Urkomisch
Polyphon PerversDie Sabin hatte die Idee und deswegen versteht sich ja von selbst, dass die der Kopf von Polyphon Pervers ist. Und weil die Schanti die beste Freundin von der Sabin ist, ist auch klar, dass sie die mit ...
Die Sabin hatte die Idee und deswegen versteht sich ja von selbst, dass die der Kopf von Polyphon Pervers ist. Und weil die Schanti die beste Freundin von der Sabin ist, ist auch klar, dass sie die mit ins Boot geholt hat, als Kopf Nummer zwei. Die Sabin und die Schanti sind seit sieben Jahren ganz eng. Die haben im Sommer siebzehn absolut gar nichts anderes gemacht als auf ner Badewiese zu liegen. Da dachte die Sabin dann, man könne ja was machen und wenn schon, dann was geiles, so Leute treffen, bisschen Wein und Theater und das sagte die dann auch und das machten die dann auch.
Man solle das Projekt um Himmelswillen nicht Kunst nennen, hat die Sabin gesagt. Die Kunst sei so streitbar und kompliziert. Auch Kultur sei der falsche Begriff, weil da könne man sich so schwer abgrenzen, denn schließlich seien die Fasnachtbatschies ja auch Teil der Kultur, die dann im besoffenen Kopf ihre Schnapskaffees in den Fluss kotzten und die Fußballfans betrieben ja auch Fankultur. Und die Faschos hätten das Konzept ja mittlerweile auch für sich entdeckt. Und da hat die Sabin ja auch vollkommen recht. Unterhaltung sei das angemessene Wort für ihr Projekt, da könne man sich schön breit aufstellen und mal in Ruhe schauen, wie sich das Ganze dann so entwickelt.
Im Tournesol, man kann sagen, Kulturzentrum für Subkultur, aber das soll man ja nicht sagen, weils mittlerweile son Schubladenöffner ist. Da gibts Kunst, Konzerte, Partys, Poetry-Slams, regionale Limos, ein veganes Mittagsgericht, das Büchertauschregal, den queeren Stammtisch. Also quasi ein ganzes Haus voll Unterhaltung, da hat die Sabin dann einen Raum angemietet, um Polyphon Pervers groß zu machen.
Fazit: Béla Rothenbühler hat eine urkomische Inszenierung geschaffen. Er lässt seinen (ich schätze autofiktionalen) Protagonisten mundartlich über die Kunst- und Kulturszene schwadronieren. Er erzählt die Geschichte von zwei besten Freundinnen, die einen gemeinnützigen Verein aus dem Boden stampfen, der in erster Linie ihnen nützt. Polyphon Pervers trifft den zeitgeistigen Nerv und expandiert schier endlos. Beide haben ein glückliches Händchen und finden gleich die richtigen Stellen, die ihre Subventionstöpfe ausschütten. Die Mädels stellen ein ganzes Ensemble an Mitwirkenden ein. Irgendwann übertreffen die Einnahmen die Ausgaben, aber auch dafür findet sich eine Lösung. Der Autor gibt einen lustvollen, frivolen Einblick in die Szene und beleuchtet die Zusammenhänge zwischen Kommunalpolitik, kulturellem Engagement und Vetternwirtschaft und ich habe selten etwas so Komisches gelesen. Dieses Buch ist eine ungeheuer kreative, geistreiche und humorvolle Reise durch die Kantone. Ich habs geliebt.