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Veröffentlicht am 10.08.2025

Eine düsteres Fantasymärchen

The Book Eaters
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Sunyi Deans The Book Eaters entführt Leser in eine düstere, eigenwillige Parallelwelt – bevölkert von einer uralten, geheimnisvollen Gesellschaft, die Bücher nicht liest, sondern isst. Doch was nach einer ...

Sunyi Deans The Book Eaters entführt Leser in eine düstere, eigenwillige Parallelwelt – bevölkert von einer uralten, geheimnisvollen Gesellschaft, die Bücher nicht liest, sondern isst. Doch was nach einer charmanten Idee klingt, entpuppt sich schnell als brutale und verstörende Metapher für Machtstrukturen, Identität und den Überlebenskampf einer Mutter.

Im Mittelpunkt steht Devon, ein weibliches Mitglied dieser patriarchalisch organisierten Familie. Ihr Leben war von klein auf durch Regeln und Geschichten geprägt – Märchen dienten als Erziehungsinstrument, um sie auf eine Zukunft als Gebärende und „wertvolle Tochter“ vorzubereiten. Während ihre Brüder Abenteuer und Heldentum in sich aufsogen, wurde Devon zum Objekt in einem System, das Frauen kontrolliert und benutzt.

Das eigentliche Grauen entfaltet sich aber erst mit der Geburt ihres Sohnes, der zu einer besonderen Art von Wesen gehört – solche, die mehr als nur Papier verschlingen. Devons verzweifelte Flucht mit dem Kind an ihrer Seite ist der emotionale und dramatische Kern der Geschichte. Dabei entwickelt sie sich von einer gehorsamen Tochter zu einer entschlossenen, kompromisslosen Mutter, die bereit ist, alles zu opfern – auch ihre Moral.

Was das Buch so besonders macht, ist die intensive Atmosphäre: Nebel, Bedrohung und ein Hauch gotischer Schrecken liegen über jeder Seite. Dean gelingt es, eine Welt zu erschaffen, die gleichzeitig fantastisch und erschreckend real wirkt. Die “Book Eater”-Gesellschaft mit ihren Ritualen, ihrer Politik und dem biologischen Zwang zur Fortpflanzung ist raffiniert durchdacht und auf beunruhigende Weise glaubwürdig.

Erzählt wird die Geschichte in einer Mischung aus Rückblenden und Gegenwartskapiteln, was nicht nur Spannung aufbaut, sondern auch Devon als Figur Tiefe verleiht. Ihre Handlungen sind nicht immer edel oder nachvollziehbar, aber gerade das macht sie menschlich. Besonders faszinierend ist ihr Verhältnis zu ihrem Sohn, das fernab gängiger Mutterbilder existiert – roh, intensiv, manchmal verstörend, aber nie unglaubwürdig.

Wer auf eine romantisierte oder gar versöhnliche Geschichte hofft, wird enttäuscht. Dieses Buch scheut sich nicht vor Grausamkeit, Missbrauch und der Thematisierung tief verankerter Misogynie. Dennoch gelingt es Dean, auch Aspekte wie queere Identität, Selbstbestimmung und die Kraft der weiblichen Wut zu verhandeln – subtil, aber wirkungsvoll.

Fazit:
The Book Eaters ist keine leichte Kost – aber eine originelle, atmosphärische und tiefgründige Geschichte, die lange nachhallt.

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Veröffentlicht am 24.07.2025

Bewegendes Justizdrama mit gesellschaftlicher Tiefe

Die feindliche Zeugin
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Ein weißer Mann wird mitten am Tag in einem Londoner Park erstochen. Wenige Meter entfernt: Emmett, ein junger Schwarzer mit blutverschmierten Händen. Für viele scheint der Fall klar – doch Emmett sagt, ...

Ein weißer Mann wird mitten am Tag in einem Londoner Park erstochen. Wenige Meter entfernt: Emmett, ein junger Schwarzer mit blutverschmierten Händen. Für viele scheint der Fall klar – doch Emmett sagt, er war zwar dort, aber er hat niemanden getötet. Mehr gibt er nicht preis.

Alexandra Wilson erzählt in ihrem Roman nicht nur eine spannungsgeladene Geschichte, sondern öffnet auch die Augen für tief verankerte Vorurteile im britischen Rechtssystem. Als Anwältin weiß sie genau, wovon sie schreibt, und diese fachliche Tiefe zieht sich durch das gesamte Buch.

Im Zentrum steht Rosa, eine junge Strafverteidigerin mit gemischter Herkunft, die selbst ihren Weg durch gesellschaftliche Hürden gehen musste. Sie übernimmt Emmetts Verteidigung – ein Fall, der sie nicht nur beruflich, sondern auch persönlich herausfordert. Denn ihr Mandant schweigt hartnäckig, obwohl alles gegen ihn spricht. Trotzdem gibt Rosa nicht auf, denn sie spürt, dass hinter dem Schweigen mehr steckt als Schuld.

Das Buch ist mehr als ein juristischer Krimi – es ist ein kritischer Blick auf strukturellen Rassismus, ungleiche Chancen und die Mechanismen eines Systems, das oft nicht allen dieselben Möglichkeiten bietet. Dabei bleibt der Ton nie belehrend, sondern erzählt die Geschichte mit Menschlichkeit, Empathie und enormer Spannung.

Rosas Figur ist facettenreich: Sie ist ehrgeizig, manchmal impulsiv, kämpft mit familiären Verpflichtungen und inneren Zweifeln – gerade das macht sie so glaubwürdig.

Ein Roman, der unter die Haut geht, ohne plakativ zu sein. Wer nach einer Geschichte sucht, die sowohl fesselt als auch zum Nachdenken anregt, liegt hier genau richtig.

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Veröffentlicht am 01.07.2025

Ein wertvoller Einstieg in die Babyernährung

Die neue Babyernährung
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Das Buch liefert einen fundierten Überblick über verschiedene Möglichkeiten, ein Baby an feste Nahrung heranzuführen. Neben klassischen Breirezepten wird auch das Konzept des Baby-led Weaning (BLW) aufgegriffen ...

Das Buch liefert einen fundierten Überblick über verschiedene Möglichkeiten, ein Baby an feste Nahrung heranzuführen. Neben klassischen Breirezepten wird auch das Konzept des Baby-led Weaning (BLW) aufgegriffen – samt Rezeptideen für Fingerfood. Besonders angenehm: Viele der Gerichte lassen sich schnell und unkompliziert umsetzen, ohne dass man lange Einkaufslisten oder komplizierte Zubereitungsschritte befürchten muss.

Was mir besonders positiv aufgefallen ist, sind die allgemeinen Ernährungstipps, die über bloße Rezeptvorschläge hinausgehen. Fragen wie „Was darf mein Kind trinken?“, „Wie viel ist genug?“ oder „Was tun, wenn das Baby den Löffel verweigert?“ werden ebenso behandelt wie praktische Hinweise zum Essverhalten.

Stark ist das Buch auch im Bereich der Rezeptkennzeichnung: Symbole geben hilfreiche Hinweise zu Nährstoffen, Altersempfehlungen oder besonderen Zubereitungshinweisen – das macht die Anwendung im Alltag deutlich leichter.

Inhaltlich bietet das Buch für Einsteiger:innen viel Wertvolles. Wer sich allerdings bereits intensiv mit Babyernährung auseinandergesetzt hat oder andere Ratgeber kennt, wird wenig grundlegend Neues entdecken. Dennoch ist die klare Struktur, der gelungene Mix aus Theorie und Praxis sowie die durchdachte Aufbereitung ein großer Pluspunkt.

Fazit: Kein revolutionäres Nachschlagewerk, aber eine rundum gelungene, übersichtliche Einführung – ideal für alle, die einen sicheren und unkomplizierten Einstieg ins Thema suchen.

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Veröffentlicht am 16.06.2025

Zwischen leisen Tönen und lauter Wahrheit ein Roman, der nachhallt

Himmlischer Frieden
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Manchmal trifft man auf ein Buch, das still beginnt – fast unbemerkt – und einen dann über viele Seiten hinweg nicht mehr loslässt. Himmlischer Frieden von Lai Wen ist genau so ein Werk. Es hat mich überrascht, ...

Manchmal trifft man auf ein Buch, das still beginnt – fast unbemerkt – und einen dann über viele Seiten hinweg nicht mehr loslässt. Himmlischer Frieden von Lai Wen ist genau so ein Werk. Es hat mich überrascht, bewegt und lange beschäftigt.

Im Mittelpunkt steht Lai, eine junge Frau, die in einem einfachen Pekinger Viertel aufwächst. Doch das eigentlich Politische des Romans schiebt sich erst nach und nach in den Vordergrund. Anfangs sind es die familiären Strukturen, die mich besonders berührt haben: die Wärme der Großmutter, das Schweigen des Vaters, die Unruhe des kleinen Bruders – Figuren, die nicht nur skizziert, sondern tief gezeichnet sind. Die Großmutter hat mich besonders beeindruckt: keine Heldin im klassischen Sinn, aber jemand, der standhaft bleibt, wo andere sich wegducken.

Lai beobachtet, liest, denkt viel – zunächst eher im Stillen. Doch gerade aus dieser Zurückhaltung entwickelt sich eine kraftvolle Entwicklung. An der Universität trifft sie auf neue Denkansätze, alte Freunde und politische Ideen, die ihr Weltbild erschüttern. Die Erzählung bleibt dabei stets persönlich, nie pathetisch, und genau das macht sie so glaubwürdig. Die Autorin vermeidet einfache Botschaften – vielmehr tastet sie sich sprachlich präzise und mit spürbarer Aufrichtigkeit an komplexe Fragen heran.

Dass es am Ende um die Proteste 1989 geht, ist nicht der alleinige Kern der Geschichte – vielmehr bildet dieses Ereignis den Kulminationspunkt eines inneren Weges. Für mich war es gerade die lange Vorbereitung darauf, das behutsame Herantasten an politische Verantwortung, das Himmlischer Frieden zu einem besonderen Roman macht.

Ja, das Buch ist umfangreich. Ja, es hätte an manchen Stellen gestrafft werden können. Aber ich bin froh, dass es das nicht wurde. Denn die Details, die Zwischentöne, die kleinen Szenen – sie alle tragen dazu bei, dass dieser Roman wirkt wie ein gelebtes Leben.

Fazit:
Ein bemerkenswerter, tiefgründiger Roman über Erwachsenwerden unter politischem Druck, über Mut und Erinnerung – und darüber, wie persönliche Geschichten Geschichte schreiben. Ein stilles, kraftvolles Buch.

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Veröffentlicht am 04.06.2025

Ein sachlicher, aber stärkender Begleiter zur Geburt

Dein Geburtscoach
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Als frisch gewordene Mutter habe ich schon einige Ratgeber zum Thema Geburt in der Hand gehabt. Dein Geburtscoach hat mich auf eine andere Weise angesprochen: Es ist kein Wohlfühlbuch im klassischen Sinne, ...

Als frisch gewordene Mutter habe ich schon einige Ratgeber zum Thema Geburt in der Hand gehabt. Dein Geburtscoach hat mich auf eine andere Weise angesprochen: Es ist kein Wohlfühlbuch im klassischen Sinne, aber eines, das mich aufrüttelt, strukturiert anleitet und mir das Gefühl gibt, gut vorbereitet zu sein.

Was mir gleich aufgefallen ist: Dr. Lütje spricht als jemand mit jahrzehntelanger Erfahrung – nicht als Theoretiker, sondern als jemand, der wirklich weiß, wie es im Kreißsaal zugeht. Seine Art, komplexe medizinische Zusammenhänge verständlich zu erklären, gibt mir Sicherheit, ohne dass ich mich überfordert fühle. Das Buch regt zum Nachdenken an: Was brauche ich wirklich? Welche Unterstützung wünsche ich mir? Was macht mir Mut?

Die Kapitel sind klar gegliedert, ohne unnötige Schnörkel. Besonders hilfreich fand ich die vielen Reflexionsfragen, Checklisten und Praxisbeispiele aus echten Geburten. Sie machen das Buch greifbar und bringen Leben in die Theorie. Man merkt, dass Dr. Lütje Frauen ermutigen möchte, ihre Geburt nicht einfach nur “durchzustehen”, sondern aktiv mitzugestalten – in dem Maß, wie es möglich ist. Dabei verschweigt er aber auch nicht, dass Geburten unvorhersehbar sein können. Gerade das macht seine Herangehensweise so realistisch und trotzdem stärkend. Der Inhalt wirkt durchdacht, ist hervorragend recherchiert und geht über reine Geburtsinfos hinaus.

Mein Fazit:
Dein Geburtscoach ist ein sachlich fundierter und dennoch persönlicher Ratgeber für alle, die sich bewusst auf die Geburt vorbereiten wollen. Er ist kein Ersatz für eine Hebamme oder einen Geburtsvorbereitungskurs – aber eine starke Ergänzung. Wer bereit ist, sich ehrlich mit den eigenen Erwartungen, Sorgen und Stärken auseinanderzusetzen, wird aus diesem Buch sehr viel mitnehmen.

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