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Veröffentlicht am 26.06.2025

Ein moderner Knigge

Der neue Taschen-Knigge
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In vielen Lebensbereichen und -situationen herrschen immer noch Fragen über die Angemessenheit und entsprechende Erwartungen. In "Der neue Taschen-Knigge" hat Herbert Schwinghammer daher für sämtliche ...

In vielen Lebensbereichen und -situationen herrschen immer noch Fragen über die Angemessenheit und entsprechende Erwartungen. In "Der neue Taschen-Knigge" hat Herbert Schwinghammer daher für sämtliche Bereiche angemessene Verhaltens- und Kleidungsweisen zusammengetragen. Dabei geht es vom Eindecken des Tisches und dem Verzehr diverser Speisen über Einladungen, Bewerbungsgespräche, Theaterbesuche und Reisen hin zu Beerdigungen und Hochzeiten. Während einige Ausführungen für mich selbstverständlich und vermeintlich jeder Person bekannt sein sollten, waren andere Dinge für mich tatsächlich neu bzw. hatte ich damit bisher noch keinen engen Bezug (beispielsweise die Anordnung von Gäst*innen am Tisch nach Ranghöhe) oder war nicht in knigge-notwendigen Kreisen unterwegs und habe mir die Frage daher noch nie gestellt, wie richtiges Verhalten in dieser Situation geht.

Insgesamt ist Schwinghammers Schreibstil sehr flüssig und die Abschnitte sind sehr leicht zu lesen. Durch die Kategorisierung und Einordnung in die verschiedenen Bereiche sind die Inhalte sehr übersichtlich gestaltet, sodass der Knigge ideal als Nachschlagewerk behandelt werden kann. Ich habe in erster Linie die Abschnitte gelesen, die mich selbst betroffen oder am meisten interessieren, alles andere eher stichprobenartig und auszugsweise. Gerade was den Dresscode im Theater angeht, habe ich beispielsweise auch anderer Erfahrungen gemacht und finde einige Ausführungen im Buch immer noch recht veraltet. Daher würde ich sagen: Der moderne Knigge ist ein gutes Nachschlagewerk und gibt eine gute, grobe Orientierung. Wie es dann tatsächlich im eigenen Lebensbereich umgesetzt wird, sollte nach eigenem Gespür und Ermessen natürlich gegengecheckt werden. Das Glossar bietet mit sehr vielen Stichworten eine gute Möglichkeit, zusätzlich zum Inhaltsverzeichnis, zum Nachschlagen.

"Der neue Taschen-Knigge" ist ein gutes Nachschlagewerk, durch das ich einiges Neues lernen, mich in meinen Verhaltensweisen bestätigen lassen und mich stellenweise gut unterhalten lassen konnte.

Veröffentlicht am 13.06.2025

Reisebericht und eigene Beobachtungen

Urlaub vom Patriarchat
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Friederike Oertel ist genervt von ihrem Chef, ihrem Leben in der Stadt und ganz allgemein gesagt vom alltäglichen Leben innerhalb des Patriarchats. Als ihr ein Buch über Juchitán, eine Stadt in Mexiko, ...

Friederike Oertel ist genervt von ihrem Chef, ihrem Leben in der Stadt und ganz allgemein gesagt vom alltäglichen Leben innerhalb des Patriarchats. Als ihr ein Buch über Juchitán, eine Stadt in Mexiko, geprägt von matriarchalen Strukturen, in die Hände fällt, fasst sie einen Entschluss: Sie möchte mehr über diese matriarchalen Strukturen erfahren und reist daher für drei Monate nach Juchitán. Sie mietet ein Zimmer bei einer Familie vor Ort und hat mit ihrer Gastschwester direkt eine local guide, die ihr Wissen bereichert und sie durch den Ort führt.

Der Schreibstil ist flüssig, leicht und locker und die Leser*innen begleiten Friederike Oertel bei ihrer Reise und ihren Eindrücken. Sämtliche Begegnungen, Begebenheiten und Abläufe werden beschrieben und erläutert, sodass wir einiges über das Leben in Juchitán und die Stellung und Aufgaben der Frauen und der Muxen (das anerkannte dritte Geschlecht) erfahren. Allerdings wird auch recht schnell klar, dass sich in Juchitán nicht alle patriarchalen Strukturen, wie wir sie in Deutschland erleben, wiederfinden, allerdings herrschen sie dort ebenfalls, wenn die Erziehung der Kinder beispielsweise auch ausschließlich Aufgabe der Frauen ist.

Ich mochte "Urlaub vom Patriarchat" gern, habe viele Eindrücke gesammelt und schöne Lesestunden gehabt. Allerdings möchte ich betonen, dass es sich hier nicht um ein Sachbuch handelt, sondern um einen Reisebericht mit sehr vielen persönlichen Erlebnissen, unterfüttert mit Wissen über Juchitán und das Leben dort. Es werden viele Fragen und Gedanken geteilt, die zum Nachdenken anregen. Es handelt sich hier nicht um die Darstellung von Matriarchat vs. Patriarchat und ein klares Ergebnis oder eine abschließende allgemeine Auswertung.

Veröffentlicht am 12.06.2025

Ein Sommer voller Entdeckungen

Wenn die Tage länger werden
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Lisa ist Musiklehrerin und alleinerziehend. Als der Vater ihres Sohnes mit ihm über die Sommerferien in den Urlaub fahren möchte, ist sie überfordert. Sechs Wochen soll sie ohne ihren Sohn verbringen? ...

Lisa ist Musiklehrerin und alleinerziehend. Als der Vater ihres Sohnes mit ihm über die Sommerferien in den Urlaub fahren möchte, ist sie überfordert. Sechs Wochen soll sie ohne ihren Sohn verbringen? Sie merkt, dass sie lange keine Zeit mehr nur für sich hatte, fängt an, sich mit sich auseinanderzusetzen und holt ihre alte Geige hervor. Da diese schon lange restauriert werden muss, bringt sie sie zu Geigenbauer Hans. Als der sie kontaktiert, weil er etwas zur Herkunft der Geige gefunden hat, lernt sie nicht nur dessen Tochter Ute näher kennen, sondern beginnt auch, sich mit der Vergangenheit ihrer Familie und lang gehüteter Geheimnisse auseinanderzusetzen.

Das Cover und der Klappentext ließen mich einen leichten Sommerroman erwarten. Doch wer Anne Stern kennt, weiß, dass sie komplexe und erinnerungsträchtige Themen in ihren Romanen einarbeitet. Daher hielt ich bei "Wenn die Tage länger werden" vermehrt inne, wurde dazu angeregt, mich mit diversen Themen auseinanderzusetzen und mochte die historischen Hintergründe und Lisas Figurenentwicklung gern. Anne Stern schreibt ruhig, atmosphärisch und hat durch Ute und Hans einen schönen Nebenstrang geschaffen.

Veröffentlicht am 11.06.2025

Die Suche nach dem Glück

Du hast ein Recht darauf, glücklich zu sein
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In "Du hast ein Recht darauf, glücklich zu sein" nimmt Nicole Jäger uns mit auf ihre eigene Reise, die sie nicht nur auf viele Bühnen, sondern in diesem Fall allein und spontan ans Meer führt, weil sie ...

In "Du hast ein Recht darauf, glücklich zu sein" nimmt Nicole Jäger uns mit auf ihre eigene Reise, die sie nicht nur auf viele Bühnen, sondern in diesem Fall allein und spontan ans Meer führt, weil sie einen klareren Kopf braucht. Sie ist verzweifelt, unglücklich und ist auf der Suche nach sich selbst und dem Glück.
Wer hier einen Ratgeber erwartet, der die einfache Antwort darauf liefert, wie wir glücklich werden, hat zum falschen Buch gegriffen. Vielmehr nimmt Nicole Jäger die Leser*innen mit ihrem humorvollen, sarkastischen Blick mit auf ihre eigene Suche und die Gedanken, Fragen und Zweifel in ihrem Kopf. Denn sie stellt sich selbst die Fragen, wie viele Zweifel noch okay sind, in welchen Situationen überhaupt gezweifelt werden soll und ob Glücklichsein immer mit Schönheit und Erfolg zusammenhängt. Eines findet sie auf jeden Fall heraus: Glück ist nichts, was wir bekommen oder was automatisch da ist, sondern für was wir offen sein müssen und was wir als solches definieren.

Für mich war das Buch jetzt kein krasser Augenöffner, aber ich habe es genossen, Nicole Jägers Gedanken und Erfahrungen zu folgen.

Veröffentlicht am 03.06.2025

Polit-Thriller mit aktuellen Bezügen

Echokammer
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In Norwegen rücken die Parlamentswahlen immer näher und in diesem Zuge ist die Terrorabwehr in hoher Alarmbereitschaft, denn einiges weist auf einen bevorstehenden Anschlag hin, dessen Ausmaß rechtzeitig ...

In Norwegen rücken die Parlamentswahlen immer näher und in diesem Zuge ist die Terrorabwehr in hoher Alarmbereitschaft, denn einiges weist auf einen bevorstehenden Anschlag hin, dessen Ausmaß rechtzeitig ausgemacht und der dann verhindert werden muss. Eine Gruppierung, bestehend aus rechtsnationalen Extremisten, soll einen Anschlag mit Rizin, einem pflanzlichen Gift, planen.
Liselott Benjamin und Martin Tong bilden um sich eine Anti-Terror-Einheit und versuchen, den Anschlag rechtzeitig zu verhindern. Währenddessen bereiten sich die Parteien, insbesondere die Arbeiterpartei, auf den Wahlkampf und dessen Unterstützung vor, bei der sie vor zweifelhaften Mitteln nicht zurückschreckt.

Das Autorenduo Ingar Johnsrud hat mit "Echokammer" einen spannenden Polit-Thriller geschrieben, der aktuelle Themen beinhaltet und so sicherlich überall in Europa spielen könnte. Das Buch lässt sich wegen der vielen Figuren und Schauplätze nicht einfach so weglesen, sondern benötigt Aufmerksamkeit, um die Zusammenhänge und Ereignisse der einzelnen Stränge zu fassen und der Storyline folgen zu können. Es hat mich tatsächlich einige Kapitel gebraucht, um mich dort zurechtzufinden. Was den Plot und den Spannungsbogen angeht, haben Ingar Johnsrud gute Arbeit geleistet.