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fredhel

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.03.2019

Ein Öko-Regio-Krimi

Lämmerweid
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Vögel überfliegen eine Viehzaun, ein Szenario in graugrünem Dunst, so bietet sich das Cover als erster Eindruck dem Leser dar.
Aktuell taumelt Deutschland von einem Lebensmittelskandal zum nächsten. "Nein, ...

Vögel überfliegen eine Viehzaun, ein Szenario in graugrünem Dunst, so bietet sich das Cover als erster Eindruck dem Leser dar.
Aktuell taumelt Deutschland von einem Lebensmittelskandal zum nächsten. "Nein, überhaupt kein Risiko für den Endverbraucher!" wird abgewiegelt
und so paßt der neueste Krimi LÄMMERWEID von Joachim Rangnick perfekt ins Zeitgeschehen.
Auch hier geht es um die weltumspannenden Machenschaften eines amerikanischen Multikonzerns, der seine Finger international in der Chemie-/Pharma-/Nahrungsmittelbranche hat, ein perfides Netz aus Korruption bis in die höchsten Ebenen spinnt und für den ein Menschenleben nichts gilt.
Der Journalist Robert Walcher wird unfreiwillig involviert durch einen Kollegen, der Undercover jahrelang im Konzern gearbeitet hat, um fundiertes Beweismaterial zusammenzustellen. Es beginnt eine Reihe von Todesfällen im nahen Umfeld Walchers, Freunde und Familie werden bedrängt, verletzt und entführt und auch sein eigenes Leben wird attakiert.
Erwartet hatte ich einen Krimi mit kauzigem Lokalkolorit, ein wahrer Thriller tat sich dagegen auf mit einem Horrorszenario, das dermaßen realistisch ist,
daß ich nicht weiß wo die Fiktion aufhört und die Wahrheit beginnt. Nie wieder wage ich zu sagen: sollen die doch Genmais anbauen, wenn sie wollen...
insofern hat dieser Roman eine erzieherische Wirkung, die ein Tatsachenbericht nie erreichen könnte. An Action mangelt es dennoch nicht, und das ausgefeilte Hightech- Equipment der guten Seite kann mit einem amerikanischen Thriller durchaus mithalten.
Wenn ich könnte, würde ich Lämmerweid zehn Sterne geben.

Veröffentlicht am 07.03.2019

Ein ewig dummer Junge

Adieu, Sir Merivel
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Am 9.November 1683 steigt der Leser in das Leben von Sir Robert Merivel ein. Merivel kam als Kind eines Kurzwarenhändlers zur Welt und machte dank seines scharfen Verstandes eine beachtliche Karriere als ...

Am 9.November 1683 steigt der Leser in das Leben von Sir Robert Merivel ein. Merivel kam als Kind eines Kurzwarenhändlers zur Welt und machte dank seines scharfen Verstandes eine beachtliche Karriere als Arzt. Der König Charles II. wurde auf ihn aufmerksam, nicht wegen seiner Heilkünste, sondern eher wegen seines freundlichen, manchmal kauzigen Wesens, das den König oft zum Lachen brachte. Auf Merivels weiteren Lebensweg ist sein Schicksal eng mit dem des Königs verknüpft. Er erhält als Gunstbeweis und zugleich als Lohn für erwiesene Dienste das Landgut Bidnold Manor, verliert es wieder, gewinnt es zurück....sein impulsives Verhalten bringt Merivel mehr als einmal in große Bedrängnis. Er ist wie ein großes Kind: was er will, das will er augenblicklich haben, und an Konsequenzen seines Handelns denkt er erst, wenn es zu spät ist. Er hat aber auch ein großes Herz, wie ein unschuldiges Kind, und diesem Herzen am nächsten stehen seine bildhübsche Tochter Margaret, sein König und nicht zuletzt sein getreuer, alternder Diener Will.
Mit seinen 57 Jahren will Sir Merivel noch etwas erleben. Er macht sich mit einem Empfehlungsschreiben von König Charles auf nach Versailles, um am dortigen Hof eine Anstellung zu finden. Das Schicksal hat andere Pläne und so landet er in den Armen, im Herzen und im Bett der leidenschaftlichen, leider verheirateten, Louise de Flamanville. Das Ende des Romans macht mich dann doch traurig. Es ist zwar in seiner Entwicklung konsequent, denn Merivel ist nicht unschuldiger Verlierer sondern einfach nur ein dummer ewiger Junge, doch ich hab ihn in all seinen Lebenslagen liebgewonnen. Deswegen kann ich den Roman dennoch guten Gewissens weiterempfehlen. Er ist wie ein großes Gemälde der damaligen Zeit, und Merivels Charakterfehler sind im Zusammenhang mit den damals gängigen Sitten und Gebräuchen absolut entschuldbar.

Veröffentlicht am 07.03.2019

Superagenten

Biest
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Jenk Saborowski ist mit "Biest" ein Wurf gelungen, der ihn auf eine Stufe stellt mit den ganz Großen des Agententhriller-Genres. Man kann ihn in einem Atemzug nennen mit Frederick Forsyth und John le Carré.

Das ...

Jenk Saborowski ist mit "Biest" ein Wurf gelungen, der ihn auf eine Stufe stellt mit den ganz Großen des Agententhriller-Genres. Man kann ihn in einem Atemzug nennen mit Frederick Forsyth und John le Carré.

Das Biest ist ein geheimnisvoller russischer Oligarch, der es trotz größter Raffinesse nie so ganz in die allerfeinste Riege der Moskauer High Society geschafft hat. Das will er nun mit seinem letzten grandiosen Coup erzwingen: insgeheim hat er sich durch verschleierte Finanztransaktionen große Anteile russischer Gasversorger angeeignet, und mit Hilfe eines Computervirus, das gezielt die Steuerung von Kernkraftwerke angreift, gepaart mit terroristischen Anschlägen, will er die europäische Atomstromversorgung dermaßen in die Knie zwingen, daß man, um die Wirtschaft nicht zu gefährden, den Import von russischem Gas drastisch erhöhen müßte. Was natürlich die Gaspreise ins Unermessliche schiessen lassen würde.
Das Biest hat eine ebenbürtige Gegenspielerin: die Spezialagentin "Slang" vom ECSB, einer kleinen, aber äußerst effizienten Organisation mit weitreichenden Befugnissen, um grenzüberschreitend die europäische Schwerkriminalität niederzuschlagen.
Der Leser folgt mit "Slang" und ihren genialen Mitstreiter und Kollegen der Spur des absolut skrupellosen und tödlichen Biests quer durch Europa. Ständig wechselnde Schauplätze und atemberaubende Action halten permanent die Spannung auf dem gleichbleibend hohen Level. Es passiert einfach zu viel in diesem Thriller, um auf alles genau einzugehen, ganz davon abgesehen, daß anderen Lesern nicht vorab die Spannung geraubt werden darf. Sowohl die internationalen Schauplätze als auch die komplexe Materie an sich ist bemerkenswert gut recherchiert und mit einer Leichtigkeit in den Plot einflochten, so daß der Leser nie an seine Grenzen stößt und sich überfordert fühlt. Im Gegenteil, ich finde, daß unbemerkt der Horizont erweitert wird, in dem man so ganz nebenbei reale Anwendung von Wahrscheinlichkeitsrechnung erfährt oder sich in die Atmosphäre eine U-Bootes einschnuppern kann.
"Biest" ist ein Agententhriller, den ich uneingeschränkt empfehlen kann.

Veröffentlicht am 02.03.2019

Gnadenloses Schicksal

1793
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Das Buch "1793" von Niklas Natt och Dag soll ein historischer Kriminalroman sein, doch er ist weit mehr als das. Es dreht sich alles um eine schaurige Wasserleiche, die über einen langen Zeitraum unvorstellbar ...

Das Buch "1793" von Niklas Natt och Dag soll ein historischer Kriminalroman sein, doch er ist weit mehr als das. Es dreht sich alles um eine schaurige Wasserleiche, die über einen langen Zeitraum unvorstellbar gequält worden ist. Man hat ihr bei lebendigem Leib Augen, Zunge und Gliedmassen amputiert. Der schwindsüchtige Jurist Cecil Winge und sein einarmiger, bärenstarker Büttel Cardell geben schon ein denkwürdiges Ermittlerpaar ab. Doch neben dem kriminalen Handlungsstrang werden auch die Lebensgeschichten des Opfers, des Täters und noch anderer Personen, die eng mit dem Geschehen verknüpft sind, in anschaulichster Weise erzählt, so dass sich ein sehr düsteres Stimmungsbild über das Stockholmer Leben im späten
18. Jahrhundert abzeichnet. Bitterste Not, soziale Ungerechtigkeit und übelste Lebensbedingungen, denen man nicht entkommen kann, lassen einen als Leser mitfühlen. Man meint schon fast den Gestank der Gewässer in der Nase zu haben, so drastisch beschreibt der Autor das Milieu. Sein Erzähltempo ist deshalb eher geruhsam, weil er den Blick auch auf Details gerichtet hat. Seine Charaktere hinterlassen einen starken Eindruck, eben weil man so viel über ihr Leben erfährt.
Für mich war das Buch sehr lehrreich, denn es hat mehr zu bieten als Leichen und Mörderjagden. Es ist auf seine Art spannend bis zur letzten Seite, aber trotzdem mit einem wirklich in sich ruhenden Ende, das keine Fragen mehr offen lässt. Absolut empfehlenswert.

Veröffentlicht am 24.02.2019

Lippische Leichen

Wolfsspiel
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Wie immer ist das Cover von dem Gmeiner-Krimi schön gestaltet und passt optisch in die Reihe meiner anderen Gmeiner-Bücher. Der Autor Christian Jaschinski bringt sehr viel Spannung über das beschauliche ...

Wie immer ist das Cover von dem Gmeiner-Krimi schön gestaltet und passt optisch in die Reihe meiner anderen Gmeiner-Bücher. Der Autor Christian Jaschinski bringt sehr viel Spannung über das beschauliche Lipperland, denn insgesamt vier Leichen werden an exponierten Stellen aufgefunden. Da in jeder Halma-Kegel als Markenzeichen des Täters gefunden werden, muss sich Kommissar Florian Dreier mit seinen Kollegen auf die Suche nach einem Serienmörder machen.
Wechselnde Sichtweisen halten die Spannung aufrecht. Besonders gut gefallen hat mir, wie sich der Autor als Mann in die Psyche einer missbrauchten Frau hineinversetzen kann. Ich finde es auch sehr geschickt von ihm, wie er die Handlung an realen Plätzen stattfinden lässt, die jedem Lipper bekannt sind und deswegen schon eine gewisse Nähe herstellen. Das übertreibt er aber nicht, so dass sich ortsfremde Leser nicht überrollt fühlen, sondern vielleicht sogar Lust auf einen Besuch nach Lemgo und Umgebung bekommen.
Den Plot empfinde ich als logisch und psychologisch gut durchdacht, das Rachethema ist nachvollziehbar.
Jetzt warte ich auf weitere Folgen.