Profilbild von engineerwife

engineerwife

Lesejury Star
offline

engineerwife ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit engineerwife über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.01.2023

"Nigdy się nie poddamy, wir geben nicht auf!"

Hannah und ihre Brüder
0

Das Buch beginnt mit einem ordentlichen Schreck, denn der betagte Ben Solomon, der vor nicht allzu langer Zeit seine geliebte Frau Hannah verloren hat, taucht plötzlich mit einer Waffe auf einer Galaveranstaltung ...

Das Buch beginnt mit einem ordentlichen Schreck, denn der betagte Ben Solomon, der vor nicht allzu langer Zeit seine geliebte Frau Hannah verloren hat, taucht plötzlich mit einer Waffe auf einer Galaveranstaltung auf und bedroht ausgerechnet einen der Ehrenbürger Chicagos, der mit vielen Spenden und Hilfen besonders der jüdischen Gemeinschaft unter die Arme greift, da er doch vermeintlich ähnlich schlecht wie die meisten Juden während des Zweiten Weltkriegs behandelt wurde. Das gibt er zumindest vor, doch Ben ist überzeugt in ihm seinen „Fastbruder“ erkannt zu haben, mit dem er damals in Polen aufgewachsen ist. Keiner glaubt dem alten Ben und so engagiert er in seiner Verzweiflung die Anwältin Catherine Lockart um mit ihr und dem befreundeten Privatermittler Liam Taggart der Sache auf den Grund zu gehen und hoffentlich ein schauriges Verbrechen aufzuklären. Werden sie gemeinsam den mächtigen „Elliot Rosenzweig“ zur Strecke bringen?

Der Roman muss dem Autor Ronald H. Balson nur so aus der Feder geflossen sein, denn er liest sich fast von selbst. Ein Buch, das an den Händen klebt und das man nur schwer zu Seite legen kann. Besonders die Zeit vor und während des Krieges in Polen ist sehr authentisch geschildert und muss Herrn Balson einiges an Recherchearbeit abgerungen haben. Davor ziehe ich meinen Hut. Dennoch fand ich das Buch irgendwie sehr amerikanisch. In Europa und wahrscheinlich besonders in den vom Krieg damals schwer betroffenen Länder wie Deutschland, Österreich, England, Frankreich und so weiter, meine ich, schreibt man ein wenig anders. Fast als wäre man näher am Geschehen gewesen, wenn auch die heutigen Autoren meist selbst noch nicht mal geboren waren. Nichtsdestotrotz hat mich das Buch gefesselt und ich vergebe mit gutem Gewissen eine Bewertung mit vier Sternen.

Veröffentlicht am 11.01.2023

"Die habbe e Bub aus mir gemacht!"

Tante Martl
0

Wie es scheint, hüpfen diesen Monat Familiengeschichten gleich mehrfach direkt aus meinem SUB-Regal auf die Leseliste. Wie schön, denn genau die haben es mir im Moment recht angetan. So geschehen dann ...

Wie es scheint, hüpfen diesen Monat Familiengeschichten gleich mehrfach direkt aus meinem SUB-Regal auf die Leseliste. Wie schön, denn genau die haben es mir im Moment recht angetan. So geschehen dann auch mit der titelgebenden Tante Martl, die als Protagonistin in dem Roman von Ursula März in Erscheinung tritt. Sie wird als drittes Mädchen und somit als große Enttäuschung für ihren Vater geboren, der sich doch so sehr einen Stammhalter gewünscht hatte. So lässt er dann auch – ob aus Wut oder aus Scham – auf dem Standesamt den Namen Martin und nicht Martina in die Geburtsurkunde eintragen. Das wiederum verzeiht ihm seine Frau nicht und so ist es ein Hin- und Hergezerre mit dem armen Kind. Sie muss von Anfang an gespürt haben, dass sie kein Wunschkind ist und entwickelt sich ganz anders als ihre Schwestern Bärbl und hübsche Rosa, die immer Papas Liebling war. Zeitlebens bleibt sie unverheiratet und kinderlos, doch auch ihr Leben ist individuell und etwas Besonderes. Sie hat einen Beruf, verdient ihr eigenes Geld, reist, ist intelligent und interessiert und so fühlt sich dann ihre Nichte Ursula berufen, die Geschichte dieser außergewöhnlichen Frau mit dem „pälzischen“ Dialekt zu erzählen …

Während ich mich erst ein wenig an die Erzählstimme der Sprecherin Bettina Hoppe gewöhnen musste, hatte ich sie spätestens nach ihrem ersten Auftritt in authentischem Dialekt liebgewonnen. Gemeinsam mit der Autorin Ursula März, um deren Familiengeschichte es bei Tante Martl geht, wurde ein Hörgenuss der besonderen Art geschaffen. Ich konnte mich für die Lektüre begeistern und vergebe gerne verdiente vier von fünf Sternen. Und ganz besonders freut mich, dass sich mein Duettpartner genauso daran erfreuen konnte. Für mich war es ein absolutes Wohlfühlbuch.

Veröffentlicht am 05.01.2023

Auf die Freundschaft, auf die Liebe und vor allen Dingen auf das Leben!

Madame Colette und das Talent zu leben
0

Ich glaube, hätte ich dieses Buch nicht einer lieben Lesefreundin versprochen, ich hätte es wohl nicht in die Hand genommen. Da ich es nicht einfach ungelesen weggeben wollte, wagte ich einen Blick hinein. ...

Ich glaube, hätte ich dieses Buch nicht einer lieben Lesefreundin versprochen, ich hätte es wohl nicht in die Hand genommen. Da ich es nicht einfach ungelesen weggeben wollte, wagte ich einen Blick hinein. Und so lernte ich Rose, die alleinerziehende Mutter, kennen, deren Leben sich nicht gerade zum Besten zu entwickeln schien. Job weg, der 18jährige Sohn ist zur Freundin gezogen, eigene Freunde Fehlanzeige. Man sollte meinen, es kann eigentlich nur bergauf gehen. Das Schicksal scheint bald auch tatsächlich zuzuschlagen und vermittelt Rose einen gutbezahlten Job als Gesellschafterin von Madame Colette - so nimmt sie jedenfalls an, sogar mit eigenem Apartment! Sie kann ihr Glück kaum fassen und findet sich bald in einer Luxuswohnung in einer noblen Pariser Wohngegend wieder. Ins kalte Wasser geworfen wird ihr erst langsam klar, auf was sie sich da eingelassen hat …

Mit „Madame Colette und das Talent zu leben“ fand ich mich beim Lesen in einer ganz zauberhaften Geschichte wieder, die einem als Leser durch die Blume suggeriert nicht aufzugeben, an Freundschaften zu glauben und das Leben zu genießen. Während die Autorin bewusst ein wenig überzogene Episoden einbaut, fühlt man sich doch schnell zum Nachdenken über das eigene Leben inspiriert. Für mich versprühte das Buch einen ganz besonderen Charme und passte perfekt zum Beginn eines neuen Jahres. Liebenswerte Charaktere und eine ungewöhnliche Freundschaft vereinen sich in dieser einfühlsam erzählten Story, in die man sich einfach fallen lassen kann. Ich vergebe hier gerne vier von fünf Sternen für diese kleine "Lese-Wellness-Pause" im Alltag.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
Veröffentlicht am 02.01.2023

Was war Mamas Lieblingsblume?

Erstaunen
0

Wenn man als Kind wie Robbie anders ist als die Anderen, hat man keinen leichten Stand. Das bekommt der sensible und zugleich hochintelligente Junge täglich am eigenen Leib zu spüren. Als er dann auch ...

Wenn man als Kind wie Robbie anders ist als die Anderen, hat man keinen leichten Stand. Das bekommt der sensible und zugleich hochintelligente Junge täglich am eigenen Leib zu spüren. Als er dann auch noch seine Mutter durch einen Unfall verliert, gerät seine Welt vollends in Wanken. Sein Vater Theo versucht ihn aufzufangen und gleichzeitig seine eigene Trauer zu verarbeiten. Gemeinsam versuchen sie die Welt und die Natur um sich herum zu erkunden, lernen wie wichtig ihr Einklang für Mensch, Tier und Pflanze ist, bis sie schließlich an ihre Grenzen stoßen …

Eigentlich fällt dieses Hörbuch nicht so wirklich in mein Beuteschema, aber nachdem es in meiner Lesegruppe hoch gelobt wurde und ich mir doch tatsächlich noch ein wenig Hörzeit freigeschaufelt hatte, ließ ich es auf einen Versuch ankommen. Ich gebe zu, es hat mich an vielen Stellen tatsächlich berührt, ja geradezu fasziniert, doch irgendwann merkte ich, dass auch ich an meine Grenzen stieß. Hier wurden doch viele Themen behandelt, mit denen ich mich wahrscheinlich bis jetzt zu wenig auseinandergesetzt habe. Ich fühlte mich ein wenig erschlagen. Die Geschichte hat zwar eine gewisse Neugier in mir geweckt, konnte mich aber nicht ganz überzeugen. Ich vergebe für „Erstaunen“ gute vier Punkte.

Veröffentlicht am 29.12.2022

Ein Leben für den Widerstand ...

Die Spionin der Charité
0

Der Autor Christian Hardinghaus, der mir aus „Die verlorene Generation“ und „Ein Held dunkler Zeit“ – übrigens beides Bücher, für die ich die volle Punktzahl vergeben habe – bestens bekannt ist, hat auch ...

Der Autor Christian Hardinghaus, der mir aus „Die verlorene Generation“ und „Ein Held dunkler Zeit“ – übrigens beides Bücher, für die ich die volle Punktzahl vergeben habe – bestens bekannt ist, hat auch mit der Spionin der Charité wieder einen exzellent recherchierten Roman vorgelegt. Sicher trug mein Vorabwissen dazu bei, mich hier recht schnell zurecht zu finden, so dass ich der Geschichte gut folgen konnte. Ich freute mich sehr, dass hier scheinbar ein junger Journalist Interesse an der Geschichte rund um Sauerbruch und Kolbe zeigte, wohingegen sich viele Menschen nach dem Krieg doch lieber in das Deckmäntelchen des Schweigens hüllten und vorgaben, entweder alles vergessen zu haben oder – noch besser – von gar nichts gewusst haben wollten. Ähnlich geht es Liliy, die schließlich bereitwillig auspackt und uns als Leser somit das ganze Leid von damals miterleben lässt.

Obwohl es sich an manchen Stellen fast wie ein Sachbuch gibt, schafft der Autor es, den Spannungsbogen durch das Buch hinweg zu halten und den Hörer oder Leser an die Story zu fesseln. Er orientiert sich an wahren Begebenheiten, bedient sich jedoch der schriftstellerischen Freiheit, einige Namen zu ändern und sicher auch den ein oder anderen Verlauf ein wenig anzupassen. Dennoch spürt man deutlich die Gefahr, die für die Mitglieder der Widerstandsbewegung bestanden haben muss, und wieder und wieder ziehe ich meinen Hut vor ihrem Mut.

Der manchmal ein wenig trocken anmutende Schreibstil wird durch den genialen Schluss auf jeden Fall wett gemacht, sodass ich hier sehr gerne vier von fünf Sternen gespickt mit einer Lese- bzw. Hörempfehlung an alle geschichtsinteressierten Leser vergebe.