florierendes Unternehmen über Drohnen läuft.

Mit dessen Hilfe will sie Rache üben am Tod ihres Bruders. Doch sie ist lange nicht die einzige Akteurin in diesem Spiel des Verderbens, das allerdings aus meiner Sicht eigentlich kein Thriller ist. Wenn man so will, will Zoe Beck höher hinaus, sie zieht die ganze British Society durch den Kakao - durch ihre ureigene, kein bisschen süße und warme Brühe. Es ist also ein Gesellschaftsroman, der hier entstanden ist und wenn man ihn als solches liest, läuft es dabei kalt über den Rücken, so realistisch ist es. Ja, so könnte es wirklich aussehen in ein paar Jahren und der Blick ist wenig einladend!

Ein wenig zu zerfasert und zu reich an Akteuren war mir dieser ansonsten sehr treffende Blick auf die künftige Welt, dessen Lektüre ich nichtsdestotrotz weiter empfehle.

Veröffentlicht am 20.12.2017

Familie tut weh

Am Ende der Reise
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Das wird in diesem Buch ganz klar: denn Lou und nach und nach seine älteren Brüder, die Zwillinge Ralph und Jack, begleiten ihren Vater Larry auf seinem letzten Weg. Angesichts einer unheilbaren Krankheit, ...

Das wird in diesem Buch ganz klar: denn Lou und nach und nach seine älteren Brüder, die Zwillinge Ralph und Jack, begleiten ihren Vater Larry auf seinem letzten Weg. Angesichts einer unheilbaren Krankheit, angesichts unglaublicher Schmerzen hat er sich für die abgekürzte Variante entschieden, nämlich Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. Das geht in England ebenso wenig wie in Deutschland und so begibt sich Larry - in Begleitung selbstverständlich - in die Schweiz.

Unterwegs werden noch alte Erinnerungen wach, Campingurlaube in Frankreich, Larrys große Liebe zu Wein und Kultur und diejenige zu Lous Mutter, die seine erste Familie, die er mit Ralphs und Jacks Mutter hatte, zerbrechen ließ.

Emotionen, die nicht nur aus Larry hervorbrechen, denn ebenso wie er sind seine Söhne - allen voran der theatralische Ralph - ganz schöne Egozentriker, schwierige und sperrige Typen.

Aber auch liebenswerte - zumindest stellenweise. Ein Roman mit vielen Brüchen - stellenweise habe ich beim Lesen gar vergessen, wohin die Reise, die von einen von ihnen die letzte werden sollte, führte.

Ein richtiges Familienbuch - umständlich, sich verheddernd, unklar, immer wieder polarisierend und auch irritierend - nicht nur den Leser, sondern auch die Charaktere selbst.

Auch wenn ich die Lektüre kein bisschen bereue, fühle ich mich, als hätte ich ein hartes Stück Arbeit hinter mich gebracht, das Lesen hat an mir gezehrt. Ich glaube, unbewusst hat mich mein eigenes, auch nicht gerade unkompliziertes Familiengefüge durch das Buch begleitet, die Wunden, die immer wieder aufgerissen wurden, fühlten sich so an, als seien es meine eigenen.

Ja, man muss sich gut überlegen, ob man bereit ist für dieses Buch, denn es wird am Leser zehren, wie auch immer. Ja, es ist eindringlich und kraftvoll geschrieben, wie könnte es anders sein. Sonst würde es den Leser kaum dergestalt erfassen, angreifen können.

Ein Buch, das ich überhaupt nicht gern gelesen habe, das mir dennoch viel gegeben hat und das ich nie vergessen werde!