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Veröffentlicht am 11.11.2023

Keine Liebesgeschichte

Irgendwann werden wir uns alles erzählen
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Zur Zeit der Wende wohnt die sechzehnjährige Maria gemeinsam mit ihrem Freund Johannes auf dem Hof seiner Familie in der DDR.
Bis sie eines Tages auf den mehr als doppelt so alten Henner vom Nachbarhof ...

Zur Zeit der Wende wohnt die sechzehnjährige Maria gemeinsam mit ihrem Freund Johannes auf dem Hof seiner Familie in der DDR.
Bis sie eines Tages auf den mehr als doppelt so alten Henner vom Nachbarhof trifft, der eine unentrinnbare Sogwirkung auf sie hat.

Nachdem ich so viele positive Rezensionen zu Daniela Kriens "Irgendwann werden wir uns alles erzählen" gelesen hatte, war klar, dass ich das Buch ebenfalls lesen muss. Erwartet habe ich jedoch etwas ganz anderes.

Fangen wir mit dem Positiven an:
Die Autorin beschreibt sehr eindrücklich und nachvollziehbar die Gefühle und Stimmungen der Bevölkerung zur Zeit der Wende im Osten Deutschlands. Ohne dabei gewesen zu sein, konnte ich doch alles nachempfinden und fand die Darstellung sehr authentisch.
Die Kindheitserinnerungen der Protagonistin Maria an das Leben in der DDR fand ich auch sehr interessant, sie erinnerten mich oft an die Erzählungen meiner Mutter, die zur gleichen Zeit dort aufgewachsen ist.

Jetzt zum Negativen:
Die Handlung wird als intensive Liebesgeschichte beschrieben, laut Klappentext sogar als "Liebe, die über alles hinwegfegt" betitelt. Wovon ich jedoch nirgends gelesen habe, ist die Tatsache, dass diese "Liebe" aus Vergewaltigungen besteht, dass der über vierzigjährige Henner die gerade einmal sechzehnjährige (!) Maria durch sexuelle Gewalt in ein emotionales Abhängigkeitsverhältnis befördert und dies romantisiert wird. Dabei wird oft beschrieben, wie brutal und grob Henner vorgeht, selbst als Maria fiebrig im Bett liegt und sich nicht wehren kann, "nimmt" er sie einfach.
Nur weil Maria sich irgendwann zu Henner hingezogen fühlt, finde ich es sehr kritisch, hier von einer Liebesgeschichte zu sprechen.
Falls es die Absicht der Autorin war, aufzuzeigen, wie leicht man in eine solche emotionale Abhängigkeit gerät, hätte ich mir ein erklärendes Vor-/ Nachwort gewünscht oder zumindest eine korrekte Beschreibung im Klappentext.
Ebenfalls nicht gefallen hat mir die stereotype Darstellung der ländlichen Bevölkerung. Natürlich sind alle Leute einfach, plump und wenn jemand mal ein Buch zur Hand nimmt, wird er als Sonderling bezeichnet.

Insgesamt konnten mich die wirklich gut gelungenen DDR-/ Wendeszenen nicht darüber hinwegtrösten, dass es hier offensichtlich um sexuellen Missbrauch an einer Minderjährigen geht und dies auch noch als Liebe romantisiert wird. Ich weiß nicht, ob die Autorin hier irgendwelche Fantasien ausgelebt hat oder ob nur eine Erklärung ihrerseits fehlt, aber ich war wirklich sehr enttäuscht - vor allem weil es so viele positive Kritiken gibt.

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Veröffentlicht am 11.10.2023

Seichte Fantasy-Geschichte

Das Buch Eva
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Vor den Toren eines italienischen Frauenklosters werden zwei schwerverletzte Frauen zurückgelassen. Eine von ihnen reicht der Bibliothekarin Beatrice im Sterben liegend ein geheimnisvolles Buch. Die Seiten ...

Vor den Toren eines italienischen Frauenklosters werden zwei schwerverletzte Frauen zurückgelassen. Eine von ihnen reicht der Bibliothekarin Beatrice im Sterben liegend ein geheimnisvolles Buch. Die Seiten entwickeln schnell ein Eigenleben und Beatrice muss es mit allen Mitteln beschützen, denn skrupellose Männer versuchen, es an sich zu reißen.

Der historisch-religiöse Schauplatz, der spannend klingende Plot mit dem geheimnisvollen Buch im Mittelpunkt und vor allem das wunderschön gestaltete Cover haben mich direkt angesprochen.
Leider wurden meine Erwartungen zutiefst enttäuscht.
Fangen wir mit dem Schreibstil an: Dieser konnte mich überhaupt nicht packen. Meg Clothier lässt Beatrice als Ich-Erzählerin fungieren, dabei wird sie sehr erklärend, was Unwichtiges angeht. Relevante Handlungen und Informationen kommen hingegen zu kurz. Mir fiel es dadurch oft schwer, nicht den Faden zu verlieren. Sie schreibt sehr salopp, was ein Buch auflockern kann, hier fand ich es hingegen gänzlich unharmonisch. Viele Begriffe entsprechen nicht dem historischen Kontext, generell hatte ich nicht das Gefühl, dass geschichtliche Hintergründe besonders gut (oder überhaupt) recherchiert wurden.
Mal abgesehen vom Klappentext gibt es auch keinen wirklichen Hinweis darauf, dass das Buch in der italienischen Renaissance stattfinden soll. Die Geschichte könnte jederzeit überall spielen.

Was mir schließlich komplett missfiel, waren die Fantasy-Elemente. Ich habe einen historischen Roman erwartet, gerade weil die Autorin sich von einem realen Manuskript hat inspirieren lassen und keine Geschichte über Magie.

Hier konnten mich weder die Handlung, noch der Erzählstil überzeugen.
Zwei Sterne gebe ich für die interessante Grundidee und das wunderschöne Cover, alles andere war für mich leider sehr enttäuschend.

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Veröffentlicht am 25.06.2023

Sehr experimentell

Zwischen Himmel und Erde
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"Zwischen Himmel und Erde" ist wohl ein sehr eigenwilliger und besonderer Roman. Das Cover ist wunderschön gestaltet und hat mich sofort angesprochen. Auch der an realen politischen Ereignissen angelehnte ...

"Zwischen Himmel und Erde" ist wohl ein sehr eigenwilliger und besonderer Roman. Das Cover ist wunderschön gestaltet und hat mich sofort angesprochen. Auch der an realen politischen Ereignissen angelehnte Inhalt klang auf den ersten Blick sehr interessant.

Autorin Yara Rodrigues Fowler hat für ihren Roman allerdings einen sehr experimentellen Schreibstil ausgewählt, der mich persönlich nicht abholen konnte. Es gibt keinen wirklich Fließtext, zwischendurch wird es sehr poetisch, dann kommen wieder Wort-/ Satzfetzen und jegliche wörtliche Rede ist nicht gekennzeichnet. Mir persönlich gelang es dadurch nicht, in einen Lesefluss zu kommen und ich musste mich sehr durch das Buch kämpfen. Die vielen Zeit- und Ortswechsel haben das flüssige Lesen ebenfalls erschwert.

Ich empfehlen allen, die den Klappentext ansprechend finden, einen Blick in die Leseprobe. Der dort repräsentierte Schreibstil zieht sich durch das ganze Buch. Für einige ist es sicher ein Kunstwerk, ich konnte leider nicht viel damit anfangen.

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Veröffentlicht am 21.03.2023

Langatmig und selbstverherrlichend

Das glückliche Geheimnis
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Arno Geiger beschreibt in "Das glückliche Geheimnis" von seinem jahrelang geführten Doppelleben, in dem er frühmorgens seine Runden drehte und literarische Werke aus den Papiertonnen anderer Leute fischte ...

Arno Geiger beschreibt in "Das glückliche Geheimnis" von seinem jahrelang geführten Doppelleben, in dem er frühmorgens seine Runden drehte und literarische Werke aus den Papiertonnen anderer Leute fischte und weiterverwertete. Er berichtet aber auch von seinem Weg zum erfolgreichen Schriftsteller, von seinem Liebes- und Familienleben.

Ich habe zuvor noch nichts von Geiger gelesen und wurde nur durch den medialen Hype auf dieses Buch aufmerksam - kann ihn aber nicht nachvollziehen.
In meiner Vorstellung war es interessant zu erfahren, was der Autor wohl für Schätzchen im Müll anderer Leute finden würde, diese Passagen waren aber nur sehr kurz.

Generell wird zwar sehr ausschweifend erzählt, trotzdem nirgends richtig ins Detail gegangen. Für mich klangen die meisten Sätze aufgesetzt und gestelzt, es gab viele Pseudo-Weisheiten.
Sehr gestört haben mich auch die verallgemeinernden Beobachtungen zum Schluss à la "früher war alles besser": die Leute werden alle fetter, fauler, dümmer.
Davon ausgenommen ist natürlich Geiger, der sich selbst sehr selbstverherrlichend darstellt.

Ein weiterer Knackpunkt für mich ist die angebliche Brisanz, mit der dieses "Geheimnis" (welches schon direkt zu Beginn gelüftet wird) bzw. "Doppelleben" umworben wird: diese besteht einfach nicht.

Es gibt ein paar interessante Denkanstöße, für mich allerdings nicht genug, um ein ganzes Buch damit zu füllen und die nur 240 Seiten kamen mir ewig lang vor - da konnte auch die Inszenierung von Matthias Brandt nichts mehr reißen.

Vielleicht hatte ich falsche Erwartungen, vielleicht habe ich irgendwas nicht verstanden, vielleicht ist es auch nur etwas für Fans, die mehr über des Autors Leben erfahren möchten; auf jeden Fall erschließt sich mir nicht, warum das Buch so gefeiert wird.

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Veröffentlicht am 10.06.2025

Splatter im Buchformat

Yoko
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Als Yoko beobachtet, wie zwei Männer auf einen Hund einprügeln, greift sie ein.
Was sie nicht weiß: die beiden sind Teil der Mafia und lassen sich nichts vorschreiben. Sie kidnappen und missbrauchen die ...

Als Yoko beobachtet, wie zwei Männer auf einen Hund einprügeln, greift sie ein.
Was sie nicht weiß: die beiden sind Teil der Mafia und lassen sich nichts vorschreiben. Sie kidnappen und missbrauchen die junge Frau.
Um nicht in ständiger Angst leben zu müssen, beschließt Yoko, sich mit ein paar Handgriffen aus ihrer Metzgerlehre zu rächen.

Es klingt wie ein Splatterfilm und um ehrlich zu sein, liest es sich auch so. In Bernhard Aichners “Yoko” wird ohne Sinn und Verstand gemordet, eine Brutalität jagt die nächste. Der Plot ist belanglos, langweilig und befreit von jeglicher Logik.
Aichners Schreibstil besteht dabei aus sehr kurzen Hauptsätzen, die wohl für Spannung sorgen sollen, mich aber irgendwann nur noch genervt haben. Auch die Dialoge wirkten sehr gekünstelt und hatten nichts von einem echten Gespräch.
Nun würde ich gerne wenigstens etwas Positives über die Charaktere sagen, aber das kann ich leider nicht. Sie sind allesamt facettenlos und stigmatisiert, “die Chinesen” bekommen keine Beschreibung außer ebendieser. Am schlimmsten verhält es sich aber mit der Protagonistin Yoko:
Aichner hat den Klischee-Racheengel geschaffen und verzichtet dafür auf jegliche Authentizität. Ihre Gedanken und Gefühle sind überhaupt nicht nachvollziehbar, man empfindet weder Sympathie noch Empathie für sie.
Die Beschreibung ihres Missbrauchs ist außerdem komplett unsensibel (und danach klaut sie sich erstmal ein Fahrrad und radelt nach Hause, na klar).

Das einzig Gute ist, dass der Schreibstil so anspruchslos ist, dass man sehr schnell zum Ende kommt. Ich empfehle es allen, die einen Splatterfilm im Buchformat haben wollen. ⭐️1,5/5⭐️

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