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Veröffentlicht am 25.03.2023

Auf Schusters Rappen durch das wilde Herz Bayerns

KOMPASS Endlich Wildnis - Bayern
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Alte Mühlen, bizarre Felsformationen, unheimliche Ruinen und wildromantische Wasserfälle inmitten der ewigen Wälder - klingt nach Abenteuern, die irgendwo mehrere tausend Kilometer entfernt auf uns warten. ...

Alte Mühlen, bizarre Felsformationen, unheimliche Ruinen und wildromantische Wasserfälle inmitten der ewigen Wälder - klingt nach Abenteuern, die irgendwo mehrere tausend Kilometer entfernt auf uns warten. Doch die Wildnis liegt quasi vor der Haustür, denn die Natur Bayerns bietet Naturerlebnisse der Extraklasse, die für unvergessliche Eindrücke sorgen.

In "Endlich Wildnis - Bayern" werden 44 Wandertouren vorgestellt, die an die schönsten Plätze führen und Natur pur bedeuten. Manchmal sind es Pfade, auf denen die Wandernden stundenlang niemandem begegnen und das Gefühl haben, die Schönheit der Natur ganz für sich alleine zu haben. Das Gefühl von purer Wildnis, Eins werden mit der Natur und das Eintauchen in die imposante Bergkulisse wird hier möglich, denn die Touren sind alle sehr ausführlich und leicht verständlich beschrieben und als GPX-Download verfügbar, sodass sie sehr gut nachgegangen werden können. Die Infokästen geben Aufschluss über Dauer, Länge, Höhenmeter und den Schwierigkeitsgrad, um auf einen Blick zu erfassen, für wen die Tour geeignet ist. Die Übersichtskarten sind zudem eine erste Orientierung, um in die Planung der jweieligen Wanderung einsteigen zu können.

Von der kleinen gemütlichen Wanderung bis hin zur großen Tour, bei der ordentlich Höhenmeter zu bewältigen sind, finden hier Wanderbegeisterte eine gut Auswahl an Möglichkeiten, um die malerische, ursprüngliche Landschafts Bayerns zu entdecken. Mystische Moore, magische Kraftplätze, schmale Grate, Waldgeflüster und wilde Kräuter - von gemächlich gehen bis Drahtseilakt ist alles dabei, um dem Ruf der Wildnis zu folgen. Die Sehnsucht nach echten Abenteuern im Geist und die Wanderleidenschaft im Herzen lassen uns mit diesem Wanderführer eine wunderbare Zeit in der Natur erleben.

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Veröffentlicht am 24.03.2023

Roadmovie mit Herz, Hirn und Humor

Koller
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Sie sind wie Feuer und Wasser, Sonne und Mond, Tag und Nacht und doch können beide eine unglaubliche Anziehungskraft nicht leugnen. Chris und Koller werden zu einer Art Fahrgemeinschaft, die sich eigentlich ...

Sie sind wie Feuer und Wasser, Sonne und Mond, Tag und Nacht und doch können beide eine unglaubliche Anziehungskraft nicht leugnen. Chris und Koller werden zu einer Art Fahrgemeinschaft, die sich eigentlich auf dem Weg Richtung Ostsee befindet. Aber wie das im Leben so ist: Erstens kommt alles anderes und zweitens sowieso, denn Pläne sind dafür da, um über den Haufen geschmissen zu werden. Während Chris noch darüber nachdenkt, ob dieser Schritt der richtige ist, tritt Koller das Gaspedal bis zum Anschlag durch und feiert das Leben...


Annika Büsing schafft es auch mit ihrem zweiten Buch, die Leser:innen in ihren Roman regelrecht magnetisch hineinzuziehen, denn Chris und Koller sind zwei polarisierende Typen, die ihre Auftritte regelrecht genießen. Während Koller manchmal einfach Dinge nur so salopp "hinrotzt" und sich nicht großartig Gedanken über das was-wäre-wenn macht, ist Chris sehr feinfühlig und introvertiert.

Obwohl Chris keinen Hehl daraus macht, dass er auf Männer steht und Koller für ihn eine Versuchung ist, hält er sich doch sehr zurück, denn er merkt, dass er sich an Koller die Finger verbrennen wird. Bei Koller selbst ist der Name Programm, denn dort, wo er auftaucht, erleiden nicht nur seine Mitmenschen selbigen.

Was als Kurztrip an die Ostsee gedacht ist, wird dank Büsing zu einem echten Roadmovie mit Herz, Hirn und Humor, auch wenn sie ernste und sehr aktuelle Themen anspricht. Es ist die Suche nach sich selbst und dem kleinen Funken Liebe, die sie ihren beiden Hauptdarstellern regelrecht auf den Leib schneidert. Während Koller eher die Bezeichnung "Knalltüte" verdient, weil er eben ständig seinen Willen durchsetzen muss - und das auch meist vortrefflich hinbekommt, ist Chris eher der Gefühlsmensch und trägt sein Herz auf der Zunge.

Der Trip an die Ostsee ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle, bei der die beiden Protas in voller Fahrt immer wieder mitten ins Leben katapultiert werden. Rückblenden,Tagebucheinträge und der Blick ins Fotoalbum machen dieses Buch wieder zu einem ganz besonderen Leseerlebnis.

Das Leben ist eines der härtesten Erfindungen und Büsing bringt treffsicher die Höhen und Tiefen, Sehnsüchte und Träume auf den Punkt.

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Veröffentlicht am 23.03.2023

ch will Zeugnis ablegen bis zum letzten (V. Klemperer)

Als wir die Maikäfer waren
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Christoph Heubner lässt in seinem Buch " Als wir die Maikäfer waren" die dunkelste Zeit unserer Geschichte aus den Seiten steigen und ermöglicht Überlebenden des Holocaust, von ihren Erlebnissen, ihren ...

Christoph Heubner lässt in seinem Buch " Als wir die Maikäfer waren" die dunkelste Zeit unserer Geschichte aus den Seiten steigen und ermöglicht Überlebenden des Holocaust, von ihren Erlebnissen, ihren Dämonen und ihrem Schmerz zu erzählen. Jede einzelne Seite des kleinen Büchleins lässt sowohl die Toten, als auch die Lebenden, an die Orte ihrer Knechtschaft zurückkehren und mit den Erinnerungen kämpfen. Denn das, was zwischen Stacheldraht, Baracken und Todesmarsch stattgefunden hat, hat für immer tiefe Wunden hinterlassen, deren Narben nie ganz verheilen werden.

Die Überlebenden erzählen aber auch vom Glück in ihrem Leben ,auch wenn es auf den ersten Blick nicht danach ausgesehen hat. So wird Eva zweimal ins kalte Wasser geworfen - einmal, um schwimmen zu lernen und das andere Mal, um, trotz Fesseln, zu überleben. Raphael kehrt an den Ort seiner Flucht zurück, um endlich die bohrenden Fragen nach dem Schicksal von Ernest beantwortet zu bekommen. Worte sind wie Peitschenhiebe und können uns ein Leben lang verfolgen - auch dann, wenn eine zufällige Begegnung der Erinnerung einen Streich spielt Das daraus eine Erfolgsgeschichte wird, die die Verarbeitung des Schmerzes in sich trägt, ahnt die Betroffene zunächst nicht.

Es sind kurze Kapitel, die den Schmerz, die Grausamkeit und die immer wiederkehrenden Erinnerungen wie in Wellen an die Leser,innen herantragen. Und doch spricht aus ihnen Hoffnung, denn zwischen all dem Schwarz findet auch die Farbe wieder zurück ins Leben. Das Buch mahnt an, die Toten nicht zu vergessen und den noch Lebenden zuzuhören, denn auch sie verstummen nach und nach. Sie haben den Mut gefunden, aus ihrer Pein und Qual auszubrechen und die Schicksale hinter den Nummern ein Gesicht und eine Stimme zu geben.

Ein sehr aufwühlendes und eindringliches Buch gegen das Vergessen.

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Veröffentlicht am 22.03.2023

Hab keine Angst, du selbst zu sein

Hundert Himmel
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Zio hat festgestellt, dass in seiner kleinen Zilpzalpbrust ganz viele wunderbare Tönen wohnen, die zu einzigartigen Liedern werden. So sitzt er lieber auf dem Ast seiner Buche und trällert vor sich hin, ...

Zio hat festgestellt, dass in seiner kleinen Zilpzalpbrust ganz viele wunderbare Tönen wohnen, die zu einzigartigen Liedern werden. So sitzt er lieber auf dem Ast seiner Buche und trällert vor sich hin, als sich gemeinsam mit den anderen Vögeln seines Schwarmes auf den großen Flug durch die hundert Himmel vorzubereiten. Auch findet Zio Gefallen an Tagträumen im Wald, denn es duftet so würzig nach Holz, Moos und Harz. Das Wasser in der Quelle sprudelt munter über die Steine und die Sonnenblume scheint mit der Sonne am Himmel um die Wette zu strahlen. Aber plötzlich zieht ein dunkler Schatten über Zios kleines Vogelherz,denn alle Vögel in seinem Schwarm wollen nichts mehr mit ihm zu tun haben. Und warum ? Weil er lieber singt und träumt, statt sich anzupassen und mit den anderen zu fliegen...


Astrid Ruppert gelingt mit "Hundert Himmel" etwas ganz Wunderbares - sie verzaubert nämlich von der ersten Seite an ihre Leser:innen mit einem unglaublich tiefgründigen und seelenvollen Schreibstil und strickt daraus ein Büchlein, das Balsam für die Seele ist. Zio steht stellvertretend für uns alle, die wir regeleecht verlernt haben, auf das zu hören, was in uns wohnt. Beim unsteten Streben nach größer, höher, weiter, schneller passen wir uns nämlich immer mehr der breiten Masse an, ohne auf uns zu achten, unseren Träumen und Wünschen Raum zu geben und uns selbst zu verwirklichen.

Mit Zio wechseln die Leserinnen nämlich die Perspektive und schlüpfen in das Gefieder des kleine Zilpzalp, der seine vermeintliche Schwäche in positive Energie umwandelt. Zio gelingt es nämlich, seine Bedürfnisse zu erkennen , achtsamer und aufmerksamer seine Umgebung zu betrachten und sich aus den Zwängen des Mantra " du musst, du musst, du musst" zu befreien. Die Autorin verfasst Zios Erkenntnisse in philosophische, tiefgründige Worte und sensibilisiert ihre Leserschaft darin, mehr im Moment zu sein, dem eigenen Glück nicht im Weg zu stehen und blockierende (Gruppen-)Zwänge aufzulösen und abzustreifen.

Das Buch enthält einen Hauch Poesie, denn die Lieder, die Zio zwitschert, sind in wunderschönen und inspirierenden Versen verfasst. Vor allen Dingen zeigen sie, dass nichts unmöglich ist, wenn wir mit Selbstvertrauen, Kreativität und Achtsamkeit Neues ausprobieren und mit ein bisschen Mut auch mal gegen den Strom schwimmen.

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Veröffentlicht am 20.03.2023

Eine Familie, die keine schwarzen Schafe hat, ist keine charakteristische Familie (H. Böll)

Die Wirtinnen
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Seit Jahrzehnten ist das Gasthaus auf dem Land Dreh- & Angelpunkt im Leben von Johanna, Marianne und Gertrud. Aber so richtig wohl fühlen sich die Frauen weder in ihrer Haut, noch mit dem Klotz am Bein, ...

Seit Jahrzehnten ist das Gasthaus auf dem Land Dreh- & Angelpunkt im Leben von Johanna, Marianne und Gertrud. Aber so richtig wohl fühlen sich die Frauen weder in ihrer Haut, noch mit dem Klotz am Bein, zu dem das Gasthaus im Verlauf der Zeit geworden ist. Auch wenn drei Generationen unter einem Dach leben, ist von Vertrauen und Verständnis keine Spur, denn zu viel ist bisher geschehen,was Misstrauen und Vorsicht notwendig macht. Einzig das Pflichtgefühl ihren Gästen gegenüber eint Großmutter, Mutter und Enkelin. Und noch etwas haben alle drei gemeinsam, ohne dass jemals wirklich darüber gesprochen wird - alle drei hängen ihren Träumen nach, weil immer irgendetwas dazwischen kommt....


"Die Wirtinnen" von Silvia Pistotnig ist ein unglaublich starker Generationenroman, der über die Jahrzehnte hinweg sehr detaillierte Einblicke in die jeweiligen Lebensabschnitte von Johanna, Marianne und Gertrud ermöglicht. Die Autorin zeichnet sehr klare Figuren, die , obwohl sie alle unter einem Dach leben, wenig bis gar nichts voneinander kennen und mehr aus Pflichtgefühl, denn aus tiefer inniger Verbundenheit im sehr wackligen Familienkonstrukt leben.

Da es viele Perspektivenwechsel gibt, ermöglicht Pistotnig ihrer Leserschaft, sich ein sehr genaues Bild von den einzelnen Charakteren zu machen und ihre Lebensgeschichten mit allen ihren Höhen und Tiefen kennenzulernen. Während Johanna als Kind und Heranwachsende das Orgelspiel für sich entdeckt und geradezu begnadet an den Tasten ist, wird sie von der eigenen Mutter emotional ziemlich kurz gehalten und ihre Begeisterung für das Instrument mehr oder weniger verteufelt. Mit der Vergewaltigung durch den Schwager nimmt ihr Leben eine tragische Wendung und Johanna, naiv und wenig aufgeklärt, hat schwer an den Folgen zu tragen. Bis ins hohe Alter wirkt sie verbissen, emotionslos und bemüht, die Fehler ihrer Vergangenheit nicht auf Tochter und Enkelin zu übertragen.

Marianne ist ein Zahlengenie und fühlt sich in der Welt der Mathematik mehr Zuhause, als es ihr das Gasthaus und ihre Ehe je sein könnten. Auch sie fügt sich mehr schlecht als recht in ihre Rolle als Ehefrau, Mutter und Gastwirtin und merkt dabei nicht, dass ihre Gefühlskälte und ihre stoische Gelassenheit der Wegbereiter für weitere geplatzte Träume sind.

Gertrud wächst in einem Elternhaus auf, das viel Arbeit, aber wenig Liebe kennt und ist manchmal übrig wie ein Kanten altes Brot. Ihre Jugend ist geprägt von Entbehrungen, Schwärmerei und dem Gefühl, nie wirklich dazuzugehören, egal was sie auch anstellt.

Der Generationenroman nimmt die Leser;innen mit auf eine Zeitreise durch die Jahre 1936 bis 2022 und lässt die jeweiligen gesellschaftlichen, politischen und moralischen Ansichten aufleben. Zwischen aufkommendem Antisemitismus, Wirtschaftswunder, Flower Power und Grunge scheint das Gasthaus die einzige Konstante im Leben der drei Frauen zu sein, die zwar alle irgendwie mit Talent gesegnet sind, aber dieses nicht wirklich ausleben können, da ihnen das Schicksal immer wieder einen Streich spielt. So werden sie zu schwarzen Schafen der Familie, die aber trotzdem liebenswert sind und in ihrer für sie eigenen Art die Leser;innen von sich einnehmen können.

Ein vielschichtiges und gesellschaftskritisches Familienporträt, das zeigt, dass Frauen stärker sind, als man(n) es vielleicht auf den ersten Blick erwartet. Ein sehr ehrlicher und direkter Roman, bei dem das Schicksal manchmal ein ganz fieser Verräter ist.

Absolut lesenswert !

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