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Veröffentlicht am 31.10.2022

Faszinierende Reise mit dem Marschmädchen

Der Gesang der Flusskrebse
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„Der Gesang der Flusskrebse“ von Delia Owens lag viel zu lange auf meinem SuB, doch auch die Verfilmung, die dieses Jahr erschienen ist, konnte nicht auf Anhieb bei mir die entsprechende Lust auslösen. ...

„Der Gesang der Flusskrebse“ von Delia Owens lag viel zu lange auf meinem SuB, doch auch die Verfilmung, die dieses Jahr erschienen ist, konnte nicht auf Anhieb bei mir die entsprechende Lust auslösen. Das mag sicherlich auch daran liegen, dass das Buch nicht selbst ausgewählt und stattdessen ein Geschenk war, denn es ist auch nicht unbedingt mein typisches Genre. Nun habe ich es aber endlich gelesen und es bewahrheitete sich mal wieder: hätte ich das nur früher getan!

Zunächst fiel es mir etwas schwer in das Geschehen einzufinden, denn die ersten Seiten sind vor allem von Beschreibungen geprägt und da muss ich einfach eingestehen, dass Landschaftsbeschreibungen nicht wirklich meine Leidenschaft sind. Dennoch war es natürlich auch hilfreich, weil ich mich mit der dargestellten Vegetation des Marschs, mit der ich mich nicht auskenne, etwas vertraut zu werden. Dennoch war es ein zäher Einstieg und es brauchte etwas Zeit, um sich in die Begebenheiten von Kyas Leben einzufinden. Wenn man aber einmal ein Gefühl für sie entwickelt hat, dann entsteht schnell eine große Begeisterung für ihren Charakter. Ich fand auch, dass es Owens überzeugend gelungen ist, eine Schreibstilistik für ihre Perspektive zu finden, die sehr gut passte. Es war nicht nur die direkte Rede von ihr, in der ihre Sprachfehler bzw. Dialekt deutlich wurde, sondern auch ihre etwas naive Art auf alles zu blicken. Nach und nach ist das später rausgewachsen und die Gedankengänge wurden komplexer. Hier hat Owens also wirklich eine gute Charakterreise dargestellt und das nur rein vom Stil.

Aber auch charakterlich ist es faszinierend, wie Kya als junges Mädchen lernen muss, sich selbst zu versorgen, wie sie an Geld kommt, wie sie zarte Kontakte knüpft, obwohl es ihr auch schwer fällt, weil sie schon so oft verlassen wurde. Man freut sich regelrecht für sie, als endlich durch einen Freund das Lesen und Rechnen lernt, weil bis dato schon augenscheinlich wurde, dass sie das Leben genug gelehrt hat und dass sie durch die Sprache in niedergeschriebener Form noch einmal eine ganz neue Möglichkeit findet, sich selbst weiterzubilden und weiter zu wachsen. Dementsprechend war es dann auch faszinierend, mit ihr die Marsch so systematisch zu entdecken. Hier haben mich die Beschreibungen auch deutlich weniger gestört, denn hier war es ein gemeinsames Erkunden und es war irgendwie auch charmant, wie sie ihre eigenen Erfahrungen mit der Liebe mit dem Sexualverhalten verschiedener Tierarten verglich. Insgesamt ist die Bindung zu Kya am Ende sehr eng, weswegen es mir sehr zugesetzt hat, sie in dem Prozess begleiten zu müssen, aber es war auch ein sehr sinniger inhaltlicher Höhepunkt, weil Kya hier so sehr wie noch nie zuvor mit der Gesellschaft und den Systemen konfrontiert wurde. Auch wenn man es ihr nicht gewünscht hat, es war der letzte wichtige Punkt, wirklich erwachsen zu werden.

Die Stilistik, die mit Kya zu tun hatte, die habe ich bereits angesprochen, aber das Buch hatte auch noch mehr zu bieten. Was mir persönlich nicht gefiel, dass war diese Unart, zwischendurch immer mal wieder kurz auf die personale Erzählsituation von anderen Figuren zu wechseln. Es hat die Geschichte durchaus inhaltlich bereichert, indem man hinterher erfahren hat, wer Kya doch still und heimlich immer unterstützt hat, aber es war immer wieder irritierend, weil man so mit Kya vertraut war und noch nicht mal durch einen neuen Abschnitt der Wechsel angekündigt wurde. Das war definitiv etwas umständlich. Genial war stattdessen aber, wie irgendwann die Kapitel der Zukunft einsetzen und der Mordfall an Chase begonnen wird. Man kennt die Zusammenhänge nicht und es ist spannend, wie die Gegenwart immer mehr aufholt, damit sich irgendwann das Puzzle zusammensetzt. Zwar wird die finale Auflösung schon deutlich, was aber nur gelingt, wenn man Kya wirklich verstehen gelernt hat, aber das fand ich nicht schlimm, denn es war am Ende ein Abschluss, der auch nochmal die LeserInnen herausfordert, da sie sich viele Fragen stellen und selbst Antworten geben müssen. Definitiv eine Lektüre, die einen noch nachträglich beschäftigt.

Fazit: „Der Gesang der Flusskrebse“ war wahrlich nicht umsonst lange in den Bestsellerlisten, denn Kya ist eine faszinierende Persönlichkeit, die man auf einer ungewöhnlichen Reise begleitet. Manchmal hat mich die Stilistik etwas arg herausgefordert, weil es nicht in sich konstant wirkte, aber gleichzeitig hat die Autorin auch Kniffe angeboten, die der Geschichte etwas Einmaliges geben.

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Veröffentlicht am 27.10.2022

Runder Abschied mit impulsiver Liebesgeschichte

Dunbridge Academy - Anytime
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Bald ist das Lesejahr 2022 schon wieder um und verrückt, dass in diesem Jahr die komplette Dunbridge-Academy Reihe erschienen ist, die nun auch schon wieder zu Ende geht. Ich hatte erst etwas Schwierigkeiten ...

Bald ist das Lesejahr 2022 schon wieder um und verrückt, dass in diesem Jahr die komplette Dunbridge-Academy Reihe erschienen ist, die nun auch schon wieder zu Ende geht. Ich hatte erst etwas Schwierigkeiten mit dem ersten Band in diese neue Welt einzutauchen, auch weil inhaltlich in meinen Augen ein paar ‚Fehler‘ gemacht wurden, die mich stutzig gemacht haben. Doch der zweite Band war schon deutlich besser in der Gesamtkomposition und spätestens nach dem dritten Band kann ich jetzt auch sagen, dass es insgesamt eine gute Reihe geworden ist, dennoch bleibt Sprinz‘ erste Reihe für mich die bessere.

Bei Band 3 tauchen wir tiefer bei Olive ein, die wir schon seit Band 1 kennen. Den ersten Band habe ich damals in einer Leserunde kennengelernt und ich kann mich noch gut erinnern, wie skeptisch alle gegenüber Olive waren (ich eingeschlossen), weil sie so strikt in ihrem Denken wirkte, ohne dass man wirklich dahinterkommen konnte, was sie bewegt. Im zweiten Band war sie noch mehr zugeknöpft, um dann am Ende geknackt zu werden und dementsprechend war ich wirklich gespannt, nun voll in ihre Gedankenwelt eintauchen zu können. Es ist doch oft wie ein Aha-Erlebnis, wenn sich plötzlich alles so klar zu einer Figur ergibt und das war bei Olive überzeugend der Fall. Abgesehen von ihrem neuen Schicksal fängt es vor allem mit ihrer Hin- und Hergerissenheit zwischen ihren Eltern an und wie viel Wut, Skepsis, Unbehagen etc. da im Spiel ist, das hat mich schnell berührt, weil ich in einer ähnlichen Situation auch unsicher wäre. Dazu dann eben ihr Trauma wegen des Brandes und ihre körperlichen Einschränkungen, die ihr den großen Traum des Schwimmens nehmen. Für Olive ist das Jahr denkbar ungünstig gestartet und ich konnte all das mit ihr fühlen.

Mitfühlen konnte ich auch mit dem Neuzugang, auch wenn es in so einem eingeschworenen Haufen immer schwieriger ist, wenn so spät noch jemand dazukommt. Colin ist auch wahrlich kein einfacher Kopf, um dort an allen Gedanken teilzuhaben, denn er hat so viel in sich angestaut, dass es einen fast schon mit runterzieht, seine Gedanken zu lesen, aber es ist natürlich Authentizität pur. Die Mischung aus Olive und Colin hat für mich durchaus gepasst, denn sie haben einen sehr ähnlichen Weg zu gehen und sind deswegen genau passend füreinander. Nichtsdestotrotz war mir ihr Miteinander gerade in den ersten zwei Dritteln von zu viel Hassliebe geprägt. Die Energien waren manchmal schon arg negativ. Auch wenn ich es oft prickelnd finde, wenn sich aus gegenseitiger Skepsis so viel mehr entwickelt, muss ich dann wieder sagen, dass sie mir zu oft wieder in den Hass verfallen sind. An solchen Stellen merke ich dann immer, dass ich der Zielgruppe vielleicht doch schon etwas zu sehr entwachsen bin, denn dieses extrem schnell hintereinander stattfinde Wechseln von Emotionen, das ist so nur in der Jugend, weswegen es natürlich zu ihnen passt. Gleichzeitig war das letzte Drittel aber dann wieder zu erwachsen, prompt hat es mir aber besser gefallen. Ausgelöst mit dem Notfall von Colin und alles, was danach kam, das hat mich berührt und den beiden wirklich ihr Happy End gönnen lassen.

Insgesamt lässt sich nach dieser Reihe sagen, das Geschehen hat vor allem abseits des Schulgeschehens stattgefunden, was ich insgesamt etwas schade finde, weil man vielleicht auch aus den Unterrichtsthemen etc. mehr hätte herausholen können. Denn so hätte die Handlung nicht unbedingt an einem Internat spielen müssen, denn die Jugend zusammenbringen kann man auch in einer normalen Schulform. Hier hat mir eine gewisse klare Charakteristik gefehlt, aber dennoch sind mir die Figuren, ihr Zusammenhalt, die Mitternachtspartys und alles sehr ans Herz gewachsen. Olive und Colin haben dem ganzen noch einmal ihren eigenen Stempel aufgesetzt, aber es war schön, dass es dennoch ein Abschied nehmen von allen war. Dass es noch einmal einen kleinen Bogen zu Grace gab und dass man auch schon ansatzweise erfährt, wie es für die anderen weitergeht. Vor allem Yeah für Sinclair und Tori! Die werden ihren Weg also gehen, da können wir uns sicher sein.

Fazit: Die Dunbridge Academy geht rund zu Ende. Es war für mich noch einmal ein Highlight, Olive so gut kennenzulernen, auch wenn es mit Colin zusammen doch zu sehr eine Hassliebe war, aber gerade am Ende waren sie richtig toll miteinander. Insgesamt konnte ich von allen einen würdigen Abschied nehmen und das hat mich sehr zufrieden gemacht.

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Veröffentlicht am 05.10.2022

Sinnvolle Backbibel

Backen
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Meine Backbibel ist nun schon seit einigen Jahren von Dr. Oetker „Backen macht Freude“, das es schon lange gibt und das immer wieder aktualisiert auf den Markt kommt. Damit bin ich wirklich sehr zufrieden, ...

Meine Backbibel ist nun schon seit einigen Jahren von Dr. Oetker „Backen macht Freude“, das es schon lange gibt und das immer wieder aktualisiert auf den Markt kommt. Damit bin ich wirklich sehr zufrieden, weil die Themen sehr übersichtlich und die Tipps zwar oft essenziell, aber dennoch eben auch wichtig sind und so ist es passend, sie alle gebündelt zusammen zu haben. Auch wenn ich also wirklich sehr, sehr zufrieden bin, habe ich dennoch gerne mal bei „Backen“ von GU reingeguckt.

„Backen“ ist definitiv auch eine Bibel für alle Backfans und ich habe schnell gemerkt, dass der inhaltliche Aufbau sehr ähnlich zu der ist, die ich auch schon habe und was auch als Grundlagenbuch absolut sinnig ist, denn so hat man alles komprimiert zwischen zwei Buchdeckeln. Insgesamt kann ich so aber schnell sagen, dass ich „Backen“ nicht mehr gebraucht hätte, denn auch wenn es noch Unterschiede gibt, auf die ich auch noch eingehen werde, sind die Unterschiede insgesamt zu wenig, als dass es wirklich einen Mehrwert für mich hat. Wer aber noch gar nicht so eine Backbibel im heimischen Regal stehen hat, dem rate ich doch gerne hierzu, denn die Zusammenstellung ist wirklich gelungen, übersichtlich, hilfreich und eben das A-Z des Backens.

„Backen“ ist definitiv noch einmal ein Stück moderner als „Backen macht Freude“, denn es liegen auch wieder sechs Jahre zwischen der Veröffentlichung. Ein Hinweis ist sicherlich schon die persönliche Vorstellung der beteiligten Frauen gleich am Anfang, denn heute ist es ja normal, so nahbar wie möglich zu werden, um hinter Rezepten und Bildern Gesichter zu wissen. Ich fand es auf jeden Fall auch sympathisch, weil es das ganze Geschehen auch persönlicher erscheinen lässt. Weiterhin ist der Ausbau des veganen Backsektors deutlich angewachsen. Zwar hat auch schon „Backen macht Freude“ eine bunte Mischung an süßen bis herzhaften Rezepten geboten, aber hier kommt noch einmal eine Schippe drauf, so dass besonders Neulinge, die sich dem veganen Backen nähern wollen, hier einen großen Vorteil haben.

Im Aufbau ist sonst zu erkennen, dass erstmal ein sehr allgemeiner Teil kommt, der sich auf Vorbereitungen bei jedem Backprozess bezieht. Mir persönlich war das schon fast zu simpel, denn wenn es Hinweise zu den normalsten Zutaten und normalsten Geräten geben muss, dann klingt das schon sehr nach Anfängerniveau, aber hier hilft dann eben nur Überblättern. Letztlich wird übergeleitet in die verschiedenen Grundteige, was durchaus sinnig ist. Zwar klingt auch das simpel, aber jeder Backlieber weiß gut, dass nicht jeder Teig gleich ist und dass selbst ein Hefeteig nicht immer gleich ist, selbst wenn man sich ans Rezept hält. Daher sind hier die Tipps definitiv sehr hilfreich und erinnern noch einmal die Basisschritte für das gute Gelingen.

Letztlich geht es an die Rezepte selbst und spätestens hier zeigt sich eben, dass es sich nicht nur an die Anfänger richtet, denn die Varianz bei den Rezepten ist sehr breit gefächert. Zunächst geht es an die Klassiker, die für den Start perfekt gewählt sind, denn dahin greift man wohl auch am meisten, gerade wenn es mal flott gehen muss und man lieber auf bekannte Rezepte zurückgreift. Später geht es dann eher modernere Rezepte, die dann für den Alltag oder besondere Feste gedacht ist. Ich habe insgesamt nur wenig für mich neue Rezepte entdeckt. Oft ist es auch einfach nur die Titulierung, die erstmal neugierig macht und auch hier bemerkt man die moderne Note, denn die Titel entsprechen heutigen Trendbezeichnungen, was ich aber ebenfalls vollkommen okay finde. Denn die Bezeichnung ändert letztlich ja auch nichts am Geschmack. Speziell die Rezepte zu den verschiedenen Feiertagen sind aber sehr süß, hier kann man sich auch kreativ austoben. Hierzu gibt es dann auch immer wieder verteilt über das Buch Tipps.

Fazit: „Backen“ ist definitiv eine gelungene Backbibel, die mit klaren Themensektoren, viel Nahbarkeit und viel Modernität aufwartet. Man braucht sicherlich nur eine Backbibel im Schrank, aber GU hat definitiv eine herausgebracht, die man sich gut leisten kann, um dann kompakt alles beisammen zu haben.

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Veröffentlicht am 04.10.2022

Lehrreiche Lektüre

The Other Black Girl
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Auf „The Other Black Girl“ bin ich aufmerksam geworden, weil hierzu eine Serienadaption entwickelt wird. Kurz darauf entdeckte ich dann auch die deutsche Übersetzung und es kam mir wie ein Zeichen vor. ...

Auf „The Other Black Girl“ bin ich aufmerksam geworden, weil hierzu eine Serienadaption entwickelt wird. Kurz darauf entdeckte ich dann auch die deutsche Übersetzung und es kam mir wie ein Zeichen vor. Zudem muss ich auch sagen, dass mich das Thema sofort gereizt hat, denn wir erleben hier nicht nur das Thema von systemischem Rassismus, sondern dass es auch innerhalb einer Rasse eben ein intensives Ellbogendenken gibt, was gerne schon einmal unter den Tisch gekehrt wird und deswegen habe ich hier gespannt zugegriffen.

Insgesamt habe ich mich durch „The Other Black Girl“ etwas durchkämpfen müssen zwischenzeitig. Während ich einerseits von der Thematik immer eingefangen wurde, so war es eher der Erzählstil, der mir gewisse Hürden beschert hat. Natürlich sollten die Kapitel, die von anderen Frauen als Nella handeln, mysteriös sein, damit die Zusammenhänge spekulativ und spannend bleiben, aber es war manchmal für die Relevanz und die zeitliche Einordnung schwierig. Weiterhin war der Erzählstil aber auch in Nellas Kapiteln herausfordernd, denn es wird selten stringent erzählt. Nella schweift aber nicht nur gedanklich immer ab, sondern sie springt dabei auch munter in der Zeit zurück. So sind wir mit Nella eigentlich immer live an ihrem Arbeitsplatz. Aber die Treffen mit ihrer besten Freundin sind oft in Rückblenden erzählt. Diese sind inhaltlich zwar auch wichtig, aber das sorgt innerhalb eines Kapitel oft für eine fehlende Orientierung.

Während also der Erzählstil durchaus eine Herausforderung war, so hat mich der Inhalt durchaus fasziniert, denn es gab genug Ebenen zu entdecken. Am Anfang geht es vor allem um Nellas Arbeitsalltag, die schon eher wie ein Wunder überhaupt ihre Stelle als Assistentin in einem großen Verlagshaus in New York bekommen hat, denn sie ist die einzige Schwarze Frau weit und breit. Während sie zwar nicht offensichtlich deswegen rassistisch ausgegrenzt wird, so sind es die kleinen Nadelstiche, die Nella in der Summe belasten und die sie darüber nachdenken lassen, wie sehr sie diesen Traum will. Während nach außen alle um Diversität bemüht sind, so ist aber niemand an der tatsächlichen Wahrheit interessiert, denn auch wenn ein bekannter Autor eine Schwarze Frau in sein Skript einarbeitet, die Art und Weise, wie er es tut, das ist ignorant, doch das will in den oberen Positionen schon niemand mehr hören, denn Hauptsache sie taucht überhaupt auf. Genauso ist auch Nellas Position in dem Unternehmen zu charakterisieren, Hauptsache sie ist da, mehr aber auch nicht.

Eine weitere Ebene kommt dann schließlich mit der neuen Kollegin Hazel hinzu, denn automatisch erhofft sich Nella, eine Verbündete zu haben und zunächst wirkt auch alles nett, denn die beiden einzig Schwarzen Frauen, die sowieso auch nur miteinander verwechselt werden, sollten doch eigentlich aus Nellas Perspektive zusammenhalten. Aber sie merkt schnell, dass sie ausgestochen wird. Hier beginnt dann für mich der spannendste Konflikt, denn Schwarzsein wird hier auch gegen Schwarzsein ausgespielt. Nella ist auf ihre Hautfarbe stolz und will das auch repräsentativ nach außen tragen, aber sie hadert auch mit sich, weil sie einen weißen Freund hat, weil ihre Familie schon in einer weißen Gegend gewohnt hat und sie auch jetzt in einer typisch weißen Gegend mit ihrem Freund lebt. Sie hat das Gefühl, ihre Rasse in bestimmten Aspekten zu verraten, während Hazel wiederum durch und durch wie eine Schwarze Frau wirkt, weil sie die richtigen Haarpflegeprodukte etc. benutzt. Nur der Unterschied ist, dass sie die Mikroaggressionen gerne in Kauf nimmt, um ihre Ziele zu erreichen und es ihr auch völlig egal ist, dafür Nella unter den Bus zu werfen. Letztlich wird hier doch beleuchtet, dass es gar nicht das perfekte Schwarzsein gibt, sondern alle ihren eigenen Weg gehen müssen.

Am Ende wird durch die Vergangenheit auch noch eine Ebene aufgemacht, die mir persönlich dann etwas drüber war, denn mit dem manipulierten Haarmittelt steht am Ende, dass der alte, weiße Mann die Kontrolle hat. Das ist sicherlich sinnbildlich richtig, aber in der Geschichte, die bis dato sehr, sehr realistisch war, ist es eine etwas übertriebene Metapher, aber eben doch auch eine, die zeigt, wie weit die Reise noch ist.

Fazit: „The Other Black Girl“ war für mich thematisch mal ein ganz anderes Buch, das ich mich auf vielen Ebenen sehr fasziniert, aufgeklärt und nachdenklich gemacht hat. Auf stilistischer Ebene war es dagegen schon sehr herausfordernd und hat den Leseprozess eher unglücklich verlängert, denn ein flüssigerer Stil wäre hier definitiv noch wertschätzender gewesen.

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Veröffentlicht am 03.10.2022

Genau richtig vorweihnachtlich

All I (don’t) want for Christmas
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Eigentlich bin ich immer erst so ab November richtig im Weihnachtsfieber, aber „All I (don’t) want for Christmas“ durfte gerne schon vorher einziehen, weil ich die Geschichte drum herum ganz lustig fand, ...

Eigentlich bin ich immer erst so ab November richtig im Weihnachtsfieber, aber „All I (don’t) want for Christmas“ durfte gerne schon vorher einziehen, weil ich die Geschichte drum herum ganz lustig fand, auch weil die Fake-Beziehung zu Weihnachten oder sonstigen Familienfesten ein gern gesehenes Motiv ist, das aus vielfältigen Gründen für mich dennoch nicht alt wird. Tonia Krüger war mir bislang nicht bekannt, aber das hat mich speziell auch gereizt. Zudem habe ich es als Hörbuch gehört und Marylu Poolman hat mir wirklich gut als Erzählerin gefallen.

Aber viel entscheidender ist eben der Inhalt und ich hatte insgesamt wirklich viele tolle Gefühle beim Hören, denn es war durchaus lustig, auch wegen gewisser schrulliger und spezieller Charaktere, es war romantisch, es war tiefsinnig und schon auch schön weihnachtlich, wenn auch auf keinem übertriebenen Niveau, weil Febe auch wegen ihrer Familiengeschichte kein großer Weihnachtsfan ist. So hatte es aber genau die richtige Stimmung, die man im frühen Herbst gerne mitnimmt. Aber es gab gerade auf der charakterlichen Ebene auch ein paar Hürden, denn da waren doch einige sehr oberflächliche Menschen geladen zwischen den Seiten. Das ist nicht immer kritikwürdig, denn je nach Inhalt passt es durchaus genau richtig, aber es war eben doch eine Geschichte, wo es auch um Tiefsinnigkeit in einigen Aspekten geht. Da wirkten einige Figuren zu kontrastreich, zumal sie auch kaum andere Seiten aufzeigten. Das fiel auch so deutlich ins Auge, weil Febe durchaus als eher zurückhaltender Mensch dennoch ganz klare Prinzipien vertreten hat, selbst wenn sie sich für einen Betrug hat bezahlen lassen, aber da habe ich mich doch manchmal gefragt, warum ist da überhaupt eine Beziehung? Beispiel Joss. Auch wenn ihr Mann noch viel schrecklicher ist, so hat sie teilweise auch Dinge zu Febe gesagt, die meine Ohren haben schlackern lassen. Auch wenn man durchaus unter Freundinnen auch ehrlich sprechen kann und sollte, so geht es dann doch hoffentlich darum, das Selbstbewusstsein aufzubauen, aber doch nicht, um es abzubauen. Joss war da fürchterlich auf äußere Aspekte versessen, so dass ich sie leider überhaupt nicht als gute Freundin empfunden habe.

Auch Protagonist Liam hat lange mit der Oberflächlichkeit zu kämpfen, weswegen er wahrlich nicht als toller Book Boyfriend in Erinnerung bleiben wird. Eigentlich könnte man nach diesem Satz nun fragen, warum der Inhalt für mich überhaupt funktionier hat, aber Liam hatte auch ganz viele tolle Momente und das war immer dann, wenn es null um Oberflächlichkeiten ging. Ich fand besonders die Momente toll, als sie über seinen Job bei den Videospielen sprachen und sich Febe in seine Welt eingedacht, sie mit Shakespeare in Verbindung gebracht und sie dann ganz tolle Gespräche führen konnten, die auch zeigten, dass Menschen mit völlig unterschiedlichen Leidenschaften auch füreinander da sein können. In diesen Momenten hat man deutlich gemerkt, dass er sich quasi dadurch in sie verliebt hat, weil sie für ihn bedingungslos da war. Sicherlich hat er sich aber auch darin verliebt, wie Febe mit seiner Familie umgegangen ist und wie schnell sie von den unterschiedlichen Familienmitgliedern ins Herz geschlossen wurde. Deswegen waren die ganzen Familienszenen auch sehr schön und generell dieses Zusammensein, das Hochkochen von Emotionen etc., was man alles genießen konnte, obwohl Charlotte dabei war. Sie war natürlich aus Prinzip oberflächlich durch und durch und das war hier auch in Ordnung, denn es war sofort klar, sie ist die Antagonistin und das nicht ohne Grund. Dennoch ist Charlotte nicht völlig eindimensional dargestellt wurden, aber spätestens am Ende eine Frau mit einem Ziel, die keine Freunde kennt.

Sicherlich hätte man sich von Liam früher eine klare Positionierung gewünscht, aber alles in allem mochte ich die Liebesgeschichte schon sehr. Auch die Szenenauswahl mit dem ersten Aufeinandertreffen, das völlig eskalierte, dann seine Art zu Kreuze zu kriechen, das gemeinsame Shoppen für die Geschenke und dann eben all die Familienmomente und dann doch auch immer wieder die Soloszenen der beiden. Das hat eine gute Stimmung kreiert, die am Ende etwas übertrieben zusammengeführt wurde, aber dafür war das Ende wieder genau richtig goldig. Denn die Art und Weise, wie auch das Computerspiel für die Versöhnung eingebunden war, war herrlich, dazu auch, dass das Happy End vor einer räumlichen Trennung stehen darf, ohne dass man gleich Jahre in die Zukunft springen muss. Das wirkte dann wieder sehr erwachsen und in sich überzeugt, dass der Schlusspunkt sitzt.

Fazit: „All I (don’t) want for Christmas” war im genau rechten Maße weihnachtlich, um es bereits im Herbst zu lesen, denn es war gemütlich und die Stimmung aufsaugend, aber auch nicht übertrieben klischeehaft. Zwar ist die Oberflächlichkeit ein etwas kritisches Thema hier, zwar nicht in der Gestaltung selbst, sondern bei den Figuren, aber dennoch konnte ich mich gut auf die Liebesgeschichte einlassen und habe dort vieles verschiedene erlebt, was mich gut unterhalten hat.

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