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Veröffentlicht am 04.12.2020

Wenig raffinierter Thriller, bei dem die Schilderungen von Brutalität und Gewalt auf Kosten der Spannung gehen

Der Spiegelmann
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Auf einem Spielplatz in Stockholm wird ein Mädchen ermordet aufgefunden. Der Mord hat den Anschein einer Hinrichtung, offenbar wollte der Täter seine Macht demonstrieren. Joona Linna erkennt in dem Opfer ...

Auf einem Spielplatz in Stockholm wird ein Mädchen ermordet aufgefunden. Der Mord hat den Anschein einer Hinrichtung, offenbar wollte der Täter seine Macht demonstrieren. Joona Linna erkennt in dem Opfer Jenny Lind, ein Mädchen, das vor fünf Jahren verschwunden war. Mit Hilfe von Überwachungskameras stellt die Polizei zudem fest, dass es einen Augenzeugen gegeben hat, der den Mord beobachtet und den Täter gesehen haben muss. Der Zeuge kann sich jedoch an nichts erinnern. Er selbst wurde erst kürzlich aus einer psychiatrischen Klinik entlassen, wo er zur Behandlung einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung war. Jonna Linna versucht auf dem Weg der Hypnose den Mann zum sprechen zu bringen.

"Der Spiegelmann" ist Band 8 der Reihe um den Kriminalkommissar Joona Linna und das erste Buch, das ich von dem Autorenduo Lars Kepler gelesen habe. Der Hintergrund zur Joona und seinen Kollegen fehlte mir, war aber zum Verständnis dieses Falles nicht zwingend erforderlich.
Der Thriller baut auf drei Handlungssträngen auf: die persönliche Situation des Ehepaares Pamela und Martin, die vor fünf Jahren ihre Tochter bzw. Stieftochter bei einem Angelunfall verloren haben, woraufhin sich Martin, der bereits in der Kindheit ein Trauma erlitten hatte, in eine psychiatrische Klinik begeben hatte, die Ermittlungen im Fall des Serienmordes, denn aufgrund einer Brandmarkung des Opfers Jenny wird auf weitere Opfer geschlossen und die Situation der entführten Mädchen.
Der Anfang ist aufregend und spannend und auch am Ende nimmt der Roman wieder ein wenig an Fahrt auf, der große Mittelteil ist jedoch zäh und beschränkt sich fast ausschließlich auf die Beschreibung diverser Gewaltszenen und Auseinandersetzungen von Polizei und Eingreiftruppen mit ihren schwer bewaffneten Gegnern, die sich über mehrere Seiten hinziehen. Ich lese blutige Thriller nicht ungern, aber in diesem Fall gingen die ausufernden Beschreibungen zur Demonstration der Brutalität und Gewalttätigkeit des Täters auf Kosten der Spannung. Ohne Weiteres wäre es möglich gewesen, hunderte von Seiten zu überblättern, denn zur Lösung des Falls trugen diese Szenen nicht bei.
Die Konstruktion des Thriller und wie die drei Handlungsstränge zusammengeführt werden, ist sicherlich gelungen, aber Gewalt und Brutalität reichen für einen guten Thriller nicht aus. Schon gar nicht, wenn die Spannung darunter leidet. Auch die Auflösung des Falles um einen Serienmörder, der offenbar seit Jahren schalten und walten konnte, ist wenig raffiniert, sondern fast schon schablonenartig auf beliebige Psychothriller anwendbar.

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Veröffentlicht am 02.12.2020

Politthriller um Machterhalt, Intrigen und Verrat, aber ohne Anspruch und Nervenkitzel

Die Frau des Präsidenten
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Als öffentlich bekannt wird, dass vier Wochen vor den Präsidenschaftswahlen der amtierende Präsident Harrison Tucker eine Affäre mit einer Lobbyistin hat, verschwindet die First Lady spurlos. Der Secret ...

Als öffentlich bekannt wird, dass vier Wochen vor den Präsidenschaftswahlen der amtierende Präsident Harrison Tucker eine Affäre mit einer Lobbyistin hat, verschwindet die First Lady spurlos. Der Secret Service hat seine Schutzbefohlene verloren und niemand weiß, ob die Ehefrau des Präsidentin sich auf eigene Faust zurückgezogen hat oder ob sie Opfer eines Verbrechens geworden ist. Secret Service-Agentin Sally Grissom wird persönlich engagiert, um die First Lady, möglichst ohne Aufsehen zu erregen, zu finden und nach Washington zurückzubringen, um eine Versöhnung mit dem Präsidenten zu inszenieren und den Wahlkampf zu retten.

"Die Frau des Präsidenten" ist ein Politthriller, der mit einem Skandal beginnt und sich nach dem Verschwinden der First Lady zu einem Machtspiel und einem klassischen Kampf Gut gegen Böse entwickelt. Der Verlauf des Romans ist dynamisch und rasant, mehrere Wendungen und kurze Kapitel mit Mini-Cliffhangern am Ende sorgen für Spannung, auch wenn die Geschichte aufgrund der wechselnden Perspektiven sehr durchschaubar ist. Die Charaktere, Helden wie Bösewichte, sind stereotyp und die unterschiedlichen Sichtweisen, die die Taten der Figuren offenbaren, verraten zu viel, so dass sich der Thriller all zu leicht liest. Der Präsident ist dabei erschreckend schwach, sein Personalstab zieht egoistisch seine eigenen Fäden, während starke Frauen wahren Heldenmut beweisen.

Der Roman handelt von Machterhalt, Intrigen und Verrat, ist interessant zu lesen, aber aus dem Plot hätte man durchaus mehr machen können. So ist die Geschichte unterhaltsam, aber ohne großen Anspruch und für einen Politthriller fehlte auch der entscheidende Nervenkitzel. Täter und Opfer sind fast schon langweilig offensichtlich, während am Ende schleierhaft bleibt, warum der Täter so drastisch vorgeht.

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Veröffentlicht am 25.11.2020

Ein erschreckendes Zukunftsszenario, das am Ende die Hoffnung auf eine neue, bessere und echtere Welt macht, mir insgesamt aber zu satirisch war

LoveStar
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Die Firma LoveStar hat eine Methode entwickelt, um Menschen zu überwachen und fernzusteuern. LoveDeath wurde hervorgebracht, um den Tod zu vermarkten. Für die Menschen ist es zum Ziel geworden, sich im ...

Die Firma LoveStar hat eine Methode entwickelt, um Menschen zu überwachen und fernzusteuern. LoveDeath wurde hervorgebracht, um den Tod zu vermarkten. Für die Menschen ist es zum Ziel geworden, sich im Todesfall mit einer Rakete in den Himmel schießen zu lassen, um als Sternschnuppe wieder auf die Erde zu fallen. InLove handelt dagegen mit der Liebe und berechnet den wahren Partner. Ein eigens errichteter Vergnügungspark in Öxnadalur, im Norden Islands, wurde zur Pilgerstätte für Sterbende und ihre Angehörigen und berechnete Partner auf der Suche nach ihrem Pendant.

"Lovestar" stellt die Dystopie durch zwei Erzählstränge dar: der Firmengründer Lovestar, der mit einem Samenkorn auf der Suche nach LoveGod ist und die beiden Liebenden Indriði und SigrÍður, die seit fünf Jahren zusammen sind und damit umgehen müssen, dass SigrÍður mit einem anderen Mann berechnet wurde.

Das Buch ist bereits vor knapp 20 Jahren erschienen, wurde nun wieder neu aufgelegt und ist als Zukunftsszenario zeitlos.
Das Buch handelt vom Leben in einer Konsumgesellschaft, in der es nur noch darum geht, möglichst viel auf Personen zugeschnittene Werbung zu betreiben, um Produkte zu verkaufen. Dabei werden arme Seelen oder skrupellose Menschen zu Krähern. Die Gesellschaft ist zudem hochtechnisiert. Als "handfreier" Mensch ist man auf keinerlei Schalter oder Kabel mehr angewiesen, Geräte funktionieren vollautomatisch.
Es geht um Kontrolle und Perfektion. Kinder, die Probleme bereiten, können zurückgesetzt werden, so dass Eltern im zweiten Anlauf eine neue Chance bekommen, es besser zumachen. Indriði ist so ein Zweitgeborener, der als Kind unter dem Druck stand, erneut bei schlechtem Betragen zurückgesetzt zu werden.

Das Buch enthält viele fantastische Ideen, konfrontiert den Leser mit so manch skurriler Situation, so dass die Geschichte so übertrieben grotesk ist, dass man sie kaum noch ernst nehmen kann. Die Kritik des Autors an der modernen Konsumgesellschaft ist mir ein wenig zu sehr an die Spitze getrieben, auch wenn der Kern der Geschichte wichtig und als Mahnung zu verstehen ist. Szenen, wie der Wolf, der Menschen im Ganzen verschlingen kann, ohne sie zu verdauen und mit einem Reißverschluss geöffnet werden kann, rufen dagegen eher Kopfschütteln hervor.
"Lovestar" ist ein erschreckendes Zukunftsszenario, das am Ende die Hoffnung auf eine neue, bessere und echtere Welt macht, mir in Gänze allerdings zu satirisch war.

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Veröffentlicht am 09.11.2020

Ein Roman #Gegendasvergessen über die Rolle der Weinbauern in der Résistance, wobei die Geschichte von Eifersüchteleien überschattet wird

Das letzte Licht des Tages
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Inès lebt während der deutschen Besatzung zusammen mit ihrem Mann Michel, dem Kellermeister Théo und seiner Frau Céline auf dem Weingut Chauveau in der Champagne. Inès ist unglücklich, fühlt sich unverstanden ...

Inès lebt während der deutschen Besatzung zusammen mit ihrem Mann Michel, dem Kellermeister Théo und seiner Frau Céline auf dem Weingut Chauveau in der Champagne. Inès ist unglücklich, fühlt sich unverstanden und flüchtet immer wieder zu ihrer besten Freundin Edith nach Reims. Die Bedrohung durch die deutschen Soldaten ist allgegenwärtig, insbesondere auch für Celine, die Jüdin ist. Dennoch verstecken die vier teuren Wein und Champagner vor den Deutschen oder verunreinigen die abzugebenen Flaschen. Michel geht hinter dem Rücken von Inès noch einen Schritt weiter und versteckt in den Weinkellern Waffen für die Résistance. Als Inès noch ein weiteres Geheimnis von Michel enthüllt, ist ihr Vertrauen erschüttert. Aus Wut und Verzweiflung begeht sie einen folgenschweren Fehler, den sie ihr Leben lang bereuen wird.
Fast 80 Jahre später belgeitet die frisch geschiedene Liv ihre Großmutter Edith auf eine Reise nach Frankreich. Ihre betagte Großmutter möchte ihr etwas sagen, doch in Frankreich verhält sie sich zunehmend seltsam, weist Liv immer wieder ab. Unterdessen versucht diese zusammen mit dem Rechtsanwalt ihrer Großmutter, Julien Cohn, herauszufinden, was sich während des Zweiten Weltkriegs in der Heimat von Edith ereignet hat und welche Rolle sie für die Résistance gespielt haben könnte.

Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen, in der Vergangenheit in den Jahren 1940 bis 1945 und in der Gegenwart im Jahr 2019. Der Erzählstrang in der Vergangenheit wird aus den Perspektiven von Inès und Celine erzählt und macht den größten Teil der Geschichte aus. Die Gegenwart wird überwiegend aus der Sicht von Liv geschildert, die eigentlich ein sehr enges Verhältnis zu ihrer 99-jährigen Großmutter hat, ihr Verhalten während der Reise in Frankreich aber überhaupt nicht einordnen kann.
Trotz der intensiven Schilderungen und der schrecklichen Ereignisse, die passieren, bleiben alle Frauen unnahbar. Keine ist sympathisch oder hat ein einnehmendes Wesen, so dass sich die Geschichte etwas schwerfällig liest. Auch bleiben die Handlungen für die Résistance reichlich im vagen, die Unterstützung des Widerstands wird nur angedeutet, kein Schicksal hervorgehoben. Vor allem Inès ist in ihrer Naivität ein sehr anstrengender Charakter, der es dem Leser nicht leicht macht.
Liv bleibt dagegen blass, ihre Rolle beschränkt sich darauf, sich von ihrer exzentrischen Großmutter herumkommandieren zu lassen. Auch die sich abzeichnende Liebesgeschichte kann nicht wirklich überzeugen. Dass Missverständnis zu Beginn ist denkbar vorhersehbar und die schnelle Zuneigung nicht spür- und nachvollziehbar.
"Das letzte Licht des Tages" ist ein Roman #Gegendasvergessen, der die Arbeit der Résistance in eine fiktionale Geschichte einbindet und damit zeigt, welche Rolle die mutigen Weinbauern zur Zeit der Besetzung durch die Deutschen einnahmen. Aufgrund der überwiegend unsympathischen Protagonisten und der oberflächlichen Schilderungen der Aktionen für die Bewegung konnte mich die Geschichte jedoch nicht erreichen. Auch fand ich es etwas unrealistisch, wie rüstig die fast 100-jährige Edith und weitere Überlebende des Zweiten Weltkriegs im Jahr 2019 waren, die sich zudem auch noch problemlos mit dem Internet auskannten. Für mein Empfinden wäre es authentischer gewesen, die Gegenwart zehn Jahre zurückzudatieren. Auch fand ich die sich wiederholende Formulierung "Grandma Edith" unglücklich. Bei einer Tante ist der Zusatz des Vornamens geläufig, aber bei der Großmutter? Wer spricht seine Oma so an, außer wenn er sie von der zweiten unterscheiden möchte?

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Veröffentlicht am 06.11.2020

Interessante Mischung aus historischen Fakten und fiktionaler Geschichte, aber nur mäßig spannend und trotz Bomben ohne Knalleffekt

Vergeltung
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Als junger Mann hat der Ingenieur Dr. Rudi Graf zusammen mit seinem Freund Wernher von Braun davon geträumt, eine Rakete zu Mond zu schicken. Im November 1944, als der Krieg für Deutschland verloren scheint, ...

Als junger Mann hat der Ingenieur Dr. Rudi Graf zusammen mit seinem Freund Wernher von Braun davon geträumt, eine Rakete zu Mond zu schicken. Im November 1944, als der Krieg für Deutschland verloren scheint, wird das Knowhow der Ingenieure dazu genutzt, England aus den Niederlanden zu bombardieren. Die V2, eine ballistische Rakete, die mit Überschallgeschwindigkeit fliegt, ist dabei für eine Raketenabwehr unbezwingbar. Im November 1944 werden mehrere davon in kurzen Abständen über der Nordsee abgefeuert, wobei eine präzise Zielsetzung nicht möglich ist. Der Schaden in London ist dennoch enorm, hunderte Menschen sterben im Zuge der Angriffe.

Einen der angriffe erlebt die junge englische Offizierin Kay Caton-Walsh leibhaftig in London mit, als sie die Nacht mit einem verheirateten Kommandeur der englischen Luftwaffe verbringt. Da die Affäre danach ans Licht zu kommen droht und Kay den Ehrgeiz entwickelt hat, im Krieg etwas Sinnvolles für England zu leisten, meldet sie sich freiwillig für einen Einsatz in Mechelen in Belgien, um die Startrampen der deutschen V2-Raketen mittels mathematischer Berechnungen aufzuklären und unschädlich zu machen.

Der Roman handelt an fünf Tagen im November 1944, als die Deutschen in einem Verzweiflungsakt massiv London bombardieren und damit vor allem Zivilisten treffen. Robert Harris verknüpft in seinem Roman historische Fakten und historisch belegte Personen mit einer fiktiven Geschichte und frei erfundenen Figuren, wobei es vor allem Dr. Rudi Graf und Kay Caton-Walsh sind, die einem die Geschichte nahebringen. Graf ist kein Nationalsozialist, sondern Ingenieur, der im Gegensatz zu Wernher von Braun, der weitaus weniger Skrupel hat, seine Fortschritte in der Forschung nie als Waffe gegen Menschenleben einsetzen wollte und vom Krieg desillusioniert ist. Auf der anderen Seite steht die engagierte junge Offizierin der WAAF, die ihr Leben für die Mission in Belgien aufs Spiel setzt. Der Druck, der auf ihnen lastet, ihre jeweilige Aufgabe erfolgreich zu beenden, die Verunsicherung, wem sie in den besetzten Ländern trauen können und wem nicht und die Emotionen, die damit verbunden sind, sind spür- und nachvollziehbar.

Die Kapitel wechseln zwischen den beiden Perspektiven des deutschen Ingenieurs und der englischen Offizierin, wobei man in Rückblenden aus den Erinnerungen Grafs mehr über seinen biografischen Hintergrund und die Entwicklung der noch nicht ausgereiften V2-Rakete erfährt.

Der Plot ist interessant und überzeugt durch historische Fakten, so dass die fiktive Geschichte um den Kampf Gut gegen Böse glaubwürdig wirkt. Die Umsetzung ist allerdings nur mäßig spannend. Die Aspekte um Sabotage und Verrat kommen nur kurz zum Tragen und das Ende der Geschichte erfolgte mir zu abrupt und gehetzt. Der Roman hätte durchaus Potenzial für mehr Details gehabt, um die Lebenswirklichkeit von den deutschen Ballistikern unter dem Druck der Nationalsozialisten und den englischen Offizierinnen in dem besetzten Belgien bei ihren unter Zeitdruck durchgeführten Berechnungen, um den Weg der Rakete zurückzuverfolgen, darzustellen. Im Gegensatz zur bombastischen V2 ist der Roman letztlich ohne merklichen Knalleffekt.

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