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Veröffentlicht am 01.05.2018

Wunscherfüllung per Smartphone

Sternschnuppengeflüster
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Drei Mädchen in drei verschiedene Städte finden durch eine App zueinander. Dabei verspricht die App etwas anderes, nämlich die Erfüllung von Wünschen. Und danach sehnen sie sich alle sehr, auch wenn ihre ...

Drei Mädchen in drei verschiedene Städte finden durch eine App zueinander. Dabei verspricht die App etwas anderes, nämlich die Erfüllung von Wünschen. Und danach sehnen sie sich alle sehr, auch wenn ihre Probleme sich sehr unterscheiden.

Leni ist unzufrieden mit ihrem Äußeren und sie ist davon überzeugt, dass sie dick ist. Sie ist unsterblich in einen Jungen an ihrer Schule verliebt, und im nächsten Schuljahr wird er in ihre Klasse kommen. Sie sehnt sich nach einer Beziehung mit ihm, aber dafür müsste sie sich komplett verwandeln, um hübsch genug für diesen attraktiven, sportlichen Jungen zu sein.

Amelie hat zwar auf dem ersten Blick alles, was man sich nur wünschen könnte, aber als sie überhört wie ihre Eltern sich streiten, und auch das Wort „Scheidung“ fällt, bricht eine Welt für sie zusammen. Sie will auf jeden Fall verhindern, dass ihre Eltern sich trennen.

Paula ist mit ihren 16 Jahren etwas älter als ihre neuen beiden 14jährige Freundinnen. Sie sieht nicht nur umwerfend gut aus, sie ist auch eine begabte Schauspielerin, zumindest in der Theatergruppe der Schule. Ihr Traum ist eine Schauspielausbildung, aber ihre Eltern meinen, sie sollte lieber etwas Bodenständiges lernen.

Über den Austausch in der App lernen sich diese Mädchen besser kennen, und sie verbringen auch einige Urlaubstage zusammen. Sie kommen ihren Wünschen näher, vor allem durch die Unterstützung der anderen.

Der Schreibstil dieses Buchs ist wirklich gelungen. Der Text wird aufgelockert durch eingeschobene Nachrichten, die von den Jugendlichen gesendet und empfangen werden. Die Sprache passt sehr gut zur angesprochenen Altersgruppe und wirkt authentisch. Die Probleme und Gefühle der jungen Leute sind gut nachempfunden. Das Ende ist ein richtiges Wohlfühlende und alles kommt zu einem guten Abschluss.

Inhaltlich jedoch ist manches bedenklich, gerade für junge Leser. Obwohl Leni lernt ihren etwas rundlicheren Körper anzunehmen, kreisen in der ersten Hälfte des Buchs ihre Gedanken ständig um ihre Unzufriedenheit mit ihrem Gewicht, ihre Diätversuche und ihre Probleme beim Abnehmen. Sie ist auch ganz darauf fixiert einem bestimmten Frauentyp zu entsprechen (schlank und mit langen, blonden Haaren), um ihren Schwarm für sich zu gewinnen. Auch wenn sie später lernt sich anzunehmen, trägt wohl die Veränderung ihres Aussehens viel dazu bei. Es ist schade, dass das Bemühen um einen Freund auf ein perfektes Aussehen reduziert wird.

In Lenis Freundeskreis gibt es viele Beziehungen zwischen Mädchen und Jungen. Den Beschreibungen nach, geht es da vor allem um das Körperliche. Ob das nicht etwas zu früh ist für 14jährige?

Und dann diese App; ja, das passt in die heutige Lebenswelt von Jugendlichen, aber so schön in diesem Buch alles endet, birgt eine solche Geschichte ja auch Gefahren. Die Mädchen verabreden sich zu einem ersten Treffen, natürlich ohne dass die Eltern wirklich wissen, was sie vorhaben. Es gibt leider genug Fälle, in denen bei einem solchen Treffen das Gegenüber nicht ein gleichaltriges Mädchen war, sondern jemand mit einer bösen Absicht.

Auch die Wunscherfüllung durch App ist nicht wirklich überzeugend. Die entstandene Freundschaft der Mädchen ist wirklich herzerwärmend, aber die philosophischen Vorstellungen, die im Hintergrund der Wunscherfüllung stehen, sind fragwürdig. Sich etwas ins Sein wünschen und auf das Universum hoffen? Das macht nicht wirklich viel Sinn.

Fazit: Gemischte Gefühle! Eine Geschichte zum Träumen, die wirklich sehr schön und jugendgemäß geschrieben ist, aber inhaltlich nicht unbedingt ratsam für die empfohlene Altersgruppe.

Veröffentlicht am 14.04.2018

Poetische Überlegungen über Gott und den Tod

Mein heller Abgrund
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Christian Wiman wächst in einer ländlichen Umgebung in Texas auf, in der Religion allgegenwärtig ist. Als Kind erlebt er eine Bekehrung, die er aber später in Frage stellt, da er zu dieser Zeit einfach ...

Christian Wiman wächst in einer ländlichen Umgebung in Texas auf, in der Religion allgegenwärtig ist. Als Kind erlebt er eine Bekehrung, die er aber später in Frage stellt, da er zu dieser Zeit einfach nichts Anderes kannte. Als Student trifft er erstmals Atheisten. Für ihn selbst tritt der Glaube in den Hintergrund. Mehr und mehr versteht er sich als Poet. Mit Worten versucht er seine Sicht der Welt und seine Gefühle auszudrücken.

Eine niederschmetternde Krebsdiagnose verändert alles. Der Tod ist von nun an sein ständiger Begleiter. Durch die Krankheit, und zusammen mit seiner geliebten Frau, findet er mit langsamen, zögernden Schritten zurück zu Gott. Aber es bleiben viele Zweifel. Vieles, was er von Gott ahnt, kann er nicht mit Worten ausdrücken. Er zweifelt an der Auferstehung. Einerseits tröstet ihn sein neugefundener Glaube, andererseits hadert er damit. Woran er sich festhält ist die Schwäche und Verlassenheit Jesu am Kreuz, der darum auch sicher ihn in seiner Not verstehen kann.

Dieses Buch ist eine fragmentarische Sammlung von Gedanken und Gedichten, aufgezeichnet im Laufe von mehreren Jahren, in denen der Autor mit seiner Krebserkrankung kämpft. Er spricht von den unaussprechlichen Schmerzen, die seine Erkrankung mit sich bringt, von seinen Kindern, die er vielleicht nicht lange begleiten kann, und immer wieder von seiner verzweifelten Suche nach Gott. Er ahnt, dass sich die Welt nur mit Gott erklären lässt. Er spürt die Lücke, die nur mit Gott gefüllt werden kann. Er spricht aber auch offen über seine Zweifel.

Manche Sätze dieses Buches sind sehr tiefsinnig und sicher wohlüberlegt. Andere erscheinen mir einfach nur verwirrend. Wer Dichtung liebt, wird sicher viel Freude an diesem Buch haben. Auch Menschen, die noch keine Beziehung zu Gott haben und ihn angesichts von Leid suchen, können hier Hilfe und Trost finden. Die Lektüre ist auf jeden Fall nicht einfach. Es ist ein Buch, in dem man immer wieder hineinschauen kann, aber es ist weniger dafür geeignet an einem Stück gelesen zu werden.

Schade, dass lange, komplizierte Sätze die Verständlichkeit dieses Buchs erschweren. Und schade, dass der Autor sich nicht einfach in Gottes liebende Gegenwart fallenlassen kann, ohne alles verstehen zu müssen. Das Überzeugtsein von einer Auferstehung der Toten wäre in der Situation des Autors sicher besonders tröstlich. Ich hoffe seine Suche führt ihn zu dieser Gewissheit.

Veröffentlicht am 15.01.2018

Kummerspeck ade!

Fa(t)shionista
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Das Besondere an diesem Buch ist Magda Albrechts offene und ehrliche Art mit ihrem Gewicht umzugehen. Sie erzählt aus ihrem Leben, und der Leser hat das Gefühl einer Freundin gegenüber zu sitzen. Man erfährt ...

Das Besondere an diesem Buch ist Magda Albrechts offene und ehrliche Art mit ihrem Gewicht umzugehen. Sie erzählt aus ihrem Leben, und der Leser hat das Gefühl einer Freundin gegenüber zu sitzen. Man erfährt wie sie als Kind langsam entdeckte, dass sie kräftiger als viele der anderen Kinder war, und was das für sie bedeutete. Sie wurde in ein Diät Camp geschickt. Sie versuchte gut gemeinte Ratschläge von Autoritäten „zu verdauen“. Sportunterricht war ihr unangenehm. Als Jugendliche und Erwachsene suchte sie mehr und mehr Bereiche, in denen sie sich entfalten konnte, z.B. die Musik. Mit der Zeit wuchs in ihr die Erkenntnis, „Ich bin okay, so wie ich bin.“ Sie lernte ihren Körper zu akzeptieren und setzte sich gegen Gewichtsdiskriminierung ein. So wendet sie sich vehement gegen die Diätindustrie, dem BMI, zu enge Plätze im Flugzeug und fehlende, modische Kleidung in große Größen. Offen berichtet sie über Schwierigkeiten der „Dicken“ beispielsweise beim Kauf des richtigen BHs, beim Schwimmbadbesuch oder beim Sex.

Es ist beeindruckend und bereichernd die Welt mit den Augen Magda Albrechts zu sehen. Es gehört viel Mut dazu die Schwierigkeiten von dicken Menschen zur Sprache zu bringen. Beim Lesen hat man jedoch den Eindruck, dass sie immer wieder und wortreich ihre Überzeugung es ist in Ordnung dick zu sein verteidigt; vielleicht, weil sie doch immer wieder darunter leidet, z.B., wenn sie zugibt, dass sie noch keinen Frieden mit ihrem Doppelkinn geschlossen hat. Ich stimme zu, dass es wichtig ist sich anzunehmen, aber es macht sicher trotzdem Sinn auf eine gesunde Lebensweise und Ernährung zu achten. Obwohl Magda einen angenehmen Schreibstil hat, könnte das Buch leicht um einiges kürzer sein, ohne an Wirkung zu verlieren.

„Es ist okay, dick zu sein, aber dann bitteschön auch selbstbewusst und mit einer großen Portion Selbstliebe.“ So lässt sich vielleicht am besten Magda Albrechts Anliegen zusammenfassen.

Veröffentlicht am 20.07.2017

Selbstmitleid

Gegen alle Regeln
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In dieser autobiographischen Erzählung beschreibt Ariel Levy den größten Verlust ihres Lebens. Auf einer Reise, die sie als Journalistin wegen einer Reportage unternimmt, verliert sie in einem ...

In dieser autobiographischen Erzählung beschreibt Ariel Levy den größten Verlust ihres Lebens. Auf einer Reise, die sie als Journalistin wegen einer Reportage unternimmt, verliert sie in einem Hotelzimmer ihr ersehntes Baby. Vor dem Beschreiben von diesem Erlebnis, erzählt sie aus ihrem Leben. Es geht um ihre Kindheit, um ihre Beziehungen zu Männern und zu Frauen, um den Wunsch nach einem Baby, und um die Alkoholprobleme ihrer Partnerin.

Ich finde den Schreibstil flüssig und gelungen. Im ersten Teil des Buchs gibt es aber viele Sprünge in den Erzählungen, das ist beim Lesen manchmal etwas verwirrend. Der Schluss dagegen zieht sich lange hin. Es geschieht kaum noch etwas, es dominiert das Selbstmitleid der Autorin wegen dem Verlust ihres Babys. Ich kann mir vorstellen, dass das ein sehr schlimmes Erlebnis war, aber viele Menschen erleben Tragisches, und wachsen daran. Das sehe ich bei der Autorin nicht. Es kommt mir so vor, als würde sie in erster Linie danach fragen was ihr gut tut, und was sie haben möchte. Es ist wenig Fürsorge für andere zu erkennen.

Traurig finde ich, ehrlich gesagt, auch die Vorstellung, dass ein Kind mit zwei Müttern aufwachsen soll, und das "Mannsein" am Beispiel der "männlicheren" Mutter erlernen soll. Da halte ich mich lieber an das wunderschöne Modell der Ehe mit einem Mann und einer Frau.


Veröffentlicht am 20.07.2017

Wer ist die wirkliche Marie?

Der Brief
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Marie lebt mit ihrer Partnerin in Hamburg und arbeitet als Journalistin. Eines Tages bekommt sie einen Brief, der zwar an sie adressiert ist, aber von einem ganz anderen Leben ausgeht - mit einem ...

Marie lebt mit ihrer Partnerin in Hamburg und arbeitet als Journalistin. Eines Tages bekommt sie einen Brief, der zwar an sie adressiert ist, aber von einem ganz anderen Leben ausgeht - mit einem anderen Partner und in einer anderen Stadt. Sie sucht die Verfasserin des Briefes auf, eine alte Schulfreundin, und erfährt dass auch sie Briefe bekommt, die ebenfalls von einem anderen Leben der beiden Frauen ausgeht. Das treibt beide Frauen in die Verzweiflung, und Marie versucht herauszufinden was nun Wirklichkeit ist und was es mit diesem anderen Lebensentwurf auf sich hat.

Das Buch ist gut geschrieben und die Idee ungewöhnlich, aber ich fand die beiden Parallelwelten mehr und mehr verwirrend. Es ist bis zum Schluss nicht wirklich klar was es damit auf sich hat, und was nun Wirklichkeit ist. So bleibt bei mir nach dem Lesen nicht wirklich ein gutes Gefühl wegen einer gelungenen und schlüssigen Geschichte, sondern eher Verwirrung.