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Veröffentlicht am 16.01.2018

fesselnder Roman über aktiven und passiven Rassismus

Kleine große Schritte
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Jodi Picoult hat basierend auf einem Fall, von dem sie in der Zeitung las, die Geschichte der 44 jährigen Ruth Jefferson erdacht, einer verwitweten, alleineziehenden afroamerikanischen Hebamme und Säuglingsschwester, ...

Jodi Picoult hat basierend auf einem Fall, von dem sie in der Zeitung las, die Geschichte der 44 jährigen Ruth Jefferson erdacht, einer verwitweten, alleineziehenden afroamerikanischen Hebamme und Säuglingsschwester, die seit über 20 Jahren hervorragende Arbeit in einem Krankenhaus leistet.
Als ein rechtsradikales Ehepaar ihr untersagt, ihrem neugeborenen Sohn Davis zu behandeln und auch nur zu berühren, erhält sie von den Vorgestzten eine dementsprechende Dienstanweisung. In einer problematischen Situation steht sie vor einer schwierigen Situation, denn sie muß sich entscheiden, sich dieser Dienstanweisung zu widersetzen als dieser Junge, nach einem Eingriff und der kurzen alleinigen Überwachung durch sie, aufhört zu atmen. Egal, wie sie sich entscheidet, es wird für sie negative Konsequenzen haben. So wird sie nach erfolgloser Reanimation durch das gesamte Notfallteam von Davis Eltern angezeigt und vom Krankenhaus, ihrem Arbeitgeber, als schwarzes Bauernopfer hingehängt.
Der Roman wird kapitelweise aus der Sicht der verschiedenen Betroffenen erzählt; sowohl Ruth als auch der Kindsvater Turk kommen zu Wort, berichten über ihr Leben, ihre Kämpfe, ihren Werdegang. Man liest über Ruths lebenslange Versuche einfach nicht aufzufallen, dazuzugehören, immer alles bestmöglich und gewissenhaft zu erledigen, genauso wie von Turk, wie sich sein Hass entwickelt hat, wie rekrutiert und im Untergrund gearbeitet wird und wie beide, samt ihrer Familien, die Trägödie erleben und samt Rechtsbeistand vor Gericht agieren.
Der Erzählstrang Ruths Pflichtverteidigerin Kennedy zeigt ihre Ermittlungen, die Taktik im Prozeß und ihre eigene veränderte Wahrnehmung von Rassismus, die keinesfalls immer aktiv stattfinden muß, auf. Die Beschreibungen der ehemaligen Skinheads, die ihre Bewegung verlassen haben, über ihre Erfahrungen und Hassverbrechen und die eigene Wahl und Möglichkeit, diesen Hass in Liebe zu verwandeln, berichten, machen Mut und zeigen eine mögliche Wendung auf.

Insgesamt war dieser Roman von Jodi Picoult wieder sehr spannend erzählt, das Thema äußerst vielschichtig betrachtet; man merkt ständig, wie intensiv sie vorab recherchiert und wie einfühlsam sie sich mit dem Thema auseinandergestzt hat.
Gerade die Beschreibungen der passiven, meist unbedachten oder ignorierenden Aspekte, des selber meist gar nicht wahrgenommenen Rassismus fand ich äußerst interessant; so stimmen die vielen Details beim Lesen doch sehr nachdenklich und wirken nach.

Veröffentlicht am 04.01.2018

sachlich, unfaßbar und beeindruckend akribisch recherchiert

Der Serienkiller, der keiner war
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Dan Josefsson hat sich in diesem Buch ausführlich damit auseinandergestzt, wie es möglich war, dass Sture Bergwall 39 Morde gestand, ohne sie begangen zu haben und dafür verurteilt wurde, ohne dass Zweifel ...

Dan Josefsson hat sich in diesem Buch ausführlich damit auseinandergestzt, wie es möglich war, dass Sture Bergwall 39 Morde gestand, ohne sie begangen zu haben und dafür verurteilt wurde, ohne dass Zweifel an seinen, häufig wiedersprüchlichen Aussagen genügend Aufmerksamkeit geschenkt wurde.

Akribisch genau hat Josefsson sich mit den Aussagen Sture Bergwalls, der sich 1997 in Thomas Quick umbenannte, den Ansätzen seiner Therapeuten, Ansprüchen der Klinikleitung oder Widersprüchen in Bergwalls Aussagen auseinander gesetzt. Er zeichnet das Bild der Psychoanalytikerin Margit Norell, die selbst im Alter von 83 Jahren immer noch, nach vielen beruflichen Niederlagen und unterschiedlichen, vertretenen Richtungen, Bergwalls Therapeuten selber therapiert und supervidiert, wie schon seit Jahrzehnten, wobei sie eher als Sektenführerin oder Gruppenmutter, die keinerlei Kritik duldet, mit dem Fall Quick endlich zu Ruhm und Ehre gelangen will. Offensichtlich war sie vom Fall Thomas Quick besessen, wollte ein Buch darüber schreiben und schulte ihre „Kinder“ in „Verdrändungstheorie“, die Quick auch sehr geschickt bediente, um an Anerkennung, Drogen oder sichere Unterkunft als Belohnung dafür zu erhalten.
Die Klinikleitung selber versucht mit den sensationellen Ergebnissen der Therapie im eigenen Haus und der stetigen Medienpräsenz, schlechten Zeiten und roten Zahlen zu entkommen.
So werden schon frühe Zweifler ignoriert, u.a. von diversen Psychologen, Juristen und anderen Experten, beispielsweise ein Kriminologe, der in Quick einen Mythomanen sah oder ein Journalist, der die Glaubwürdigkeit der Geständnisse des seit seiner Jugend ständig zugedröhnten Berwall/Quick genauso hinterfragte, wie die Wahrhaftigkeit der widersprüchlichen Aussagen, die mit unterschiedlichen Traumata samt Schutzmaßnahmen sowie deren Überwindung und sich langsam offenbarenden Erinnerungen erklärt wurden.
Eben jener Journalist und der Bruder Bergwalls waren bestrebt, diesen großen Justizskandal aufzudecken, den Dan Josefsson schließlich haarklein recherchierte, durch Befragungen, gelesene Protokolle, vielseitige Recherche und auch Interviews mit Bergwall ausgesprochen vielschichtig darstellt. Im Anhang finden sich 536 Anmerkungen/Fußnoten sowie 15 dichtbeschrieben Seiten mit Quellenangaben.
Das ganze Buch vermittelt ausgesprochen detailliert, wie sich selbst überschätzende Therapeuten
kritik- und reflektionslos der Sichtweise ihrer Supervisorin unterwerfen um gemeinsam mit ihr Karriere zu machen und selbst nach dem späteren Freispruch Bergwalls nicht von ihrer uraprünglichen Meinung abwichen oder Einsicht zeigten. Ganz beeindruckend wird auch aufgezeigt, warum Bergwall die 39 Morde gestand, wie er schauspielrete und was er sich dadurch erhoffte.

Insgesamt fand ich das Buch ausgesprochen fesselnd und aufschlußreich; stellenweise war es mir schon ein wenig zu ausführlich, aber es ist ja sinnvoll, alle erkannten Details aufzuführen, auch wenn sich da manches wiederholt. Neben den Begebenheiten in Bergwalls Leben, zeigen gerade auch die Beschreibungen der Lenbenswege der „Quick-Gruppe“ ( Arzt, Therapeuten, Supervisorin, ehem. Staatsanwalt) ihre Beweggründe und auch verschiedene Lehrmeinungen und Ansätze auf. Die geführten Recherchen beeindrucken zutiefst und je weiter man liest, umso weniger kann man verstehen, dass die Wahrheit nicht schon viel früher ans Licht gekommen ist, dass so wenige zweifelten und diese nicht weiter beachtet wurden. Nicht nur die Fassungslosigkeit, wie dies alles geschehen konnte, sondern die Erkenntnis, dass dies nicht ein Einzelfall sein muß, sondern gerade dieses Bestreben, verdrängte Erinnerungen in Therapien hervorzuholen und dabei häufig durch Suggestion tatsächlich falsche Erinnerungen zu implantieren, hinterläßt eine ganz andere Sicht auf Psychotherapie und Selbsteinschätzung der Therapeuten.

Veröffentlicht am 29.12.2017

spannend, informativ und zutiefst berührend

Die Vergessenen
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Unter den Pseudonym Ellen Sandberg hat Inge Löhnig sich einem für sie neuem Genre geöffnet, ganz ohne ihren Münchner Kommissar Konstantin Dühnfort und damit verknüpfte Leser- erwartungen.
Die fiktive Geschichte, ...

Unter den Pseudonym Ellen Sandberg hat Inge Löhnig sich einem für sie neuem Genre geöffnet, ganz ohne ihren Münchner Kommissar Konstantin Dühnfort und damit verknüpfte Leser- erwartungen.
Die fiktive Geschichte, die Ellen Sandberg erzählt, hat einen realen Hintergrund und die Autorin wurde durch das Lesen von Zeitungsberichten im Jahr 2005 inspiriert, in denen von einem jahrzehntelang untergetauchtem Eutanasie-Arzt und einem möglichen Prozess die Rede war. Seitdem hat sie viele Jahre recherchiert und an diesem Roman gefeilt. Beim Lesen merkt man, wie wichtig ihr dieses Thema, das nicht vergessen werden darf, ist.

Im Jahr 2013 entdeckt die Journalistin Vera Mändler ein Familiengeheimnis und versucht dieses aufzudecken. Ihre Wege kreuzen sich mit den von Manolis Lefteris, einem Mann für besondere Aufträge, der ein Dossier auffinden und liefern soll.... Gerade Manolis Vorfahren widerfuhr in den 40er Jahren Schreckliches in ihrer Heimat, in Griechenland, und auch er muß mit Erinnerungen seines Vaters irgendwie weiterleben oder sie loslassen. Ein weiterer Handlungsstrang beschreibt das Leben von Veras Tante Kathrin von 1944 an, als sie in einer Heilanstalt in München als Krankenschwester arbeitete, unter dem leitenden Klinikarzt Karl Landmann.
Es werden Familiengeschichten über Jahrzehnte erzählt, stellvertretend berichtet, wie Kriegsverbrechen diese Familien verändert haben, selbst über Generationen hin, wie Einzelne mit Ihrer Verantwortung oder Schuld umgingen oder aus Scham schwiegen. Zudem geht es um Recht und Gerechtigkeit, um die Justiz und deren Untergrabung mittels Seilschaften und auch politische Stellungnahme ( z.B. von Adenauer), dem Umgang ehemaliger NS-Verbrecher und die Weiterführung ihrer Ämter, statt sie zur Verantwortung zu ziehen.

Ellen Sandberg hat diesen Roman sehr spannend und äußerst einfühlsam erzählt; man bemerkt die Verzweiflung, der Einzelnen, die gerne etwas ändern, aber selber deshalb nicht ihr Leben lassen wollten, die versuchten, im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu helfen und sich damit Gefahren aussetzen und die, genau wie die Autorin, versuchten, das Unrecht nicht vergessen zu lassen.
Für mich waren die Details der Arbeit in den Heilanstalten und Hungehäusern vollkommen neu; in Filmen hatte ich sehr wohl Darstellungen von überfüllten Sälen mit verletzten oder dahinsiechenden
Soldaten geshen und auch über die Gefahr der TB gehört – die hier aufgezeigten Zusammenhänge zeigen mir das alles in einem ganz anderen Licht. Ich möchte da gar nicht zuviel vorgreifen...
Mich hat dieses Buch tief berührt und wird auch noch länger nachwirken.

Ich kann diesen Roman nur empfehlen, denn auch die Generationen, die diese Zeit nicht erlebt haben, tragen das Kriegserbe in ihrer Seele, so wie in diesem Buch Manoli Lefteris; wir alle wurden von dem, was unsere Eltern oder Großeltern geprägt hat, gravierend mit beeinflußt und geprägt.
Ellen Sandberg beschreibt es in ihrem Buch sehr passend mit den Worten: „Das Leben hat einen Rückspiegel und in dem sieht man immer die Eltern.“ Es geht also nicht nur um das Nichtvergessen der Ereignisse in den Kriegsjahren, sondern auch um das was über die Generationen weitergegeben oder verschwiegen wird.

Veröffentlicht am 22.12.2017

vegetarische Schlemmerreise durch Frankreich

Französisch vegetarisch
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Heike Kügler-Anger nimmt den Leser mit auf eine kulinarische Schlemmerreise durch unterschiedliche Regionen Frankreichs samt deren typischen Rezepten, die allesamt vegetarisch oder vegan daherkommen. So ...

Heike Kügler-Anger nimmt den Leser mit auf eine kulinarische Schlemmerreise durch unterschiedliche Regionen Frankreichs samt deren typischen Rezepten, die allesamt vegetarisch oder vegan daherkommen. So finden sichnach einer kurzen Einführung in einzelne Landstriche sowie in die französische Eßkultur über 100 Rezepte unter anderem aus der Aquitaine, dem Elsass, Lothringen, dem Loiretal oder der Provence, unterteilt in die Kapitel: kalte Vorspeisen, warme Vorspeisen, Suppen und Eintöpfe, Saucen und Dips, Hauptgerichte, Überbackenes und Aufläufe, Eierspeisen und Pfannkuchen, Beilagen, Nachspeisen.

Alle Rezepte haben gemeinsam, dass sie recht bodenständig, ohne viel unnötigen Schnickschnack, dafür aber mit frischen Zutaten und Geschmack zum Ausprobieren locken. Genauso mag ich das; und schon beim Durchblättern läuft mir das Wasser im Munde zusammen. Ich freue mich über Rezepte wie: Tomaten-Senf-Tarte mit Ziegenkäsekruste; Quiche lorraine mit Räuchertofu; Vegetarische „Schneckenpfännchen“ mit Kräuterbutter; südfranzösische Knoblauchsuppe; überbackene Zwiebelsuppe; Lavendel-Nuß-Butter; Pinienkerne-Dip; Elsässer Flammkuchen; mit Maronen gefüllte Kürbis; Auberginen-Ziegenkäse-Gratin; Maronen-Pflaumen-Gratin aus dem Périgord, verschiedene Galettes ( u.a. mit Champignonfülle); Pfirsichsabayon mit Lavendelblüten oder Spekulatiuscreme mit Sauerkirschen und Kirschwasser.

Die Rezepte sind allesamt gut erklärt, viele detailierte Anweisung machen das Nachkochen ganz einfach. Bei vielem bin ich ganz überrascht, eine vegetarische oder vegane Version vor mir zu haben, wie beim Flammkuchen oder den „Schnecken“pfännchen.

Das Buch ist wieder sehr schön gestaltet; für mich dürften ein paar Bilder der fertigen Speise enthalten sein, aber dieses wunderschöne Gesamtbild auf 100% Recyclingpapier macht diesen Lese-/ Genuß auch so zu einem rundum schönen Erlebnis.

Veröffentlicht am 22.12.2017

davon löffel ich gerne aus, was ich mir eingebrockt habe

Kraftsuppen & Eintöpfe
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Ulli Zika ist Ernährungsberaterin nach TCM und gibt in diesem Buch neben Rezepten auch einiges an Fachwissen weiter. In der Einleitung erfährt man Wissenswertes über Suppen zum Gesundwerden und -bleiben, ...

Ulli Zika ist Ernährungsberaterin nach TCM und gibt in diesem Buch neben Rezepten auch einiges an Fachwissen weiter. In der Einleitung erfährt man Wissenswertes über Suppen zum Gesundwerden und -bleiben, erhält kleine Einblicke in die TCM sowie eine weitgefächerte Übersicht über gesundheitsfördernde Zutaten für wohltuende Suppen.

Danch folgen direkt die 90 Rezepte, vielfältig und gut strukturiert. Es finden sich zu jedem Überpunkt erst erst Kraftssuppen und danach Rezepte für Eintöpfe: für Fleisch ( Rind, Lamm), für Geflügel, für Fisch und Meeresfrüchte, vegetarisch und vegan und aus aller Welt und endet mit süßen Rezepten.

Den Rezepten merkt man an, dass sie nicht nur schmecken, sondern auch guttun sollen; man liest von Hildegard-Gewürzen, Yin und Yan,chinesischer Ernährungslehre und erfährt in Tipps Abwandlungen und durch Info-Ecken beispielsweise, dass Linsen sich positiv auf die Nierenenergie auswirkt, Safran und Chili das Chi in Bewegung bringt oder Hildegard, über die wärmende und verdauungsfördernde Wirkung von Fenchel oder die vielseitigen Wirkungen des Buchweizens.

Die Rezepte finde ich sehr abwechslungsreich; von Klassikern wie der geklärten Kraftbrühe vom Rind, Lammknochenkraftsuppe bis zu ganz außergewöhnlichen Kreationen wie Yin- und Blut-nährende Hühnerkraftsuppe, Sauerkrautsuppe mit Karpfen, Fischkraftsuppe mit Lachsforelle, Zander mit buntem Gemüse in Krensauce oder scharfer Karpfen-Paprika-Pot wird jeder neue Lieblingsrezepte finden.

Ich bin schon von klein auf ein ganz großer Suppen- und Eintopfgeniesser und freue mich ganz besonders über die fischigen, vegetarischen und veganen Rezepte wie fruchtig-scharfe Kokos-Linsen-Suppe, Mich-sticht-der-Hafer-Suppe mit Gelbwurz, Cashew-Curry mit Pilzen und Kartoffeln auf Massaman-Art und über die Rezepte aus aller Welt, beispielsweise Ukrainische Borschtsch, Pho ( Vietnamesische Rindsuppe) , Tom Yam Gung ( Thailändische scharf-saure Garnelensuppe mit Zitronengras), grüne Fischcurry-Suppe auf Thai-Ar, Jamaikanisches Lammcurry mit Rum oder Feuriges Linsen-Dal auf Ayurveda-Art. Manches habe ich davon schon in einer anderen Art zubereitet und bin ganz überrascht über einige der hier verwendeten Zutaten, Kräuter und Gewürze. Die Rezpte wurden gut erklärt und lassen sich leicht nachkochen; leider finden sich nicht zu allen Rezepten Fotos; die vielen Tipps und Erklärungen waren sehr interessant.