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Veröffentlicht am 04.06.2023

Hass darf nicht das letzte Wort haben

»Ich habe Wut und Hass besiegt«
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An ihrem fünfzehnten Geburtstag steigt Rachel Hanan zusammen mit ihrer großen Familie aus einem Viehwaggon aus. Ausschwitz. An diesem Tag sieht sie ihre Eltern und zwei jüngsten Brüder zum letzten Mal.

Rachel ...

An ihrem fünfzehnten Geburtstag steigt Rachel Hanan zusammen mit ihrer großen Familie aus einem Viehwaggon aus. Ausschwitz. An diesem Tag sieht sie ihre Eltern und zwei jüngsten Brüder zum letzten Mal.

Rachel wird 1929 in Rumänien geboren. Zusammen mit ihren vielen Geschwistern, verlebt sie eine glückliche Kindheit. Als 1940 Nordrumänien teil von Ungarn wird, verändert sich langsam die Stimmung in dem beschaulichen Dorf ihrer Kindheit. Schleichend setzt die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung ein.

Rachel bekommt nicht viel von den großen Sorgen ihrer Eltern mit; ihr Vater ist geistlicher Vater der anderen Juden der Umgebung, und die Verantwortung für all diese Menschen lastet schwer auf ihm. April 1944 müssen alle jüdischen Bewohner ihre Heimat verlassen. Eine endlos lange Zugfahrt bringt sie nach Ausschwitz. Am Eingang wird selektiert, Rachel und ihre Schwestern dürfen leben, ihre Eltern und Brüder nicht.

Nach einem Jahr in vier verschiedenen Anstalten erfolgt die Befreiung. Doch von der äußerlichen Freiheit zur inneren Freiheit ist es ein weiter Weg. Die Schrecken dieses einen Jahres lassen Rachel nie mehr los. Bis ins Alter leidet sie unter Albträumen und Ängsten. Doch ihr wird bewusst, von Hass darf sie sich nicht beherrschen lassen. „Ich hasse nicht, weil ich verstanden habe, dass Rache und Hass niemals satt machen. Hass ist wie ein gefräßiges Ungeheuer, er hat immer Hunger, das macht ihn so gefährlich und omnipräsent in der Welt.“

Dieses wichtige Buch ist sehr gut geschrieben. Es ist stellenweise erschütternd, dann wieder berührend, und immer regen Rachels weise Worte zum Nachdenken an.

In der ersten Hälfte des Buchs geht es zunächst um Rachels Kindheit und Jugend, danach beschreibt sie das Unbeschreibliche. Gleichzeitig reflektiert sie das Erlebte. Was geschieht beispielsweise mit dem Geruchssinn im Elend des KZs? Warum kann sie nicht sagen, dass sie bei der Befreiung glücklich war? Wie kann man nach einem schweren Schicksalsschlag wieder glücklich und zufrieden leben?

In der zweiten Hälfte erzählt Rachel von ihrem Neuanfang in Israel und ihrer langjährigen Arbeit als Sozialarbeiterin. Dabei gibt sie auf gute Weise Einblick in die Situation der Überlebenden, die sich in Israel eine neue Heimat aufgebaut haben.

Fazit: Dieses beeindruckende Buch schildet die Gefühle und Gedanken einer Frau, das als junges Mädchen aus ihrer Jugend herausgerissen und in ein Vernichtungslager gesteckt wird. Sehr empfehlenswert und eine wichtige Lektüre!

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.05.2023

Ein jüdisches Erbe

Solange wir leben
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Der Drehbuchautor David Safier ist für seine humoristische Romane bekannt. Dieses Buch ist eher ernst. Obwohl er nicht viel mit seinen bereits verstorbenen Eltern über ihre Vergangenheit gesprochen hat, ...

Der Drehbuchautor David Safier ist für seine humoristische Romane bekannt. Dieses Buch ist eher ernst. Obwohl er nicht viel mit seinen bereits verstorbenen Eltern über ihre Vergangenheit gesprochen hat, zeichnet er hier ein gelungenes Bild ihres Lebens.

Joschi ist zu Beginn des Krieges ein junger Mann, der mit seiner Familie in Wien lebt. Er genießt Frauenbekanntschaften, ist mitten im Studium und liebt seine Heimat. Doch dort wird es für seine jüdische Familie immer unangenehmer – und zum Schluss gar bedrohlich. Seinen Vater kann er nicht retten, und um sein eigenes Leben zu bewahren, muss er alles, was ihm lieb ist, zurücklassen.

In Palästina gelingt ihm ein Neuanfang, auch wenn ihn Schuldgefühle plagen. Warum hat er überlebt und so viele andere nicht? Seine innere Unruhe kann er selbst mit Alkohol nicht ertränken.

Zu Beginn des Krieges ist Waltraud noch ein kleines Mädchen. Sie erleidet schreckliche Bombennächte, die Angst um Bruder und Vater, die Zerstörung ihres Zuhauses. Als ihr Glück mit einem wunderbaren Ehemann und einer Schwangerschaft perfekt scheint, bricht alles auseinander.

Jahre später begegnen sich Joschi und Waltraud. Sie erleben zusammen die Nachkriegsjahre in Deutschland, bemühen sich um ein Einkommen für ihre wachsende Familie, ringen um eine gemeinsame Identität. Was bedeutet es in Deutschland Jude zu sein? Wie lebt man mit dem Schmerz und den Schuldgefühlen der Vergangenheit? Welches Erbe gibt man seinen Kindern weiter?

Es macht Spaß dieses Buch zu lesen. Auch wenn die Geschichte von Joschi und Waltraud nicht besonders außergewöhnlich ist, werden beide so gut beschrieben, dass man beim Lesen einfach wissen muss, wie es weitergeht. Ganz nebenbei erfährt der Leser dabei, wie ein kleines Kind die Schrecken des Krieges erlebt, was es bedeutet fast jeden in der Familie zu verlieren, und wie tragische Entscheidungen unser Leben erschweren können.

Persönlich stimme ich den Glaubensvorstellungen des Autors nicht zu. Die Frage wird gestellt: Wie kann Gott gleichzeitig gut und allmächtig sein, angesichts des unermesslichen Leides im Zweiten Weltkrieg? Warum hat er nicht eingegriffen? Das weiß ich auch nicht, und ich verstehe Gott nicht. Aber mir ist klar, dass der Schöpfer des Universums so unerklärlich für mich sein muss, so weit jenseits all meiner Vorstellungen, dass ich ihn nicht verstehen muss, um an ihn zu glauben und ihn zu lieben. Wie ein Kind, dass die großen Rätsel des Lebens dem liebevollen Vater überlässt, glaube ich fest daran, dass Gott gut und allmächtig ist, auch wenn ich sein Tun nicht begreife.

Fazit: Ich stimme dem Autor nicht bei allem zu, und doch finde ich dieses Buch so gut geschrieben und lesenswert, das ich es gerne weiterempfehle!

Veröffentlicht am 15.05.2023

Spaß für Groß und Klein beim Entdecken biblischer Geschichten

Die große Wimmelbibel für kleine Entdecker
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Diese Kinderbibel für Kinder im Kindergartenalter überrascht mit seiner Größe und einer wunderschönen Ausführung. Es ist größer als DIN-A4 (die Größenangabe bei der Amazonbeschreibung stimmt nicht) und ...

Diese Kinderbibel für Kinder im Kindergartenalter überrascht mit seiner Größe und einer wunderschönen Ausführung. Es ist größer als DIN-A4 (die Größenangabe bei der Amazonbeschreibung stimmt nicht) und mit einem Gewicht von einem Kilogramm recht schwer.

Biblische Geschichten und doppelseitige Wimmelbilder wechseln sich ab. Es gibt zwar nicht zu jeder Geschichte ein Wimmelbild, dafür enthalten aber auch die einzelnen Geschichten Zeichnungen.

Bei den zwanzig Geschichten aus dem Alten Testament liegt der Schwerpunkt bei den Moses-Geschichten. Doch auch von Simson, Esther, Daniel und anderen ist zu lesen. Die neunzehn Geschichten aus dem Neuen Testament erzählen vor allem von Jesus. Die Sprache ist einfach, die Sätze kurz, und doch enthalten die Geschichten die wichtigsten Aussagen der biblischen Geschichte.

Altes und Neues Testament beginnen jeweils mit einer kurzen Einführung. Diese Sätze zeigen gut die Intention dieser Bibel: „Viele Menschen haben die Geschichten aufgeschrieben. Aber eigentlich kommen sie von Gott. Die Bibel ist ein Buch voller spannender Geschichten. … In den Geschichten lesen wir von einem Gott, der ganz nah bei uns ist. Und der uns hilft, wenn wir Angst haben oder mal was falsch gemacht haben.“

Die Wimmelbilder sind wunderschön gezeichnet und machen nicht nur Kindern Spaß! Am Rand werden verschiedene Menschen, Tiere und Gegenstände gezeigt, die im großen Gewimmel gesucht werden können. Dabei entdeckt man viele Einzelheiten und kann ins Gespräch über die biblischen Geschichten kommen.

Fazit: Eine sehr empfehlenswerte erste Bibel für Kinder im Kindergartenalter, das sich gut für ein erstes Kennenlernen der biblischen Geschichten eignet. Die schönen bunten Wimmelbilder sind dabei eine gute Möglichkeit, um mit Kindern über die Geschichten zu sprechen.

  • Einzelne Kategorien
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  • Erzählstil
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Veröffentlicht am 08.05.2023

„Wir wissen nicht, was Juden sind. Wir kennen nur Menschen“

Von Liebe und Widerstand
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Magda und André lernen sich 1926 in New York kennen. Sie sind beide im Jahr 1901 geboren. Magda kommt aus Florenz und hat russische Vorfahren, André aus Frankreich. Ihnen gemeinsam ist eine hingebungsvolle ...

Magda und André lernen sich 1926 in New York kennen. Sie sind beide im Jahr 1901 geboren. Magda kommt aus Florenz und hat russische Vorfahren, André aus Frankreich. Ihnen gemeinsam ist eine hingebungsvolle Liebe zu den Mitmenschen, koste es, was es wolle.

Dieses Buch erzählt recht ausführlich und in wunderschöner Sprache von Kindheit und Jugend der beiden, und diese Grundlage ist wichtig, um ihre Persönlichkeiten und späteren Entscheidungen zu verstehen. Es ist auch sehr interessant einen Einblick in das Leben am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts zu bekommen.

Ab dem Jahr 1926 haben Magda und André eine gemeinsame Geschichte, auf der Suche nach einem Zuhause und einem Platz, an dem sie Gott dienen können. Es ist schwer eine Pfarrstelle zu finden, denn Andrés pazifistische Einstellung ist in der reformierten Kirche nicht gern gesehen. Als er ab dem Jahr 1934 eine kleine Gemeinde in einem entlegenen Dorf betreut, ahnt er nicht, wie Gott diesen Ort zur Rettung von vielen Menschen, vor allem Kindern, gebrauchen wird.

Beeindruckend ist, wie die Menschen in den Dörfern und Höfen dieser hugenottisch geprägten Gegend zusammenarbeiten, um im Verborgenen Widerstand zu leisten. Es entsteht ein fruchtbares Netzwerk. Menschen werden untergebracht, versorgt, mit falschen Papieren ausgestattet und schließlich ins Ausland geschmuggelt, wo sie in Sicherheit sind. Insgesamt werden so etwa 5000 Menschen vor dem Tod gerettet, darunter 3000 Juden. Bei der aufopfernden Hilfsbereitschaft der Dorfbewohner, spielen die Predigten von André und das Vorbild des Paares eine große Rolle.

Die Grundlage dieses Buchs sind Quellen, unter anderem Memoiren von Magda und André. Es ist nicht nur spannend geschrieben, sondern mit seinen vielen hilfreichen Zitaten und Gedankenanstößen, ist es berührend und inspirierend. Sehr schön ist die Einstellung dieser hilfsbereiten Menschen, dass es nicht auf Nationalität oder Herkunft ankommt. Wenn ein Mensch in Not ist, muss ihm geholfen werden!

Fazit: Eine wunderschön geschriebene Erzählung über Mut und Nächstenliebe in schweren Zeiten. Die wertvollen Gedanken und Einsichten regen zum Nachdenken an. Diese Geschichte über den Einfluss eines Paares auf ihre Kirchenmitglieder ist erstaunlich, inspirierend und sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 07.05.2023

Gemeinsam stark

Zwei für einen
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Ulrike wächst in einem schwäbischen Dorf auf und lernt in ihrer Kindheit vor allem einen traditionellen Glauben kennen. Als sie erfährt, dass sie eine Beziehung mit Jesus haben kann, verändert das ihr ...

Ulrike wächst in einem schwäbischen Dorf auf und lernt in ihrer Kindheit vor allem einen traditionellen Glauben kennen. Als sie erfährt, dass sie eine Beziehung mit Jesus haben kann, verändert das ihr gesamtes Leben. Sie möchte Gott ihr Leben zur Verfügung stellen und ihm da dienen, wo Menschen noch nichts von ihm gehört haben. Ihr Weg führt sie nach Zentralasien. Die Lage dort ist unsicher, vor ihrer Ausreise soll sie ein Testament schreiben.

David wächst mit einem kanadischen und einem amerikanischen Elternteil in Amerika auf. Der Glaube spielt in seiner Familie eine große Rolle. Doch es ist für seine Eltern trotzdem ein schwerer Schlag, als er ihnen mitteilt, dass er in die Mission gehen wird.

In Turkmenistan sind Ulrike und David Kollegen, doch mit der Zeit weiß David sie immer mehr zu schätzen. Als er um sie wirbt, ist sie zunächst schockiert, doch schließlich hat auch Ulrike den Eindruck, dass sie zusammengehören.

Als das junge Paar nicht mehr nach Turkmenistan einreisen darf, entschließen sie sich nach Istanbul zu ziehen. Die Umstellung fällt vor allem Ulrike schwer, doch mit der Zeit wird die Türkei zur Wahlheimat der am Ende siebenköpfigen Familie. Nach vielen friedlichen und fruchtbaren Jahren, muss David jedoch wegen seiner Evangelisationstätigkeit mehrmals ins Gefängnis, und ab dem Jahr 2019 darf er nicht mehr in die Türkei einreisen.

In diesem Buch erzählen abwechselnd David und Ulrike ihre Geschichte, zuerst von ihrer jeweiligen Kindheit und Jugend, dann vom Kennenlernen, und schließlich von ihrem gemeinsamen Leben in der Türkei. Für die Geschichte dieser zwei so unterschiedlichen Menschen passt diese Erzählweise perfekt. Während Ulrike mehr von Familie und Nachbarschaft berichtet, erzählt David von politischen Hintergründen, der Straßenevangelisation und seinen Hafterlebnissen.

Beeindruckend ist ihre Offenheit, vor allem wenn Ulrike erzählt. Sie benennt Situationen, in denen sie im Nachhinein anders gehandelt hätte, spricht Zweifel und Frustrationen an, und schildert in allem sehr offen ihre Gefühle. Das ist hilfreich, denn der Leser erfährt, dass auch Missionare ganz normale Menschen mit Zweifeln und Fragen sind.

Interessant ist, dass sich David richtig freut, wenn es mal wieder ins Gefängnis geht, denn dort hat er viele Möglichkeiten von der Hoffnung zu reden, die ihn erfüllt. So kommt es zu vielen interessanten Begegnungen hinter Gittern, von denen er in diesem Buch berichtet.

Für mich persönlich ist die größte Ermutigung, dass Gott Menschen, je nach Persönlichkeit und Begabung, auf unterschiedliche Weise gebraucht. Dafür ist dieses Ehepaar das perfekte Beispiel.

Fazit: Eine spannende Lebensreise von zwei ganz besonderen Menschen, die sich vor allem dadurch auszeichnen, dass sie mit ganzem Herzen Gott dienen wollen. Sehr empfehlenswert!