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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.11.2023

Die Frage der Identität

Ich?
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Das Besondere an dem packenden Roman ist, dass man als Leser von Anfang an dicht an der Figur und seinen Gedanken ist. Seine Perspektive dominiert das ganze Buch.
Er ist ein Kriegsheimkehrer, der an der ...

Das Besondere an dem packenden Roman ist, dass man als Leser von Anfang an dicht an der Figur und seinen Gedanken ist. Seine Perspektive dominiert das ganze Buch.
Er ist ein Kriegsheimkehrer, der an der Front die Papiere eines Gefallenen nimmt und dessen Identität annimmt. Aber ist das wirklich so? Bei seiner Heimkehr wird er von Frau, Freunden und Mutter sofort akzeptiert. Es gibt keinen Zweifel an seiner Identität, nur der Hund erkennt ihn nicht.
Der Protagonist ist traumatisiert und hoch verwirrt. Als Leser ist man sich nicht sicher, was jetzt stimmt.Das ist das Spannungsfeld.

Der Roman ist 1926 geschrieben. Die psychologische Note und die Dichte lassen ihn aber modern erscheinen. An der Art wie geredet wird, erkennt man dann aber doch das zeitbezogene, aber auch das ist interessant.

Veröffentlicht am 03.11.2023

Veränderungen

Nebenan ist doch weit weg
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Es ist ein Buch über Veränderungen. Für die 12jährige Edith ist es eine Herausforderung, mit ihren Eltern von Berlin nach Polen zu ziehen. Sie vermisst ihre Freundinnen und die polnische Sprache muss sie ...

Es ist ein Buch über Veränderungen. Für die 12jährige Edith ist es eine Herausforderung, mit ihren Eltern von Berlin nach Polen zu ziehen. Sie vermisst ihre Freundinnen und die polnische Sprache muss sie erst lernen. Sie ist anfangs voller Zweifel, doch mit der Zeit lebt sie sich ein, findet Freundinnen und lernt einiges über das nicht gerade einfache, durch die Vergangenheit belastete Verhältnis zwischen Deutschen und Polen.
Es gelingt der aus Berlin Kreuzberg stammenden Autorin Antje Boones gut, Ediths wechselnde Gefühlslage zu verdeutlichen. Man kann sich gut in sie hineinfühlen und viele Emotionen teilen.
Der Plot des Romans ist stark genug, dass die Autorin auf gekünsteltes Beiwerk verzichten kann. Das hat mich sehr überzeugt.
Unbedingt erwähnenswert sind auch noch die Illustrationen von Michael Szyszka, die das Buch begleiten und bereichern.

Veröffentlicht am 25.10.2023

Eine Entdeckung

Titan oder Die Gespenster der Vergangenheit
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Es handelt sich um Erzählungen eines russischen Schriftstellers.

Erfreulicherweise erfüllt dieses Buch das angekündigte Thema der nicht aufgearbeiteten Schuld der Vergangenheit, die dadurch auch auf die ...

Es handelt sich um Erzählungen eines russischen Schriftstellers.

Erfreulicherweise erfüllt dieses Buch das angekündigte Thema der nicht aufgearbeiteten Schuld der Vergangenheit, die dadurch auch auf die Gegenwart ausstrahlt.
Das zeigt exemplarisch schon die erste Erzählung Abend eines Richters. Das Winseln eines Hundes bewirkt bei einem korrupten Richter einen Flasback. Er erinnert sich an eine Schandtat seiner Jugend.

Es sind düstere Geschichten. Das verwundert bei dem Thema nicht.
Oft wird das Gefühl der Bedrohung transportiert.

Nicht jede Erzählung hat mir zugesagt, unbedingt erwähnenswert ist aber die brillante Titelgeschichte Titan. Darin bewundert der Icherzähler, ein junger Mann, einen Schriftsteller, der im Gulag war. Der Eindruck einer allumfassenden Verfolgung durch die Diktatur wird beklemmend vermittelt.

Für mich ist Sergej Lebedew eine Entdeckung.

Veröffentlicht am 25.10.2023

Goethe und sein Schwager

Rauch und Schall
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Jetzt hat auch Charles Lewinsky wie vor ihm viele, z.B. Martin Walser, einen Goethe-Roman vorgelegt. Das ist mehr oder weniger risikolos.
Sein Goethe steckt permanent in einer Schreibkrise. Sein Schwager ...

Jetzt hat auch Charles Lewinsky wie vor ihm viele, z.B. Martin Walser, einen Goethe-Roman vorgelegt. Das ist mehr oder weniger risikolos.
Sein Goethe steckt permanent in einer Schreibkrise. Sein Schwager Christian August Vulpius, ein Vielschreiber von Trivialromanen, hilft ihm, aus der Patsche. Vuloius ist für mich sogar die interessantere Figur in diesem Roman, den eine gewisse Ironie begleitet.
Lewinsky ist diesmal vielleicht näher an Vulpius als an Goethe.
Doch dafür wartet er am Ende mit einem ziemlich originellen Einfall auf, der an dieser Stelle aber noch nicht verraten werden darf.

Veröffentlicht am 15.10.2023

Eine deutsch-iranische Vater-Tochter-Beziehung

Terafik
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Terafik ist ein gut geschriebenes, interessantes Buch und es ist ein autofiktionaler Text. Die Protagonistin heißt wie die Autorin und teilt ihre Erfahrungen, doch dadurch das es literarisch verarbeitet ...

Terafik ist ein gut geschriebenes, interessantes Buch und es ist ein autofiktionaler Text. Die Protagonistin heißt wie die Autorin und teilt ihre Erfahrungen, doch dadurch das es literarisch verarbeitet wird, wird das Buch zum Roman.
Im Mittelpunkt steht eine Reise in den Iran. Die in Deutschland geborene Nilufar reist mit Mitte 30 zum ersten mal in den Iran, um ihren Vater zu besuchen, der Deutschland vor langen verlassen hatte.
Es wird nicht linear erzählt. So erfährt man die Gründe des Vaters erst spät, Er lebte 20 Jahre in Deutschland und sah sich dann als gescheitert und kehrte in den Iran zurück.
Im Buch gibt es einige Whatsup-Nachrichten, die er seiner Tochter in gebrochenen Deutsch schrieb. So hielten sie Kontakt. Sein größter Wunsch war, dass Nlufar ihn und die Familie besucht.
Nilufars Reise und Empfindungen mit der Familie kann man dann hautnah folgen und verstehen. Ihre Beschreibungen sind sprachlich ausgefeilt.
Das hat mir gut gefallen.