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Veröffentlicht am 15.09.2016

Arthur Conan Doyle und Joseph Bell als Watson und Holmes

Die Augen der Heather Grace
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Ein Buch á la Sherlock Holmes, aber ohne Sherlock Holmes? Im Grunde fasst ein Satz schon sehr viel davon zusammen, worum es in diesem Buch geht. Der Autor mischt bekannte Tatsachen über Arthur Conan Doyle ...

Ein Buch á la Sherlock Holmes, aber ohne Sherlock Holmes? Im Grunde fasst ein Satz schon sehr viel davon zusammen, worum es in diesem Buch geht. Der Autor mischt bekannte Tatsachen über Arthur Conan Doyle und seinen Professor, Joseph Bell, mit fiktiven Geschichten, in denen die beiden Mordfälle und verstrickte Familienangelegenheiten aufklären.
Erzählt wird aus der Sicht des jungen Doyle, der als Student Bells Assistent ist und ihm auf die Schliche kommt: Der Doktor arbeitet gelegentlich mit der örtlichen Polizei zusammen, wenn etwas unstimmig ist und diese nicht mehr weiterkommt. Indem Pirie Doyle erzählen lässt, rückt er ihn selbst in die Rolle des von ihm ersonnenen John Watson, Bell ist somit die Vorlage für Holmes. Dies stimmt sogar, der Doktor deduziert fast so gut wie sein literarischer Nachahmer.
In wie weit die beiden realen Personen tatsächlich an Fällen gearbeitet haben, ist nicht bekannt, aber Pirie widmet sich dieser Möglichkeit hier mit Sorgfalt und dem passenden Schreibstil, einer „Doyleschen“ Ausdrucksweise.

Alles wird deduziert, seziert und Lösungen werden sowohl für Doyle als auch den Leser ausführlich erklärt, doch eines bleibt offen: der Beginn des Buches, als Doyle eine seltsame Botschaft erhält und diese ihm zu Heather Grace führt, allerdings Jahre nachdem Bell und er einen Fall um Grace gelöst haben. Ein klarerweise unbefriedigendes Ende, das wohl erst im nächsten Buch, Die Zeichen der Furcht, geklärt wird. Als dritten Band der Reihe gibt es auch noch Die Hexe von Dunwich.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Krimi, gespickt mit vielen heiklen und traurigen Themen

Fuchskind
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Gesine Cordes, ehemalige Kripobeamtin und nun Friedhofsgärtnerin mit bewegter Vergangenheit, findet an ihrem Arbeitsplatz einen ausgesetzten Säugling. Sie kann das kranke Kind retten und erfährt noch später ...

Gesine Cordes, ehemalige Kripobeamtin und nun Friedhofsgärtnerin mit bewegter Vergangenheit, findet an ihrem Arbeitsplatz einen ausgesetzten Säugling. Sie kann das kranke Kind retten und erfährt noch später an diesem Tag, dass neben dem Kind und ihr noch jede Menge anderer Personen im und um den Friedhof anwesend waren. Eine Leiche wird gefunden und Gesines Exmann taucht auf.
Nun geht es nicht mehr nur um die Frage, wer das Kind ausgesetzt hat, sondern auch, ob und wie die anderen Umstände damit in Zusammenhang stehen.
Mit kurzen, fesselnden Abschnitten erzählt die Autorin einen Fall mit viele Fäden, losen Enden und einem dicken Ende der ganzen Geschichte. Zu Beginn naheliegende Vermutungen werden mehrmals über den Haufen geworfen und früher scheinbar unbeteiligte Personen geraten in den Mittelpunkt der Ermittlungen. Wie Gesine und Marina Olbert, Leiterin der Mordkommission, darf und soll der Leser nebenbei seine eigenen Fäden durch die Ereignisse spinnen und versuchen, die verschiedenen Taten und Personen zu verbinden. Und ohne es zu wollen, scheint letztlich Gesines Exmann einen der entscheidenden Tipps zu geben.

Fast unmerklich verknüpft Annette Wieners hier, abgesehen von Mord, einige illegale beziehungsweise heikle und traurige Themen der Gesellschaft miteinander: Kinderhandel, Prostitution, Halbwaise, Kindstod, illegale Vereine, Depression, verschmähte Liebe, Spionage,… Doch durch das erwartbare gute Ende wirkt der Krimi dann doch nicht so düster, wie es jetzt klingen mag. Doch spannend ist er auf jeden Fall, was mich dazu animiert hat, mir noch das erste Buch mit Gesine zu besorgen, „Kaninchenherz“.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wenn die Gefahr größer ist als gedacht

Brennender Midi
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Zum dritten Mal lässt Cay Rademacher seinen Capitaine Roger Blanc in der Provence ermitteln und lässt dabei wie gewohnt die französische Lebens- und Esskultur neben den Ermittlungen nicht zu kurz kommen.
Dieser ...

Zum dritten Mal lässt Cay Rademacher seinen Capitaine Roger Blanc in der Provence ermitteln und lässt dabei wie gewohnt die französische Lebens- und Esskultur neben den Ermittlungen nicht zu kurz kommen.
Dieser Krimi ist nicht nur aufgrund des Erscheinungsdatums aktuell, auch die Themenwahl wurde doch von den verschiedenen aktuellen Entwicklungen des vergangenen Jahres beeinflusst und spiegelt in den diversen Befragungen und anderen Gesprächen immer wieder die Gefühlswelt vieler Leser wider. Die Ermittlungen zu einem Flugzeugabsturz führen Blanc und seine Kollegen vom französischen Militär und einem einflussreichen Bürger Lanҫons bis hin zum französischen Geheimdienst und einer verschwundenen Packung Sprengstoff. Bei diesem Einsatz ist nicht nur Blancs Leben und das der Kollegen wiederholt in Gefahr (Stichwort Fahrküste), sondern das vieler Unbeteiligter.

Mit seiner üblichen charmanten Mischung aus Flüchen und der Gabe, zum richtigen Zeitpunkt das richtige zu fragen oder auch am richtigen Ort zu sein, entwirrt der Capitaine langsam, aber stetig das Netz aus Verdächtigen, Zeugen und nimmt dafür in diesem Band weniger die Hilfe der Untersuchungsrichterin Aveline in Anspruch, sondern wagt sich dafür bis nach Marseille und kooperiert mit der bei den Flics verpönten „Stadtpolizei“.

Mit leichter, flotter Sprache führt der Autor den Leser an Blancs Seite über Wiesen, Felder, Olivenhaine und die eine oder andere route departementale. Auch wenn man als Leser, der die Aussagen der Zeugen manchmal anders deutet als Blanc, der Lösung schon früher nahekommt: dieser Krimi lenkt einen doch durch den Aufbau der Geschichte und die vielen beteiligten Personen und Verdächtigen immer wieder so gut ab, dass man sich zu Ende zwar bestätigt, aber trotzdem ein wenig überrascht fühlen kann.

Die (bisher) drei Krimis mit Blanc spielen in aufeinanderfolgenden Monaten (Juli bis September), man kann sie aber auch unabhängig lesen. Am besten kennenlernen kann man die wichtigsten Charaktere aber auf jeden Fall im ersten Band „Mörderischer Mistral“.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein sprachlich und kulinarisch authentischer Provencekrimi

Mörderischer Mistral
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Mit Roger Blanc führt Rademacher hier einen eigenwilligen, oft fluchenden und trotzdem liebenswürdigen Charakter ein. In seinem ersten Fall ermittelt der Gendarm im Süden Frankreichs, nachdem er aus Paris ...

Mit Roger Blanc führt Rademacher hier einen eigenwilligen, oft fluchenden und trotzdem liebenswürdigen Charakter ein. In seinem ersten Fall ermittelt der Gendarm im Süden Frankreichs, nachdem er aus Paris „strafversetzt“ wurde, weil er seine Sache zu gut machte und Korruption aufdeckte.
Zu gut fängt die Sache für ihn nicht an: Das neue Häuschen renovierungsbedürftig, der Lebensstil viel zu ruhig und familiär, die Frau blieb in Paris bei ihrem Liebhaber und als Partner bekommt er den unbeliebtesten Kollegen zugeteilt. Noch dazu ist die zuständige Untersuchungsrichterin die Gattin jenes Mannes, der ihn versetzen ließ.
Zu allem Überfluss wird an seinem ersten Arbeitstag gleich eine Leiche auf der örtlichen Müllkippe gefunden. Erschossen und angezündet. Der Tote wird dennoch identifiziert und Blanc stößt auf dunkle Flecken in der Vergangenheit seines Partners.
Sehr schön ist, dass zwischen den Ermittlungen um diesen und einen weiteren Todesfall noch Zeit bleibt für ein paar entspannte zwischenmenschliche Momente zwischen den Gendarmen, den Nachbarn Blancs und anderen. Der Autor bringt dem Leser sehr gut den allgemeinen Lebensstil nahe und es ist außerdem zu empfehlen, den Krimi nicht mit leerem Magen zu lesen. Immer wieder gibt es Szenen, wo die Kollegen miteinander essen oder einkaufen gehen und die köstlichen Beschreibungen lassen dem Leser das Wasser im Mund zusammenlaufen und in Gedanken die nächste Urlaubsreise planen.
Eine weitere sehr positive Sache ist das Personenregister hinten im Buch. Bisweilen hilft es, wenn man bei der ersten Erwähnung gewisser Namen gleich nachsehen kann, wer das nun ist. Ein paar Zusatzinformationen stehen dort auch. Was hier noch fehlt, ist eine Übersichtskarte, wo die wichtigsten Orte zu sehen sind, damit man grob einen Überblick hat, auch was die Himmelsrichtungen betrifft. Dies ist jedoch im dritten Band dieser Reihe schon anders (Brennender Midi), den ich im Anschluss lesen werde.
Durch die häufigen Fluche und Originalbezeichnungen auf Französisch lernt man als Leser auch ein wenig sprachliche Unterschiede zwischen Nord und Süd kennen und gegen Ende gewöhnt man sich sosehr an die Anreden (Capitaine, Madame le Juge,…), dass man diese selbst in Gedanken schon verwendet.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Buch, so wie sein Autor: flott und angenehm

Urs Meier
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Urs Meier weiß, wovon er schreibt. Als ehemaliger Fußballschiedsrichter der höchsten Stufe hat er alle möglichen Klassen durchlaufen und erklärt zum Beispiel auch, warum Partien unter unerfahreneren Spielern ...

Urs Meier weiß, wovon er schreibt. Als ehemaliger Fußballschiedsrichter der höchsten Stufe hat er alle möglichen Klassen durchlaufen und erklärt zum Beispiel auch, warum Partien unter unerfahreneren Spielern oft schwerer zu leiten sind als jene unter Profis. Dieses Buch (auch wenn das erste Kapitel abgesehen vom unterhaltsamen Einstieg ein wenig trocken daherkommt) ist wohl für ein größeres Publikum nützlich, als man annehmen würde. Nicht nur der eingefleischteste Fußballfan und Stadiongeher findet hier etwas für sich, auch weniger stark Fußballbegeisterte Menschen oder teilweise auch welche ohne genaues Wissen zu diesem Sport können von diesem Buch profitieren. Denn auch wenn Meier seine Erfahrungen widergibt, die vor allem auf dem Platz stattfinden, erklärt er dennoch auch immer wieder Dinge abseits dessen und dann wird es insgesamt interessant für all jene, die eine Führungskraft sind, eine solche werden wollen oder einfach ein paar Tipps lesen möchten, wie sie selbst entschlossener auftreten könnten und Entscheidungen schnell fällen und vertreten können.
Bei allem, was Meier vor, während und nach der Karriere als Schiedsrichter tut und tat, war und ist er mit Herzblut dabei und das transportiert diese Lektüre auf wunderbar angenehme Weise. Nie wirkt ein Abschnitt aufgesetzt oder verbissen, aber die Energie dahinter spürt man als Leser. Man merkt auch, welche Punkte Meier besonders am Herzen liegen und mit seiner Fachkenntnis untermauert er seine Kritik am System, ohne oberlehrerhaft oder besserwisserisch daherzukommen.
Meiers flotter, angenehmer Erzählstil wird von einem Vorwort (Jürgen Klopp) und zwei Gastkommentaren ergänzt, die unter anderem dadurch eine amüsante Note zum Buch beitragen, weil sie Szenen, die Meier selbst auch schildert, aus einem anderen Blickwinkel aufgreifen.
Wenn er nicht gerade ein Buch schreibt, ist Urs Meier hauptsächlich als Redner und (TV-)Experte unterwegs. Ich (als Österreicherin) würde mir wünschen, dass er auch einmal einen Kurs mit den österreichischen Fußballschiedsrichtern macht, die könnten sicher einiges vom ihm übernehmen und so noch besser werden.