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Veröffentlicht am 02.06.2025

Ein humorvolles Drama

Die Physiker
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Inhalt: Ein Mord ist geschehen im Sanatorium „Les Cerisiers“. Das Opfer: Eine Krankenschwester. Der Täter: Ernst Heinrich Ernesti, der sich selbst für Einstein hält. Auf Drängen des Inspektors sichert ...

Inhalt: Ein Mord ist geschehen im Sanatorium „Les Cerisiers“. Das Opfer: Eine Krankenschwester. Der Täter: Ernst Heinrich Ernesti, der sich selbst für Einstein hält. Auf Drängen des Inspektors sichert die Leiterin Mathilde von Zahnd zu, das Konzept der Unterbringung der Patienten zu überdenken. Doch gerade als „Les Cerisiers“ wieder zur Ruhe kommt, geschieht der nächste Mord.

Persönliche Meinung: „Die Physiker“ ist eine Komödie in zwei Akten von Friedrich Dürrenmatt. Ich will ehrlich sein: Als ich „Die Physiker“ damals in der 11. Klasse lesen musste, konnte ich mit dem Drama nichts anfangen. Das Thema interessierte mich nicht, die Handlung schien mir zu schlicht – woran auch der Plottwist nichts ändern konnte –, und die Sprache empfand ich als wenig reizvoll, zu alltäglich und trocken. Jetzt, einige Jahre nach der schulischen Pflichtlektüre – und mit ein paar Jahren mehr Leseerfahrung –, habe ich „Die Physiker“ nochmal gelesen – und muss das Urteil meines 16-jährigen Ichs revidieren: Die Handlung ist – mit ihrem historischen Hintergrund und ihrer moralischen Tiefe – vielschichtig; strukturelle Wiederholungen, die mir damals als redundant/langweilig erschienen, sorgten bei meinem erwachsenen Ich für Schmunzler (generell habe ich erst jetzt, beim zweiten Lesen, erkannt, wie humoresk und slapstickartig „Die Physiker“ ist). Auch den Plottwist, der sorgsam aufgebaut wird, konnte ich nun mehr würdigen (Mein 16-jähriges Ich hat da wohl nicht so gründlich gelesen). Kurz: „Die Physiker“ hat mich beim zweiten Lesen ungemein gut unterhalten – sowohl hinsichtlich der Ernsthaftigkeit des Themas als auch in Bezug auf die humorvollen Akzente.

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Veröffentlicht am 02.06.2025

Eine eher ernste Mumingeschichte

Die Mumins (6). Winter im Mumintal
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Inhalt: Der Winter hat im Mumintal Einzug gehalten. Eigentlich die Zeit, in der die Muminfamilie ihren Winterschlaf hält. Doch plötzlich wacht Mumin als erster Mumintroll in der Geschichte der Mumintrolle ...

Inhalt: Der Winter hat im Mumintal Einzug gehalten. Eigentlich die Zeit, in der die Muminfamilie ihren Winterschlaf hält. Doch plötzlich wacht Mumin als erster Mumintroll in der Geschichte der Mumintrolle aus seinem Winterschlaf auf. Seine Familie schläft weiter, lässt sich nicht wecken, sodass Mumin eigenständig die winterliche Welt vor der Haustür erkundet…

Persönliche Meinung: „Winter im Mumintal“ ist ein Kinder- und Jugendbuch von Tove Jansson. Es handelt sich um den 6. Mumin-Band. Man muss nicht zwangsläufig alle vorherigen Mumin-Bände gelesen haben, um der Handlung folgen zu können, allerdings ist ein Grundverständnis der Mumin-Welt Voraussetzung, um „Winter im Mumintal“ einordnen zu können. Denn: Die Stimmung des 6. Bandes ist eine andere als in vorherigen. Mumin wandelt hier nicht durch ein Winterwunderland, in dem er spaßige Abenteuer erlebt. Im Gegenteil: „Winter im Mumintal“ fällt insofern ein Stück weit aus der Reihe, als dass die Handlung eher düster ist. Die Welt ist kalt und still, die Morra durchstreift das Mumintal, Mumin ist melancholisch und in sich gekehrt, die wenigen auftretenden Figuren sind eher verhuschte Eigenbrötler (Kontrapunkt ist hier lediglich die kleine Mü, die gewohnt ausgelassen durch den Schnee tollt). Einsamkeit ist ein Leitmotiv der Geschichte: Mumin ist auf sich alleingestellt, weiß nicht wirklich, was er mit sich anzufangen hat. Allein die Gespräche mit Too-ticki, die sich häufig um Mumins Melancholie drehen, bieten eine Perspektive. „Winter im Mumintal“ ist außerdem der erste Mumin-Band, in dem Mumin mit dem Tod konfrontiert wird: Ein Eichhörnchen erfriert, was Mumin zu denken gibt. Zum Ende der Handlung – analog zum aufkeimenden Frühling – kehrt aber immer mehr die Hoffnung zurück: Mumin hilft den verhuschten Winterwesen, nimmt sie in Muminhaus auf, sodass sich einzelne dieser Wesen anfreunden können. Letztlich erwacht auch die Mumin-Familie und der Schnupferich kehrt zurück, sodass das Leben wieder seinen gewohnten Gang gehen kann. Der Erzählstil von Tove Jansson ist in diesem Band – passend zum Inhalt – nachdenklicher, aber dennoch flüssig zu lesen. Insgesamt ist „Winter im Mumintal“ ein eher düsterer Teil der Reihe – und gerade deshalb lesenswert.

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Veröffentlicht am 02.06.2025

Ein außergewöhnliches Drama

20. Juli
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Inhalt: Es ist der letzte Schultag. Der Leistungskurs Geschichte diskutiert über das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944. Die Schüler sind sich einig, das Attentat sei zu spät erfolgt; der Lehrer will ...

Inhalt: Es ist der letzte Schultag. Der Leistungskurs Geschichte diskutiert über das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944. Die Schüler sind sich einig, das Attentat sei zu spät erfolgt; der Lehrer will sich nicht festlegen. Schnell werfen die Diskutanten einen Blick in die Gegenwart: Die rechtsgerichtete Deutsche Aktion hat 37 Prozent in der jüngsten Landtagswahl geholt. Wie soll damit umgegangen werden? Soll abgewartet werden, ist ein Eingreifen von Nöten?

Persönliche Meinung: „20. Juli“ ist ein Drama in fünf Akten von Bernhard Schlink. Ausgangspunkt des Dramas ist ein Gedankenspiel: Wäre ein präventives Attentat auf Hitler im Jahr 1931 legitim gewesen? Diese Frage projizieren die auftretenden Figuren auf ihre Gegenwart, in der rechte Kräfte erstarken. Es entspinnt sich zwischen den Abiturienten eine Diskussion, die mehrere Aspekte berührt: Ab welchem Punkt ist ein Eingreifen in die Politik legitim/notwendig? Ist Gewalt moralisch vertretbar? Und wenn ja: Wie sollte diese aussehen? Wann verschwimmt die Grenze zwischen Nicht-Handeln und Mitschuld? Wie soll man mit dem Versagen der staatlichen Instanzen umgehen (dies wird am Beispiel des Lehrers exemplifiziert, der eine Liebesbeziehung mit einer Schülerin des Kurses führt)? Freilich gibt das Drama auf diese Fragen keine eindeutigen Antworten: Es lädt aber zu einem Gedankenspiel, zu einer Reflexion auf einer Meta-Ebene ein. Dies gelingt, indem die fünf auftretenden Abiturienten (qua ihrer Berufswünsche) unterschiedliche Sichtweisen repräsentieren: So werden die oben genannten Fragen aus juristischer, historischer, journalistischer, medizinischer und ingenieurwissenschaftlicher Perspektive beleuchtet. Zusätzlich tritt noch die Figur des „Alten“ auf, der die Perspektive der Großelterngeneration einbringt. Der Schreibstil von Schlink ist gehoben, was nur bedingt den Sprechgewohnheiten heutiger Jugendlicher/jungen Erwachsenen entspricht. Teilweise wirken die Sätze daher gestelzt. Dennoch ist „20. Juli“ insgesamt ein außergewöhnliches Drama, das zu Gedankenspielen einlädt.

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Veröffentlicht am 02.06.2025

Brillant erzählte Sci-Fi

Die Krone der Sterne
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Inhalt: Nachdem Iniza und Glanis vor dem Hexenorden fliehen konnten, leben sie mit ihrer kleinen Tochter auf dem Piratenplaneten Noa. Doch auch hier sind sie alles andere als sicher: Nicht nur ist der ...

Inhalt: Nachdem Iniza und Glanis vor dem Hexenorden fliehen konnten, leben sie mit ihrer kleinen Tochter auf dem Piratenplaneten Noa. Doch auch hier sind sie alles andere als sicher: Nicht nur ist der Planet mit unterschiedlichen Krankheiten verseucht, auch schmieden sich Allianzen gegen Iniza und Glanis. Währenddessen sind die Alleshändlerin Shara Bitterstern und Kranit, der letzte Waffenmeister von Amun, auf geheimer Mission im All unterwegs – doch auch hier warten an jeder Ecke Feinde…

Persönliche Meinung: „Hexenmacht“ ist ein Science-Fiction-Fantasyroman von Kai Meyer. Es handelt sich um den zweiten Band der „Die Krone der Sterne“-Reihe. Da „Hexenmacht“ die Geschichte des ersten Bandes weitererzählt, ist eine chronologische Lektüre sinnvoll. Erzählt wird die Handlung aus einer Vielzahl von verschiedenen, sich abwechselnden Perspektiven: So werden u.a. die Perspektiven von Iniza, Glanis, Shara Bitterstern und Hadrath Talantis, einem Prediger des Kultes der Stille, eingenommen. Wie schon im vorherigen Band sind die Figuren mit ihren Motiven, Zielen, Wünschen und Ängsten differenziert dargestellt. Insbesondere zu Sharas und Kranits Vergangenheit erhält man im vorliegenden Band zusätzliche Informationen, sodass diese noch greifbarer werden. Zur Handlung möchte ich zwecks Spoilergefahr gar nicht zu viel sagen. Nur: Sie schließt stimmig an den Vorgänger an, setzt sich aus mehreren Handlungssträngen zusammen, wodurch ein schönes Tempo entsteht, und besitzt mehrere überraschende Wendungen. Für Spannung sorgt außerdem, dass wir etwas über die Hintergründe der rätselhaften Stille sowie die Ursprünge des numinosen Hexenordens erfahren. Kai Meyers Erzählstil ist gewohnt bild- und wortgewaltig, sodass ein detailreiches Kopfkino entsteht. Insgesamt ist „Hexenmacht“ brillant erzählte Sci-Fi-Fantasy mit schön ausgearbeiteten Figuren.

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Veröffentlicht am 02.06.2025

Ein spannender psychologischer Krimi

Und mittendrin die Limmat
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Inhalt: Vor vierzehn Jahren verunglückte Rebekka, eine Schülerin, tödlich bei einem Wanderausflug. Dieser Vorfall ruft bei der Lehrerin Elaine bis heute starke Schuldgefühle hervor, hatte sie doch damals ...

Inhalt: Vor vierzehn Jahren verunglückte Rebekka, eine Schülerin, tödlich bei einem Wanderausflug. Dieser Vorfall ruft bei der Lehrerin Elaine bis heute starke Schuldgefühle hervor, hatte sie doch damals die Wanderroute vorgeschlagen. Um die Situation besser verarbeiten zu können, hatte sie kurz nach dem Unglück die Ereignisse – verfremdet unter Pseudonym – in einem Roman behandelt, der unverhofft zum Bestseller avancierte. Nun, vierzehn Jahre später, wird sie von der Vergangenheit eingeholt: Eine Freundin Rebekkas verunglückt ebenfalls – wobei die Umstände an Elaines Roman erinnern…

Persönliche Meinung: „Und mittendrin die Limmat“ ist ein psychologischer Kriminalroman von Kiara Kern. Erzählt wird die Handlung aus zwei Ich-Perspektiven: Elaine, die den Schuldienst pausiert und sich erneut dem Schreiben widmen will, zugleich aber permanent von Schuldgefühlen belastet wird, und Anna, einer Freundin Rebekkas, die nach längerer Abwesenheit nach Zürich zurückkehrt und dort mit der Vergangenheit konfrontiert wird. Daneben finden sich immer wieder Einsprengsel in Form von Tagebuchaufzeichnungen von Laura, die ebenfalls mit Rebekka befreundet war. Eine große Stärke des Krimis ist die Zeichnung des Innenlebens der beiden Protagonistinnen: Ihre Gefühle und Gedanken zum Tod Rebekkas werden greifbar beschrieben; angetrieben werden beide von dem mal leiseren, mal lauteren Zweifel, ob der Tod wirklich ein Unfall war oder ob noch mehr dahintersteckt. Dieser Zweifel ist Dreh- und Angelpunkt der Handlung. Schritt für Schritt kommen die beiden Protagonisten der Wahrheit näher; legen Schicht für Schicht frei, was auch mit Selbstzweifeln, inwiefern sie ihrer Wahrnehmung trauen können, einhergeht. Durch dieses Häuten der Wahrheits-Zwiebel entsteht eine latente Spannung, die sich permanent durch den Roman zieht. Daneben berührt der Roman auch andere Themen, wie das Schriftstellerinnen-, Künstlerinnen-, oder Lehrerinnendasein, was meinem Empfinden nach authentisch beschrieben wird. Der Erzählstil in anschaulich und lässt sich flüssig lesen. In sprachlicher Hinsicht stechen besonders die Tagebucheinträge Annas hervor, die in lyrischer Form Annas Innenleben offenbaren. Insgesamt ist „Und mittendrin die Limmat“ ein spannender psychologischer Krimi mit tiefenscharfen Figuren.

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