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Veröffentlicht am 26.10.2019

Große Not am Rand Europas

Wo die Welt schreit
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Nach wie vor versuchen viele Flüchtlinge nach Europa zu kommen. Bis sie ihr erstes europäisches Ziel erreichen, haben sie oft einen langen, leidvollen Weg hinter sich. Schwer traumatisiert steigen Menschen ...

Nach wie vor versuchen viele Flüchtlinge nach Europa zu kommen. Bis sie ihr erstes europäisches Ziel erreichen, haben sie oft einen langen, leidvollen Weg hinter sich. Schwer traumatisiert steigen Menschen aller Altersgruppen aus hinfälligen Booten an der Küste der griechischen Insel, Lesbos. Sie kommen in ein überfülltes Lager auf einem ehemaligen militärischen Gelände. Das Lager Moria beherbergt viel mehr Menschen, als dort eigentlich Platz hätten.

Die Autorin dieses Buchs, Andrea Wegener, arbeitet schon seit über zehn Jahren in der Verwaltung einer christlichen Hilfsorganisation, als sie den Eindruck hat, sie soll selbst hingehen, wo Not herrscht. Anstatt weiterhin in einer sicheren Umgebung zu verwalten und organisieren, möchte sie als einfache Helferin dorthin „wo die Welt schreit“.

Ihre Organisation entsendet sie auf die Insel Lesbos, wo sie sich, zusammen mit vielen ehrenamtlichen Helfern, um die ankommende Flüchtlinge kümmert. Es ist für alle Seiten frustrierend, dass die Menschen hier so lange bleiben müssen. Auf engem Raum warten sie monatelang auf die Anerkennung ihrer Asylanträge.

Das Leid in Moria ist so groß wie die Anzahl der Menschen. Die sanitären Anlagen reichen bei weitem nicht. Der Wohnraum ist unvorstellbar knapp berechnet. Frauen müssen vor Vergewaltigungen geschützt und kämpfende Männer auseinandergerissen werden. Immer wieder können die vielen Hilfsgüter unter den notleidenden Menschen verteilt werden, doch es ist nie genug.

Die kurzen Kapitel dieses Buchs lesen sich wie Tagebuch- oder Blogeinträge. Von November 2018 bis Mai 2019 berichtet die Autorin über Menschen, Erlebnisse und persönliche Eindrücke. Meistens ist sie im Lager damit beschäftigt die vielen Spenden zu organisieren und zum Verteilen vorzubereiten. Aber es ist ihr ein Anliegen so viel Zeit wie möglich unmittelbar im Lager dabei zu sein.

Nicht jeder Tag ist gleich. Es gibt Lichtblicke, wie gemeinsame Gottesdienste oder liebevolle Begegnungen. Es gibt aber auch regnerische, kalte Tage, in denen die Kanalisation die Wege überflutet, und die Menschen verzweifelt frieren. Der Leser erlebt Hoffnung und Enttäuschung, Freude und Trauer der Autorin mit. Gerüche und Geräusche des Lagers werden lebendig. Beeindruckend ist der Wunsch der Helfer wirklich jedem Menschen mit Respekt zu begegnen.

Besonders wertvoll sind die fünf Zeugnisse, die zwischen den Erlebnissen eingestreut werden. Es sind Geschichten von Menschen, die an irgendeinem Punkt ihrer Reise in diesem Lager gelebt haben. Sie haben Jesus gefunden, manche schon vorher, manche durch Begegnungen mit den christlichen Mitarbeitern. Ihre Geschichten sind sehr berührend. Obwohl sie großes Leid erlebt haben, sind sie dankbar für das Geschenk eines neuen Lebens mit Jesus.

Einige Einträge wurden bereits auf dem Blog der Autorin veröffentlicht. Das ist vielleicht eine Enttäuschung für Menschen, die viel im Internet unterwegs sind. Neu sind jedoch die vielen Bilder, die einen guten Eindruck vom Lager Moria geben.

Dieses Buch ist interessant für jeden, der nicht nur einen Eindruck von den Lebensumständen in einem griechischen Lager bekommen will, sondern dabei miterleben und mitfühlen will wie schwer, aber auch lohnend, der Einsatz unter diesen Menschen sein kann.

Fazit: Traurige und hoffnungsvolle Einblicke in eine Welt, die sich so sehr von unserer deutschen Wirklichkeit unterscheidet. Es ist wichtig zu wissen, was die Flüchtlinge in unserer Umgebung mitgemacht haben. Dieser wertvolle und nachdenklich machende Bericht ist sehr zu empfehlen, vor allem für Menschen, die über den Tellerrand hinausblicken wollen.

Veröffentlicht am 26.10.2019

Wozu soll ein langer Hals gut sein!

Lulatsch, die kleine Giraffe
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Die niedliche Giraffe Lu heißt eigentlich Lulatsch. Eines Morgens wacht die kleine Lu mit großem Kummer auf. Ihr Hals ist verknotet! Sicher kann Mama helfen, doch sie ist nicht zu finden.

Andere Tiere ...

Die niedliche Giraffe Lu heißt eigentlich Lulatsch. Eines Morgens wacht die kleine Lu mit großem Kummer auf. Ihr Hals ist verknotet! Sicher kann Mama helfen, doch sie ist nicht zu finden.

Andere Tiere hingegen haben ihre Vorschläge parat. Sie betrachten eingehend Lus merkwürdig verknoteten Hals. Ein Tier kichert, ein anderes ist erschrocken. Und dann kommen ihre unbrauchbaren Ratschläge. Lu probiert alles aus, jedoch ohne Erfolg.

Endlich. Endlich ist ihre Mutter zurück! Sie hilft Lu gleich, indem sie ihren Hals entknotet. Aber Lu ist noch nicht glücklich. Sie fragt ihre Mutter, warum sie so einen langen Hals hat, wo doch der Hals der anderen Tiere viel kürzer ist. Ihre Mutter erklärt ihr, dass Gott Giraffen so gemacht hat, damit sie die leckeren Blätter an den hohen Bäumen erreichen können.

Dieses Buch, das mit einem Bibelvers aus der Schöpfungsgeschichte beginnt, erklärt, dass Gottes Schöpfung gut ist. Andersartigkeit hat seinen Sinn. Schon kleine Kinder können entdecken, dass die Unterschiedlichkeit ihrer Spielkameraden nichts Schlechtes ist, sondern ein Teil von Gottes gutem Schöpfungsplan.

Das stabile Pappbilderbuch ist schlicht gehalten. Auf weißem Hintergrund richtet sich der Blick gleich auf die Tiere. Landschaften werden nur angedeutet. Das längliche Format passt zu den langen Giraffen. Die Texte sind leicht zu verstehen und für Kinder ab zweieinhalb oder drei Jahren geeignet.

Fazit: Ein liebevoll gestaltetes Kleinkinderbuch mit einer wertvollen Botschaft. Empfehlenswert!

Veröffentlicht am 14.10.2019

Zwei Traumpartner oder nur einen?

Der Preis der Liebe
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Jack ist schon lange in Daisy verliebt, aber seine Traumfrau ahnt nichts von seinen Gefühlen. Sie besitzt einen eigenen Blumenladen in einer heimeligen Kleinstadt im Süden Amerikas. Sie liebt es Blumenarrangements ...

Jack ist schon lange in Daisy verliebt, aber seine Traumfrau ahnt nichts von seinen Gefühlen. Sie besitzt einen eigenen Blumenladen in einer heimeligen Kleinstadt im Süden Amerikas. Sie liebt es Blumenarrangements für ihre Kunden zusammenzustellen und sie setzt sich liebevoll für Benachteiligte in ihrer Kleinstadt ein.

Sie schüttet oft diesem Jack, ihrem Pastor, bei Seelsorgegesprächen ihr Herz aus. Wegen ihrer Lese-Schreibschwäche musste sie eine Klasse wiederholen und sie hat keinen höheren Schulabschluss. Darum hat sie Minderwertigkeitsgefühle. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass sie einige Menschen auf ein Podest stellt. Sie bewundert ihren verstorbenen Vater, aber auch Pastor Jack.

Jack war schon immer in Bezug auf Mädchen schüchtern. Er fürchtet die Freundschaft mit Daisy zu verlieren, wenn er ihr von seinen Gefühlen erzählt. Als Freunde ihm ein Profil auf einer Partnerschaftsseite erstellen und anonym Kontakt mit Daisy aufnehmen ist er entsetzt. Aber er kann der Versuchung nicht widerstehen seiner Traumfrau auf diese Weise näherzukommen. Doch kann das gutgehen? Was ist, wenn Daisy entdeckt wer hinter ihrer neuen Online-Bekanntschaft steckt?

Neben diesem Hauptstrang gibt es weitere Stränge in dieser romantischen Erzählung. Daisy entdeckt ein Geheimnis aus der Vergangenheit ihres Vaters, sie lernt eine unbekannte Verwandte kennen, und sie hilft Geld zu sammeln, um ein zerstörtes Waisenhaus zu reparieren.

Daisy und Jack, ihre Freunde, und Daisys Familie sind alle sehr liebenswert und echt gezeichnet. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Daisy und Jack erzählt. Ihre Gedanken, ihre guten und schlechten Entscheidungen, und ihre Gefühle werden sehr authentisch geschildert.

Wichtige Themen in diesem Buch sind Selbstwert und Vergebung. Es ist ein christliches Buch, aber der Glaube spielt in der Erzählung eher eine untergeordnete Rolle.

Der Erzählstil ist leicht und flüssig. Einmal angefangen, ist es ein Buch, bei dem man immer weiter lesen möchte. Im Großen und Ganzen ist die Geschichte vorhersehbar, aber die Nebenstränge bringen zusätzliche Spannung in die Geschichte.

Nach der großen Krise kommt die Auflösung relativ glatt und schnell. Das mag manchen Lesern besonders gut gefallen, andere könnten es als kitschig empfinden. Dazu gibt es viele Hinweise auf strahlende Augen, männliche Muskeln und ähnliches. Dem einen wird diese Romantik gefallen, andere werden sich an den Klischees stören.

Fazit: Eine schöne, leichte und entspannende Lektüre, für Menschen die romantische Geschichten lieben!

Veröffentlicht am 25.09.2019

Ein trostloser Tag auf den Straßen Berlins

Menschen neben dem Leben
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Am Anfang der 30er Jahre gibt es in Berlin viel Not. Maschinen ersetzen Menschen, darum gibt es viele Arbeitslose. Andere leiden unter den Folgen des Großen Kriegs. Männer müssen betteln, Frauen verdienen ...

Am Anfang der 30er Jahre gibt es in Berlin viel Not. Maschinen ersetzen Menschen, darum gibt es viele Arbeitslose. Andere leiden unter den Folgen des Großen Kriegs. Männer müssen betteln, Frauen verdienen Geld mit „Gefälligkeiten“.

Diese Geschichte beginnt mit einem Gemüsehändler, der einen muffigen Kellerraum als Schlafplatz an zwei Obdachlose vermietet. Abends werden sie eingeschlossen und morgens herausgelassen, sodass die hungrigen Männer sich nicht an Obst und Gemüse des Händlers zu schaffen machen können.

Der Tag beginnt viel zu früh für die beiden Männer. Während der eine hausieren geht, wartet der andere im Park. Er ist geistig behindert, die Folge eines traumatischen Erlebnisses in seiner Kindheit.

Im Laufe des Tages tauchen viele weitere Männer und Frauen auf. Jeder hat seine Geschichte und alle leiden auf der einen oder anderen Weise Not.

Da gibt es den Blinden, der im Krieg sein Augenlicht verlor, und seine Frau, die sich aus dieser gewalttätigen Beziehung befreien möchte. Eine betagte Frau glaubt auch mehr als Jahrzehnt später nicht, dass ihr Mann gefallen und ihr Vermögen wertlos geworden ist. Eine hübsche, junge Frau hat ein gutes Einkommen. Verschiedene ältere Herrn suchen sie regelmäßig auf. Ein Arbeitsloser ist wegen seinen Umständen wütend und er fragt sich, warum immer er benachteiligt wird. Er heckt verschiedene Pläne aus, um zu bekommen, was ihm seiner Meinung nach zusteht.

Diese unterschiedlichen Personen haben eins gemeinsam: Sie stehen neben dem Leben. Sie sind die Leidtragenden der Wirtschaftskrise.

Der junge Autor dieses literarischen Werks starb schon als junger Mann im Jahr 1942. Sein Buch wurde 1937 in Schweden herausgegeben. Der Text wurde vor dieser ersten deutschen Veröffentlichung lektoriert und dabei vermutlich der heutigen Sprache ein wenig angepasst.

Die Lebensläufe der Menschen stehen nebeneinander. Immer wieder erfährt der Leser Bruchstücke aus ihrer traurigen Vergangenheit. Der Autor beschreibt die Beweggründe dieser Menschen und erzählt von Motiven, die ihnen oft selbst nicht bewusst sind. Es sind oft niedere Instinkte und Wünschen, von denen diese einfachen Menschen gesteuert sind.

Was diesem Buch fehlt ist eine überzeugende Handlung. Die beschriebenen Menschen versammeln sich abends in einer Wirtschaft, in der etwas Dramatisches geschieht, aber dem Buch fehlt ein Spannungsbogen. Die Persönlichkeiten und Verhältnisse in dieser Stadt sind gut beschrieben, aber für einen Roman vielleicht zu sachlich und spannungslos.

Die Beschreibungen der hoffnungslosen Schicksale lässt besser verstehen, warum ein Führer, der versprach die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, immer beliebter wurde. Als Zeitzeugnis ist dieses Buch besonders wertvoll. Hier schreibt jemand, der diese Zeit tatsächlich erlebt hat. Er kannte die Fragen und Probleme, aber er ahnte nicht wie viel Leid die angebliche Antwort mit sich bringen würde.

Der Autor streut tiefsinnige Reflektionen und Vergleich in seine Geschichte ein. So vergleicht er neutrale Beobachter bei einer Auseinandersetzung in einer Kneipe mit Staaten, die den Starken unterstützen und doch auf Seiten der Schwachen stehen. „Ihre eigentliche Aufgabe besteht darin, die kriegführenden Parteien aufzustacheln und, im Falle von Nationen, kriegsfähig durch Lieferungen zu erhalten.“ Wer denkt da nicht an aktuelle Ereignisse!

Fazit: Die Besonderheit dieses Buchs ist, dass es das authentische Zeugnis eines Zeitgenossen ist. Da er Berlin in diesen längst vergangenen Jahren so gut kennt, kann er ein bewegendes Bild der vergessenen Menschen dieser Stadt malen.

Veröffentlicht am 25.09.2019

Wertvolle Tipps, um Anfängerfehler zu vermeiden

Romane schreiben
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Die Autoren dieses Buchs befassen sich mit einem schwierigen Thema: Wie schreibt man einen guten Roman? Sie haben reichlich Erfahrung, denn sie begleiten seit 2005 angehende Autoren im Rahmen ihrer Schreibworkshops. ...

Die Autoren dieses Buchs befassen sich mit einem schwierigen Thema: Wie schreibt man einen guten Roman? Sie haben reichlich Erfahrung, denn sie begleiten seit 2005 angehende Autoren im Rahmen ihrer Schreibworkshops. In diesem Buch geben sie in übersichtlicher Form ihre Erfahrungen weiter.

Das Buch beginnt mit grundsätzlichen Gedanken über Autorenschaft. Sie stellen heraus, dass der Schreibende sich wirklich als Autor identifizieren muss. Viele haben einen riesigen Vorrat an Ideen, aber daraus allein entsteht noch kein Buch. So deutlich diese Einführung auch ist, sie ist sicher wichtig, damit es nicht bei einem Traum bleibt und aus den Ideen tatsächlich ein Buch entsteht.

Danach geht es um praktische Fragen, wie Sprache, Handlung, Figuren, Dialoge oder Perspektive. Die meisten Themen werden knapp und übersichtlich erklärt. Oft werden Beispiele verwendet, um eine gute oder schlechte Schreibweise zu veranschaulichen. Diese Beispiele sind gelegentlich bekannte literarische Texte, meistens aber passende konstruierte Texte.

Zum Schluss werden typische Fehler aufgeführt und Alternativen aufgezeigt. Das Buch endet mit kurzen Hinweisen zur Verlagssuche, die sich vor allem auf den österreichischen Markt beziehen. Im Anhang finden sich nützliche Adressen und Hinweise zur weiterführende Literatur.

Dieses Buch ist interessant und informativ. Die Gestaltung und der Text sind eher nüchtern gehalten. Wie bei einem Lehrgang, unterweisen die Autoren den Leser. Sie erklären worauf geachtet werden muss und was man besser vermeidet.

Dadurch, dass so viele Themen angesprochen werden, sind die Ausführungen relativ kurz. Darum ist dieses Buch am besten als Einstieg in das Thema „Kreative Schreiben“ geeignet. Durch die Fülle an Gedanken findet der angehende Autoren sicher einige hilfreiche Tipps, sei es zur Gestaltung von Dialogen oder Spannung, oder zur Vermeidung von sogenanntem Kitsch, einer Fülle von Wörtern, die nichts aussagen.

Fazit: Ein gut strukturiertes, hilfreiches Buch für angehende Autoren. Durch die Fülle an Themen wird einiges nur kurz angesprochen, darum eignet sich dieses Buch besonders gut als Einführung in das Thema „Romane schreiben“.