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Veröffentlicht am 27.07.2018

Das Kind, das aus dem Keller kam

Kellerkind
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bzw. von der Polizei dort rausgeholt wurde, ist eigentlich schon ein Teenager und hat Blut an den Händen. Hat der Junge etwas mit dem Tod der überaus brutal ermordeten Frau in dem Haus zu tun, deren Leiche ...

bzw. von der Polizei dort rausgeholt wurde, ist eigentlich schon ein Teenager und hat Blut an den Händen. Hat der Junge etwas mit dem Tod der überaus brutal ermordeten Frau in dem Haus zu tun, deren Leiche entdeckt wurde, als ihr Blut pünktlich zur Abendbrotzeit durch die Decke der drunter liegenden Wohnung tropfte? Rasch stellt sich heraus, dass es sich um den 14jährigen Oliver Baptiste handelt und aufgrund diverser Verknüpfungen bleibt er auch langfristig im Visir der Ermittler - einem durchaus vielversprechenden 3er-Team, das irgendwo zwischen zünftigen Regionalermittlern mit humorigen Einsprengseln und schwermütigen Skandinaviern à la Arne Dahl angesiedelt ist. Und Heftiges, ja, Heftigstes kommt heraus, es geht um Missbrauch in vielerlei Hinsicht - wahrlich ein Krimi für hartgesottene Leser!

Denn es geht ganz schön brutal ab in Nicole Neubauers in München spielendem Krimidebüt: die Autorin hat hier einen überaus bildhaften Krimi - ich würde aufgrund des vielen Blutes fast dazu neigen, ihn als Thriller zu bezeichnen - geschaffen. Blutig und überaus wortreich! Die Autorin, durchaus eloquent, bedient sich bei ihren Ausführungen einer so reichhaltigen Sprache, dass es mir ab und an mal zu viel wurde. So viel Dichte, ein solcher Reichtum an Worten drückt durchaus auch mal auf die Spannung, was bei dem vielschichtigen, oft auch tiefsinnigen Plot nicht hätte passieren müssen und dem Leseeifer doch um einiges abträglich ist..

Ein interessanter Krimi, aber einer, der durchaus noch Potential hat: Luft nach oben, sagt man ja auch gern. Ich hoffe, die Serie mit diesem durchaus verheißungsvollen Ermittlerteam geht weiter - ein wenig professioneller und "zackiger", was den Schreibstil anbelangt. Nicole Neubauer - eine Autorin, die man sich auf jeden Fall merken sollte!

Veröffentlicht am 27.07.2018

So könnte es sein

Der Preis der Treue
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Ja, so könnte es sein, wenn ein Mann seine Frau betrügt - wobei "betrügen" hier eine Untertreibung sondergleichen ist: Er lebt nämlich faktisch mit seiner Geliebten Alix zusammen in Paris, seine Frau und ...

Ja, so könnte es sein, wenn ein Mann seine Frau betrügt - wobei "betrügen" hier eine Untertreibung sondergleichen ist: Er lebt nämlich faktisch mit seiner Geliebten Alix zusammen in Paris, seine Frau und seine Tochter sieht er nur am Wochenende in Marseille - und selbst dann nicht immer. Es ist also eher schon "richtige" Bigamie: der feine Herr, dessen Namen wir nicht kennenlernen, hat quasi zwei Familien, wobei Alix von der anderen Familie weiß, diese jedoch keine Ahnung hat - oder doch?

Der feine Herr - so will ich ihn nennen, denn einen Namen hat er nicht, hat in dem ganzen Buch nur Alix - alle anderen definieren sich nach Verwandtschaftsgraden wie Ehefrau, Tochter, etc. - betrügt seine Frau nicht nur, nein, er nutzt sie auch aus, denn in ihrer Obhut befindet sich auch sein Vater, der nicht mehr allein leben kann. Ihr obliegt die ganze Sorge um die Familie, Alix hingegen ist für das gemeinsame Leben in Paris zuständig, wo der feine Herr kaum einen Finger rührt.

Ein Filou also? Oder doch ein Mann wie jeder andere? Ich hoffe nicht, denn in der Haut seiner Ehefrau möchte ich nicht stecken. Aber sollte man ihr wirklich die Daumen drücken, dass die Entscheidung für sie fällt? Wird überhaupt eine Entscheidung fallen? Nun, verraten werden soll es nicht, denn der Leser sollte sich doch selbst einen Einblick verschaffen - wenn er es denn als lohnenswert empfindet.

Genau das ist nämlich die Frage!
Die junge Autor Diane Brasseur schreibt wunderbar: flüssig, elegant, stilvoll - aber nicht unbedingt originell. Und ob es realistisch ist, ist hier die Frage, denn sie schreibt als noch recht junge Frau aus der Perspektive eines Mannes in den besten Jahren. Rasch drängt sich dem Leser der Gedanke auf, ob sie, ob jemand aus ihrem Umfeld möglicherweise in einer ähnlichen Rolle gesteckt hat. Teilweise ändert sich die Sprache und ist sehr offen, teilweise gar vulgär, wodurch der gefällige Stil aus meiner Sicht stellenweise unterbrochen wird, auf unangenehme Art und Weise, wie ich finde.

Aber das ist Geschmackssache. Die Kernfrage aus meiner Sicht ist eher die folgende: Ist das Buch, ist seine Botschaft wichtig, ja ist sie "groß" genug, um dieses Buch zu einer lohnenswerten Lektüre werden zu lassen? Ich selbst beantworte sie mit einem "jein": ein ganz nettes Buch für zwischendurch. Eines, das man gelesen haben kann, aber nicht muss.

Veröffentlicht am 27.07.2018

Mal was anderes

Skalpelltanz
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Eine Autorin schreibt über einen Kollegen: das tut Jenny Milewski in ihrem Thriller "Skalpelltanz", in dem es um Jonas Lermann, Autor von Horrorliteratur, geht. Er hat mit Carl Cederfeldt eine Figur geschaffen, ...

Eine Autorin schreibt über einen Kollegen: das tut Jenny Milewski in ihrem Thriller "Skalpelltanz", in dem es um Jonas Lermann, Autor von Horrorliteratur, geht. Er hat mit Carl Cederfeldt eine Figur geschaffen, die unheimlicher nicht sein kann: von Berufs wegen Chirurg nutzt er sein "Dienstwerkzeug" für die perfidesten Morde, die man sich vorstellen kann. Und verhilft seinem Autor damit zu einem kleinen Vermögen, denn Lermanns Thriller, unter anderem "Skalpelltanz" werden vom Publikum ausgesprochen gut angenommen. Und seine Lesungen auch: diesen verdankt der Autor durchaus das ein oder andere erotische Abenteuer, dem er alles andere als abgeneigt ist.

Soweit gibt es noch nichts sonderlich Originelles: über professionelle Morde hat es immer mal wieder Bücher gegeben. Doch dann geschehen in der - fiktiven - Realität Morde die eindeutig die Handschrift von Carl Cederfeldt tragen. Wie ist das bloss möglich - hat sich irgendein Facharzt oder ähnliches von der Romanfigur zu grausigem Tun inspirieren lassen? Oder wird hier gar die Fiktion zur Realität? Ist etwa Carl Cederfeldt zum Leben erwacht und was bzw. wer kann ihn stoppen?

Wirklich mal was anderes - ein Thriller der ungewöhnlichen Art: Autorin Jenny Milewski spielt geschickt mit verschiedenen Handlungsebenen. Auch der Stil ist gefällig im besten Sinne des Wortes und auch die Passagen, in denen es "normal" zugeht wie bspw. eine Lesung mehrerer Kriminalschriftsteller in einer Buchhandlung gleich zu Beginn des Buches sind geschickt angefügt und passen wirklich gut. Doch dann wird es so richtig heftig, wobei ich zur Wahrung der Spannung nichts Näheres sagen will, nur so viel: Es geht ganz schön hart zur Sache und ist daher ganz klar was für Liebhaber des Horrorgenres, zu denen ich mich definitiv nicht zähle. Aber alle, die sowas mögen, sollten dieses Buch der schwedischen Autorin Jenny Milewski definitiv auf dem Schirm haben!

Veröffentlicht am 27.07.2018

Für Leser, die es wortreich lieben

Das geheime Leben der Violet Grant
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Violet und Vivian - zwei Erzählstränge, zwei Geschichten, die auf geheimnisvolle Art zusammenfließen. Vivians Geschichte nimmt 1964 im quirligen New York ihren Lauf, die von Violet startet ein halbes Jahrhundert ...

Violet und Vivian - zwei Erzählstränge, zwei Geschichten, die auf geheimnisvolle Art zusammenfließen. Vivians Geschichte nimmt 1964 im quirligen New York ihren Lauf, die von Violet startet ein halbes Jahrhundert früher in Berlin.

Vivian kommt eher durch Zufall an einen Koffer ihrer verschollenen Großtante Violet, von deren Existenz sie bisher noch nichts wusste - aus gutem Grund: sie soll nämlich ihren Ehemann umgebracht haben. Vivian leckt Blut und begibt sich auf Spurensuche in einer Zeit, in der bei ihr auch sonst so einiges los ist. Beim Abholen des Koffers auf dem Postamt hat sie nämlich den jungen und attraktiven Chirurgen Paul kennengelernt, der ihr bald alles andere als gleichgültig ist.

Und die Dinge nehmen ihren Lauf....
Gleichzeitig wird der Leser sukzessive an die Geschichte von Violet herangeführt.

Eine sehr charmante Idee ist es, die dem Roman zugrunde gelegt wurde. Aus meiner Sicht wurden jedoch die höchst interessanten historischen Epochen: die 1910er und 60er, die den Rahmen für die Handlung bilden, nicht genügend beleuchtet - möglicherweise fehlte der Autorin aufgrund mangelnder Recherche der Hintergrund. Das soll keine böswillige Unterstellung sein, sie wird für ihre Geschichte einfach andere Prioritäten gesetzt haben. Dadurch hat mein Interesse an dem Buch jedoch rapide abgenommen, da es gerade die Einbettung in die jeweilige Zeit war, die mich interessierte und von deren Vorhandensein ich bei der Anschaffung des Buches auch ausging.

Dafür gibt sich die Autorin ausgesprochen eloquent - so könnte man es positiv darlegen. Böse Zungen könnten ihre Ausführungen als seitenlanges unnützes Geschwätz bezeichnen. Für mich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen, aber auch für mich gilt. die Darstellung war nicht interessant genug, um mich dauerhaft zu begeistern Eine etwas elegantere Aufbereitung des Themas im vorher ausgeführten Sinne und etwa 200 Seiten weniger hätten mir mehr zugesagt. Dann hätte ich den durchaus vorhandenen Witz bzw. Esprit der Autorin auch goutieren können - so verlor er sich in den Wortmassen.

Veröffentlicht am 27.07.2018

Aus ihrem bisherigen Leben verduften

Die Rosenfrauen
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das tut Elena Rossini im wahrsten Sinne des Wortes, nachdem sich ihr bisheriges Leben, ihre Hoffnungen und Träume, in Luft aufgelöst haben. Ihr Verlobter Matteo, in dessen Restaurant sie sich quasi mit ...

das tut Elena Rossini im wahrsten Sinne des Wortes, nachdem sich ihr bisheriges Leben, ihre Hoffnungen und Träume, in Luft aufgelöst haben. Ihr Verlobter Matteo, in dessen Restaurant sie sich quasi mit eingekauft und eingearbeitet hatte, hat sie belogen und betrogen - Zeit, sich neu zu orientieren bzw. zu den alten Werten und damit - zumindest fachlich - in den Schoß der Familie zurückzukehren. Und die führt ein sehr aromatisches Leben, hat sich der Parfumherstellung verschrieben, einer Profession, der auch Elenas beste Freundin Monique frönt. Diese macht Elena ein Angebot: ihr nach Paris zu folgen und dort mit ihr zu arbeiten, schließlich verfügt Elena über eine profunde Ausbildung in dieser Profession, von der sie sich abgewandt hatte. Und nach und nach wird die Profession dann doch zur Passion.

Warmherzig und mitreißend schreibt die Autorin Cristina Caboni über ein ungewöhnliches, doch ausgesprochen faszinierendes Thema. Wie Elena in ein neues Leben startet und ihr ureigenes, ganz besonderes Glück findet - das zu erfassen, bedeutet ein ganz besonderes Lesevergnügen, allerdings für mich eines mit Einschränkungen: die detaillierten Ausführungen zu den Düften wurden mir doch immer wieder zu viel. Und so richtig tiefgründig war die Geschichte um Wohl und Weh von Elena auch nicht. Trotzdem - ein wunderbares Urlaubsbuch, das aber auch sehr geeignet ist für die kleinen Fluchten im Alltag - zum Wegträumen und Krafttanken!