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Veröffentlicht am 07.11.2023

Ein unterhaltsames Sachbuch mit vielen Fakten

Wespen. Eine Versöhnung
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Es gibt 22.000 Bienen- und 100.000 Wespenarten. Und trotzdem ist die Wespe weitaus weniger beliebt als die Biene. Dabei gab es vor 124 Millionen Jahren nur Wespen. Aus ihnen entwickelten sich Bienen und ...

Es gibt 22.000 Bienen- und 100.000 Wespenarten. Und trotzdem ist die Wespe weitaus weniger beliebt als die Biene. Dabei gab es vor 124 Millionen Jahren nur Wespen. Aus ihnen entwickelten sich Bienen und Ameisen. Die Entomologin Dr. Seirian Sumner erforscht seit vielen Jahren das Leben dieser Hautflügler. Während ihrer Tätigkeit hat sie Erstaunliches zusammengetragen. Die Wespe ist auf jeden Fall viel besser als ihr Ruf. Das habe ich für mich mitgenommen. Trotzdem werde ich ihr auch künftig mit Achtsamkeit begegnen.

Die Autorin Seirian Sumner schreibt, dass Wespen bessere Geruchsdetektoren seien als Hunde. Spätestens dann, wenn wir auf der Terrasse sitzen und uns ein gegrilltes Würstchen schmecken lassen, machen auch wir diese Erfahrung. Die Tiere würden gerne ein Stück der Köstlichkeit zu sich nehmen. Wespen werden sogar als Insektizid eingesetzt. Das heißt, dass sie ihre Larven in Pflanzenschädlinge ablegen und diese dann töten. Es handelt sich um eine parasitoide Wespenart, die in Brasilien zum Schutz von Maispflanzen herangezogen wird.

Sehr interessant empfand ich die „Gespräche“ der Autorin. Sie schreibt, dass es einige „Wespenflüsterer“ gibt, die im 19. und 20. Jahrhundert aktiv waren. Sie porträtiert die Forscher nicht nur. Nein, sie „unterhält“ sich mit ihnen so, als säßen sie neben ihr. Mit diesen Unterhaltungen lockert sie nicht nur das Sachbuch auf. Sie zeigt gleichzeitig, wie sich die Erkenntnisse über das Leben der Tiere im Laufe der Jahrzehnte vertiefte. Fakt ist, dass Wespen sehr an unserem Dasein beteiligt sind. Denn auch sie führen als Bestäuber Tätigkeiten aus, die von vielen Menschen den Bienen vorbehalten sind.

Die ausgezeichnete Arbeit der Übersetzerin Andres Schmittmann muss hier erwähnt werden. Dieses Sachbuch ist so unterhaltsam, wie ein Roman oder ein Krimi. Er hat sehr viele Leser verdient.

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Veröffentlicht am 03.11.2023

So spannend kann Geschichte sein

Söhne der Freiheit
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Wer hätte das gedacht? Die deutsche Einwandererfamilie Mühlenberg hat einen hohen Anteil an der Gründung der vereinigten Staaten. Dabei waren die Deutschen nicht bei allen wohlgelitten. Ja, sie zählen ...

Wer hätte das gedacht? Die deutsche Einwandererfamilie Mühlenberg hat einen hohen Anteil an der Gründung der vereinigten Staaten. Dabei waren die Deutschen nicht bei allen wohlgelitten. Ja, sie zählen zu den Bürgern zweiter Klasse. Indes gab es im Jahr 1683 in Pennsylvanien bereits 16 Familien, die aus Krefeld ins „gelobte Land“ zogen. Hier konnten sie ihren Glauben ohne Repressalien leben. Hauptsächlich waren es Quäker und Mennoniten und gründeten die kleine Stadt „Germantown“.

Es kommt nicht oft vor, dass mich ein Sachbuch derart fesselt. So viele Fakten wurden vom Autor des Sachbuches „Söhne der Freiheit“ zusammengetragen. Waren es zunächst also die sogenannten „Religionsflüchtlinge“, die den Anfang der deutschen Orte in Amerika machten, gab es in den 1740er und 1750er Jahren die „Wirtschaftsflüchtlinge“. Zu ihnen zählte die Familie Mühlenberg.

Der Übergang vom lockeren Bund mehrerer Staaten zu e i n e m Bundesstaat war ein schwieriges Unterfangen. Auch die Bildung einer zentralen Regierung wurde nicht von heute auf morgen vollzogen. Zumal ja auch immer noch der König von England ein Wort mitreden wollte. Der lange und beschwerliche Weg bis zur Unabhängigkeit mündete dann am 04.07.1776 in eine schriftliche Abmachung, der ersten Verfassung der USA. Vorher gab es noch eine Schlacht, bei der auch die Deutschen aktiv und produktiv mitwirkten. Aber ich muss aufhören zu erzählen. Sie sollen das Buch ja selber lesen.

Wussten Sie, dass es seit 1791 ein verbrieftes Recht auf Waffenbesitz gibt? In USA? Im Anhang nennt der Autor noch die von ihm verwendete Literatur und Fachartikel. Zudem gibt es einige Quellen, die im Internet zu finden sind. Aufgelockert wird das Buch durch 11 Originalfotografien, deren Bildnachweise im Anhang zu finden sind. Ein lesenswertes und spannendes Buch über die ersten Siedler Amerikas.

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Veröffentlicht am 26.10.2023

Gutes Buch über eine Ausnahmekünstlerin

Ich bin Frida
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„Ich bin Frida“, das wollte die junge Frau in die Welt hinausrufen. Endlich aus dem Schatten ihres übermächtigen Ehemanns heraustreten. Diego Froschgesicht, so nennt sie ihn, wenn sie böse auf ihn ist. ...

„Ich bin Frida“, das wollte die junge Frau in die Welt hinausrufen. Endlich aus dem Schatten ihres übermächtigen Ehemanns heraustreten. Diego Froschgesicht, so nennt sie ihn, wenn sie böse auf ihn ist. Und das kommt häufig vor. Nicht nur, dass er sich immer wieder mit jungen Geliebten vergnügt. Jetzt verheimlichte er zudem einen Besuch von Helena Rubinstein. Einer reichen Amerikanerin, die sich gewiss auch für Fridas Bilder interessiert hätte. Dieses Ereignis bringt das Fass endgültig zum Überlaufen. Sie will ihre Kunst zeigen und endlich ihre erste Einzelausstellung haben. Und schon bald bekommt sie eine Einladung nach New York.

Für Menschen, die den Hintergrund nicht kennen, sind einige Bilder von Frida Kahlo wohl gewöhnungsbedürftig. Die mexikanische Künstlerin verarbeitete mit ihren Gemälden grausame Schicksalsschläge. Aber auch die Ehe mit ihrem Diego ist nicht glücklich. Immer wieder hat sie das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Als Frau von, nein, das ist nicht ihr Ziel. Sie reist nach New York und stellt dort ihre Bilder aus. Dass die Schau erfolgreich war, hebt ihr Selbstbewusstsein. Ob sie sich aber komplett von Diego lösen kann, das ist ungewiss.

Die Autorin Caroline Bernard hat viel über die Mexikanerin recherchiert. Schon ihr erstes Buch „Frida Kahlo und die Farben des Lebens“ gefiel mir sehr gut. Dadurch lernte ich diese Künstlerin erst so richtig kennen. Jedes ihrer Gemälde zeigt einen Ausschnitt ihres beschwerlichen Lebens. Kein Tag verging ohne Schmerzen und auch ihr größter Wunsch blieb ihr versagt. Die bildhafte Sprache zog mich genauso in den Bann, wie die Achterbahn der Gefühle zwischen Frida und den Männern. Dass die Autorin zum Schluss noch eine Liste der wichtigsten Ausstellungsstücke von New York und Paris aufzählte, war für mich eine Aufforderung, mir diese Bilder im Netz anzuschauen.

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Veröffentlicht am 23.10.2023

Guter Krimi mit unvorhersehbaren Wendungen

Verlogen
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Elma hat sich gut eingelebt und arbeitet gerne mit ihrem Team zusammen. Immer mal wieder denkt sie auch an ihren toten Freund, aber es schmerzt sie nicht mehr so sehr. In „Verlogen“ muss sie einen Fall ...

Elma hat sich gut eingelebt und arbeitet gerne mit ihrem Team zusammen. Immer mal wieder denkt sie auch an ihren toten Freund, aber es schmerzt sie nicht mehr so sehr. In „Verlogen“ muss sie einen Fall lösen, der sich von anderen unterscheidet. Eine Frau, die seit sieben Monaten vermisst wird, ist tot. Sie liegt in einer versteckten Höhle und wurde zufällig von zwei Kindern gefunden. Jetzt gilt es, die Vorfälle von damals zu rekonstruieren und möglichst verlässliche Zeugen zu finden. Ob die Tochter der Toten dazu gehört, das ist zweifelhaft.

Auch der zweite Band um Elma und ihr Team konnte mich überzeugen. Die Story wird aus zwei Perspektiven und Zeitperioden erzählt. Da gibt es die junge Mutter, die ungewollt schwanger wird und sich so gar nicht mit ihrer neuen Rolle abfinden mag. Und dann die Situation heute, wo die Ermittler versuchen, möglichst rasch den Mörder oder die Mörderin zu finden. Es gibt etliche Verdächtige und der Spannungsbogen ist dauerhaft straff gespannt. Die gekonnt gesetzten Wendungen machen das Buch zu einem Nervenkitzel.

Nicht nur die sehr gut gesetzte Spannung gefiel mir. Es waren ebenfalls die Auslöser, welche zum Mord führten. Ist es möglich, dass es sogar Verständnis für diese Tat geben kann? Es ist mitnichten ein oberflächlicher Krimi, sondern ein Buch, das zum Nachdenken anregt.

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Veröffentlicht am 18.10.2023

Belfast im Jahr 1975

Übertretung
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Cushla lebt mit ihrer Mutter zusammen. Tagsüber arbeitet sie als Lehrerin einer Grundschule und abends hilft sie ihrem Bruder in seiner Bar. Das ist nicht immer angenehm. Oft sind es alkoholisierte Soldaten, ...

Cushla lebt mit ihrer Mutter zusammen. Tagsüber arbeitet sie als Lehrerin einer Grundschule und abends hilft sie ihrem Bruder in seiner Bar. Das ist nicht immer angenehm. Oft sind es alkoholisierte Soldaten, die sie mit dummen Sprüchen aus der Reserve locken wollen. Im Jahr 1975 weitet sich der Krieg in Irland aus. Der zwischen Katholiken und Protestanten. Cushla mischt sich immer wieder ein, wenn sie Ungerechtigkeit sieht. Das ist gefährlich. Nicht nur für sie.

Der Konflikt in Irland war für mich weit weg. Es gab kein Internet und Facebook war noch längst nicht erfunden. „Übertretung“ las ich daher auch voller Entsetzen und Ungläubigkeit. Die Autorin gibt Einblick in unterschiedliche Situationen. Wie die Kinder damals unter dem Leben in einem „Ghetto“ litten oder wie sie weinten, wenn ihre Väter schwer verletzt von der Arbeit nach Hause kamen. Das geschah, wenn sie zuvor ein falsches Wort fallen ließen, dabei gehört und denunziert wurden, um im Anschluss von der Gegenseite zusammengeschlagen zu werden.

Die Autorin wuchs in Belfast auf. Weiß also aus erster Hand, was damals vor sich ging. Dieses Erstlingswerk von ihr passt sehr gut in das Heute bei uns. Wie kommt es, dass ein Land gespalten ist und wie können wir Menschen damit umgehen? Wie kann die Spirale der Gewalt und des Hasses, wenn auch nicht ganz abgeschaltet, zumindest aber abgeschwächt werden? Viele Fragen der Situation in Deutschland finden auch in diesem Roman Raum. Dass es sich so flüssig lesen lässt, liegt an der hervorragenden Übersetzung von Claudia Glenewinkel und Hans-Christian Oeser.

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